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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 23.09.2009
Aktenzeichen: 8 B 08.2947
Rechtsgebiete: VwGO, GG, BV, FStrG, BayEG
Vorschriften:
VwGO § 40 Abs. 1 Satz 1 | |
GG Art. 14 Abs. 3 | |
BV Art. 159 Satz 1 | |
FStrG § 18f | |
FStrG § 19 Abs. 2a | |
FStrG § 19 Abs. 5 | |
BayEG Art. 27 | |
BayEG Art. 29 Abs. 2 | |
BayEG Art. 29 Abs. 3 | |
BayEG Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 |
2. Art. 159 Satz 1 BV lässt eine Enteignung ohne Enteignungsentschädigung nicht zu. Dies schließt auch den Verweis auf eine an einen Dritten gezahlte Entschädigung aus (im Anschluss an VerfGH vom 14.7.1951 VerfGH 4, 109/146 f.).
3. Die Einverständniserklärung eines Beteiligten in Bezug auf die Übertragung oder Beschränkung seines Eigentums nach § 19 Abs. 2a FStrG ist rechtlich nur bindend, wenn sie außerhalb eines Enteignungsverfahrens notariell beurkundet wird (§ 311b Abs. 1 BGB) oder im Enteignungsverfahren (in Bayern) den Anforderungen des Art. 29 Abs. 3 BayEG genügt.
4. Erfolgt eine Einigung im Sinn des § 19 Abs. 2a FStrG im Besitzeinweisungsverfahren nach § 18f FStrG, kann diese als Einigung im Enteignungsverfahren mit der Bindungswirkung des Art. 29 Abs. 3 BayEG nur abgeschlossen werden, wenn die antragstellende Behörde zuvor einen Enteignungsantrag eingebracht hat und das Verfahren sodann in ein Enteignungsverfahren überführt worden ist.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes
Verkündet am 23. September 2009
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Enteignung;
hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. März 2008,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 8. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Allesch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Graf zu Pappenheim, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Borgmann
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009
folgendes Urteil:
Tenor:
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. März 2008 wird geändert. Der Enteignungsbeschluss der Beklagten vom 15. Dezember 2005 wird aufgehoben.
II. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte und der Beigeladene zu 1) je die Hälfte.
Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Enteignungsbeschlusses der Beklagten vom 15. Dezember 2005, der ohne Festsetzung einer Entschädigung erging.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nrn. 707/3 und 707/5 der Gemarkung O********* im Bereich der Stadt A*******. Die zusammen 2.327 m² großen Grundstücke wurden durch Abtrennung oder Zerlegung aus den früheren Grundstücken Fl.Nrn. 707/2, 707/3 und 707/5 neu gebildet. Aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Schwaben vom 28. Mai 1993 wurden die Grundstücke für den Bau der Westtangente A******* im Zuge der Bundesstraße 17 verwendet. Der Planfeststellungsbeschluss hat Bestandskraft erlangt (u.a. klageabweisendes Urteil des BayVGH vom 16.3.1993 Az. 8 A 92.40126 gegenüber dem Vater der Klägerin).
Die Klägerin erwarb das Eigentum an den Grundstücken aufgrund notariellen Vertrags vom 27. März 1997 von ihrem Vater ***** *********. Der Vertrag war als Überlassungsvertrag bezeichnet. Der Vater übertrug ihr darin die Fl.Nr. 707/3 (B 17, Verkehrsfläche zu 0,2327 ha) und die Fl.Nr. 707/4 (Nähe O***** **********, Ödland zu 0,2784 ha) "mit allen damit verbundenen Rechten, Pflichten und gesetzlichen Bestandteilen". Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 24. Juni 1997. Der Vater hatte die Grundstücke seinerseits durch Ausübung eines dinglichen Vorkaufsrechts erworben.
Am 25. Juni 1993 beantragte das Straßenbauamt A******* u.a. gegen den damaligen "Besitzer und Vormerkungsberechtigten" Vater der Klägerin, ***** ********* (damaliger Eigentümer ***** ****), die Besitzeinweisung in eine für den Bau der B 17 zu erwerbende Fläche von ca. 2.450 m² aus dem (damaligen) Grundstück Fl.Nr. 707/2. In der mündlichen Verhandlung vor der Enteignungsbehörde am 3. August 1993 schloss das antragstellende Straßenbauamt mit dem Antragsgegner ***** ********* folgende "gütliche Regelung":
"1. Das Straßenbauamt ... erhält die sofortige Erlaubnis, das Grundstück ... für Straßenbauzwecke ... in Besitz zu nehmen ...
2. Der Antragsgegner veräußert das gesamte o.g. Grundstück (d.h. nicht nur die beantragte Teilfläche) zu einem Mindestverkaufspreis von 90 DM/qm an die Bundesrepublik Deutschland.
Die Verzinsung beläuft sich ab dem 03.08.1993 auf 2%/Jahr über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank.
3. Die endgültige Höhe des Kaufpreises ist festzustellen in einem einzuleitenden Entschädigungsfeststellungsverfahren ...
4. Als Gutachter ist im Entschädigungsfeststellungsverfahren ...
5. Das Straßenbauamt ... trägt die Kosten ..."
Die Niederschrift mit Datum 5. August 1993 war wie folgt unterschrieben:
"Für die Richtigkeit:
Enteignungsbehörde
Im Auftrag
gez. ************
************
Städtischer Verwaltungsdirektor"
Am 4. August 1993 übersandte der Bevollmächtigte des Herrn ********* den Entwurf für einen notariellen Kaufvertrag. Zu einem Abschluss kam es aber nicht.
Am 17. August 1993 beantragte das Straßenbauamt bei der Enteignungsbehörde der Beklagten das Entschädigungsfestsetzungsverfahren.
Am 2. Mai 1996 wurde bei der Enteignungsbehörde ein "Erörterungstermin zur Entschädigungsfestsetzung nach Art. 29 ff. BayEG" durchgeführt (Teilnehmerin u.a. die Klägerin für ihren Vater). Die Beteiligten stimmten dort überein, das eingeholte Gutachten zu aktualisieren bzw. zu spezifizieren. Der Vater der Klägerin war zu diesem Zeitpunkt noch Vormerkungsberechtigter.
Am 10. Februar 1997 erließ die Enteignungsbehörde der Beklagten im "enteignungsrechtlichen Entschädigungsfestsetzungsverfahren" in Bezug auf das Grundstück Fl.Nr. 707/3 Gemarkung O********* (Eigentümer: Herr ***** *********) folgenden "Beschluss":
"1. Die Bundesrepublik Deutschland - hier vertreten durch das Straßenbauamt A******* - hat für das Grundstück Fl.Nr. 707/3 Gemarkung O********* in einer Gesamtgröße von 2.327 qm eine Entschädigung von 216 DM/qm an den Eigentümer - Herr ***** *********, A* ************ ***, ***** *********** - zu bezahlen.
