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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.06.2008
Aktenzeichen: 8 AS 08.40008
Rechtsgebiete: VwGO, FStrG
Vorschriften:
VwGO § 80 Abs. 5 | |
FStrG § 17 | |
FStrG § 17b Abs. 1 Nr. 6 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
8 AS 08.40008 In der Verwaltungsstreitsache
wegen Planfeststellung * ****, Ausbau der ************* in ********** (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO),
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 8. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Allesch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dösing, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Graf zu Pappenheim
ohne mündliche Verhandlung am 2. Juni 2008
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO begehrt die von dem planfestgestellten Vorhaben nicht in ihrem Eigentum betroffene Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung der Oberpfalz vom 24. August 2007 (im Folgenden: PFB). Mit diesem hat die Behörde den Plan für den Ausbau der N******straße (Bundesstraße * *** **) in R********* im Bereich zwischen H*********straße und I***straße gemäß § 17b Abs. 1 Nr. 6, § 22 Abs. 4 des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG - festgestellt. Mit Beschluss vom 3. Januar 2008 hat die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit dieses Planfeststellungsbeschlusses angeordnet. Im Hauptsacheverfahren hat die Antragstellerin gemäß Schriftsatz vom 12. November 2007 den Antrag gestellt, den genannten Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, sowie mit Hilfsanträgen weitergehenden aktiven, hilfsweise passiven Lärmschutz, höchst hilfsweise eine angemessene Entschädigung begehrt. In der Sache rügt sie im Wesentlichen Mängel der Abwägung wegen grundlegender Verkennung der Lärmschutzbelange sowie wegen Vernachlässigung der von ihr erhobenen Einwendungen zur Luftreinhaltung und Feinstaubbelastung.
Der Antragsgegner tritt dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entgegen. Dieser sei unzulässig und darüber hinaus unbegründet. Die für die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses sprechenden Gründe seien gegenüber den Belangen der Antragstellerin vorrangig.
Die Beigeladene hat sich zum Antrag nicht geäußert.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Akten des Hauptsacheverfahrens und die zu diesem Verfahren vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist wohl schon unzulässig, jedenfalls aber offensichtlich unbegründet. Es spricht viel dafür, dass vorläufiger Rechtsschutz nur nach § 123 VwGO statthaft wäre; letztlich kann dies dahinstehen.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der im Hauptsacheverfahren gestellte Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses keinerlei Aussicht auf Erfolg. Sie könnte - wenn überhaupt - allenfalls mit Hilfsanträgen durchdringen. Bei dieser Sachlage kommt jedoch eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage nicht in Betracht. Vielmehr überwiegt das Interesse des Antragsgegners an der Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens eindeutig das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
Die Antragstellerin wird allenfalls von den Lärmauswirkungen des planfestgestellten Straßenbauvorhabens betroffen, nicht jedoch in ihrem Eigentum. Damit steht ihr bereits kein unfassendes Rügerecht zu, und sie hat keinen Anspruch auf eine gerichtliche Vollprüfung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. Denn objektiv-rechtliche Verstöße einer Planung, die zu deren Rechtswidrigkeit führen, können nur solche Planbetroffene geltend machen, für die der Planfeststellungsbeschluss bereits eine enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet (vgl. BVerwG vom 18.3.1983 BVerwGE 67, 74/75 ff.; vom 27.10.2000 BVerwGE 112, 140/143). Als Nachbarin des Vorhabens kann die Antragstellerin demgegenüber eventuelle Rechtsverstöße des Planfeststellungsbeschlusses nur insoweit geltend machen, als diese ihre subjektiv-öffentlichen (Nachbar-)Rechte verletzen. Diese in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Differenzierung verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz (vgl. BVerwG vom 15.1.2008 Az. 9 B.707, RdNrn. 25/26 -juris-).
