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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: 7 CE 08.10076
Rechtsgebiete: HZV, LUFV, GG


Vorschriften:

HZV §§ 42 ff.
HZV § 53
LUFV § 7 Abs. 1
GG Art. 91 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 CE 08.10076

In den Verwaltungsstreitsachen

wegen Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität Regensburg WS 2007/2008 (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Januar 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 26. Mai 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die oben unter ihren Aktenzeichen aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

III. Die Antragsteller tragen jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens.

IV. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege einstweiligen Rechtsschutzes für das Wintersemester (WS) 2007/2008 die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Universität Regensburg im ersten Fachsemester, zum Teil hilfsweise beschränkt auf die Zulassung in den vorklinischen Studienabschnitt. Sie sind der Meinung, dass mit der in der Zulassungszahlsatzung festgesetzten Zahl von 198 Studienplätzen im ersten Fachsemester die im WS 2007/2008 vorhandene Aufnahmekapazität nicht erschöpft ist.

Mit der vorliegenden Beschwerde wenden sich die Antragsteller gegen den entsprechende Eilanträge ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Januar 2008. Sie tragen verschiedene Gründe vor, aus denen sich für dieses Semester eine höhere als die vom Verwaltungsgericht errechnete Kapazität ergebe.

Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerden sind zulässig, aber unbegründet. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Eilverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), lassen nicht erkennen, dass über die bereits tatsächlich besetzten Studienplätze hinaus im Fach Humanmedizin weitere Ausbildungskapazitäten bestünden.

1. Soweit die Antragsteller unter Hinweis auf das Vorbringen ihres Bevollmächtigten in den Parallelverfahren für die Zulassung zum ersten Fachsemester monieren, der Antragsgegner habe "entgegen den rechtsverbindlichen... Vorgaben aus dem Hochschulpakt 2020 keinen Aufbau von Studienplätzen... betrieben", lässt sich daraus kein Recht auf außerkapazitären Zugang zum Hochschulstudium ableiten. Der Hochschulpakt 2020 und die zu seiner Umsetzung ergriffenen hochschulplanerischen Maßnahmen vermitteln keine individuellen Ansprüche auf Schaffung von Ausbildungskapazitäten in einzelnen Studienfächern. Es handelt sich vielmehr um eine die Hochschulfinanzierung betreffende Bund-Länder-Vereinbarung gemäß Art. 91b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GG, aus der sich Rechte und Pflichten nur im Verhältnis der beteiligten Körperschaften untereinander ergeben können (vgl. bereits BayVGH vom 21.9.2007 Az. 7 CE 07.10320).

Dass die von der Bundesregierung und den Regierungschefs der Länder erst am 20. August 2007 abgeschlossene und am 5. September 2007 öffentlich bekanntgemachte (Bundesanzeiger Nr. 171 vom 12.9.2007 S. 7480) Verwaltungsvereinbarung über den Hochschulpakt 2020 keine auf bestimmte Hochschulen oder gar auf einzelne Studiengänge bezogenen Rechtsansprüche auf Kapazitätserweiterung begründet, folgt zwingend aus Ziel und Inhalt der genannten Vertragsbestimmungen. Mit dem in Art. 1 enthaltenen "Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger" wird lediglich angestrebt, bis zum Jahre 2020 ein "der Nachfrage insgesamt entsprechendes Studienangebot" bereitzustellen (Art. 1 § 1 Abs. 1), wobei in quantitativer Hinsicht davon ausgegangen wird, dass die Länder während der ersten Programmphase bis zum 31. Dezember 2010 91.370 zusätzliche Studienanfänger im ersten Hochschulsemester an den Hochschulen aufnehmen (Art. 1 § 1 Abs. 2), von denen 18.259 auf den Freistaat Bayern entfallen (Anlage zur Verwaltungsvereinbarung). Für die Verwendung der Finanzmittel, an denen sich der Bund zur Hälfte beteiligt (Art. 1 § 1 Abs. 3), bestehen Zielvorgaben nur insoweit, als die Länder "Schwerpunkte in der Schaffung zusätzlicher Stellen an den Hochschulen" setzen und für eine Erhöhung des Anteils der Studienanfängerplätze an Fachhochschulen sowie des Anteils von Frauen bei der Besetzung von Professuren und sonstigen Stellen sorgen sollen (Art. 1 § 1 Abs. 4). Die Verwaltungsvereinbarung zum Hochschulpakt 2020, die ohnehin unter dem Vorbehalt der Mittelbereitstellung durch die jeweiligen gesetzgebenden Körperschaften steht (s. Präambel), enthält somit keine - über den allgemeinen Verfassungsauftrag nach Art. 12 Abs. 1 GG hinausgehende - spezielle Verpflichtung zum Abbau von Zugangsbeschränkungen in den sog. harten Numerus Clausus-Fächern. Sie überlässt die Einzelheiten des vereinbarten Ausbaus der Hochschulen vielmehr den auf Länderebene abzustimmenden "Aufwuchsplanungen" (Art. 1 § 4), in deren Rahmen die zusätzlich bereitstehenden Finanzmittel auf die einzelnen Ausbildungsstätten und die dort angebotenen Studiengänge zu verteilen sind.

