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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.03.2008
Aktenzeichen: 7 CE 07.10378
Rechtsgebiete: GG, Vergabeverordnung ZVS, BayHZG, HZV


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Vergabeverordnung ZVS § 2 Satz 2 Nr. 4
Vergabeverordnung ZVS § 2 Satz 3
BayHZG Art. 1 Abs. 2 Satz 2
BayHZG Art. 1 Abs. 2 Satz 3
HZV § 2 Satz 1
HZV § 2 Satz 2 Nr. 4
HZV § 2 Satz 3
Nicht-EG-Ausländer mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung (sog. Bildungsinländer) sind nur in den regulären Verfahren der Studienplatzvergabe mit Deutschen gleichgestellt; sie können daher auf dem Rechtsweg keine Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Ausbildungskapazitäten erstreiten.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 CE 07.10378

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Zulassung zum Studium der Zahnmedizin an der Ludwigs-Maximilians-Universität München WS 2007/2008 (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 15. November 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 12. März 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist ein 1988 geborener kroatischer Staatsangehöriger, der seine Hochschulzugangsberechtigung in der Bundesrepublik Deutschland erworben hat. Nachdem ein unmittelbar an die Universität gerichteter Antrag erfolglos geblieben war, beantragte er gemäß § 123 VwGO beim Verwaltungsgericht München,

den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm im Wintersemester 2007/2008 außerhalb der festgesetzten Kapazität vorläufig einen Studienplatz, hilfsweise einen Teilstudienplatz im Fach Zahnmedizin im 1. Fachsemester an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zuzuweisen.

Zur Begründung trug der Antragsteller vor, die Kapazität der LMU im Studiengang Zahnmedizin sei nicht ausgeschöpft. Ein Anordnungsanspruch bestehe, obwohl er weder die deutsche noch eine EU-Staatsbürgerschaft besitze. § 2 Satz 2 Nr. 4 HZV gewähre auch sogenannten Bildungsinländern einen Anspruch auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten Kapazität.

Mit Beschluss vom 15. November 2007 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Studienbewerber, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch die eines Mitgliedstaats der Europäischen Union besäßen, könnten einen Anspruch auf Zulassung zum Studium nur innerhalb der festgesetzten Kapazität geltend machen; der Besitz einer deutschen Hochschulzulassungsberechtigung führe zu keiner anderen Beurteilung. § 2 Satz 2 Nr. 4 HZV gelte ebenso wie die wortgleiche Vorschrift des § 2 Satz 2 Nr. 4 Vergabeverordnung ZVS nur für das Vergabeverfahren innerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen. Nicht-EU-Ausländer hätten keinen auf Art. 12 Abs. 1 GG gestützten Rechtsanspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vorliegenden Beschwerde. § 2 Satz 1 HZV lasse erkennen, dass die Gleichstellung der sog. Bildungsinländer mit den deutschen Staatsangehörigen das gesamte Kapazitätsrecht betreffe. Es entstehe ein Wertungswiderspruch, wenn der Antragsteller nur an der Verteilung rechtmäßig festgesetzter Studienplätze gleichberechtigt teilhaben könne, nicht dagegen an der Verteilung rechtswidrig verschwiegener Studienplätze. Die mit § 2 HZV bezweckte Gleichstellung laufe leer, wenn die Zulassungszahlen bewusst niedrig angesetzt würden, um sodann im Verfahren der außerkapazitären Verteilung nur noch deutsche Staatsangehörige zu bevorzugen.

Der Antragsgegner hält die Beschwerde im Ergebnis für unbegründet und verweist darauf, dass im Studiengang Zahnmedizin keine freien Kapazitäten mehr bestünden, wie das Verwaltungsgericht in den Parallelverfahren anderer Studienplatzbewerber festgestellt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet. Die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), lassen nicht erkennen, dass die angegriffene Entscheidung fehlerhaft wäre.

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Antragsteller, der weder die deutsche noch eine EU-Staatsangehörigkeit besitzt, keinen Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium außerhalb der festgesetzten Zulassungszahlen besitzt. Ein ausländischer Studienplatzbewerber, der nicht EU-Staatsangehöriger ist, kann sich darauf, dass die Zulassungszahl unter Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung zu niedrig festgesetzt sei, nicht mit Erfolg berufen, weil ihm die aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG folgende subjektiv-öffentliche Rechtsstellung als Grundlage eines individualrechtlichen Zulassungsanspruchs fehlt (BayVGH vom 19.1.2004 Az. 7 CE 03.10155 m.w.N.; VGH BW vom 21.12.1984 KMK-HSchR 1986 S. 1225 f.; HessVGH vom 25.8.1987 NVwZ 1988, 855 f.; OVG NW vom 3.8.1994 DVBl. 1995, 433; vom 25.11.2003 NVwZ-RR 2004, 353; OVG Hamburg vom 20.9.1996 Az. Bs III 8/96 <juris>; vgl. auch Reich, Bayerisches Hochschulgesetz, 5. Aufl. 2007, RdNr. 3 zu Art. 42; Zimmerling/Brehm, Hochschulkapazitätsrecht, 2003, RdNrn. 316 ff.).

