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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.12.2009
Aktenzeichen: 7 CE 09.2996
Rechtsgebiete: VwGO, BayHSchG, BayVwVfG


Vorschriften:

VwGO § 123
BayHSchG Art. 2 Abs. 1 Satz 1
BayHSchG Art. 2 Abs. 1 Satz 4
BayHSchG Art. 3 Abs. 1
BayHSchG Art. 3 Abs. 3
BayHSchG Art. 12 Abs. 3 Nr. 2
BayHSchG Art. 21 Abs. 12 Satz 1
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1 Satz 1
BayVwVfG Art. 38 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 CE 09.2996

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Nutzung von Universitätsräumen (Antrag nach § 123 VwGO)

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Dezember 2009,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch

den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Borgmann

ohne mündliche Verhandlung

am 7. Dezember 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Überlassung eines Hörsaals der Universität Regensburg (UR) an den Antragsteller für eine Veranstaltung am 8. Dezember 2009.

Mit E-Mail vom 3. November 2009 bat der Antragsteller, ein Aktivenverein einer Studentenverbindung, die UR um Abschluss eines Mietvertrags für einen Hörsaal zur Durchführung einer Veranstaltung (Vortrag eines Journalisten zu dessen Publikation "SOS Abendland, die schleichende Islamisierung Europas.") am 8. Dezember 2009 ab 19:00 Uhr. Mit E-Mail vom gleichen Tage teilte die UR die Antragstellerin ohne nähere Begründung mit, eine Vermietung sei nicht möglich.

Den hiergegen am 25. November 2009 eingereichten Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Überlassung des Hörsaals H 3 am 8. Dezember 2009 ab 19:00 Uhr zu verpflichten, lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 2. Dezember 2009 ab. Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner habe sich unter anderem auf Eigenbedarf berufen und vorgetragen, der Hörsaal werde aufgrund der studentischen Hörsaalbesetzungen kurzfristig für eine Klausur benötigt. Eine verbindliche Zusage zur Überlassung des Hörsaals sei dem Antragsteller nicht erteilt worden.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 3. Dezember 2009. Der Antragsgegner habe gegen die Überlassung offensichtlich unrichtige und erst im laufenden Gerichtsverfahren konstruierte Behauptungen vorgebracht. Die angebliche Nutzung des Hörsaals für universitäre Zwecke sei erst behauptet worden, nachdem alle anderen, ersichtlich unbehelflichen Schutzbehauptungen nicht mehr hätten wirken können. Der Hörsaal sei durch den Antragsteller bereits im Oktober vorreserviert worden und damals frei gewesen. Im Zeitpunkt der Ablehnung seien die Studentenproteste bereits bekannt gewesen. Es werde bestritten, dass damals eine Nutzung des Hörsaals H 3 für universitäre Zwecke beabsichtigt gewesen sei. Es sei auch ermessensfehlerhaft, einem Hausfriedensbruch nachzugeben und den Hörsaal aus diesem Grund einer studentischen Organisation nicht für eine akademische Veranstaltung zu überlassen. Schließlich habe der Antragsteller darauf hingewiesen, auch mit einem anderen Hörsaal zufrieden zu sein.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Dezember 2009 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller für die Durchführung seiner öffentlichen Informationsveranstaltung mit dem Inhalt eines akademischen Vortrags am 8. Dezember 2009 ab 19:00 Uhr den Hörsaal H 3 der Universität Regensburg auf der Grundlage eines mit dieser noch abzuschließenden Mietvertrags bei dem ihr üblichen Inhalt zu überlassen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Hörsaals H 3 sei der Lehre gewidmet und von seiner Größe her nicht mit dem auch für andere Veranstaltungen vorgesehenen Auditorium Maximum vergleichbar. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn die UR die Überlassung auch mit Blick auf die kontroverse Thematik der Veranstaltung abgelehnt habe. Der Hörsaal sei nicht zu Gunsten des Antragstellers reserviert worden. Aufgrund der Studentenproteste habe die ursprünglich im Hörsaal H 2 vorgesehene Klausur kurzfristig in den benachbarten Hörsaal H 3 verlegt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich kein Anspruch des Antragstellers auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung.

Im Hinblick auf die für den 8. Dezember 2009 vorgesehene Veranstaltung des Antragstellers und die sich daraus ergebende Dringlichkeit ist zwar ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) anzunehmen. Allerdings besteht kein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf Überlassung des Hörsaals.

