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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.02.2008
Aktenzeichen: 6 ZB 05.873
Rechtsgebiete: VwGO, KAG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
KAG i.V.m. § 233 S. 1 AO Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b
KAG i.V.m. § 233 S. 1 AO Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 aa
KAG i.V.m. § 236 AO Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b
KAG i.V.m. § 236 AO Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 bb
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

6 ZB 05.873

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erschließungsbeitrags (Zinsen);

hier: Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Dezember 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Traxler, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Rickelmann

ohne mündliche Verhandlung am 4. Februar 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens entsprechend den Anteilen ihrer Begehren am Gesamtstreitwert.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.261,43 Euro festgesetzt.

Er setzt sich aus folgenden Einzelstreitwerten zusammen:

Kläger zu 1: 1.197,00 Euro

Kläger zu 2: 722,00 Euro

Kläger zu 3: 475,00 Euro

Klägerin zu 4: 560,50 Euro

Kläger zu 5: 978,50 Euro

Kläger zu 6: 855,00 Euro

Klägerin zu 7: 780,17 Euro

Kläger zu 8: 574,12 Euro

Kläger zu 9: 689,64 Euro

Klägerin zu 10: 978,50 Euro

Klägerin zu 11: 2.071,00 Euro

Kläger zu 12: 380,00 Euro.

Gründe:

I.

Mit Bescheiden vom 17. April 2000 setzte die Beklagte gegenüber den Klägern Erschließungsbeiträge für die "Z*******straße-Süd" (S****straße bis A******* Straße) fest. Mit Änderungsbescheiden vom 14. Mai 2003 hielt die Beklagte die Bescheide als Straßenausbaubeitragsbescheide aufrecht und ermäßigte die geforderten Beiträge aufgrund einer Neuberechnung nach Straßenausbaubeitragsrecht. Die Kläger erklärten die Widersprüche in der Hauptsache für erledigt und beantragten die Verzinsung der auf die Erschließungsbeitragsbescheide gezahlten bzw. (im Fall der Vorausleistung) verrechneten Beträge für den Zeitraum seit der Zahlung bis einen Monat nach Zustellung der Straßenausbaubeitragsbescheide. Mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Februar 2004 stellte das Landratsamt F*************** die Widerspruchsverfahren ein und ordnete an, dass Zahlungen aufgrund der Erschließungsbeitragsbescheide bis zur tatsächlichen Rückerstattung in Höhe des Differenzbetrages zu verzinsen sind.

Die Beklagte erstattete Überzahlungen und verzinste sie.

Die Kläger begehrten mit ihrer Klage eine weitergehende Verzinsung der auf die Erschließungsbeitragsbescheide vom 17. April 2000 geleisteten Zahlungen, die in den Bescheiden vom 14. Mai 2003 mit den Straßenausbaubeitragsforderungen verrechnet worden seien. Für die Zahlungen auf die Erschließungsbeitragsbescheide habe es am Rechtsgrund gefehlt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Solche ernstlichen Zweifel sind anzunehmen, wenn ein in der angegriffenen Entscheidung enthaltener einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG vom 23.6.2000 NVwZ 2000, 1163/1164). Dies ist hier nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Kläger keinen Anspruch auf eine weitergehende Verzinsung hätten. Der Änderungsbescheid vom 14. Mai 2003 sei keine vollständige Aufhebung des ursprünglichen Erschließungsbeitragsbescheids vom 17. April 2000 mit einer Neufestsetzung einer Straßenausbaubeitragsforderung. Ein fehlerhaft auf Erschließungsbeitragsrecht gestützter Beitragsbescheid sei zumindest teilweise aufrecht zu erhalten, wenn das anzuwendende Ausbaubeitragsrecht die Forderung so ergebe. Etwas anderes würde nur gelten, wenn sich eine Wesensänderung des von der Begründung her ausgetauschten Bescheides ergeben würde, z.B. wenn die Beitragspflicht auf eine andere Anlage bezogen wäre. Dies sei hier nicht der Fall. Die abgerechnete Anlage in ihrer tatsächlichen Erscheinung - Z*******straße zwischen S****straße und A******* Straße - sei weder im Ausbauzustand noch in ihrer Erstreckung verändert worden. Den Änderungsbescheiden liege dieselbe Maßnahme zu Grunde. Lediglich aus Rechtsgründen seien nunmehr zwei verschiedene Einrichtungen abgerechnet worden, da sich nach der Straßenausbaubeitragssatzung abhängig vom unterschiedlichen Ausbauzustand (zum einen als verkehrsberuhigte Fläche, zum anderen als konventionelle Straße) unterschiedliche Anteile der Beitragsschuldner am beitragsfähigen Aufwand ergäben. Deshalb werde die Strecke der Z*******straße rechtlich aufgeteilt von der A******* Straße bis zur N*****straße sowie von der N*****straße bis zur S****straße. Der Bezugsgegenstand der Bescheide werde dadurch aber nicht sachlich ausgetauscht.