2. Es fallen keine Kosten an."
Gegen den Enteignungsbeschluss erhob die Bundesrepublik Deutschland Klage mit dem Ziel, die Enteignungsentschädigung herabzusetzen. Der Begünstigte ***** ********* erhob Widerklage mit dem Ziel der Heraufsetzung der Entschädigung. Am 9. Juli 2002 erließ das Landgericht A******* in dem Entschädigungsrechtsstreit folgendes Urteil:
"I. Es wird festgestellt, dass die Klägerin für das Grundstück Fl.Nr. 707/3 der Gemarkung O********* mit einer Größe von 2.327 qm nicht eine Entschädigung von 216 DM/qm, sondern von 171,89 DM/qm (=87,89 €) an den Beklagten als Grundstückseigentümer zu zahlen hat.
II. Der sich ergebende Entschädigungsbetrag gem. Ziff. I. ist ab 03.08.1993 mit 2% über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen.
III. Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
..."
Das Urteil ist seit 27. Dezember 2002 rechtskräftig.
In dem Entschädigungsrechtsstreit vor dem Landgericht hatte die jetzige Klägerin mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2000 die Übernahme des Verfahrens in der Beklagtenstellung begehrt. Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2000 hatte die dortige Klägerin (Bundesrepublik Deutschland) der Übernahme die Zustimmung verweigert.
Am 30. Januar 1997 hatte das Straßenbauamt A******* Herrn ***** ********* die Mindestentschädigungssumme von 90 DM/m² = 209.430 DM ausbezahlt. Aufgrund des Urteils des Landgerichts bezahlte das Straßenbauamt an Herrn ***** ********* die auf der Basis 171,89 DM/m² anfallende Restsumme aus.
Am 13. November 2004 verstarb Herr ***** *********. Nach einer Mitteilung des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - A******* ist die Klägerin zu einem Sechstel Erbin des Verstorbenen.
Seit März 2003 verlangte die Klägerin Auszahlung der Entschädigungssumme (Hauptforderung und Zinsen) an sich. Das Straßenbauamt lehnte dies ab.
Am 11. August 2003 beantragte das Straßenbauamt A******* bei der Stadt A******* - Enteignungsbehörde -, der Klägerin das Eigentum an dem Grundstück Fl.Nr. 707/3 der Gemarkung O********* (vorgetragen im Grundbuch von O********* Band *** Blatt *****, Größe 2.327 m²) zu entziehen und der Bundesrepublik Deutschland zu übertragen. Die Zerlegung der ursprünglichen Fl.Nr. 707/3 u.a. in die Fl.Nrn. 707/3 und 707/5 wurde am 7. Oktober 2004 im Grundbuch eingetragen.
Am 15. Dezember 2005 erließ die Stadt A******* - Enteignungsbehörde - folgenden Enteignungsbeschluss:
"I. 1. ...
2. ... treten folgende Rechtsänderungen ein:
a) Das Eigentum von Frau ***** ********* ... an den Grundstücken Fl.Nr. 707/3 der Gemarkung O********* mit einer Größe von 2.200 m² und an dem Grundstück Fl.Nr. 707/5 der Gemarkung O********* mit einer Größe von 127 m², beide vorgetragen im Grundbuch von O*********, Band **, Blatt *****, Amtsgericht A*******, wird entzogen.
b) Neue Eigentümerin wird die Bundesrepublik Deutschland.
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Grundstücksflächen zum Zwecke des Ausbaus der B 17a (Westtangente) zu verwenden. ...
4. Die von der Bundesrepublik Deutschland zu zahlende Entschädigung für die unter Ziffer 1 genannten Grundstücke wurde in einem separaten Entschädigungsfestsetzungsverfahren bei der Stadt A*******, Enteignungsbehörde, mit Beschluss vom 10.02.1997, hinsichtlich der Entschädigungshöhe in Gestalt des Feststellungsurteils des Landgerichts A******* vom 08.07.2002, Geschäftsnummer 8 0 1232/97, festgesetzt. Eine weitere zu zahlende Entschädigung wird nicht festgesetzt.
5. ... Kosten ..."
In den Gründen des Enteignungsbeschlusses ist u.a. ausgeführt, dass die Enteignung zulässig sei und das antragstellende Straßenbauamt sich in ausreichendem Maße um die Übereignung der Flächen bemüht habe. Es sei nicht gehalten gewesen, der jetzigen Eigentümerin ein neues, weiteres Entschädigungsangebot zu unterbreiten. Diese habe vielmehr den bisherigen Verlauf der gesamten grundstücksbezogenen Entwicklung gegen sich gelten zu lassen.
Mit Urteil vom 5. März 2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Statthaftigkeit der Enteignung sei nicht wegen § 19 Abs. 2a des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) entfallen. Wegen der Einigung habe danach das Entschädigungsverfahren unmittelbar durchgeführt werden können. Dabei komme es nicht darauf an, dass die nur vom Verhandlungsleiter unterzeichnete Niederschrift wohl keine Bindungswirkung gehabt habe, aber möglicherweise in dem anwaltlichen Schriftsatz vom 4. August 1993 eine Einigungserklärung zu sehen sei. Die schriftliche Einigung nach § 19 Abs. 2a FStrG sei überhaupt ohne schuld- und sachenrechtliche Wirkung und jederzeit widerruflich. Eine eigenhändige Unterschrift des Vaters hätte daher auch im Falle ihres Vorliegens keine bindende Wirkung gehabt. Das zwischen dem Vater der Klägerin und der Bundesrepublik Deutschland vereinbarte Entschädigungsverfahren sei bestandskräftig abgeschlossen worden. Eine behauptete Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung könne nicht mehr durchgreifen. Die Enteignung der Klägerin sei auch sonst nach Art. 3 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung (Bayerisches Enteignungsgesetz - BayEG) zulässig gewesen. Die Enteignung scheitere ferner nicht daran, dass sich die beigeladene Bundesrepublik Deutschland nicht nachweislich ernsthaft bemüht habe, die Grundstücke zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben. Gegenüber der Klägerin habe ein solches Angebot nicht abgegeben werden müssen, weil durch die Zahlung an den Vater auf der Grundlage des Urteils des Landgerichts A******* vom 9. Juli 2002 die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 362 Abs. 1 BGB befreiend geleistet habe. Ein nochmaliges Angebot an die Klägerin in dieser Höhe sei nicht geboten gewesen. Es sei davon auszugehen, dass zwischen dem Entschädigungsbeschluss vom 10. Februar 1997 bzw. dem landgerichtlichen Urteil vom 9. Juli 2002 und dem Antrag auf Enteignung vom 11. August 2003 bzw. dem Enteignungsbeschluss vom 15. Dezember 2005 die Stellung des Entschädigungsberechtigten im Sinn des Art. 9 Abs. 1 BayEG vom Vater zur Klägerin gewechselt habe. Gemäß § 325 Abs. 1 ZPO sei der Eintritt dieser Änderung für die Entschädigungsverpflichtung der Bundesrepublik Deutschland ohne Bedeutung. Das landgerichtliche Urteil vom 9. Juli 2002 habe für und gegen den Vater der Klägerin und diese selbst gewirkt. Ergänzend seien dazu § 265 Abs. 1, 2 und 3 ZPO heranzuziehen. In Erfüllung der landgerichtlichen Entscheidung habe die Bundesrepublik Deutschland daher an den Vater der Klägerin befreiend geleistet. Der Klägerin sei der Einwand abgeschnitten, der Vater sei zur Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs nicht mehr befugt gewesen. Wegen der bereits erfolgten befreienden Leistung habe die Enteignungsentschädigung rechtsfehlerfrei auf Null festgesetzt werden dürfen (vgl. Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG). Im Übrigen sei aus dem Inhalt des notariellen Überlassungsvertrags vom 27. März 1997 nicht ohne Weiteres ableitbar, dass sie den Entschädigungsanspruch von ihrem Vater erworben habe.
Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:
Die Zahlung einer Entschädigung sei unabdingbare Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Enteignung; dies ergebe sich aus Art. 14 Abs. 3 GG und Art. 159 BV. Die an ihren Vater gezahlte Entschädigung müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Die Klägerin habe immer wieder verlangt, dass ihr ein angemessenes Entschädigungsangebot unterbreitet werde. In Bezug auf ihren Vater sei ein unzulässiges isoliertes Entschädigungsverfahren durchgeführt worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen seien insoweit nicht erfüllt gewesen. Eine wirksame Einigung der Parteien nach § 19 Abs. 2a FStrG habe nicht vorgelegen. In dem Verfahren vor dem Landgericht sei die Klägerin trotz ihres Antrags nicht beteiligt worden. Zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin Eigentümerin des streitbefangenen Grundstücks geworden war, sei das Entschädigungsfestsetzungsverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen. Gerade deshalb hätte ihr auch der Eintritt in den Zivilprozess beim Landgericht nicht verwehrt werden dürfen. Das Landgericht habe des Weiteren lediglich den Grundstückswert festgestellt, aber keine Zahlungsverpflichtung ausgesprochen. Allen Beteiligten auf Beklagtenseite hätte klar sein müssen, dass der Begünstigte (Vater) bei Zahlung längst nicht mehr zur Erbringung der Gegenleistung in der Lage gewesen sei. Eine Verpflichtung, sich die Zahlung an ihren Vater anrechnen zu lassen, ergebe sich auch nicht aus § 325 ZPO. Ein bereits erfolgter Eigentumswechsel werde von § 325 ZPO nicht erfasst. Die Wirkung des landgerichtlichen Urteils beschränke sich daher auf die Feststellung des Grundstückswerts. Die gegensätzlichen Ausführungen der Beklagtenseite gingen ins Leere, weil keine in wirksamer Form getroffene Einigung vorliege. Die Klägerin habe bereits am 28. Januar 1997 die Durchführung eines Enteignungsverfahrens gefordert. Das Entschädigungsfestsetzungsverfahren hätte daher eingestellt werden müssen. Die Parteien seien sich über den Eigentumsübergang nicht einig gewesen. In einem solchen Fall sei kein Raum für ein Verfahren nach § 19 Abs. 2a FStrG. Der Fehler der Behörde hindere die Klägerin nicht, sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung zu berufen. Schadensersatzansprüche seien nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es seien insgesamt keine Gesichtspunkte ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, ihr das Grundstück ohne Entschädigung zu entziehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. März 2008 und den Enteignungsbeschluss der Beklagten vom 15. Dezember 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch im öffentlichen Recht werde nachvollzogen, dass ein schuldrechtlicher und ein sachenrechtlicher Anspruch auseinanderfallen könnten. Ebenso sei es dem Enteignungsrecht nicht fremd, dass Eigentum am Grundstück und Entschädigungsanspruch getrennt behandelt werden könnten. Vorliegend hätten sich die Beteiligten über den Besitzübergang und im Laufe der Verhandlungen sodann im Detail auch über den Eigentumsübergang geeinigt. Dies ergebe sich aus den Protokollen der Verhandlungstermine 1993 bis 1997 und dem dazugehörigen Schriftwechsel. Deshalb habe die Enteignungsbehörde nach § 19 Abs. 2a FStrG auch das Entschädigungsverfahren einleiten können. Das Zwischenschalten eines notariellen Kaufvertrags sei nicht notwendig gewesen. § 19 Abs. 2a FStrG verlange nicht, dass das Einverständnis mit dem Entschädigungsverfahren in der Form des § 313 BGB a.F. abgegeben werden müsse. Auch Art. 29 BayEG verlange lediglich ein schriftliches Einverständnis. Fühle sich ein Beteiligter nicht mehr an sein Einverständnis gebunden, müssten dann die Voraussetzungen für ein Enteignungsverfahren vorliegen. Nach Überzeugung der Enteignungsbehörde sei aber auch das Erfordernis des schriftlichen Einverständnisses des Herrn ********* vorgelegen. Eine derartige Erklärung sei von ihm am 3. August 1993 zur Niederschrift der Enteignungsbehörde erklärt worden. Die Niederschriften der Verhandlungstermine im Rahmen des Besitzeinweisungs- und Entschädigungsfestsetzungsverfahrens hätten der Form nach für das Zustandekommen einer Einigung ausgereicht; es habe sich um amtliche Dokumente in der Form gesiegelter Niederschriften gehandelt. Nach Überzeugung der Enteignungsbehörde habe auch das Erfordernis eines schriftlichen Einverständnisses vorgelegen. Da bei der Einigung im Sinn des § 19 Abs. 2a FStrG gerade keine eigentumsrechtliche Verfügung über Grundstücke Gegenstand sein müsse, hätte hier das Entschädigungsfestsetzungsverfahren betrieben werden können, selbst wenn man das Fehlen einer Unterschrift als Mangel der Vereinbarung unterstelle. Bis zuletzt hätte Herr ********* an der Einigung festgehalten. Die Rechtskraft des Entschädigungsurteils des Landgerichts A******* sei zu beachten. Der Parteiwechsel im Verfahren vor jenem Gericht sei nicht zuzulassen gewesen. Das Enteignungsverfahren sei antragsgemäß einzuleiten gewesen. Die Abspaltung des Entschädigungsanspruchs sei im Enteignungbeschluss problematisiert worden. Anhaltspunkte für eine Abtretung des Entschädigungsanspruchs oder einen Übergang an die Klägerin hätten sich nicht ergeben. Art. 14 Abs. 3 GG sei deshalb nicht verkannt worden. Die Rechtslage sei nicht anders zu beurteilen als in dem Fall, dass Herr ********* nach einer Weigerung, das Grundstückseigentum zu übertragen, hätte enteignet werden müssen.
Das Staatliche Bauamt A******* als prozessvertretende Behörde des beigeladenen Freistaats Bayern beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Es habe keine Verpflichtung bestanden, ein zweites Entschädigungsangebot abzugeben. Es hätten lediglich während des Verfahrens die Beteiligten gewechselt. Nach dem Rechtsgedanken des § 49 des Baugesetzbuchs (BauGB) trete ein neuer Beteiligter in das Verfahren in den Zustand ein, in dem es sich im Zeitpunkt der Übernahme der Beteiligtenstellung befinde. Die Voraussetzungen zur Durchführung des Entschädigungsfestsetzungsverfahrens nach § 19 Abs. 2a FStrG hätten vorgelegen, weil sich der Voreigentümer ********* mit der Einleitung des Entschädigungsfestsetzungsverfahrens schriftlich - nämlich in mehreren Schreiben - mit der Durchführung dieses Verfahrens einverstanden erklärt habe. Eine notarielle Beurkundung verlange § 19 Abs. 2a FStrG gerade nicht. Abgesehen davon sei auch ein mit einem Formfehler im Sinn des § 311b BGB behafteter Entschädigungsfestsetzungsbeschluss wirksam. Überdies könne sich die Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf das Fehlen der notariellen Beurkundung berufen, weil der Voreigentümer ********* nie erklärt habe, dass er sich an die Einigung nicht gebunden fühle. Das Entschädigungsfestsetzungsverfahren sei auch vor dem Eigentumswechsel beendet worden. Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 3 und Art. 159 BV liege nicht vor. Die Entschädigung sei an den Vater der Klägerin als Berechtigten ausbezahlt worden und habe nicht nochmals festgesetzt werden müssen. Es liege ein Fall der Rechtskrafterstreckung nach §§ 265, 325 ZPO vor, da der Prozess vor dem Landgericht bereits vor dem Eigentumsübergang rechtshängig gewesen sei. Selbst wenn aber das Feststellungsurteil gegenüber der Klägerin keine Bindungswirkung entfalte, könne die Klägerin keine neue Entschädigung verlangen. Denn sie habe von den Zahlungen an den Vater Kenntnis gehabt. Als Erbin hafte sie nach §§ 2058, 421 BGB für die Rückzahlung der gesamten an den Voreigentümer gezahlten Entschädigung. Der Eigentumswechsel habe lediglich dazu gedient, den Eigentumserwerb des Straßenbaulastträgers zu vereiteln. Die Rechtsposition der Klägerin sei daher auch sittenwidrig erlangt.
Das Gericht hat durch Beschluss vom 11. November 2008 das Rubrum der Verwaltungsstreitsache dahin berichtigt, dass beigeladen nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern der Freistaat Bayern, vertreten durch das Landesamt für Finanzen - Dienststelle ******* -, ist. Dieses hat mit Schreiben vom 26. November 2008 das Staatliche Bauamt A******* mit der Vertretung des Freistaats Bayern als Beigeladenen beauftragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27. August 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2008 ist zulässig und begründet. Der Enteignungsbeschluss der Beklagten vom 15. Dezember 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin als Enteignungsbetroffene in ihren Rechten, weil er unter Verstoß gegen Art. 159 Satz 1 BV, Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG nicht angibt, dass an die Klägerin eine Enteignungsentschädigung zu zahlen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Ersturteil, das die Anfechtungsklage zu Unrecht abgewiesen hat, nimmt an diesem Rechtsverstoß teil und ist deshalb zu ändern.
1. Der allgemeine Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist gegeben. Der Rechtsstreit ist nicht durch Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG den Zivilgerichten zugewiesen.
Nach Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG steht der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nur wegen der "Höhe der Entschädigung" offen. Der vorliegende Streitfall betrifft jedoch nicht die Höhe der Entschädigung, sondern die Frage, ob die Enteignungsbehörde (nach Art. 19 Abs. 1 BayEG die Beklagte) die inhaltlichen Anforderungen an den Enteignungsbeschluss, die Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG insoweit festlegt, beachtet hat. Diese Vorschrift verlangt u.a., dass der Enteignungsbeschluss angibt, von wem und an wen Art und Höhe der Entschädigungen zu leisten sind. Im vorliegenden Fall ist die Höhe der Entschädigung (in Geld) durch die Zivilgerichte bereits rechtskräftig geklärt. Die Beteiligten streiten daher nur noch über ihrer Natur nach verwaltungsrechtliche, nicht die Höhe der Entschädigung betreffende formale Pflichten beim Erlass eines Enteignungsbeschlusses (vgl. Berkemann in Umbach/Clemens, Grundgesetz - Mitarbeiterkommentar, 2002, RdNr. 691 zu Art. 14). Mithin ist der Streit darüber, ob die Klägerin den Verwaltungsakt wegen Fehlens einer Entschädigungsregelung im Sinn des Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG zu ihren Gunsten zu Fall bringen kann, dem Primärrechtsschutz nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzuordnen (vgl. BVerfG vom 15.7.1981 BVerfGE 58, 300/323; Molodovsky/Bernstorff, Enteignungsrecht in Bayern, Stand November 2008, RdNrn. 2.2.2 und 3.2 zu Art. 44 BayEG). Hierüber dürfen in Bayern nach Art. 93 BV nur Verwaltungsgerichte entscheiden.
Soweit von Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 eingewandt wurde, dass - vom Problem der Auszahlung der Entschädigung an den Vater abgesehen - ein Entschädigungsanspruch der Klägerin selbst geringer ausfallen würde, weil sich diese die Entschädigung mindernde Gesichtspunkte vorhalten lassen müsse, können diese Einwendungen nicht im Verwaltungsrechtsweg geltend gemacht werden. Denn dabei handelt es sich um Fragen, die die Entschädigungsgrundsätze nach Art. 8 ff. BayEG und damit die Höhe der Entschädigung betreffen. Rügen solcher Art können nur im Zivilrechtsweg nach Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG, Art. 44 Abs. 1, Art. 45 BayEG eingebracht werden. Die Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte beschränkt sich demgegenüber darauf zu überprüfen, ob die Enteignungsbehörde die verfahrensrechtlichen Anforderungen des Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG beachtet hat.
2. Die Klägerin muss die Auszahlung der Entschädigungssumme an ihren Vater nicht gegen sich gelten lassen. Diese Auszahlung hatte keine befreiende Wirkung (§ 362 Abs. 1 BGB). Der Enteignungsbeschluss vom 15. Dezember 2005, der einen solchen Durchgriff auf den Entschädigungsanspruch der Klägerin bejaht, ist insoweit fehlerhaft und schon aus diesem Grund aufzuheben.
Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG trifft zum Zusammenhang zwischen Enteignung und Entschädigung lediglich die Regelung, dass eine Enteignung nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen darf, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Demgegenüber enthält Art. 159 Satz 1 BV eine in Bezug auf die vorliegende Fallkonstellation - Verweis der Klägerin auf eine an einen Dritten (Vater) gezahlte Enteignungsentschädigung - weitergehende Regelung. Er schreibt ausdrücklich vor, dass eine Enteignung nur gegen angemessene Entschädigung erfolgen darf. Damit ist eine entschädigungslose Enteignung ausgeschlossen; sie ist auch nicht über Art. 98 Satz 2 BV möglich (vgl. VerfGH vom 14.7.1951 VerfGH 4, 109/146 f.; Zacher in Nawiasky/ Leusser/Schweiger/Zacher, Die Verfassung des Freistaats Bayern, Stand Juli 2008, RdNr. 34 zu Art. 159). Art 159 Satz 1 BV lässt es mit diesem Regelungsinhalt insbesondere auch nicht zu, den sich aus einer Enteignung zwingend ergebenden Entschädigungsanspruch mit einer anderen Geldentschädigung zu verrechnen und auf diese Weise einzubehalten (vgl. VerfGH vom 14.7.1951 VerfGH 4, 109/146 f.). Die landesrechtliche Verfassungsnorm des Art. 159 Satz 1 BV ist daher nur eingehalten, wenn die Entschädigung, auf die der Enteignungsbetroffene verwiesen wird, die dem Enteignungsvorgang zuzuordnende Entschädigung darstellt. Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen haben auch die Auslegung des Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG zu bestimmen. Damit kann im Rahmen dieser Vorschrift nur auf eine Entschädigungszahlung verwiesen werden, die aus Anlass der konkreten Enteignung anfällt. Im vorliegenden Fall handelt es sich insoweit um die Enteignung gemäß Beschluss der Enteignungsbehörde vom 15. Dezember 2005. Die Entschädigungsfestsetzung der Enteignungsbehörde vom 10. Februar 1997 und das nachfolgende zivilgerichtliche Verfahren dürfte diesen erforderlichen Zusammenhang nicht wahren, weil sie weder dem Hoheitsakt der konkreten Enteignungsentziehung noch der insoweit betroffenen Person zuzuordnen ist. Dies braucht aber nicht weiter vertieft zu werden, weil jedenfalls die Tatbestände, die die Beklagte und der Beigeladene zu 1) für eine Zuordnung anführen, nicht erfüllt sind.
a) Der erforderliche Zusammenhang im Sinn des Art. 159 Satz 1 BV ergibt sich nicht aus dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts A******* vom 9. Juli 2002.
aa) Bei dem Urteil handelt es sich dem eindeutigen Wortlaut nach ("es wird festgestellt") und in Übereinstimmung mit dem Klageantrag nur um ein Feststellungsurteil nach § 256 ZPO. Es stellt die richtige Höhe der Enteignungsentschädigung, nicht aber irgendwelche Zahlungspflichten an den Vater der Klägerin fest. Insoweit hat es zugunsten des Vaters der Klägerin auch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Soweit in dem Nebensatz in Ziffer I des Urteils formuliert wird, "nicht eine Entschädigung von ... sondern von ... an den Beklagten als Grundstückseigentümer zu zahlen", dient diese Beschreibung nur der Konkretisierung des streitbefangenen Entschädigungsanspruchs entsprechend den Parteibezeichnungen, die im Rubrum als Beteiligte aufgeführt sind. Auch der Enteignungsbeschluss der Beklagten vom 15. Dezember 2005 bezeichnet das Urteil in Ziffer I.4. seines Tenors als Feststellungsurteil.
bb) Soweit die Beklagte, der Beigeladene zu 1) und das Erstgericht eine subjektive Rechtskrafterstreckung des Urteils des Landgerichts vom 9. Juli 2002 nach §§ 265, 325 ZPO auf die Klägerin annehmen, führt auch dieser Ansatz nicht weiter. Zwar erfolgte die (Einzel-)Rechtsnachfolge der Klägerin aus dem Überlassungsvertrag mit dem Vater nach Rechtshängigkeit. Denn die Feststellungsklage des Staates vom 11. März 1997 gegen die Höhe der festgesetzten Enteignungsentschädigung wurde dem Vater der Klägerin am 22. März 1997 zugestellt. Demgegenüber datiert der notarielle Überlassungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Vater vom 27. März 1997; die Eintragung ins Grundbuch erfolgte am 24. Juni 1997. Damit könnte also nach § 325 Abs. 1 ZPO eine Rechtskraftwirkung in Betracht kommen. Jedoch würde sich auch diese nur auf das erstrecken, was in dem Verfahren entschieden wurde. Wie dargelegt hat das Landgericht dort aber nur ein Feststellungsurteil nach § 256 ZPO über die Höhe der Entschädigung erlassen, so dass allenfalls insoweit eine Bindung der Klägerin in Betracht kommt.
b) In Bezug auf das am 10. Februar 1997 abgeschlossene behördliche Entschädigungsfestsetzungsverfahren nach § 19 Abs. 2a, 5 FStrG, Art. 40 BayStrWG, Art. 29 Abs. 2 BayEG kommt im Übrigen eine Rechtskrafterstreckung nach oder analog § 325 ZPO offensichtlich nicht in Betracht. Ein eine Entschädigung festsetzender Verwaltungsakt kann lediglich in Bestandskraft erwachsen. Er ist damit gegenüber einem (zivil-)gerichtlichen Urteil so wesensverschieden, dass eine irgendwie geartete Heranziehung der Regelungen über die Rechtskraft ausscheiden muss.
In diesem Zusammenhang ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass der Entschädigungsfestsetzungsbeschluss vom 10. Februar 1997 keine Wirkungen mehr zeitigt, die im Weg der Bestandskraft der Klägerin entgegengehalten werden könnten; insoweit beruht die in der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 geäußerte Rechtsansicht des Vertreters des Beigeladenen zu 1) auf einem Missverständnis. Da die Anfechtung der Entschädigungsfestsetzung nach Art. 45 BayEG nicht durch Gestaltungsklage erfolgt (vgl. Molodovsky/Bernstorff, RdNr. 8.1.2 zu Art. 45 BayEG), kommt es bei abweichender Entschädigungsfestsetzung durch das Zivilgericht zwar nicht zu einer Aufhebung dieses Verwaltungsakts. Der Verwaltungsakt wird durch die abweichende gerichtliche Entscheidung nach Art. 45 BayEG aber gegenstandslos, weil seine Wirkungen durch die des zivilgerichtlichen Urteils ersetzt werden.
Inwiefern hier der Rechtsgedanke des § 49 BauGB weiterhelfen könnte, wie der Beigeladene zu 1) vorträgt, ist nicht nachvollziehbar. Ob dies allgemein möglich sein könnte, mag dahinstehen. Jedenfalls haben die Behörden diese Rechtsnachfolgeregelung vorliegend nicht angewandt. Dies wäre auch nicht möglich gewesen, weil das isolierte Entschädigungsfestsetzungsverfahren am 10. Februar 1997 abgeschlossen wurde, der notarielle Überlassungsvertrag der Klägerin mit ihrem Vater hingegen vom 27. März 1997 datiert.
c) Die Klägerin muss die Auszahlung der Entschädigungssumme an ihren Vater auch nicht deshalb gegen sich gelten lassen, weil dieser in der mündlichen Verhandlung in dem Besitzeinweisungsverfahren am 3. August 1993 dem Verfahren nach § 19 Abs. 2a FStrG - isoliertes Entschädigungsfestsetzungsverfahren nach Einverständnis mit der Eigentumsübertragung - zugestimmt hatte.
