Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: 7 ZB 08.584
Rechtsgebiete: RGebStV


Vorschriften:

RGebStV § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
RGebStV § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
RGebStV § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 ZB 08.584

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erhebung von Rundfunkgebühren;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Januar 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat,

durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 26. Mai 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 163,49 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich als Rundfunkteilnehmer gegen die Ablehnung eines Antrags auf Gebührenbefreiung und gegen die Heranziehung zur Zahlung von Rundfunkgebühren.

Mit Schreiben vom 11. April 2005 beantragte der Kläger die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht, da er Empfänger von Arbeitslosengeld II sei. Nachdem er hierzu Unterlagen vorgelegt hatte, aus denen sich die Gewährung eines Zuschlags nach § 24 SGB II ergab, lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 15. Juni 2005 ab.

Der Kläger legte hiergegen ebenso wie gegen zwei nachfolgende Gebührenbescheide vom 3. März 2006 über 56,20 Euro und vom 1. April 2006 über 107,29 Euro jeweils Widerspruch ein. Die Widersprüche wurden mit Bescheiden des Beklagten vom 25. Juli 2007 zurückgewiesen.

Am 27. August 2007 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben mit dem Antrag,

"Der Widerspruchsbescheid des Bayerischen Rundfunks vom 25. Juli 2007 in Gestalt des Gebührenbescheids vom 15. Juni 2005 wird aufgehoben."

Eine Klagebegründung erfolgte trotz richterlicher Aufforderung nicht. In der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2008 war der Kläger weder anwesend noch vertreten.

Mit Urteil vom 23. Januar 2008 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage ab. Der unsachgemäße Klageantrag sei aufgrund des Schriftverkehrs im Verwaltungsverfahren dahin auszulegen, dass es dem Kläger sowohl um die Aufhebung der Gebührenbescheide als auch um die Verpflichtung des Beklagten zur Gebührenbefreiung gehe.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Der Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

1. Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren bestehen nicht deswegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil das erstinstanzliche Gericht unter Missachtung der gesetzlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) entscheidungserhebliche Tatsachen unzureichend ermittelt hätte. Unter den hier gegebenen Umständen mussten weder das Gericht vor Erlass des angegriffenen Urteils noch der Beklagte vor Ablehnung des Befreiungsantrags von Amts wegen prüfen, ob der Kläger als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft an einer etwaigen Befreiungsmöglichkeit von Familienangehörigen teilhaben konnte.

Grundsätzlich besteht zwar innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft für den Haushaltsvorstand die Möglichkeit, von der Rundfunkgebührenpflicht auch dann befreit zu werden, wenn nicht in seiner eigenen Person ein Befreiungsgrund nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV vorliegt, sondern nur in der seines - mit ihm zusammenlebenden - Ehegatten (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RGebStV). Auch insoweit besteht aber die aus dem Antragserfordernis abzuleitende verfahrensrechtliche Verpflichtung, die entsprechenden Umstände aus dem persönlichen Lebensumfeld selbst vorzutragen und die Befreiungsvoraussetzungen - hier bezogen auf die Person des Ehegatten - durch Vorlage des entsprechenden Bescheids im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen (§ 6 Abs. 2 RGebStV). Angesichts dieser Mitwirkungsobliegenheit des Haushaltsvorstands, der eine Gebührenbefreiung begehrt, besteht für die Rundfunkanstalt und für die Verwaltungsgerichte zumindest dann, wenn keine Hinweise auf das Vorliegen einer Konstellation nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RGebStV vorliegen, keine Verpflichtung zu einer diesbezüglichen weiteren Sachaufklärung. Vorliegend fehlte es im Übrigen nicht bloß an derartigen positiven Hinweisen, sondern hatte der Kläger in seinem Befreiungsantrag vom 11. April 2005 als Familienstand sogar ausdrücklich "gesch." (geschieden) angegeben, so dass eine Einbeziehung in eine etwaige Befreiung des Ehegatten von vornherein ausgeschlossen war.

2. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ihn weder im Anhörungsverfahren vor Erlass des Ausgangsbescheids noch im Widerspruchsverfahren auf die in § 6 Abs. 3 RGebStV vorgesehene Möglichkeit einer Befreiung aus Härtefallgründen hingewiesen hat. Selbst wenn eine diesbezügliche Verfahrensverpflichtung prinzipiell bestünde und daher das für den Befreiungsantrag bereitgestellte Formular und das sonstige amtliche Informationsmaterial als lückenhaft anzusehen sein sollten, könnte dies für sich genommen allenfalls dazu führen, dass einem erst im Gerichtsverfahren geltend gemachten Härtegesichtspunkt rückwirkend ab Eingang des auf § 6 Abs. 1 RGebStV gestützten Befreiungsantrags rechtliche Bedeutung beizumessen wäre. Ein bloßer Verfahrensverstoß könnte dagegen allein noch zu keiner Befreiung von den Rundfunkgebühren führen.

Der Kläger hat auch im Zulassungsverfahren nichts vorgetragen, das einen Härtefall im Sinne des § 6 Abs. 3 RGebStV begründen könnte. Der bloße Umstand, dass er sich auf den Fortbestand der nach früherem Recht erteilten Befreiung verlassen hat, stellt im Sinne des Gesetzes noch keine "besondere Härte" dar, da mit nachteiligen Änderungen einer bestehenden Rechtslage grundsätzlich jederzeit gerechnet werden muss und auch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für ein besonders schutzwürdiges Vertrauen erkennbar sind. Soweit der Kläger eine persönliche Härte darin erblicken sollte, dass ihm als Empfänger von Arbeitslosengeld II allein wegen der gewährten Zuschläge nach § 24 SGB keine Rundfunkgebührenbefreiung gewährt wird, kann auch dies zu keiner Befreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV führen. Wie der Senat in seiner Grundsatzentscheidung vom 12. Februar 2008 ausgeführt hat (Az. 7 BV 06.2844), kann unter solchen Umständen selbst dann von keinem besonderen Härtefall ausgegangen werden, wenn die nach § 24 SGB II gewährten Zuschläge geringer ausfallen als die monatlichen Rundfunkgebühren.

3. Die Rechtssache hat unter den vom Kläger benannten Gesichtspunkten auch keine zur Zulassung führende grundsätzliche Bedeutung. Auf Inhalt und Umfang einer möglichen Belehrungspflicht des Beklagten bezüglich der Härtefallbefreiung kommt es aus den genannten Gründen für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an. Ob das für den Befreiungsantrag derzeit angebotene Formular, das den gesetzlichen Befreiungsanspruch des Haushaltsvorstands bei Vorliegen von Befreiungsgründen in der Person des Ehegatten (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 RGebStV) unerwähnt lässt, als lückenhaft anzusehen ist und welche Rechtsfolgen sich daraus möglicherweise ergeben, bedarf hier gleichfalls keiner grundsätzlichen Klärung, nachdem eine eheliche Haushaltsgemeinschaft beim Kläger erklärtermaßen nicht besteht.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 52 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück