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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 03.03.2009
Aktenzeichen: 7 BV 08.3061
Rechtsgebiete: JAPO (2003), GG, Gesetz zur Reform der Juristenausbildung


Vorschriften:

JAPO (2003) § 16 Abs. 1
JAPO (2003) § 31 Abs. 2
JAPO (2003) § 36 Abs. 1
JAPO (2003) § 72 Abs. 2
JAPO (2003) § 82 Abs. 3
JAPO (2003) § 75 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Gesetz zur Reform der Juristenausbildung Art. 3 Abs. 1
Gesetz zur Reform der Juristenausbildung Art. 4
Die Übergangsregelung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 31 Abs. 2 Satz 1 JAPO (2003), wonach für Wiederholer, die sich für die Wahlfachprüfung nach altem Recht entschieden hatten, im schriftlichen Teil des Ersten Juristischen Staatsexamens eine höhere Bestehensgrenze galt (ca. 57%) als bei den übrigen Prüfungsteilnehmern (50%), ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 BV 08.3061

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erster Juristischer Staatsprüfung 2007/II;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 08. Oktober 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Borgmann

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. März 2009

am 3. März 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zulassung zur mündlichen Prüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung, hilfsweise die Zulassung zu einer erneuten Wiederholung der Ersten Juristischen Staatsprüfung.

Nachdem sie das Studium der Rechtswissenschaften im Wintersemester 1997/1998 aufgenommen hatte und zum Sommersemester 1999 an eine bayerische Universität gewechselt war, wurde die Klägerin aufgrund einer Erkrankung von Dezember 2001 bis September 2003 beurlaubt. Nach Wiederaufnahme des Studiums im Wintersemester 2003/2004 nahm sie im Termin 2005/II ohne Erfolg an der Ersten Juristischen Staatsprüfung teil.

Bei der Wiederholungsprüfung im Prüfungstermin 2007/II erzielte die Klägerin eine Gesamtnote der schriftlichen Prüfungen von 4,14 Punkten. Ihre schriftlichen Leistungen wurden dabei wie folgt bewertet:

 Aufgabe1234567
Punktzahl5,03,02,03,06,02,57,5

Mit Bescheid vom 3. Januar 2008 eröffnete das Bayerische Staatsministerium der Justiz - Landesjustizprüfungsamt - der Klägerin die Einzelbewertungen der Prüfungsaufgaben sowie die Gesamtnote der schriftlichen Prüfung und teilte dazu mit, die Klägerin habe die Prüfung nicht bestanden, da sie in mehr als drei schriftlichen Prüfungsarbeiten eine geringere Punktzahl als 4,0 erhalten habe. Eine weitere Wiederholung der Prüfung sei auch nach einem erneuten Studium nicht möglich.

Die Klägerin ließ dagegen Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben mit dem Ziel, sie zur mündlichen Prüfung, hilfsweise zur Wiederholung der Ersten Juristischen Staatsprüfung zuzulassen. Ebenso wie die anderen Prüfungsteilnehmer, die nach der aktuellen Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Juristen vom 13. Oktober 2003 (GVBl S. 758 - JAPO [2003]) an der Ersten Juristischen Prüfung teilgenommen und dabei mindestens drei Prüfungsarbeiten mit mehr als 4,0 Punkten bestanden hätten, sei auch die Klägerin gemäß § 31 Abs. 2 JAPO (2003) zur mündlichen Prüfung zuzulassen. Dass sie aufgrund der Übergangsregelung des § 72 JAPO (2003) vier Klausuren und damit mehr als 50% der schriftlichen Arbeiten mit mindestens 4,0 Punkten hätte bestehen müssen, stelle eine unzulässige Ungleichbehandlung dar gegenüber denjenigen, die nach der früheren oder nach der jetzigen Fassung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung an der Staatsprüfung teilgenommen hätten und jeweils nur 50 % der Klausuren bestehen müssten. Das Prüfungsverfahren verstoße gegen das Fairness- und das Sachlichkeitsgebot sowie gegen den Grundsatz der Chancengleichheit. Die Klägerin habe bei der Zulassung zur mündlichen Prüfung nicht die gleiche Chance gehabt wie die anderen Prüfungsteilnehmer, da sie mehr als 50 % der Klausuren mit mindestens 4,0 Punkten habe bestehen müssen. Die Sachverhalte der Prüfungsteilnehmer seien vergleichbar, würden aber nicht gleich behandelt. Die eine Vergleichsgruppe müsse lediglich drei von sechs schriftlichen Prüfungsarbeiten mit mindestens der Note 4,0 abschließen, die andere Vergleichsgruppe dagegen vier von sieben Arbeiten. Die von der erstgenannten Gruppe zusätzlich geforderte Teilnahme an einer Juristischen Universitätsprüfung sei mit der Anfertigung einer schriftlichen Prüfungsleistung in der Ersten Juristischen Staatsprüfung nicht vergleichbar, da es schwieriger sei, eine Klausur unter den Bedingungen der Ersten Juristischen Staatsprüfung zu bestehen. Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung liege auch nicht in der Wahlmöglichkeit, die Prüfung entweder nach Übergangsrecht oder nach neuem Recht abzulegen, da die Klägerin im letztgenannten Fall mindestens zwei zusätzliche Semester hätte studieren und weitere Prüfungsleistungen hätte ablegen müssen, was insbesondere in Fällen der Prüfungswiederholung zu einer unzumutbaren Verzögerung führe. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Erreichen der Bestehensgrenze in drei schriftlichen Prüfungsarbeiten noch keine ausreichende Gewähr für die Geeignetheit der Prüfungsteilnehmer darstellen solle. Hilfsweise sei die Klägerin erneut zur Teilnahme an der Ersten Juristischen Staatsprüfung zuzulassen, wobei dann nach der aktuellen Prüfungsordnung nur sechs Klausuren zu schreiben seien.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Es sei verfassungsrechtlich unbedenklich, dass nach § 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 JAPO (2003) bei Prüfungsteilnehmern, die die Wahlfachprüfung nach Übergangsrecht vor dem Landesjustizprüfungsamt ablegten, die Zulassung zur mündlichen Prüfung vom Erreichen von mindestens 4,0 Punkten in mindestens vier Prüfungsarbeiten abhängig gemacht werde, während Prüfungsteilnehmer, die nach neuem Recht eine Juristische Universitätsprüfung ablegten, nur in mindestens drei Prüfungsarbeiten diese Mindestpunktzahl erreichen müssten. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei dadurch nicht verletzt, da beide Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Prüfungsteilnehmer, die die Wahlfachprüfung vor dem Landesjustizprüfungsamt ablegten, hätten für die Erste Juristische Staatsprüfung sieben schriftliche Prüfungsarbeiten zu schreiben, die anderen Prüfungsteilnehmer nur sechs Arbeiten. Auch letztere müssten aber zum Erreichen des Hochschulabschlusses mehr als drei Klausuren bestehen, da sie zusätzlich die Juristische Universitätsprüfung erfolgreich absolvieren müssten, die ebenfalls schriftliche Prüfungsleistungen umfasse (§ 40 Abs. 1 JAPO [2003]). Selbst wenn man von einer Ungleichbehandlung ausginge, wäre diese verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Dabei dürften keine strengen Anforderungen gestellt werden, da die Prüfungsteilnehmer selbst wählen könnten, ob sie die Prüfung nach Übergangsrecht oder nach neuem Recht ablegen wollten, so dass sie durch ihr Verhalten den als nachteilig empfundenen Auswirkungen begegnen könnten. Dem Verordnungsgeber komme ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den vorhandenen Ressourcen gebiete es, den Prüfungsteilnehmern den Weg in den Vorbereitungsdienst nur zu eröffnen, wenn ihre schriftlichen Leistungen wenigstens zur Hälfte mit 4,0 Punkten oder mehr bewertet worden seien. Die Zulässigkeit dieser Grenze sei in der Rechtsprechung anerkannt. Da Absolventen mit nur knapp bestandener Erster Juristischer (Staats-) Prüfung auch nach der Einführung der Bezeichnung nach § 17 Abs. 2 JAPO (2003) nur geringe Beschäftigungschancen hätten, wenn sie auf die Zweite Juristische Staatsprüfung verzichteten, mache gerade dieser Personenkreis von der Möglichkeit des Vorbereitungsdienstes Gebrauch; solche besonders gefährdeten Teilnehmer müssten zu besonderen Anstrengungen im Studium angehalten werden. Bei einer Anzahl von sieben schriftlichen Arbeiten könne das Erreichen der Bestehensgrenze in der Hälfte der Arbeiten nicht verlangt werden. Das Erreichen der Bestehensgrenze in drei und damit weniger als der Hälfte der schriftlichen Prüfungsarbeiten biete aber nicht mehr eine ausreichende Gewähr für die Geeignetheit der Prüfungsteilnehmer. Daher habe sich der Verordnungsgeber für die Grenze von mindestens vier Prüfungsarbeiten entschieden. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung verstießen prüfungsrechtliche Bestehensregeln nur dann gegen Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die gestellten Anforderungen zum Zweck der Prüfung außer Verhältnis stünden und deshalb nicht geeignet seien, den mit der Prüfung verfolgten Zweck zu erreichen. Derartige Anforderungen lägen hier nicht vor. Wenn mindestens vier von sieben Aufsichtsarbeiten mangelhafte oder noch schlechtere Leistungen aufwiesen, sei dies eine hinreichend zuverlässige Beurteilungsgrundlage, um die nach § 31 Abs. 2 Satz 1 JAPO (2003) bei einem Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,80 Punkten einsetzende positive Prognose des Verordnungsgebers, dass der Prüfungszweck mit entsprechenden mündlichen Leistungen insgesamt noch zu erreichen sei, durch ein zusätzliches Korrektiv einzuschränken und damit den Weg zur mündlichen Prüfung zu versperren. Das gelte umso mehr, als diesem Prüfungsteil im Verhältnis zu mündlichen Prüfung das dreifache Gewicht zukomme.

Mit Urteil vom 8. Oktober 2008 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Die Anwendung der in § 31 Abs. 2 JAPO (2003) normierten Bestehensgrenze auf die Übergangsfälle nach § 72 Abs. 3 JAPO (2003) verstoße ebenso wenig gegen höherrangiges Recht wie der Ausschluss einer weiteren Wiederholungsmöglichkeit nach zweimaligem Nichtbestehen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. Oktober 2008 aufzuheben und

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz - Landesjustizprüfungsamt - vom 3. Januar 2008 zu verpflichten, die Klägerin zur mündlichen Prüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung zuzulassen,

hilfsweise: die Klägerin erneut zur Wiederholungsprüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung nach Maßgabe der Prüfungsordnung 2003 zuzulassen.

Es sei mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht vereinbar, dass eine Übergangsregelung verschärfte Anforderungen an die Bestehensgrenze lege, wenn die nachfolgende Regelung wieder eine Erleichterung der Bestehensgrenze festlege. Diese Ungleichbehandlung werde auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Wahlmöglichkeit bestehe, an der Prüfung nach der Übergangsregelung oder nach der Neuregelung teilzunehmen. Hier sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin wegen ihrer schweren Krebserkrankung bereits zwei Jahre beurlaubt gewesen sei. Es sei ihr daher nicht zumutbar gewesen, zwei weitere Semester aufzuwenden, um wie die anderen Prüfungsteilnehmer in den Genuss der Neuregelung mit der Bestehensgrenze von 50% zu kommen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine Ungleichbehandlung von Prüfungsteilnehmern finde allenfalls zugunsten derjenigen statt, die gemäß der Übergangsvorschrift des § 72 Abs. 2 Satz 3 JAPO (2003) die Wahlfachprüfung vor dem Landesjustizprüfungsamt ablegten, da von ihnen im Unterschied zu den Absolventen der Ersten Juristischen Prüfung nicht das Erreichen von mindestens 4,0 Punkten in der Wahlfachprüfung gefordert werde. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die Klage mit Urteil vom 8. Oktober 2008 im Haupt- und Hilfsantrag zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann weder verlangen, aufgrund ihres im Prüfungstermin 2007/II erzielten Klausurergebnisses zur mündlichen Prüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung zugelassen zu werden, noch hat sie einen Anspruch auf Zulassung zu einer Wiederholungsprüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung nach Maßgabe der im Jahr 2003 neu erlassenen Prüfungsordnung.

a) Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag unmittelbar die Zulassung zur mündlichen Prüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung begehrt, muss die Klage schon deshalb ohne Erfolg bleiben, weil sich selbst im Falle der (Teil-) Nichtigkeit einzelner Vorschriften der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Juristen vom 13. Oktober 2003 (GVBl S. 758 - JAPO [2003]) keine solche Rechtsfolge zugunsten der Klägerin ergeben würde. Wäre die in § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 JAPO (2003) enthaltene Verweisung auf § 31 Abs. 2 JAPO (2003) tatsächlich insoweit unwirksam, als danach im Ergebnis mindestens vier von sieben Prüfungsarbeiten bestanden werden müssen (ca. 57%), so bliebe offen, welche Mindestanforderung stattdessen für den Zugang zur mündlichen Prüfung zu stellen wäre. Die nach früherem ebenso wie nach heutigem Recht geltende sog. Hälfteklausel, wonach mindestens 50% der Examensklausuren bestanden sein müssen, ließe sich auf die vorliegende Fallkonstellation, bei der eine ungerade Zahl von Klausuren geschrieben wurde, jedenfalls nicht übertragen. Im Übrigen hätte die Klägerin mit lediglich drei bestandenen Klausuren (ca. 43%) auch dieses Kriterium nicht erfüllt. Würde sie gleichwohl aufgrund ihrer bisherigen schriftlichen Leistungen zur mündlichen Prüfung zugelassen, so wäre sie damit ohne sachlichen Grund gegenüber den anderen Absolventen der Ersten Juristischen (Staats-) Prüfung privilegiert.

