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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 7 CE 08.1031
Rechtsgebiete: BayHSchG, QualV, BayVwVfG


Vorschriften:

BayHSchG Art. 42 Abs. 2 Satz 3
BayHSchG Art. 43 Abs. 1
BayHSchG Art. 43 Abs. 7
BayHSchG Art. 46 Nr. 1
BayHSchG Art. 46 Nr. 4
BayHSchG Art. 106
QualV § 1 Abs. 1
QualV § 2 Nr. 1
QualV § 33 Abs. 2
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 CE 08.1031

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Immatrikulation (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. März 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl

ohne mündliche Verhandlung am 9. Oktober 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Immatrikulation zum Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians Universität München (LMU).

Wegen einer Erkrankung des rechten Auges, die später die Entfernung des Augapfels notwendig machte, musste der 1979 geborene Antragsteller in der 11. Klasse das Gymnasium verlassen; auch eine danach begonnene Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten konnte er krankheitsbedingt nicht zum Abschluss bringen. Ab dem Wintersemester 2003/2004 besuchte er an der LMU Lehr- und Übungsveranstaltungen im Studienfach Rechtswissenschaften, ohne an der Hochschule immatrikuliert zu sein. Seine in den Grundkursen Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht abgegebenen Hausarbeiten wurden, nachdem die Korrekturassistenten die fehlende Immatrikulation nicht bemerkt hatten, als bestanden bewertet.

Einen am 17. Oktober 2007 gestellten formlosen Antrag auf Zulassung zum Studium der Rechtswissenschaften lehnte die LMU mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 ab. Der Antragsteller erhob daraufhin beim Verwaltungsgericht München eine Verpflichtungsklage, über die noch nicht entschieden worden ist. Zugleich beantragte er,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die am 18. Oktober 2007 beantragte Immatrikulation zu erteilen und ihm für das Eilverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Der Leiter des Integrationsamtes der Regierung von Oberbayern habe ihn in Absprache mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 16. Oktober 2003 angewiesen, zum Wintersemester 2003/2004 das Studium an der LMU aufzunehmen; dabei habe der Beamte gesagt, über die fehlende Studienberechtigung werde mit dem Ministerium verhandelt. In Härtefällen wie dem des Antragstellers bestünden Ausnahmemöglichkeiten für die Zulassung zum Hochschulstudium. Er sei auch aus Gründen des Vertrauensschutzes zuzulassen, da die LMU sein Studium geduldet habe.

Der Antragsgegner beantragte, die Anträge abzulehnen, und verwies auf die einer Zulassung entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften.

Mit Beschluss vom 31. März 2008 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den Prozesskostenhilfeantrag ab.

In den hiergegen gerichteten Beschwerden wiederholt und vertieft der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen. Er beantragt,

den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 31. März 2008 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller mit sofortiger Wirkung die Immatrikulation zum Studium der Rechtswissenschaften zu erteilen.

Der Antragsgegner tritt den Beschwerden des Antragstellers entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet. Die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Frage.

a) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der beantragten Immatrikulation bereits die Vorschrift des Art. 46 Nr. 4 BayHSchG zwingend entgegensteht. Danach ist die Immatrikulation durch die Hochschule zu versagen, wenn in dem entsprechenden Studiengang Zulassungszahlen festgesetzt sind und der Studienbewerber keinen Studienplatz zugeteilt erhält. Für das Fach Rechtswissenschaft, das der Antragsteller studieren möchte, liegt dieser gesetzliche Hinderungsgrund vor. Nach § 1 Abs. 1 der Zulassungszahlsatzung der LMU für das Studienjahr 2008/2009 (www.uni-muenchen.de/aktuelles/amtl_bekannt/269.pdf) ist für diesen Studiengang im laufenden Wintersemester eine Zulassungszahl in Höhe von 642 Studierenden festgesetzt; im nachfolgenden Sommersemester werden keine Erstsemester aufgenommen. Damit kommt derzeit eine Immatrikulation gemäß Art. 46 Nr. 4 BayHSchG nur bei solchen Studienbewerbern in Betracht, die sich zuvor um die Zulassung zum Studium beworben und innerhalb des festgesetzten Kontingents nach den Auswahlkriterien des § 27 HZV einen Studienplatz zugeteilt erhalten haben. Nachdem der Antragsteller an diesem örtlichen Auswahlverfahren (§§ 24 ff. HZV) nicht teilgenommen hat, kann ihm schon aus diesem Grund für den Studiengang Rechtswissenschaft keine Immatrikulation erteilt werden.

b) Unabhängig hiervon stehen auch die Bestimmungen des Art. 46 Nr. 1 i.V.m. Art. 43 Abs. 1 BayHSchG der beantragten Einschreibung an der LMU zwingend entgegen. Die Immatrikulation für das zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führende Studium an einer Universität ist danach zu versagen, wenn der Nachweis der Hochschulreife nicht vorliegt. Durch welche Abschlüsse und Zeugnisse die Hochschulreife nachgewiesen werden kann, bleibt dabei nicht einer Einzelfallbetrachtung überlassen, sondern wird durch eine ministerielle Rechtsverordnung bestimmt (Art. 43 Abs. 7 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 BayHSchG). Die nach der Verordnung über die Qualifikation für ein Studium an den Hochschulen des Freistaates Bayern und den staatlich anerkannten nichtstaatlichen Hochschulen (Qualifikationsverordnung - QualV) in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Neufassung vom 2. November 2007 (GVBl S. 767) für ein berufsqualifizierendes Universitätsstudium erforderliche Hochschulreife (§ 1 Abs. 1 QualV) besitzt der Antragsteller nicht, da er weder das Gymnasium abgeschlossen hat (§ 2 Nr. 1 QualV) noch auf anderem Wege die allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife erworben hat (§ 2 Nrn. 2 bis 6, §§ 3 ff. QualV). Auf die Frage, inwieweit die unterbliebene Fortführung seiner während der 11. Klasse krankheitsbedingt abgebrochenen Schulausbildung oder das spätere Nichtgebrauchmachen von der ihm angeratenen Möglichkeit einer Begabtenprüfung (§ 2 Nr. 3 QualV) dem Antragsteller als eigenverantwortliche Entscheidung vorgehalten werden kann, kommt es hierbei entgegen der Beschwerdebegründung nicht an. Selbst wenn ihm seinerzeit von den Schulbehörden der beantragte Hausunterricht und der Zugang zur Begabtenprüfung zu Unrecht verwehrt bzw. erschwert worden wären und die Inanspruchnahme förmlichen Rechtsschutzes dagegen in der damaligen Situation unzumutbar gewesen sein sollte, würde dies an dem derzeit fehlenden Nachweis der Qualifikation für ein Hochschulstudium nichts ändern.

Auch aus der behaupteten Empfehlung des Leiters des Integrationsamtes der Regierung von Oberbayern, der Antragsteller solle ungeachtet der nicht nachgewiesenen formellen Hochschulreife und der fehlenden Immatrikulation schon einmal mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der LMU zum Wintersemester 2003/2004 beginnen, kann sich unter keinen Umständen ein Immatrikulationsanspruch ergeben. Eine rechtswirksame Zusicherung, die Immatrikulation zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen, kann hierin schon wegen sachlicher Unzuständigkeit des Integrationsamtes für hochschulrechtliche Angelegenheiten sowie mangels Schriftform nicht gesehen werden (Art. 38 Abs. 1 BayVwVfG). Im Übrigen fehlte der vom Antragsteller wiedergegebenen behördlichen Äußerung erkennbar der notwendige Rechtsbindungswille, wie sich nicht zuletzt aus dem in der Beschwerdebegründung zitierten amtlichen Schreiben vom 9. Januar 2004 (Anlage 9) ergibt, in welchem mitgeteilt wurde, dass "die Verhandlungen mit dem Bayerischen Staatsministerium... über die Erteilung der Studienberechtigung noch andauern". Angesichts dieser Gesamtumstände durfte der Antragsteller nicht darauf vertrauen, sein ohne die notwendige Zulassung und Immatrikulation aufgenommenes Hochschulstudium werde zu einem späteren Zeitpunkt "legalisiert". Ob ihn Professoren der LMU nach Bekanntwerden der fehlenden Immatrikulation tatsächlich zum "Weitermachen" ermutigt haben, wie der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorträgt, kann hier offen bleiben. Selbst wenn solche einen fortdauernden Rechtsverstoß billigenden Äußerungen nachweisbar wären, könnte daraus kein Anspruch abgeleitet werden, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen als Studierender an der Hochschule aufgenommen zu werden.