Es kann dahinstehen, ob der Antragsgegner seine Ablehnung zu Recht auf die Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 12. Februar 1982 über die Überlassung von Hochschulräumen für Veranstaltungen, die nicht Veranstaltungen der Hochschule sind, gestützt hat. Er konnte jedenfalls die Überlassung des Hörsaals an den Antragsteller wegen der Besetzung des ursprünglich vorgesehenen Hörsaals H 2 und der darauf beruhenden kurzfristigen Verlegung der Klausur ablehnen. Aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten dienstlichen Auskunft des wirtschaftswissenschaftlichen Prüfungsamts ergibt sich, dass die zunächst im Hörsaal H 2 vorgesehene Klausur "Grundlagen Internationale Besteuerung" in den benachbarten Hörsaal H 3 verlegt wurde. Auch wenn die Klausur grundsätzlich um 19:00 Uhr endet, ist eine anschließende Überlassung an den Antragsteller nach der Darstellung des Antragsgegners nicht möglich. Wie das Prüfungsamt ausgeführt hat, müsse aufgrund der Verlegung mit etwaigen Nachzüglern und daher mit einer Verzögerung des Beginns der Klausur gerechnet werden. Außerdem sei aufgrund der notwendigen Kontrollen nach dem Ende der Bearbeitungszeit sowie auch kurzfristig zu gewährender Schreibzeitverlängerungen mit weiteren Verzögerungen zu rechnen, für die ein zeitlicher Puffer eingeplant werden müsse.

Zwar besteht grundsätzlich ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung für die Überlassung hochschuleigener Räumlichkeiten an Dritte im Rahmen des zweistufigen Vergabeverfahrens (BayVGH vom 23.2.2005 VGH n.F. 58, 74/79 und vom 22.11.2006 VGH n.F. 60, 74/77). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die UR - wie vom Antragsteller in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 25. November 2009 glaubhaft gemacht - Hörsäle bereits in der Vergangenheit an verschiedene studentische und private Veranstalter überlassen hat. Allerdings ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner bei seiner Entscheidung (Art. 12 Abs. 3 Nr. 2, Art. 21 Abs. 12 Satz 1 BayHSchG) hochschuleigenen Zwecken den Vorrang gegenüber den Belangen des Antragstellers eingeräumt und deshalb die Vergabe des Hörsaals an den Antragsteller aufgrund der kurzfristig eingetretenen räumlichen und zeitlichen Kollision abgelehnt hat. Die Lehre gehört zu den ureigensten Aufgaben der Hochschule (Art. 2 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BayHSchG). Staat und Hochschule haben sicherzustellen, dass die Mitglieder der Hochschule (Art. 17 BayHSchG), also insbesondere das im Bereich der Lehre tätige Hochschulpersonal und die Studierenden, ihr Recht auf Freiheit der Lehre (Art. 3 Abs. 3 BayHSchG) und des Studiums (Art. 3 Abs. 3 BayHSchG) ungehindert wahrnehmen können (Art. 3 Abs. 1 BayHSchG). Hierzu gehört insbesondere die Durchführung von Prüfungen. Wie der Antragsgegner nachvollziehbar dargelegt hat, wurde die Klausur in den vom Antragsteller begehrten Hörsaal H 3 verlegt, weil dieser in unmittelbarer Nähe zum ursprünglich für die Klausur vorgesehenen Hörsaal liegt. Hierdurch wird es Prüfungsteilnehmern, die von der Verlegung noch keine Kenntnis haben, erleichtert, den Prüfungsraum aufzufinden und an der Prüfung teilzunehmen. Der Hörsaal H 3 ist auch von der Kapazität her für die Prüfung ausreichend bemessen. Es kann auch nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, dass der Antragsgegner sich im Interesse der Prüfungsteilnehmer, die möglichst frühzeitig über den Prüfungsort informiert werden müssen, anstelle einer Räumung des ursprünglich vorgesehenen Hörsaals für eine Verlegung der Prüfung entschieden hat.

Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers ergibt sich schließlich auch nicht aus einer Zusicherung. Abgesehen davon, dass die UR im Falle unvorhersehbarer Nutzungskonflikte oder -hindernisse an eine Zusicherung nicht mehr gebunden wäre (Art. 38 Abs. 3 BayVwVfG), lag hier keine verbindliche Zusage zu Gunsten des Antragstellers vor. Diese kann insbesondere nicht in einer etwa sechs Wochen vor der eigentlichen Anfrage erteilten telefonischen Auskunft eines Mitarbeiters der UR an den Antragsteller gesehen werden, wonach der Hörsaal noch frei sei. Vielmehr hätte eine solche Zusicherung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurft (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG).

Über die Vergabe anderer Hörsäle ist aufgrund des auf den Hörsaal H 3 beschränkten Antrags im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu entscheiden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

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