Anderes könnte allenfalls in Erwägung gezogen werden, wenn die Erklärung des Vaters der Klägerin, die streitbefangenen Grundstücke zu veräußern, rechtsverbindlich gewesen wäre; dann wäre er - zumindest zeitweise - materiell als Enteignungsbetroffener anzusehen gewesen. Indes ist eine solche Zustimmungserklärung im Verfahren nach § 19 Abs. 2a FStrG nicht per se bindend.
aa) Nach § 19 Abs. 2a FStrG kann das Entschädigungsfestsetzungsverfahren unmittelbar durchgeführt werden, wenn sich ein Beteiligter (u.a.) mit der Übertragung seines Eigentums schriftlich einverstanden erklärt hat. Bindend ist diese Einverständniserklärung für den Grundstückseigentümer nur in zwei Fällen. Erfolgt sie außerhalb eines Enteignungsverfahrens, bedarf sie notarieller Beurkundung nach § 311b Abs. 1 BGB (§ 313 BGB a.F.). Erfolgt sie im Enteignungsverfahren, ist die Grundstücksübertragung von den zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. auch Art. 109 Satz 3 EGBGB) freigestellt und unterliegt nur dem öffentlich-rechtlichen Enteignungsrecht, das sie einem nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschluss gleichstellt (vgl. § 110 Abs. 2 und 3 BauGB, Art. 29 Abs. 3 BayEG; vgl. BGH vom 5.6.1987 NVwZ 1987, 258/259); insoweit erfolgt ein Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuchs.
Der Grund, weshalb der schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers allein keine bindende Wirkung zukommt, liegt darin, dass der Gesetzgeber des Beurkundungsgesetzes (BeurkG) vom 28. August 1969 (BGBl I S. 1513) der schriftlichen Erklärung allein, soweit sie nicht in einem förmlichen Enteignungsverfahren abgegeben wird, keine hinreichende Warnfunktion beimisst, um den Grundstückseigentümer vor dem Eingehen übereilter Verpflichtungen zu schützen. Insoweit wurde Art. 109 EGBGB um die entsprechende Vorschrift ergänzt, die eine mindere Form als die notarielle Beurkundung ausschließt (vgl. BGH vom 14.7.1983 DVBl 1983, 1150/1151 f.). Nach herrschender Meinung ist deshalb die Erklärung des Grundstückseigentümers nach § 19 Abs. 2a FStrG nur bindend, wenn sie - außerhalb eines Enteignungsverfahrens erfolgend - notariell beurkundet ist (vgl. BGH vom 14.7.1983 DVBl 1983, 1150/1151 f.; BayObLG vom 7.12.1981 BayVBl 1983, 90/91 m.w.N.; Marschall/ Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl. 1998, RdNr. 20 zu § 19; Kroner in Müller/Schulz, FStrG, 2008, RdNr. 55 zu § 19; Aust in Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 37 RdNr. 22.1, der zu Recht darauf hinweist, dass insoweit die Rechtsänderung außerhalb des Verfahrens nach Privatrecht erfolgt). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, zumal sie dem Schutz des Enteignungsbetroffenen dient. In Konsequenz dieser Rechtslage ist die unmittelbare Durchführung des Entschädigungsfestsetzungsverfahrens in das Ermessen der Behörde gestellt (vgl. Aust in Kodal/ Kremer, Kap. 37 RdNr. 22.1). In Fällen, in denen eine formwirksame Bindung des Grundstückseigentümers nicht vorliegt, hat deshalb die Enteignungsbehörde besonders sorgfältig zu prüfen, ob eine hinreichende Rechtssicherheit gegeben ist, das aufwändige isolierte Entschädigungsfestsetzungsverfahren einzuleiten.
bb) Im vorliegenden Fall ist die Erklärung des Vaters der Klägerin, die für den Ausbau der B 17 benötigten Grundstücke abzutreten, nicht notariell beurkundet worden. Die entsprechende Niederschrift im Besitzeinweisungsverfahren nach § 18f FStrG vom 3./5. August 1993 ist von ihm nicht einmal unterschieben; sie trägt lediglich die Unterschrift des Verhandlungsleiters der Enteignungsbehörde. Damit entspricht die "gütliche Regelung" vom 3./5. August 1993 insgesamt nicht den Vorschriften der §§ 8 ff. BeurkG mit der Folge, dass die vertragliche Gesamtregelung nach § 313 BGB a.F. formunwirksam ist (vgl. BayObLG vom 7.12.1981 BayVBl 1983, 90/91 m.w.N.). Ob dadurch der isolierten Entschädigungsfestsetzung vom 10. Februar 1997 und möglicherweise sogar dem landgerichtlichen Urteil vom 9. Juli 2002 der Boden entzogen ist, bedarf hier aber keiner Entscheidung.
cc) Eine Bindungswirkung der Niederschrift vom 5. August 1993 ergibt sich im Übrigen auch nicht aus ihrem Charakter als behördlicher Niederschrift.
Das Bundesfernstraßengesetz enthält für die Niederschrift im Besitzeinweisungsverfahren in Bezug auf ihre Wirkungen keine Regelungen (vgl. § 18f und § 19 FStrG). Auch für das nach § 19 Abs. 5 FStrG, Art. 40 Abs. 1 BayStrWG, Art. 39 BayEG ergänzend anwendbare Landesrecht gilt nichts anderes. Da das Besitzeinweisungsverfahren kein förmliches Verwaltungsverfahren darstellt (vgl. Art. 39 Abs. 7 BayEG, der nicht auf Art. 23 BayEG verweist), sind auch die Vorschriften der Art. 63 ff. BayVwVfG und damit insbesondere die Vorschrift über die Fertigung einer Niederschrift nach Art. 68 Abs. 4 BayVwVfG nicht anwendbar. Abgesehen davon würde selbst eine Niederschrift im Sinn des Art. 68 Abs. 4 BayVwVfG das Erfordernis einer notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 1 BGB (§ 313 BGB a.F.) nicht ersetzen. Eine andere Auffassung wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten. Im Gegenteil hat die Niederschrift nach Art. 68 Abs. 4 BayVwVfG nicht einmal die Wirkung des § 165 ZPO hinsichtlich der Beweiskraft des Protokolls (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, RdNr. 23 zu § 68 m.w.N.).