Damit liegen die umfänglichen Darlegungen in der Antragsbegründung zu möglichen alternativen Verkehrslösungen (Schriftsatz vom 4.2.2008 S. 3-5), die letztlich auf die Planrechtfertigung zielen, ebenso neben der Sache wie die weitere kritische Auseinandersetzung mit den Gründen, die für den einzuhaltenden zeitlichen Rahmen, für die Dringlichkeit des Vorhabens und für die Abschnittsbildung vom Antragsgegner bzw. von der Planfeststellungsbehörde geltend gemacht wurden (Schriftsatz vom 4.2.2008 S. 6, 9). Irrelevant sind in diesem Zusammenhang auch die unterschiedliche Sicht von Auswirkungen des Vorhabens auf Einzelhandels- und Dienstleistungszentren, eine eventuell zu Unrecht abgelehnte Umweltverträglichkeitsprüfung, fehlende Variantenberechnungen oder die Interessen anderer Immissionsbetroffener (Schriftsatz vom 4.2.2008 S. 7, 11 ff.). Eine Entscheidung im Sinn des gestellten Antrags käme nur dann in Betracht, wenn die Planfeststellungsbehörde die Immissionsbelange derart grundsätzlich verkannt hätte, dass dieser Fehler nicht etwa durch nachträgliche Schutzauflagen behoben werden könnte, sondern - weil die Grundzüge der Planung berührt wären - zur vollständigen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen müsste.
Zur Lärmsituation und bezüglich der Belange der Luftreinhaltung rügt die Antragstellerin zwar eine defizitäre Ermittlung der Auswirkungen des Vorhabens und macht geltend, dieser Fehler berühre die Grundzüge der Planung und könne nicht durch die nachträgliche Anordnung von Schutzauflagen behoben werden. Hierfür bieten jedoch weder die Darlegungen in der Antragsbegründung noch in der Klageschrift im Hauptsacheverfahren, auf die die Antragstellerin insoweit Bezug nimmt, hinreichende Anhaltspunkte.
Nach der eingehenden schalltechnischen Untersuchung des im Planfeststellungsverfahren eingeschalteten Prüflaboratoriums ********** vom 7. August 2006 ergibt sich für die Wohnung der Antragstellerin im 7. Obergeschoss des Anwesens A******str. ** unter Berücksichtigung der prognostizierten Verkehrsbelastung der N******straße im Jahre 2020 eine Lärmbelastung im Umfang von 58,1 dB(A) tagsüber und von 51,1 dB(A) nachts (vgl. Planordner, Anlage 8.1, Anhang C Seite 3, Tabelle 5, IO 8). Nach diesen Berechnungen wird bei dem unstreitig in einem allgemeinen Wohngebiet (WA) liegenden Gebäude der für Wohngebiete in der Nachtzeit geltende Immissionsgrenzwert der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV vom 12.6.1990 BGBl I S. 1036, s. dort § 2 Abs. 1 Nr. 2) von 49 dB(A) in den oberen Stockwerken nicht eingehalten; im 10. Obergeschoss wird zudem auch der Grenzwert für die Tagzeit (59 dB[A]) geringfügig überschritten. Die Antragstellerin rügt zwar Ermittlungsdefizite im Hinblick auf die Einbeziehung weiterer Emissionsquellen im Straßenabschnitt der D*********** Straße, deren Berücksichtigung sich in Form erhöhter Belastungen auch auf das nördlich dieses Bereichs gelegene Wohnhaus A******straße ** auswirken würde. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Planfeststellungsbehörde bereits aufgrund der genannten schalltechnischen Untersuchung eine Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte beim Haus der Antragstellerin gesehen und in ihre Abwägung eingestellt hat (vgl. PFB, A III 7.2.1, S. 9; B II 5.2.4, S. 29; B III 2a2., 2b1., S. 53, 56 ff.).