Der Antragsteller kann sich auch nicht auf die in der Qualifikationsverordnung vorgesehenen Ausnahmen vom Erfordernis der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife berufen. Die von ihm erwähnte Bestimmung des § 2 Nr. 3 QualV (§ 4 Nr. 3 QualV a.F.) knüpft nicht an eine beliebig nachzuweisende "besondere Begabung" an, sondern verlangt ausdrücklich ein "Zeugnis über die bestandene Prüfung für den Hochschulzugang von besonders befähigten Berufstätigen (Begabtenprüfung)". Die Vorschrift bezieht sich damit auf die aufgrund der Ermächtigung des Art. 128 Abs. 3 BayEUG erlassene Begabtenprüfungsordnung vom 12. August 1986 (GVBl S. 265), in der die persönlichen Voraussetzungen und das Verfahren einer das Abitur ersetzenden Prüfung der individuellen Hochschuleignung näher geregelt sind. Angesichts des speziellen Anwendungsbereichs der Norm, die auf einen formalisierten Nachweis studienrelevanter Kenntnisse und Fähigkeiten u. a. in Deutsch und Mathematik oder einer zugelassenen Fremdsprache abzielt (§ 7 Begabtenprüfungsordnung), kommt eine analoge Anwendung des § 2 Nr. 3 QualV in Fällen, in denen sonstige Anhaltspunkte für eine zumindest studienfachspezifische Befähigung vorliegen, von vornherein nicht in Betracht. Der bloße Umstand, dass der Antragsteller einige Hausarbeiten im Studiengang Rechtswissenschaft mitgeschrieben und bestanden hat, reicht daher nicht aus, um im Sinne des Art. 43 Abs. 1 BayHSchG i.V.m. §§ 1 ff. QualV seine Hochschulreife nachzuweisen.

Der Antragsteller kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass die Hochschule im Falle von Gaststudierenden bei Nachweis mindestens des mittleren Schulabschlusses Ausnahmen von der für das Studium grundsätzlich erforderlichen Qualifikation zulassen darf, wenn sie zu der Auffassung gelangt, dass den einzelnen Unterrichtsveranstaltungen gefolgt werden kann (§ 33 Abs. 2 Satz 1 QualV bzw. § 59 Abs. 2 Satz 1 QualV a.F.). Wie die Universität in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt, werden Gaststudierende nach Art. 42 Abs. 2 Satz 3 BayHSchG immer nur zum Besuch einzelner Lehrveranstaltungen immatrikuliert, während es dem Antragsteller im vorliegenden Verfahren ersichtlich um die Zulassung zum regulären Studium der Rechtswissenschaften geht. Zudem ist in § 33 Abs. 2 Satz 2 QualV ausdrücklich festgelegt, dass die erleichterten Zugangsvoraussetzungen nach Satz 1 der Vorschrift nicht für Unterrichtsveranstaltungen gelten, in denen Prüfungsleistungen oder Zulassungsvoraussetzungen für Prüfungen erworben werden, so dass sich auch aus diesem Grund das Rechtsschutzziel des Antragstellers nicht über eine Anwendung der genannten Ausnahmevorschrift erreichen lässt.

c) Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

2. Da die Beschwerde aus den oben genannten Gründen von vornherein keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte, konnte auch der nachträglich gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren keinen Erfolg haben.

Ende der Entscheidung

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