Unabhängig von der in jedem Falle fehlenden Rechtsgrundlage für eine Zulassung zur mündlichen Prüfung bestehen aber auch keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der nach der Übergangsregelung des § 72 JAPO (2003) geforderten Mindestzahl bestandener Klausuren, so dass der hierauf beruhende negative Prüfungsbescheid des Landesjustizprüfungsamts vom 3. Januar 2008 nicht zu beanstanden ist. Für die Prüfungsteilnehmer, die wie die Klägerin nach § 72 Abs. 2 Satz 3 JAPO (2003) die Wahlfachprüfung vor dem Landesjustizprüfungsamt abgelegt und daher neben den sechs Pflichtklausuren eine zusätzliche Klausur geschrieben haben, ergab sich aus der Verweisung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 JAPO (2003) auf § 31 Abs. 2 JAPO (2003) zwar eine strengere klausurbezogene Bestehensgrenze (mindestens vier von sieben Arbeiten) als bei den Kandidaten, die zur gleichen Zeit die Erste Juristische Staatsprüfung nach neuem Recht abgelegt haben und nur drei von sechs Prüfungsarbeiten bestehen mussten. Diese punktuelle Ungleichbehandlung durfte der Verordnungsgeber aber im Rahmen des für die Übergangsphase geltenden Regelungskonzepts hinnehmen, da sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt und den Betroffenen unter den gegebenen Umständen auch zumutbar war.

aa) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus der Verfassung keine starre Regel ableiten, wonach gleichzeitig erbrachte Prüfungsleistungen stets nach gleichem Prüfungsrecht behandelt werden müssten (BVerfG vom 6.12.1988 BVerfGE 79, 212/221). Für den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht die Gleichzeitigkeit der Prüfungsleistung, sondern deren Vergleichbarkeit maßgebend. Auch die für die Klägerin geltende erhöhte Bestehensgrenze ist daher nicht isoliert zu betrachten, sondern muss im Zusammenhang mit den übrigen Prüfungsvoraussetzungen gewürdigt werden. Dabei zeigt sich, dass im schriftlichen Teil der Ersten Juristischen Staatsprüfung nach neuem Recht und nach Übergangsrecht insgesamt so erhebliche Unterschiede bestehen, dass eine formale Gleichbehandlung weder verlangt noch erreicht werden kann.

Mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen vom 13. Oktober 2003 hat der Verordnungsgeber - gemäß den bundesrechtlichen Vorgaben des Gesetzes zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S. 2592) - die früheren Vorschriften über die am Ende des Studiums abzulegende Prüfung (§§ 4 ff. JAPO i.d.F. der Bek. vom 16.4.1993 GVBl S. 335 [JAPO 1993]) grundlegend umgestaltet. Statt der bislang für die Erste Juristische Staatsprüfung geforderten acht Klausuren, von denen eine das Wahlfach betraf (§ 21 Abs. 2 Satz 1 JAPO [1993]), sind nunmehr im Rahmen des Staatsexamens nur noch sechs Pflichtfachklausuren zu schreiben (§ 28 Abs. 2 Satz 1 JAPO [2003]). An die Stelle der bisherigen Wahlfachklausur ist - zusätzlich zur Staatsprüfung - eine "Juristische Universitätsprüfung" in einem von den Bewerbern gewählten Schwerpunktbereich getreten (§§ 38 ff. JAPO [2003]). Erst mit dem Bestehen beider Prüfungen ist auch die Hochschulabschlussprüfung in Gestalt der Ersten Juristischen Prüfung bestanden (§§ 16 f. JAPO [2003]).

Die Neuregelung des Prüfungsverfahrens, die im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 23 vom 27. Oktober 2003 bekanntgegeben wurde, gilt grundsätzlich ab dem Prüfungstermin 2007/1, so dass alle zur Ersten Juristischen Staatsprüfung 2006/2 zugelassenen Bewerber die Prüfung noch nach altem Recht absolvieren konnten (§ 72 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 JAPO [2003]). Aufgrund dieser Vorlauffrist, die dem bundesgesetzlich vorgegebenen Stichtag 1. Juli 2006 entspricht (Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 4 des G. vom 11.7.2002, BGBl. I. S. 2592), hatten auch Prüfungsteilnehmer, die sich bei In-Kraft-Treten der Verordnung am 1. Juli 2003 (§ 75 Abs. 1 JAPO [2003]) bereits im Studium befanden, mehr als drei Jahre (sechs Semester) Zeit für die Umstellung auf die geänderte Rechtslage (vgl. BT-Drs 14/7176 S. 15). Sie konnten damit auch das der Juristischen Universitätsprüfung vorangehende Schwerpunktbereichsstudium (§ 39 Abs. 2 JAPO [2003]) bei ihrer Studienplanung so frühzeitig berücksichtigen, dass ihnen aus der Änderung keine besonderen Nachteile entstanden.