Unabhängig von der fehlenden "Drittgerichtetheit" der Pflichten aus der Bund-Länder-Vereinbarung kann auch keine Rede davon sein, dass der Freistaat Bayern seiner vertraglichen Umsetzungspflicht bisher nicht oder nur zögerlich nachgekommen wäre. Zwar ist die Verwaltungsvereinbarung vom 20. August 2007 rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten (Art. 3 Abs. 2). Dies bedeutet aber nicht, dass die Länder etwa verpflichtet waren, schon zum Wintersemester 2007/2008 eine Mindestzahl neuer Planstellen an den einzelnen Hochschulen auszuweisen. Abgesehen von dem insoweit zu beachtenden Vorbehalt des Haushaltsgesetzes bedurfte die Verteilung der zusätzlichen Finanzmittel einiger planerischer Vorentscheidungen und Abstimmungen, die nicht schon im Jahr 2007 zum Abschluss gebracht werden konnten. Die Vereinbarung sieht demgemäß für die erste Programmphase keinen jahres- oder semesterbezogenen Zuwachs von Studienplätzen vor, sondern nur eine im Gesamtzeitraum von vier Jahren (2007 bis 2010) erhöhte Zahl von Studienanfängern (Art. 1 § 1 Abs. 2 und 3).

In Bayern hat der Ministerrat bereits in seiner Sitzung vom 12. Juni 2007 einen Investitionsplan zum schrittweisen Aufbau von 3.000 zusätzlichen Personalstellen beschlossen, mit dem - über die quantitativen Vorgaben im damals noch unverbindlichen Hochschulpakt 2020 hinausgehend - insgesamt 38.000 neue Studienplätze an den staatlichen Hochschulen geschaffen werden sollen (vgl. http://www.stmwfk.bayern.de/hs_ausbau.html). Nach einer Pressemitteilung des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 10. Januar 2008 ist im Haushaltsjahr 2008 ein erster Einstieg im Umfang von 35,66 Mio. Euro vorgesehen, von denen auf die Universität Regensburg 1.453.200 Euro entfallen (http://www.stmwfk.bayern.de/presse/meldung.asp?NewsID=989). Um alle Beteiligten in die Planungen dauerhaft einzubeziehen, wurde mit Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft und kommunalen Spitzenverbänden am 18. Januar 2008 ein "Bündnis Studieren in Bayern" abgeschlossen (http://www.stmwfk.bayern.de/buendnis.html), zu dessen Umsetzung derzeit in allen sieben Regierungsbezirken Regionalkonferenzen mit Vertretern der Wissenschaftsverwaltung und der einzelnen Universitäten stattfinden (http://www.stmwfk.bayern.de/regionalkonferenz.html). Die konkreten Zielvereinbarungen zwischen den Hochschulen und dem zuständigen Staatsministerium, in denen die künftige Zahl der Studienplätze für die einzelnen Fächer festgelegt werden soll, stehen nach Auskunft des Antragsgegners derzeit noch aus. Aufgrund des bisherigen Verfahrensablaufs kann aber erwartet werden, dass sich das von Bund und Land zusätzlich bereitgestellte Finanzvolumen bereits im Wintersemester 2008/2009 oder spätestens im nachfolgenden Sommersemester 2009 in einer erhöhten Zahl von Planstellen an den einzelnen Hochschulen bemerkbar machen wird. Erst wenn dies der Fall ist, können sich daraus nach den kapazitätsrechtlichen Vorschriften konkrete Folgerungen zugunsten einzelner Studienbewerber ergeben.

2. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sind auch weiterhin keine Gründe ersichtlich, die es gebieten könnten, bei der Schwundquotenberechnung die durch gerichtlichen Beschluss später zugelassenen Studienbewerber im Nachhinein ihrem Bewerbungssemester hinzuzurechnen. Mit der strikten Anknüpfung an den Status der Immatrikulation wird sichergestellt, dass das Studierverhalten der gerichtlich zugelassenen Bewerber im Rahmen der Schwundberechnung erst berücksichtigt wird, wenn das Studienangebot für die Betreffenden tatsächlich verfügbar ist; erst ab diesem Zeitpunkt ist eine schwundrelevante "Aufgabe" des Studiums möglich. Wollte man zunächst abgewiesene Studienbewerber wegen ihrer - erst in einem späteren Semester erlangten - gerichtlichen Zulassung noch nachträglich in die Zahl der Erstsemester einrechnen und damit einen teilweise fiktiven Ausgangswert zugrundelegen, so könnte dies zu unrealistisch hohen Schwundquoten führen. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn eine größere Anzahl vorläufig zugewiesener Studienplätze im Rechtsmittelverfahren wieder entzogen würde und damit ein beträchtlicher Schwundanteil in die Berechnung einginge, dem keine autonome Entscheidung der Studierenden zugrundeläge. Da auch Praktikabilitätsgründe für das formelle Immatrikulations- und Stichtagsprinzip sprechen, bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die bisher geübte Praxis bei der Ermittlung der Semesterzahlen im Rahmen der Schwundberechnung (vgl. BayVGH vom 19.10.2006 Az. 7 CE 06.10410).

Kapazitätsrechtlich ist es nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch nicht geboten, von den in die Schwundberechnung eingehenden Bestandszahlen diejenigen Studierenden abzuziehen, die das Physikum nicht bestanden haben. Maßgebend für die Ermittlung der Bestandszahlen im Rahmen der Schwundberechnung ist nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen allein das "Fachsemester" (vgl. § 16 KapVO bzw. § 53 HZV) und damit die formelle Studiendauer, nicht etwa der materielle Ausbildungsstand (vgl. BayVGH vom 9.10.2007 Az. 7 CE 07.10314). Besondere Gründe, die ein Abweichen von dieser Betrachtungsweise nahelegen könnten, sind von den Antragstellern nicht dargetan worden.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit Beschluss vom 20. März 2007 (Az. 7 CE 07.10002) die Deputatsminderungen geprüft und gebilligt. Insbesondere ist die Deputatsreduzierung für die Tätigkeit von Herrn Prof. Dr. K. als Prorektor um 5 SWS nicht zu beanstanden, da damit der nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 LUFV vorgesehene Rahmen einer Reduzierung um 75 % bzw. 6,75 SWS nicht erreicht wird.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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