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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: 6 CS 07.608
Rechtsgebiete: KAG, BGB


Vorschriften:

KAG Art. 5 Abs. 6 Satz 1
BGB §§ 705 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

6 CS 07.608

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag (V********* Weg) (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Februar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl

ohne mündliche Verhandlung am 27. September 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Nrn. I. und II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Februar 2007 werden aufgehoben.

II. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Vorauszahlungsbescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2005 wird angeordnet.

III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.315 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist zusammen mit einer weiteren natürlichen Person als Gesellschafter nach dem bürgerlichen Recht im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks FlNr. ***** der Gemarkung ******** eingetragen.

Für die Erneuerung und Verbesserung des V********* Weges zog die Antragsgegnerin den Antragsteller als Miteigentümer dieses Grundstücks zu einer Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag in Höhe von 17.260,07 Euro heran. Über den dagegen eingelegten Widerspruch wurde bisher nicht entschieden.

Mit Beschluss vom 19. Februar 2007 wies das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid ab. Nach Entscheidungen des Bayer. Obersten Landesgerichts vom 31. Oktober 2002 sowie des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Oktober 2003 sei eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts nicht grundbuchfähig. Nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern die im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter seien beitragspflichtig und hafteten als Gesamtschuldner.

Der Antragsteller hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. Er beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Februar 2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 25. November 2005 anzuordnen.

Zur Begründung führt er aus, der Entscheidung des Bayer. Obersten Landesgerichts komme wegen dessen Auflösung keine Bindungswirkung mehr zu. Nach fortentwickelter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eigentümer eines Grundstücks sein und wäre damit auch beitragspflichtig.

Dem tritt die Antragsgegnerin entgegen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Senat beabsichtigt, im Hauptsacheverfahren davon auszugehen, dass bei einem Grundbucheintrag wie im vorliegenden Fall die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eigentümerin des belasteten Grundstücks und damit Beitragspflichtige i.S.v. Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG sowie § 4 der Ausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 13. August 2003 ist. Die sich daraus ergebenden ernstlichen Zweifel, ob die Antragsgegnerin mit dem Antragsteller den richtigen Bescheidsadressaten gewählt hat, rechtfertigen es, die aufschiebende Wirkung des gegen den Vorauszahlungsbescheid erhobenen Widerspruchs anzuordnen.

Nach der Grundentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (BGHZ 146, 341), die durch weitere Entscheidungen bestätigt wurde, besitzt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Die durch die Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten stehen der Gesellschaft als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter, nicht den Gesellschaftern als einzelnen zu.

Allerdings hatte das Bayer. Oberste Landesgericht in seinem Beschluss vom 31. Oktober 2002 (NJW 2003, 70) ausgeführt, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht als solche unter ihrem Namen im Grundbuch eingetragen werden kann. Auch wenn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen könne, sei sie keine juristische Person und auch keine Handels- oder Partnergesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 b GBV. Aus § 15 Abs. 3 GBV ergebe sich vielmehr, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht als solche im Grundbuch eingetragen werde, sondern dass das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht den Mitgliedern der Gesellschaft zur gesamten Hand zustehe. Die einzelnen Gesellschafter würden in das Grundbuch eingetragen, dabei sei ein Hinweis auf die gesamthänderische Verbundenheit erforderlich, die durch den Zusatz "als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" zum Ausdruck komme.

Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hat unter Bezug auf die Entscheidung des Bayer. Obersten Landesgericht entschieden, da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht grundbuchfähig sei, könne sie auch nicht Beitragspflichtige i.S. von Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG sein (Urteil vom 21.10.2003 BayGT 2004, 31). Vielmehr seien die eingetragenen Gesellschafter als Miteigentümer heranzuziehen.

Die Frage, ob die Gesellschaft auch selbst in das Grundbuch eingetragen werden könnte, hat der Bundesgerichtshof dahinstehen lassen (Urteil vom 25.9.2006 NJW 2006, 3716). Klar sei nach der neueren Rechtsprechung, dass materiell-rechtlich das Eigentum an einer zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Liegenschaft nicht den Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft selbst zustehe. Wenn im Grundbuch die einzelnen Gesellschafter mit dem Zusatz "als Gesellschaft bürgerlichen Rechts" eingetragen seien, werde damit für den Rechtsverkehr unabhängig von der Frage der Eintragungsfähigkeit der Gesellschaft unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass Eigentümerin der Liegenschaft die Gesellschaft sei.

Die Auffassung des Bundesgerichtshofs verdient den Vorzug. Im vorliegenden Fall ist unerheblich, dass nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter eigenem Namen, sondern die beiden Gesellschafter mit dem Zusatz "als Gesellschafter nach dem bürgerlichen Recht" eingetragen sind. Hierdurch wird, wie vom Bundesgerichtshof ausgeführt, für den Rechtsverkehr unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass Eigentümerin der Liegenschaft nicht die einzelnen eingetragenen Gesellschafter, sondern die Gesellschaft als solche ist. Somit ist auch die Gesellschaft als solche beitragspflichtig (so auch VGH BW vom 20.9.2006 NJW 2007, 105 für das Erschließungsbeitragsrecht). Eine alternative Heranziehung eines einzelnen Gesellschafters scheitert schon daran, dass er eben nicht Miteigentümer ist, weder neben der Gesellschaft noch neben anderen eingetragenen Gesellschaftern. Eine Gesamtschuldnerschaft des Antragstellers neben der Gesellschaft als Eigentümerin (Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b) KAG i.V.m. § 44 Abs. 1 AO) scheidet damit aus. Auch eine sonstige Haftung eines im Grundbuch eingetragenen Gesellschafters für die Gesellschaft bzw. Gesellschaftsschulden, die seine Heranziehung zu Ausbaubeiträgen rechtfertigte, ist nicht erkennbar. Nach der gesetzlichen Regelung des § 718 Abs. 1 BGB werden die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen). Das dem Gesellschaftszweck gewidmete Vermögen der Gesellschafter stellt ein dinglich gebundenes Sondervermögen dar. Es ist ein Inbegriff von Sachen und Rechten, der vom sonstigen Vermögen der Gesellschafter zu unterscheiden ist. Insoweit kann ein Gesellschafter nach § 719 Abs. 2 BGB auch nicht über seinen Anteil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazugehörenden Gegenständen verfügen. Eine Haftung für Gesellschaftsschulden tritt nach § 733, § 735 BGB erst ein, wenn bei Auflösung der Gesellschaft das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden, also der Schulden der Gesellschaft, nicht ausreicht.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwertfestsetzung: § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG (ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts).

Ende der Entscheidung

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