Obwohl damit die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes bereits hinreichend erfüllt gewesen sein dürften (vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, RdNr. 85 f. m.w.N.), wurde vom Verordnungsgeber zugunsten jener Kandidaten, die bereits einmal zum Termin 2006/2 oder einem früheren Prüfungstermin zugelassen waren, für den Fall der Verhinderung oder Unzumutbarkeit, der Teilnahme im Freiversuch und der Wiederholung der Prüfung sowie der Wiederholung zur Notenverbesserung eine weitere Übergangsregelung für die vier nachfolgenden Prüfungstermine getroffen (§ 72 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 JAPO [2003]). Danach galten hier nicht nur die früheren Zulassungsvoraussetzungen fort (Satz 2), sondern konnten die betreffenden Prüfungsteilnehmer auch wählen, ob sie die Wahlfachprüfung vor dem Landesjustizprüfungsamt oder die Juristische Universitätsprüfung nach dem jeweiligen Verfahren ablegen wollten (Satz 3). Wiederholer aus früheren Prüfungsterminen durften also anstelle der seit dem Termin 2007/1 geforderten, von der jeweiligen Hochschule festgelegten Studien- und Prüfungsleistungen im Schwerpunktbereich (§§ 38 ff. JAPO [2003]) noch bis zum Termin 2008/2 entsprechend den Vorschriften der §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 25 JAPO (1993) eine Klausur mit Schwerpunkt aus der gewählten Wahlfachgruppe schreiben und eine mündliche Wahlfachprüfung ablegen. Für diese spezielle Übergangsregelung, die Elemente des neuen Prüfungsrechts (nur sechs Pflichtfachklausuren) mit solchen des früheren Rechts (Wahlfachprüfung in Form einer zentral geschriebenen Klausur und einer mündlichen Prüfung) verband, sprachen aus der Sicht des Verordnungsgebers gewichtige sachliche Gründe. Es ist zwar generell nicht geboten, Wiederholungsprüfungen nach denselben Vorschriften durchzuführen wie die vorangegangenen Prüfungsversuche (BVerwG vom 18.5.1982 BVerwGE 65, 323/339). Die Änderungen in den Prüfungsanforderungen müssen jedoch für die Wiederholer insgesamt zumutbar sein (Niehues, a.a.O., RdNr. 748 m.w.N.). Ohne die in § 72 Abs. 2 Satz 3 JAPO (2003) vorgesehene Ausweichmöglichkeit wären auch solche Kandidaten, die sich im Hinblick auf die allgemeine Stichtagsregelung bewusst schon vor dem Termin 2007/1 zur Prüfung gemeldet und noch nach altem Recht auf das Erste Staatsexamen vorbereitet hatten, im Falle einer späteren (unbeabsichtigten) Prüfungswiederholung bzw. -nachholung gezwungen gewesen, nachträglich ein vollständiges Schwerpunktbereichsstudium im Umfang von 16 bis 24 Semesterwochenstunden zu absolvieren (§ 39 Abs. 2 Satz 1 JAPO [2003]) und die in der jeweiligen Hochschulprüfungsordnung geforderten Prüfungsleistungen im Schwerpunktbereich zu erbringen (§ 40 Abs. 1 JAPO [2003]). Sie hätten damit aufgrund der Umstellung des Prüfungssystems nicht nur zusätzlichen Lernstoff zu bewältigen gehabt, sondern auch weitere Zeit bis zum Abschluss ihrer Hochschulausbildung verloren, so dass sie gegenüber denjenigen Teilnehmern ihres ursprünglichen Prüfungstermins, die im ersten Anlauf erfolgreich waren, noch stärker in Rückstand geraten wären. Diese besonderen Erschwernisse ließen sich nur vermeiden, indem der betroffenen Personengruppe die Möglichkeit eröffnet wurde, statt der Juristischen Universitätsprüfung eine staatliche Wahlfachprüfung abzulegen, deren Ergebnisse in die Berechnung der schriftlichen und mündlichen Gesamtnote sowie der Prüfungsgesamtnote des Staatsexamens mit eingingen (vgl. § 72 Abs. 3 Satz 1 JAPO [2003]).