Die Enteignungsbehörde hätte der Konsequenz der Formunwirksamkeit nach § 313 BGB a.F. nur entgehen können, wenn sie das antragstellende (damalige) Straßenbauamt dazu veranlasst hätte, einen Enteignungsantrag zu stellen. Dann hätte sie vom Besitzeinweisungs- in das Enteignungsverfahren überwechseln können mit der Folge, dass eine Einigung keine solche außerhalb des Enteignungsverfahrens nach § 19 Abs. 5 FStrG, Art. 40 Abs. 1 BayStrWG, Art. 29 Abs. 2 BayEG, sondern eine innerhalb des Enteignungsverfahrens nach Art. 29 Abs. 3 BayEG dargestellt hätte. Einigen sich die Beteiligten im Enteignungsverfahren unter Beachtung der in Art. 29 Abs. 3 BayEG aufgeführten Formvorschriften (Art. 29 Abs. 3 Sätze 2-4 BayEG), befinden sie sich außerhalb des Anwendungsbereichs des § 311b Abs. 1 BGB (§ 313 BGB a.F.), weil es sich dann um ein vollständig öffentlich-rechtliches Rechtsgeschäft handelt (vgl. BGH vom 5.6.1986 NVwZ 1987, 258/259 m.w.N.; Molodovsky/Bernstorff, RdNr. 5.1 zu Art. 29 BayEG). Ein derartiger Fall liegt hier indes nicht vor. Ausweislich der Niederschrift vom 5. August 1993 wurde weder ein Enteignungsantrag gestellt noch in das Enteignungsverfahren übergegangen.
dd) Selbst wenn aber das Verfahren nach § 19 Abs. 2a FStrG entgegen der herrschenden Meinung (s. oben aa)) den Enteignungsbetroffenen außerhalb eines Enteignungsverfahrens auch ohne notarielle Beurkundung der Niederschrift zu binden vermöchte, könnten die Beklagte und der Beigeladene zu 1) nicht obsiegen. Denn in diesem Fall hätte der Beigeladene zu 1) gegen die Klägerin aus der dann bindenden Niederschrift vorgehen und Herausgabe der betroffenen Grundflächen verlangen müssen, zumal die Klägerin nicht gutgläubig war (§ 892 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine Klage auf Herausgabe gegen die Klägerin wäre im Verhältnis zu einer Enteignung das einfachere und weniger einschneidende Vorgehen gewesen. Diese Möglichkeit hätte daher in Bezug auf ein Enteignungsverfahren - jedenfalls so lange eine entsprechende Klage nicht rechtskräftig abgewiesen worden wäre - den Einwand des Art. 3 Abs. 1 BayEG begründet, dass der Enteignungszweck auf andere zumutbare, nämlich einfachere Weise hätte erreicht werden können. Der Enteignungsbeschluss wäre in diesem Fall wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 BayEG aufzuheben. Auf die Auslegung des § 19 Abs. 2a FStrG kommt es damit letzten Endes nicht an, wiewohl der hier vertretenen Auffassung der fehlenden Bindung dennoch der Vorzug zu geben ist.
d) Die Klägerin muss ferner die Auszahlung an ihren Vater auch nicht deshalb gegen sich gelten lassen, weil dieser im Entschädigungsfestsetzungsverfahren von der Antragstellung des Straßenbauamts am 17. August 1993 bis zum Erlass des Entschädigungsfestsetzungsbeschlusses am 10. Februar 1997 Beteiligter dieses Verfahrens war (vgl. Art. 29 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Nr. 2 BayEG).
Aus der formalen Stellung als Beteiligter folgt noch nicht, dass diese Person auch materiell betroffen und damit zur Entgegennahme einer Entschädigung berechtigt ist, zumal sich solche Beteiligtenstellungen auch während eines Verfahrens ändern können (vgl. Puhr-Westerheide, Bayerisches Gesetz über die entschädigungspflichtige Enteignung - BayEG, 4. Aufl. 1997, Anm. 1 zu Art. 27). Vielmehr ist aus der Verknüpfung von Enteignung und Entschädigung in Art. 8 Abs. 1 und 2 BayEG herzuleiten, dass nur diejenige Partei entschädigt werden darf, die einen Rechtsverlust und/oder andere Vermögensnachteile erleidet. Diesen Grundsatz, der in Art. 14 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GG und in Art. 159 Satz 1 BV auch verfassungsrechtlich abgesichert ist, dürfen die Enteignungsbehörde und die für den Enteignungsbegünstigten auftretenden Behörden nicht aus dem Auge verlieren. Erfolgt mithin keine Grundstücksübertragung durch den Beteiligten, darf auch keine Entschädigung an ihn fließen. Seine Beteiligtenstellung ist insoweit unerheblich. So ist es auch hier. Ohne entsprechende zivilrechtliche Absicherung, die mindestens in der Einräumung einer Auflassungsvormerkung nach § 883 BGB hätte bestehen müssen, hätte die zuständige Behörde des Beigeladenen zu 1) daher weder die Abschlagszahlung vom 30. Januar 1997 noch die Restzahlung nach Ergehen des landgerichtlichen Urteils vom 9. Juli 2002 bewirken dürfen. Die Erörterungen des Erstgerichts und einzelner Beteiligter über das Auseinanderfallen von Eigentum und Entschädigungsberechtigung liegen insoweit im Übrigen neben der Sache, zumal die Klägerin die Entschädigungsansprüche weder in dem Überlassungsvertrag vom 27. März 1993 noch sonst an ihren Vater abgetreten hatte (vgl. §§ 398, 413 BGB).
e) Unerheblich in diesem Zusammenhang ist auch das von einem Rechtsanwalt im Auftrag des Vaters der Klägerin am 4. August 1993 unterbreitete Verkaufsangebot, dem ein Entwurf für einen notariellen Kaufvertrag beigefügt war und das den Inhalt der "gütlichen Regelung" vom 3./5. August 1993 berücksichtigt hätte. Dieses Kaufangebot ist indes vom Straßenbauamt nicht angenommen worden und damit erloschen (vgl. § 146 BGB). Entgegen der Ansicht des Erstgerichts kann hieraus nichts hergeleitet werden.
3. Eine Sachlage, bei der sich die Klägerin nach Treu und Glauben auf die dargelegten Formmängel bei der Auszahlung der Entschädigungssumme an ihren Vater nicht berufen könnte und die Auszahlung gegen sich gelten lassen müsste (§ 242 BGB), ist nicht gegeben. Die Klägerin hat sich in keiner Weise treuewidrig verhalten.
a) aa) Die Klägerin hat zunächst die Enteignungsbehörde von dem Überlassungsvertrag mit ihrem Vater hinreichend informiert, zumal diese Behörde an der Auszahlung der Entschädigung nicht beteiligt war. Der Vertrag trägt in Akten der Enteignungsbehörde den Eingangsstempel mit dem Datum 27. November 2003 sowie den handschriftlichen Vermerk "Erhalten von Frau ********* ... 27/11."
bb) Vor allem aber verfügte das (damalige) Straßenbauamt spätestens seit dem Oktober 2000 über die Kenntnis von dem Vorgang aus dem anhängigen Entschädigungsprozess mit dem Vater der Klägerin. Dies ergibt sich aus dem Versuch der Klägerin im Oktober 2000, in dem anhängigen Entschädigungsprozess vor dem Landgericht gemäß § 265 Abs. 2 Satz ZPO die Beklagtenstellung zu übernehmen.