Soweit die Antragstellerin dem entgegensetzt, die in der Abwägung berücksichtigten Lärmwerte beruhten nicht auf Messungen, sondern lediglich auf Berechnungen, ist dies schon deshalb rechtlich unhaltbar, weil es den Straßenzug in der geplanten ertüchtigten Form noch nicht gibt. Eine exakte Messung auf der bestehenden Straße, die der Antragstellerin offenbar vorschwebt, wäre zudem mit dem Prognosecharakter der schalltechnischen Untersuchungen nicht vereinbar. Das hier angewandte Berechnungsverfahren auf der Basis von Verkehrsprognosen, die die Verkehrsbelastung im Jahre 2020 widerspiegeln, ist deshalb bei straßenrechtlichen Planfeststellungen allgemein üblich und rechtlich bedenkenfrei (vgl. § 3 16. BImSchV).
Zwischen den Beteiligten ist darüber hinaus streitig, ob der Antragstellerin aufgrund der Lärmsituation nicht nur, wie im Planfeststellungsbeschluss ohnehin zugesprochen (vgl. PFB A III 7.2.1, S. 9), ein Anspruch auf passiven Lärmschutz zusteht, sondern ob sie vorrangig aktiven Lärmschutz durch entsprechende Schutzeinrichtungen beanspruchen kann und ob sich der Planfeststellungsbeschluss bei dessen Nichtgewährung bereits aus diesem Grund als insgesamt rechtswidrig erweist. Die Planfeststellungsbehörde ist indessen der Frage, ob aktiver oder passiver Lärmschutz zu gewähren ist, im Verfahren mit Hilfe weiterer schalltechnischer Untersuchungen detailliert nachgegangen. Sie hat die schalldämmende Wirkung verschiedener Varianten von Lärmschutzwänden (Höhe 3 m - 8 m) untersuchen lassen (vgl. Schriftakt 2, Ergänzende Schalltechnische Untersuchungen der Fa. ********** vom 23.4.2007 [Anhang C, Tabelle 5, S. 13 und Tabelle 6, S. 18, jeweils IO 8] und vom 11.8.2007 [Anhang C, Tabelle 3, S. 3, IO 8 und Tabelle 4, S. 8, IO 8]). Auf der Grundlage dieser weiteren Untersuchungen ist die Planfeststellungsbehörde zum Ergebnis gelangt, dass auch im Fall der Errichtung einer 8 m hohen Lärmschutzwand die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte bei allen lärmbetroffenen Gebäuden nicht sichergestellt werden kann, somit ein effektiver Lärmschutz aller Gebäude im Planfeststellungsbereich nicht möglich ist (vgl. PFB, B II 5.2.4, 5.2.5, S. 29 ff.). Selbst wenn man mit der Antragstellerin davon ausgeht, dass die prognostische Lärmbelastung ihrer Wohnung und die Grenzwertüberschreitung tatsächlich höher anzusetzen sind als bisher angenommen, steht dieses Ergebnis letztlich außer Frage. Eine grundlegende Verkennung der Lärmsituation scheidet deshalb offensichtlich aus. Das Abwägungsergebnis als solches - die Planfeststellungsbehörde hat mit Blick auf andere abwägungserhebliche Belange, insbesondere solche des Stadtbildes und der Kosten-/Nutzeneffizienz, auf die Anordnung einer Lärmschutzwand verzichtet und der Antragstellerin stattdessen passiven Lärmschutz zuerkannt - ist jedoch nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Der Planfeststellungsbehörde steht insoweit ein Planungsermessen zu; sie kann bestimmten Belangen in der Abwägung gegenüber anderen den Vorrang einräumen (vgl. § 41 Abs. 2 BImSchG; - BVerwG vom 5.3.1997 BVerwGE 104, 123/129 ff.; vom 15.3.2000 BVerwGE 110, 370/383 ff.).
Soweit die Antragstellerin eine rechtswidrige Vernachlässigung der Belange der Luftreinhaltung in der Abwägung rügt, bleibt dieses Vorbringen unsubstanziiert. Denn nach Aktenlage werden die maßgeblichen Richtwerte für Luftschadstoffe und Feinstaub prognostisch deutlich unterschritten (vgl. Planordner, Anlage 8.3, S. 5/6).
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Anlass, ihr auch eventuelle außergerichtliche Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, besteht nicht (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff., s. dort Tzn. 34.2, 2.2, 1.5).
Ende der Entscheidung
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