Dass sich mit der Wahlfachprüfung die Zahl der Examensklausuren auf die ungerade Zahl von sieben erhöhte und daher die sonst für die Zulassung zur mündlichen Prüfung geltende 50%-Grenze nicht mehr zur Anwendung kommen konnte, war eine notwendige Konsequenz der - im Übrigen ausschließlich begünstigend wirkenden - Sonderregelung des § 72 Abs. 2 Satz 3 JAPO (2003). Dieser mathematische Effekt wäre nur dann nicht eingetreten, wenn von den betreffenden Prüfungskandidaten neben der Wahlfachklausur auch noch eine zusätzliche Pflichtfachklausur - etwa in Gestalt einer vierten Zivilrechtsklausur wie im früheren Recht (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JAPO [1993]) - verlangt worden wäre. Zu einer solchen Aufstockung der schriftlichen Prüfung, die danach mit acht Klausuren wieder dem alten Rechtszustand entsprochen und somit dessen weitere Verlängerung bedeutet hätte, war der Verordnungsgeber jedoch von Rechts wegen nicht verpflichtet (vgl. auch Schöbel, BayVBl 2003, 641/649). Er durfte daher, nachdem für die Mehrzahl der Prüfungsteilnehmer ab dem Termin 2007/1 ausschließlich das neue Prüfungsrecht galt, dem Gebot der Gleichbehandlung aller Kandidaten bezüglich Anzahl und Aufteilung der Pflichtfachklausuren - drei zivilrechtliche, eine strafrechtliche und zwei öffentlich-rechtliche Arbeiten (§ 28 Abs. 2 Satz 1 JAPO [2003]) - den Vorrang einräumen gegenüber dem Anspruch der für die Wahlfachprüfung optierenden Wiederholer auf eine rechnerisch gleich hohe Bestehensgrenze.

Die geringfügige Erhöhung der Zugangsschwelle zur mündlichen Prüfung war unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung vor allem deshalb sachlich gerechtfertigt, weil die von der Übergangsregelung des § 72 Abs. 2 Satz 3 JAPO (2003) profitierenden Kandidaten nach ihrer Entscheidung für die Wahlfachprüfung nicht mehr Gefahr liefen, in der Juristischen Universitätsprüfung wegen zu geringer Punktzahlen bei den einzelnen Prüfungsleistungen insgesamt zu scheitern (§ 40 Abs. 2, Abs. 4 JAPO [2003]). In einem solchen Fall hätten sie - ungeachtet der im Juristischen Staatsexamen erzielten Ergebnisse - die Erste Juristische Prüfung endgültig nicht bestanden (§§ 17 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 Satz 1 JAPO [2003]). Dass sich die Prüfungswiederholer bzw. -nachholer diesem Risiko mit ihrer Wahl entziehen konnten, muss bei dem gebotenen Gesamtvergleich der Prüfungsbedingungen nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil nach den mittlerweile vorliegenden Zahlen jedenfalls im Anfangsjahr 2007 keiner der Teilnehmer die Juristische Universitätsprüfung endgültig nicht bestanden hat (vgl. Jahresbericht des Bayerischen Landesjustizprüfungsamtes für das Jahr 2007, S. 4, http://www.justiz.bayern.de/pruefungsamt/jahresbericht/). Es war weder für den Verordnungsgeber aus seiner damaligen Sicht konkret vorhersehbar noch in den getroffenen Regelungen in irgendeiner Weise angelegt, dass trotz der für beide Prüfungen einheitlich geltenden Noten- und Punkteskala (vgl. § 5 d Abs. 1 Satz 3 DRiG) das Notenniveau der Juristischen Universitätsprüfung so deutlich über dem des Staatsexamens liegen würde.