Ein Zulassungsanspruch außerhalb der festgesetzten Kapazitäten ergibt sich für den Antragsteller auch nicht aus dem Umstand, dass er eine inländische Hochschulzugangsberechtigung vorweisen kann. Ausländische Staatsangehörige und Staatenlose, die eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung besitzen, werden zwar in Art. 1 Abs. 1 Satz 3 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen (hier anwendbar in der bisherigen Fassung vom 30. Juni 1999, GVBl 2000 S. 11) und in § 2 Satz 2 Nr. 4 Vergabeverordnung ZVS (vom 8.4.2005 GVBl S. 114) den deutschen Bewerbern "gleichgestellt"; dasselbe gilt in Zukunft nach Art. 1 Abs. 2 Satz 3 des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes (BayHZG) vom 9. Mai 2007 (GVBl S. 320) und der hierzu ergangenen Ausführungsbestimmung des § 2 Satz 2 Nr. 4 Hochschulzulassungsverordnung (HZV) vom 18. Juni 2007 (GVBl S. 401). Alle diese Vorschriften beziehen sich aber nur auf die Studienplatzvergabe im Rahmen der vom Gesetz- und Verordnungsgeber vorgesehenen zentralen bzw. örtlichen Auswahlverfahren auf der Grundlage der satzungsrechtlich festgelegten Aufnahmekapazitäten (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag; § 1 Satz 1 Vergabeverordnung ZVS; Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayHZG; §§ 1, 24 HZV); sie begründen daher lediglich einen Anspruch darauf, an den behördlichen Vergabeverfahren nach den für Deutsche geltenden Bestimmungen beteiligt zu werden (§ 2 Satz 3 Vergabeverordnung ZVS; § 2 Satz 3 HZV). Die Gleichstellung umfasst dagegen nicht den gesetzlich nicht näher ausgestalteten, sondern richterrechtlich entwickelten verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruch nach Art. 12 Abs. 1 GG außerhalb der festgesetzten Kapazität (BayVGH vom 19.1.2004 Az. 7 CE 03.10155; OVG NW vom 3.8.1994 NVwZ-RR 1995, 277 f.; OVG Hamburg vom 20.9.1996 Az. Bs III 8/96 <juris>).

Mit der Vorenthaltung eines Anspruchs auf "außerkapazitäre" Zulassung zum Studium wird die in Art. 1 Abs. 1 Satz 3 des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen bzw. in Art. 1 Abs. 2 Satz 3 BayHZG getroffene Grundentscheidung für eine prozedurale Gleichbehandlung der sog. Bildungsinländer mit den deutschen Staatsangehörigen nicht unterlaufen. Die gesetzlichen Gleichstellungsklauseln bestimmen lediglich, wer im Vergabeprozess der Hochschulen berücksichtigt wird (vgl. zu Art. 1 BayHZG LT-Drs. 15/7387 S. 7); sie zielen also auf die Gewährung eines (derivativen) Teilhaberechts innerhalb des satzungsrechtlich festgesetzten Ausbildungsangebots. Darüber hinaus gehende Rechtsansprüche auf eine vom Auswahlverfahren unabhängige Studienplatzvergabe im Falle nicht kapazitätserschöpfender Zulassungszahlen lassen sich weder aus den Bestimmungen des Staatsvertrags noch aus dem Bayerischen Hochschulzulassungsgesetz ableiten. Angesichts der ausdrücklichen Beschränkung der Grundrechtsträgerschaft in Art. 12 Abs. 1 GG auf deutsche Staatsangehörige kann in der schwächeren materiellen Rechtsposition von (Nicht-EU-) Ausländern im Hochschulzulassungsrecht auch kein Gleichheitsverstoß gesehen werden (vgl. BayVGH vom 19.1.2004 Az. 7 CE 03.10155).

Nachdem der Antragsteller mit seinem Rechtsschutzbegehren schon aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg haben kann, kommt es hier nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch im Beschwerdeverfahren bisher keine konkreten Anhaltspunkte für freie Ausbildungskapazitäten im Fach Zahnmedizin erkennbar geworden sind.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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