Die Kläger wenden dagegen ein, dass mit den Straßenausbaubeitragsbescheiden vom 14. Mai 2003 der Bezuggegenstand der Erschließungsbeitragsbescheide vom 17. April 2000 ausgetauscht worden sei. Den Straßenausbaubeitragsbescheiden lägen zwei selbstständige straßenausbaubeitragsrechtliche Ausbaumaßnahmen zu Grunde, der räumliche Umgriff (Ermittlungsraum) der gegenüber den jeweiligen Klägern ergangenen Erschließungsbeitragsbescheide vom 17. April 2000 und der Straßenausbaubeitragsbescheide vom 14. Mai 2003 sei also nicht identisch. Darüber hinaus würden mit den Straßenausbaubeitragsbescheiden zusätzliche Maßnahmen abgerechnet (Kosten der Staubfreimachung und der Straßenbeleuchtung). Andererseits sei der beitragsfähige Aufwand um falsch berücksichtigte Rechnungen korrigiert worden. Schließlich lägen nicht die gleichen Beizugsflächen zu Grunde. Die Begründung des Verwaltungsgerichts verstoße gegen Denkgesetze, da der räumliche Abschnitt der Z*******straße von der N*****straße bis zur S****straße nicht identisch sei mit dem räumlichen Abschnitt der Z*******straße von der A******* Straße bis zur S****straße. Schon aus diesem Grund werde mit den Straßenausbaubeitragsbescheiden ein anderer beitragsfähiger Aufwand umgelegt als mit den Erschließungsbeitragsbescheiden und hätten sich die Beizugsflächen geändert.

Damit können die Kläger nicht durchdringen. Die Pflicht zur Prüfung, ob ein angefochtener Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist, erstreckt sich bei Abgabenbescheiden, die - wie Erschließungsbeitrags- und Straßenausbaubeitragsbescheide - eine durch das materielle Recht begründete Abgabenpflicht lediglich deklaratorisch festsetzen, darauf, alle rechtlichen Begründungen und Tatsachen zu berücksichtigen, die die angefochtene Festsetzung zu rechtfertigen vermögen. Etwas anderes gilt nur, wenn die anderweitige rechtliche Begründung oder das Zugrundelegen anderer Tatsachen zu einer Wesensänderung des angefochtenen Bescheides führen würde (BVerwG vom 27.1.1982 BVerwGE 64, 356/358). Dies ist hier nicht der Fall. Eine Wesensänderung wäre anzunehmen, wenn die in dem Bescheid enthaltene Beitragsfestsetzung zu Gunsten einer anderen Abgabeart aufrecht erhalten (z.B. Gebühr oder Steuer anstelle Erschließungs- bzw. Ausbaubeitrag) oder der Bezugsgegenstand des Bescheides ausgetauscht wird (z.B. Grünanlage A gegen Straße B). Sie ist hingegen zu verneinen in Fällen, in denen ein Bürger für eine bestimmte Baumaßnahme an einer bestimmten Straße einen kraft des Erschließungs- oder des Ausbaubeitragsrechts entstandenen Beitrag zahlen muss (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 2 RdNrn. 63, 64). So liegt der Fall hier. Seitens der Kläger bestand eine Zahlungsverpflichtung aufgrund der 1997 durchgeführten Baumaßnahmen an der Z*******straße zwischen S****straße und A******* Straße. Dass diese Strecke straßenausbaubeitragsrechtlich wegen der anderen Funktion und einer anderen Eigenbeteiligung der Gemeinde aus Rechtsgründen in zwei Einrichtungen (konventionelle Ausbaustrecke von S****straße bis N*****straße; verkehrsberuhigte Mischfläche ab N*****straße bis A******* Straße) zerfällt, führt nicht zu einem Austausch des Bezugsgegenstands im Sinn einer Wesensänderung. In natura handelt es sich um die gleiche ausgebaute Strecke, nicht um ein aliud. Dass sie rechtlich unterteilt werden muss und damit zwangsläufig ein anderer beitragsfähiger Aufwand und geänderte Beizugsflächen gegenüber der Erschließungsbeitragsabrechnung verbunden sind, berührt lediglich die Berechnungsgrundlagen, nicht aber den Wesensgehalt der Beitragsbescheide. Wenn die Betragsfestsetzung in der gleichen oder in einer geringeren Beitragshöhe mit einer anderen - fehlerfreien - Berechnung begründet werden kann, wird ein Bescheid nicht in seinem Wesen geändert. So können z.B. auch Fehler infolge unrichtiger Abgrenzung des Abrechnungsgebiets oder ein fehlerhafter Ansatz der Höhe des Aufwands korrigiert werden (BVerwG a.a.O., S. 358/359).

Das Verwaltungsgericht führt weiter aus, dass die bei Erlass der ursprünglichen Bescheide vom 17. April 2000 zu Grunde gelegte Ausbaubeitragssatzung vom 7. April 1995 nichtig gewesen sei, da § 2 einen unzulässigen Beitragstatbestand in Anknüpfung an § 131 Abs. 1 BauGB statuiert habe. Die Beklagte habe die neue Ausbaubeitragssatzung vom 23. September 2002 rückwirkend zum 7. April 1994 in Kraft gesetzt, was zulässig sei. Insoweit werde nicht in einen abgeschlossenen Tatbestand eingegriffen, so dass keine unzulässige echte Rückwirkung einer Norm vorliege. Da schon zuvor eine Beitragssatzung - wenn auch unerkannt nichtig - vorgelegen habe, hätten die Beitragspflichtigen auch nie darauf vertrauen können, nicht zu Ausbaubeiträgen herangezogen zu werden. Aufgrund der zulässigen Rückwirkung habe zum Zeitpunkt der Entscheidung über die geltend gemachten Verzinsungsansprüche eine wirksame Satzungsregelung vorgelegen, welche Rechtsgrundlage für die Änderungsbescheide gewesen sei. Da bei dieser ex post-Betrachtung die Kläger die Beiträge in der Höhe der Änderungsbescheide vom 14. Mai 2003 schon aufgrund der ursprünglichen Bescheide vom 17. April 2000 zu Recht hätten zahlen müssen, sei keine Aufhebung, sondern lediglich eine teilweise Herabsetzung der Höhe nach geboten gewesen. Hinsichtlich des zu Recht geforderten geringeren Teilbetrags könnten die Kläger keine Zinsansprüche geltend machen, da die Voraussetzungen des § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht vorlägen.