bb) Die in der Verweisung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 JAPO (2003) liegende Anhebung der Bestehensgrenze auf ca. 57% (vier von insgesamt sieben Klausuren) stellte für die betroffenen Prüfungswiederholer bzw. -nachholer keine unzumutbare Verschärfung der Prüfungsanforderungen dar, so dass dagegen auch nach den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleiteten Grundsätzen zur unechten Rückwirkung von Rechtsnormen (vgl. BVerfG vom 28.11.1984 BVerfGE 68, 287/306 f.) keine durchgreifenden Bedenken bestehen (vgl. BVerwG vom 28.2.1986 DVBl 1982, 622/624). Die Heraufsetzung der Bestehensgrenze zwang die Kandidaten zu keiner inhaltlichen Änderung in der Prüfungsvorbereitung. Ihr etwaiges Vertrauen darauf, dass für die Zulassung zur mündlichen Prüfung auch in Zukunft keine strengeren Maßstäbe als bisher gelten würden, war seit der Bekanntgabe der neuen Prüfungsbestimmungen am 27. Oktober 2003 nicht mehr schutzwürdig, so dass sie hinreichend Zeit hatten, sich auf die ab dem Termin 2007/I geltende Verschärfung einzustellen (vgl. BVerwG vom 18.5.1982 BVerwGE 65, 323/339). Das mit der Neuregelung (geringfügig) erhöhte Risiko des Scheiterns im schriftlichen Teil des Staatsexamens wurde im Übrigen ausgeglichen durch den rechtlichen Vorteil, zwischen zwei Arten des Prüfungsablaufs wählen zu dürfen und damit individuellen Stärken und Schwächen gezielt Rechnung tragen zu können. Wer auf die Anwendung der Hälfteklausel bei der Zulassung zur mündlichen Prüfung mehr Wert legte als auf die mit der Wahlfachprüfung eröffnete Möglichkeit eines beschleunigten Prüfungsabschlusses, konnte das in der Übergangsregelung liegende Angebot ausschlagen und wie die übrigen Teilnehmer ab dem Termin 2007/1 die Juristische Universitätsprüfung absolvieren.

Eine Kombination von vorteilhaften Elementen beider Prüfungssysteme, wie sie die Klägerin anstrebt, hätte demgegenüber eine gleichheitswidrige Überkompensation der durch die Umstellung entstandenen Erschwernis bedeutet. Auch der Umstand, dass aus der persönlichen Sicht der Klägerin nach der früheren krankheitsbedingten Studienunterbrechung ein Nachholen der Juristischen Universitätsprüfung besonders fernlag, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung der streitigen Vorschrift. Die aus bestimmten Lebensschicksalen erwachsenden Sonderbelastungen einzelner Prüfungsteilnehmer durfte und musste der Verordnungsgeber bei der Festlegung der generellen Prüfungsanforderungen und der hierzu ergangenen Übergangsbestimmungen nicht berücksichtigen. Solche Umstände können, soweit sie die Leistungsfähigkeit weiterhin beeinträchtigen und gegenüber der zuständigen Prüfungsbehörde konkret geltend gemacht werden, allenfalls zu individuellen Erleichterungen im äußeren Prüfungsablauf führen (vgl. § 13 Abs. 2 JAPO [2003]).

cc) Die bei Ablegung der Wahlfachprüfung gemäß § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 JAPO (2003) geltende Bestehensregelung kann auch mit Blick auf die grundrechtliche Gewährleistung der Berufs- und Ausbildungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht als unverhältnismäßige subjektive Zulassungsschranke angesehen werden. Ein Grundrechtsverstoß läge insoweit nur vor, wenn die gestellten Anforderungen zu dem - in § 16 Abs. 1 Sätze 2 und 3 JAPO (2003) umschriebenen - Zweck der Prüfung außer Verhältnis stünden oder zur Erreichung dieses Zweck ungeeignet wären (vgl. BVerwG vom 10.10.1994 BayVBl 1995, 86/87). Dabei ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein gewisser, sich in vernünftigen Grenzen haltender Überschuss an Prüfungsanforderungen hinzunehmen (BVerfG vom 25.2.1969 BVerfGE 25, 236/248). Knüpfen Bestehensregeln nur an einen Teil der im Prüfungsverfahren insgesamt zu erbringenden Leistungen an, so ist allerdings zusätzlich erforderlich, dass bereits dieser Teil eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage gewährleistet (vgl. BVerfG vom 14.3.1989 BVerfGE 80, 1/35). Auch insoweit unterliegt die streitige Regelung aber keinen Bedenken.

