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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.09.2009
Aktenzeichen: 7 ZB 09.1468
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 92 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124a Abs. 4 Satz 4
VwGO § 124a Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 ZB 09.1468

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erster Juristischer Staatsprüfung 2007/2;

hier: Wirksamkeit der Klagerücknahme

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 19. Mai 2009,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch

den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Borgmann

ohne mündliche Verhandlung am 28. September 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

1. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger nicht nur Beschwerde gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfeantrags durch das Verwaltungsgericht einlegen wollte, sondern dass der im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13. Juni 2009 gestellte "Antrag auf Prozesskostenhilfe für die I. und II. Instanz" als eigenständiger Prozesskostenhilfeantrag für das Zulassungsverfahren zu verstehen ist. Dieser Antrag ist jedoch unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).

2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen.

a) Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Die Antragsbegründung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13. Juni 2009 genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Zur Darlegung ernstlicher Zweifel muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist zur Begründung seines Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), also innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils, einen tragenden Rechtssatz der Ausgangsentscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen nach seiner Auffassung ernstlichen Zweifeln begegnen (st. Rspr., zuletzt BayVGH vom 11.8.2009 Az. 2 ZB 07.590 <juris>).

Diesen Darlegungsanforderungen genügt der Zulassungsantrag des Klägers nicht. Die Antragsbegründung vom 13. Juni 2009 erschöpft sich in einer Darstellung des Sachverhalts und in einer knappen Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Klägers. Eine Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts, das im einzelnen dargelegt hat, weshalb die ursprünglich erhobene Klage mit Schreiben der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. März 2008 wirksam zurückgenommen wurde, enthält die Antragsbegründung nicht. Die bloße Wiederholung und Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen genügt nicht dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO (vgl. Happ in: Eyermann, VwGO, 12. Auflage, RdNr. 59 zu § 124a).

Im Übrigen hat die frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage auch nach Auffassung des Senats wirksam zurückgenommen. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Unwirksamkeit oder für einen Widerruf der Klagerücknahme sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Rücknahmeerklärung ist als Prozesshandlung bedingungsfeindlich und nicht anfechtbar. Sie kann nur unter bestimmten Umständen widerrufen werden, wenn ein Restitutionsgrund (§ 580 ZPO) vorliegt oder wenn es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben unvereinbar wäre, einen Beteiligten an einer von ihm vorgenommenen Prozesshandlung festzuhalten (BayVGH vom 17.3.2009 Az. 3 ZB 07.2220 <juris>; Rennert in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 10 zu § 92). Die Erklärung, die Klage zurückzunehmen, war jedoch von der vom Kläger am 8. Januar 2008 erteilten Prozessvollmacht ausdrücklich umfasst (vgl. auch §§ 67, 167 VwGO, §§ 81, 85 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Außerdem hat der Kläger sich gegenüber seiner damaligen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 17. März 2008 nochmals ausdrücklich mit der Rücknahme einverstanden erklärt. Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Täuschung oder einen "den freien Willen ausschließenden Zustand" des Klägers oder darauf, dass seine damalige Prozessbevollmächtigte oder das Gericht auf ihn in unzulässiger Weise eingewirkt hätten, sind nicht erkennbar. Hierzu wird auf das Schreiben der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. November 2008 (Bl. 23 ff. der VG-Akte) und auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts (UA S. 9 - 10) Bezug genommen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Folge, dass der Kläger ausnahmsweise nicht an die Klagerücknahme gebunden wäre, liegt ebenfalls nicht vor. An das Vorliegen einer solchen Fallgestaltung sind aus Gründen der Rechtssicherheit hohe Anforderungen zu stellen, die ähnlich schwer wiegen wie die Gründe für eine Restitutionsklage gemäß § 580 ZPO. Solche Gründe liegen hier jedoch nicht vor. Insbesondere reichen hierfür die vom Kläger geschilderten Umstände hinsichtlich des mit seiner damaligen Prozessbevollmächtigten geführten Telefongesprächs im Vorfeld der Rücknahmeerklärung (schlechte gesundheitliche Verfassung, erfolgloses Bewerbungsgespräch an einem weit entfernten Ort, Fehlen von Akten, fehlende Aufklärung über die Konsequenzen der Rücknahme, Selbstmorddrohung einer nahen Angehörigen) nicht aus. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht festgestellt, dass das Verfahren M 4 K 08.488 durch die Klagerücknahme vom 18. März 2008 beendet ist.

b) Soweit der Zulassungsantrag auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützt wird, genügt die Antragsbegründung ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache dient in erster Linie der Rechtseinheit und der Fortentwicklung des Rechts. Deshalb muss der Rechtsmittelführer - erstens - eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, - zweitens - ausführen, weshalb diese Rechtsfrage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, - drittens - erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und - viertens - darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH v. 20.5.2009 Az. 14 ZB 08.2873 <juris>; Happ in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 72 zu § 124 a). Der Kläger hat jedoch lediglich die nach seiner Auffassung nicht ausreichende Würdigung der Grundrechte auf Berufsfreiheit und auf allgemeine Handlungsfreiheit durch das angefochtene Urteil beanstandet, ohne eine klärungsfähige Rechtsfrage zu formulieren und deren fallübergreifende Bedeutung zu erläutern.

c) Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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