Die Kläger rügen, dass hierdurch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur nachträglichen Heilung ursprünglich rechtswidriger Beitragsbescheide verkannt würden. Das Verwaltungsgericht unterscheide nicht zwischen der rückwirkenden Inkraftsetzung von Rechtsnormen und dem Verwaltungshandeln selbst. Die Beitragsfestsetzung könne niemals rückwirkend erfolgen, da ein Handeln in der Vergangenheit denkgesetzlich unmöglich sei. Durch den rückwirkenden Erlass von Normen könne ein ursprünglich rechtswidriger Beitragsbescheid rechtmäßig werden; er könne aber niemals vor dem Erlass der Norm rechtmäßig gewesen sein. Das bedeute für den Fall der Anfechtung eines Abgabenbescheides, dass dieser bis zum tatsächlichen Eintritt des heilenden Ereignisses rechtswidrig gewesen sei. Auch beim Erlass rückwirkender Satzungen würden ursprünglich begründete Klagen erst im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung unbegründet und nicht bereits im Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung. Folglich stünde den Klägern der geltend gemachte Zinsanspruch zumindest bis einen Monat nach Erlass der Satzung, somit bis 23. Oktober 2002 zu. Die Bescheide vom 14. Mai 2003 seien als Aufhebung der vorangegangenen Erschließungsbeitragsbescheide zu verstehen.

Im Übrigen ergebe sich der Anspruch auf Verzinsung der von den Klägern rechtsgrundlos geleisteten Zahlungen auf die rechtswidrigen Bescheide vom 17. April 2000 aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Gleichheitsgebotes und des Rechtsstaatsprinzips. Den Klägern habe ein prozessualer Anspruch auf Aufhebung dieser Bescheide im Widerspruchsverfahren zugestanden. Die Widerspruchsbehörde habe in Verletzung ihrer Amtspflicht mehr als drei Jahre über den Widerspruch nicht entschieden. Für den maßgeblichen Zeitraum sei eine Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet worden. Die Verzinsung rechtsgrundlos geleisteter Zahlungen habe auch dann stattzufinden, wenn der rechtswidrige Beitragsbescheid nicht aufgehoben, sondern geheilt und der Anspruch auf Erstattungszahlung mit der durch Heilung entstandenen Beitragsschuld verrechnet werde. Ansonsten würde durch ein amtspflichtwidriges Verhalten der Ausgangs- oder der Widerspruchsbehörde ein bereits im Tatbestand begründeter Anspruch des von einem rechtswidrigen Beitragsbescheid betroffenen Bürgers vernichtet und in eine bereits begründete materielle Rechtsposition des Widerspruchsführers mit unzulässiger Rückwirkung eingegriffen.

Auch diese Argumentation greift nicht durch. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b) aa) KAG i.V. mit § 233 Satz 1 AO werden Ansprüche aus einem Beitragsschuldverhältnis nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b) bb) KAG i.V. mit § 236 AO bestimmen u.a., dass ein zu erstattender Betrag vom Tag der Einlegung des Widerspruchs bzw. dem Tag der Zahlung bis zum Auszahlungstag zu verzinsen ist, wenn durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder eine bestandskräftige Widerspruchsentscheidung ein festgesetzter Beitrag herabgesetzt wird. Dies gilt entsprechend, wenn sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts erledigt.