Bestehensgrenzen, die sich auf unzureichende Leistungen in mehr als der Hälfte der Klausuren beziehen, werden allgemein als geeignete, erforderliche und zumutbare Einschränkung der Berufsfreiheit angesehen (vgl. BVerwG vom 13.5.2004 NVwZ 2004, 1375/1376 m.w.N.). Wird von den schriftlichen Arbeiten eines Kandidaten eine Mehrzahl (hier: vier von sieben) mit der Note mangelhaft oder ungenügend bewertet, so reicht dieses negative Zwischenergebnis in der Regel aus, um schon in diesem Prüfungsstadium die mangelnde juristische Qualifikation festzustellen. Dies muss vor allem dann gelten, wenn die schriftlichen Leistungen den (quantitativ) überwiegenden Teil der geforderten Prüfungsleistungen ausmachen (vgl. BVerwG vom 10.10.1994 BayVBl 1995, 86/87). Kommt dem Klausurergebnis wie hier im Rahmen der Gesamtbewertung gegenüber dem Ergebnis der mündlichen Prüfung das dreifache Gewicht zu (§ 34 Abs. 1 Satz 2 JAPO [2003]), so darf daher dem Scheitern im schriftlichen Teil entscheidende Bedeutung auch für das Bestehen der Prüfung insgesamt beigemessen werden. Dass die betroffenen Kandidaten aufgrund dieser Sonderregelung keine Gelegenheit mehr haben, ihr schlechtes Klausurergebnis durch mündliche Prüfungsleistungen auszugleichen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber bewegt sich innerhalb seines normativen Gestaltungsspielraums, wenn er von jedem Prüfling ein bestimmtes Mindestmaß der - in allen juristischen Berufen geforderten - Fähigkeit verlangt, sich unter Zeitdruck in schriftlicher Form mit komplexen rechtlichen Fallgestaltungen auseinanderzusetzen (vgl. BVerwG vom 11.5.1983 DÖV 1983, 817/818).

b) Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die Zulassung zu einer Wiederholungsprüfung der Ersten Juristischen Staatsprüfung nach Maßgabe der Prüfungsordnung 2003 begehrt, kann die Klage ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Klägerin hat bereits alle ihr rechtlich zustehenden Prüfungsmöglichkeiten in Anspruch genommen.

§ 36 Abs. 1 JAPO (2003) sieht - wie bereits § 29 Abs. 1 JAPO [1993]) - für den Fall einer nicht bestandenen Ersten Juristischen (Staats-) Prüfung eine bloß einmalige Wiederholungsmöglichkeit vor. Nachdem die Klägerin bereits ohne Erfolg an der Prüfung im Termin 2005/II teilgenommen hat, stünde ihr ein weiterer Prüfungsversuch nur zu, wenn die ebenfalls erfolglose Teilnahme am Prüfungstermin 2007/II rechtlich unwirksam wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die im damaligen Prüfungsverfahren geltende klausurbezogene Bestehensgrenze gemäß der Übergangsregelung des § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 JAPO (2003) war aus den oben dargelegten Gründen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so dass sich daraus keine für die Klägerin günstigen Rechtsfolgen ergeben können.

Selbst wenn aber die dem hier streitigen Prüfungsverfahren zugrunde gelegte Übergangsregelung aus den von der Klägerin vorgebrachten Gründen oder wegen eines anderweitigen Verstoßes gegen höherrangiges Recht, etwa wegen Überschreitung des nach Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S. 2592) verbleibenden landesrechtlichen Regelungsspielraums, insgesamt als rechtswidrig anzusehen wäre, ergäbe sich daraus unter den vorliegenden Umständen kein Anspruch auf Zulassung zu einer nochmaligen Wiederholungsprüfung. Auf Mängel im Prüfungsverfahren - und somit auch auf die Unwirksamkeit der für die konkrete Prüfung angewandten Verfahrensvorschriften - kann sich ein Prüfling grundsätzlich nur berufen, wenn er den Mangel rechtzeitig gerügt hat (vgl. BVerwG vom 22.6.1994 BVerwGE 96, 126/129 m.w.N.; Niehues, a.a.O., RdNr. 513). Dieser allgemeine Grundsatz des Prüfungsrechts, der in § 12 Abs. 1 JAPO (2003) bzw. § 19 Abs. 2 JAPO (1993) seinen positivrechtlichen Niederschlag gefunden hat, soll vor allem verhindern, dass der betroffene Prüfling, indem er in Kenntnis des Verfahrensmangels zunächst die Prüfung fortsetzt und das Ergebnis abwartet, sich eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance verschafft, was im Verhältnis zu den anderen Prüflingen den Grundsatz der Chancengleichheit verletzen würde (BVerwG a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin im Wissen um die für die Wiederholungsprüfung geltenden Übergangsbestimmungen des § 72 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 und Abs. 3 JAPO (2003) an dem Prüfungstermin 2007/II teilgenommen und ihre verfahrensrechtlichen Einwände erst erhoben, nachdem sie den Bescheid über das Nichtbestehen der schriftlichen Prüfung erhalten hatte. Würde ihr nunmehr - aufgrund etwaiger (Gesamt-) Nichtigkeit der Übergangsregelung - ein zusätzlicher, also insgesamt dritter Prüfungsversuch nach den heutigen Bestimmungen eingeräumt, so hätte sie aufgrund der verspäteten Geltendmachung des Verfahrensmangels einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber allen anderen Prüfungsteilnehmern erlangt.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 709 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs)

Ende der Entscheidung

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