Die Kläger berücksichtigen bei ihrer Argumentation nicht, dass eine etwaige zeitweise Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Bescheide vom 17. April 2000 bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Ausbaubeitragssatzung vom 23. September 2002 und ein eventueller Anspruch der Kläger auf Aufhebung dieser Bescheide bis zum Zeitpunkt der Heilung keine Verzinsung nach sich gezogen hätte. Die Verzinsung setzt zumindest eine teilweise Aufhebung eines Beitragsbescheids und einen zu erstattenden Betrag voraus. Durch die Änderungsbescheide vom 14. Mai 2003 wurden die vorangegangenen Erschließungsbeitragsbescheide vom 17. April 2000 nicht komplett aufgehoben, sondern ausdrücklich als Straßenausbaubeitragsbescheide aufrecht erhalten. Es erfolgte lediglich eine Teilaufhebung insoweit, als die ursprünglich festgesetzten Beträge nach Erschließungsbeitragsrecht aufgrund einer Neuberechnung nach Straßenausbaubeitragsrecht (insbesondere wegen des erhöhten Gemeindeanteils) ermäßigt wurden. Soweit diese Teilaufhebung stattfand, hat die Beklagte unstreitig die Differenz zwischen gezahlten Erschließungsbeiträgen und geforderten Straßenausbaubeiträgen erstattet und verzinst. Ein weiter gehender Zinsanspruch steht den Klägern nicht zu. Ihr Verweis auf teilweise in den Änderungsbescheiden vom 14. Mai 2003 enthaltene Fälligkeitsmitteilungen (einen Monat nach Bekanntgabe des Änderungsbescheids) verfängt ebenfalls nicht. In den Fällen, in denen den Klägern aufgrund einer Überzahlung Erstattungsansprüche zustanden, enthielten die Änderungsbescheide naturgemäß keine Fälligkeitsmitteilungen. Lediglich in den Fällen, in denen noch Zahlungen auf die festgesetzten Straßenausbaubeiträge ausstanden, erfolgten die Fälligkeitsmitteilungen. Wenn aber noch ein Beitrag zu bezahlen ist, kann diesbezüglich nicht gleichzeitig ein zu verzinsender Erstattungsanspruch bestehen.

Hinzu kommt folgendes: Es ist - auch verfassungsrechtlich - unbedenklich, einen infolge eines Satzungsmangels zunächst rechtswidrigen Beitragsbescheid durch den rückwirkenden Erlass einer fehlerfreien Beitragssatzung zu heilen, d.h. zulasten des Herangezogenen rückwirkend eine Beitragspflicht zu begründen und dadurch seine Rechtsposition rückwirkend zu verschlechtern. Das im Verfassungsrecht verankerte Rechtsstaatsprinzip setzt der Zulässigkeit der Rückwirkung lediglich gewisse Schranken, die sich aus der Gewährleistung von Vertrauensschutz ergeben (BVerwG vom 9.3.1984 BayVBl 1984, 409/410). Einem etwaigen Vertrauen der Kläger, wegen des Mangels der Ausbaubeitragssatzung vom 7. April 1995 von einer Beitragspflicht überhaupt verschont zu werden, würde jedoch die Schutzwürdigkeit fehlen, weil bereits seit dem 26. Mai 1976 eine Ausbaubeitragssatzung existierte und jeder Bürger bei einer Erneuerung oder Verbesserung einer Ortsstraße mit einer Belastung durch Straßenausbaubeiträge rechnen musste (vgl. Driehaus, a.a.O., § 11 RdNrn. 72, 73). Nach ständiger Rechtsprechung kann ein ursprünglich mangels einer wirksamen Satzung fehlerhafter Bescheid im Rechtsbehelfs - und noch im Rechtsmittelverfahren mit Wirkung ex tunc geheilt werden, d.h. er gilt von Anfang an als rechtmäßig ergangen (vgl. BVerwG vom 9.3.1984 a.a.O.; vom 25.11.1981 BVerwGE 64, 218/223).

2. Die Kläger haben keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) i.S. von § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt. Um einen auf diesen Zulassungsgrund gestützten Antrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer 1. eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, 2. ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, 3. erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und 4. darlegen, weshalb ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 124 a RdNr. 34). Diesen Anforderungen wird die Formulierung, das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung den Unterschied zwischen der zulässigen rückwirkenden Änderung von Rechtsnormen und der unzulässigen, da gegen Denkgesetze verstoßenden rückwirkenden Änderung des rechtlich zu beurteilenden Sachverhalts verkannt, nicht gerecht.

3. Eine Abweichung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht dargelegt. Eine Divergenz wird nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechts- oder Tatsachensatz benannt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG vom 19.8.1997 BayVBl 1998, 507). Diese Anforderungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht. Mit Angriffen gegen die Tatsachenwürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall kann eine Abweichungsrüge nicht begründet werden (BVerwG vom 10.7.1995 NVwZ-RR 1997, 191).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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