Das Straßenbauamt hatte daher bei der Restzahlung im Anschluss an das landgerichtliche Urteil vom 9. Juli 2002 nochmals die Möglichkeit, die Rechtslage im Hinblick auf den richtigen Zahlungsempfänger zu überdenken. Bei der Zahlung der Abschlagssumme an den Vater am 30. Januar 1997 war die Klägerin demgegenüber noch nicht Berechtigte, so dass sie insoweit auch keine Informationspflichten getroffen haben können. Den Eintritt der Klägerin in den Entschädigungsprozess, in dem ihre Eigentümerstellung bereits mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2000 unter Vorlage eines Grundbuchauszugs offen gelegt wurde, hat der Bevollmächtigte des Straßenbauamts überdies in sachwidriger Weise durch Verweigerung der Zustimmung nach § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO vereitelt, obwohl dieser Eintritt die Gelegenheit geboten hätte, die Klägerin in das Entschädigungsverfahren einzubinden (vgl. Schriftsatz der Rechtsanwälte des Straßenbauamts, ******* & ********, vom 13. Oktober 2000, S. 3 f.). Seit März 2003 hat die Klägerin zudem ausdrücklich Auszahlung der Entschädigungssumme an sich verlangt; sie ist damit auch insoweit eventuellen Offenlegungspflichten erneut nachgekommen.
b) Es ist nicht untersagt, ein in einem Enteignungsverfahren streitbefangenes Grundstück zu erwerben (vgl. Puhr-Westerheide, BayEG, Anm. 1 zu Art. 27). Vielmehr ist die Enteignungsbehörde gehalten, insoweit die entsprechenden Sicherungsinstrumentarien einzusetzen; das ist vorliegend die Verfügungs- und Veränderungssperre nach Art. 27 BayEG. Freilich hätte dies rechtzeitig den Übergang in das förmliche Enteignungsverfahren vorausgesetzt. Wenn dies die Enteignungsbehörde in sachwidriger Weise unterlassen hat, kann dieser Umstand den Vorwurf eines Verstoßes gegen Treu und Glauben gegenüber der Klägerin nicht rechtfertigen.
c) Dass die Klägerin möglicherweise von den Zahlungen an ihren Vater Kenntnis gehabt hat, begründet keinen Treueverstoß. Vielmehr hat die Klägerin als Enteignungsbetroffene (Art. 8 Abs. 1 und 2 BayEG) zu Recht Zahlung an sich verlangt (Art. 159 Satz 1 BV). Weshalb dieses aktive Geltendmachen ihrer Rechtsposition treuewidrig sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Es handelt sich um einen normalen und nicht unredlichen Vorgang auch dann, wenn sie von den Zahlungen an ihren Vater gewusst hat. Der Fehler liegt hier vielmehr bei den Behörden, die nicht hinreichend darauf geachtet haben, dass der Vater der Klägerin sich nicht (form-)wirksam zur Übertragung der streitbefangenen Grundstücke gebunden und sie letztendlich auch nicht an die öffentliche Hand übertragen hatte. Gleichwohl wurde die Entschädigung an ihn geleistet.
d) Schließlich kann ein Treueverstoß der Klägerin auch nicht mit dem Verhalten ihres Vaters begründet werden. Zunächst gilt auch in Richtung des Vaters, dass die Veräußerung des streitbefangenen Grundstücks nicht verboten ist (vgl. Puhr-Westerheide, BayEG, Anm. 1 zu Art. 27). Vielmehr wäre es Sache der Behörden gewesen, eine solche Veräußerung mit den Mitteln der Verfügungs- und Veränderungssperre nach Art. 27 BayEG zu kontrollieren und gegebenenfalls zu unterbinden (s. oben). Abgesehen davon könnte aus der gesamtschuldnerischen Haftung der Klägerin als Miterbin nach § 2058 BGB kein Vertretenmüssen für Verhalten ihres Vaters hergeleitet werden. § 2058 BGB begründet eine Haftung nur für Nachlassverbindlichkeiten. Ein Vertretenmüssen für Verhalten des Vaters könnte sich dagegen nur nach § 278 BGB beurteilen. Durch den Überlassungsvertrag vom 27. März 1997 wurde ihr Vater jedoch nicht zu ihrem Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB in Bezug auf ihre Ansprüche aus der Enteignung vom 15. Dezember 2005 (vgl. auch Heinrichs in Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, RdNr. 13 zu § 278 [zum Kaufvertrag]).
Im Übrigen hat auch der Vater der Klägerin der Enteignungsbehörde durch seine beauftragten Rechtsanwälte beispielsweise mit Schreiben vom 28. Januar 1997 anzeigen lassen, dass er sich ebenso wenig wie das Straßenbauamt noch an die gütliche Regelung vom 3./5. August 1993 gebunden gefühlt habe. Dies hätte die Behörden veranlassen müssen, nochmals die Rechtslage - namentlich auch zu § 19 Abs. 2a FStrG - zu überdenken und für weitere (Enteignungs-)Schritte die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. In diesem Zusammenhang stellt es keinen weiterführenden Ansatz dar, wenn die Beklagte und der Beigeladene zu 1) - wie in der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 geschehen - in Bezug auf den Vater der Klägerin den Vorwurf erheben, dieser habe sich bis in den März 1997 abwechselnd gebunden gefühlt und dann wieder nicht. Wie erörtert war die Niederschrift im Sinn des § 19 Abs. 2a FStrG nach herrschender Meinung nicht bindend. Die beteiligten Behörden haben auch das geltende Enteignungsrecht nicht dahin gehandhabt, eine solche Bindung herbeizuführen (vgl. Art. 29 Abs. 3 BayEG). War der Vater der Klägerin aber nicht von einer Bindung nach § 313 BGB a.F. erfasst, greift der Normzweck dieser Vorschrift zu seinen Gunsten ein. Denn das Beurkundungserfordernis des § 311b Abs. 1 BGB (§ 313 BGB a.F.) soll den Beteiligten vor Übereilung schützen, auf die besondere Bedeutung des Rechtsgeschäfts hinweisen (Warnfunktion) und im Fall des formgerechten Abschlusses des Geschäfts dessen Gültigkeit gewährleisten (vgl. Kanzleiter in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Aufl. 2007, RdNr. 1 zu § 311b). Fehlt aber eine notarielle Beurkundung, was dem ansonsten als geschäftsgewandt beschriebenen Vater der Klägerin nicht entgangen sein kann, so kann ihm nicht einmal entfernt als Treueverstoß vorgehalten werden, er habe in der Beurteilung des Rechtsgeschäfts vom 3./5. August 1993 geschwankt. Im Hinblick auf den Überlassungsvertrag mit der Klägerin am 27. März 1997 gilt nach alldem nichts anderes.
4. Nicht nachvollziehbar ist dem Senat ferner, inwiefern die Rechtsposition der Klägerin sittenwidrig erlangt sein soll (vgl. § 138 Abs. 1 BGB, Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG). Der Beigeladene zu 1) trägt vor, der Eigentumswechsel habe lediglich dazu gedient, den Eigentumserwerb des Straßenbaulastträgers zu vereiteln. Dem kann nicht zugestimmt werden. Wie bereits erörtert darf der Enteignungsbetroffene das streitbefangene Grundstück auch während eines Enteignungsverfahrens veräußern; es ist vielmehr Sache der Enteignungsbehörde und der Behörden des Straßenbaulastträgers, durch Einsatz der Instrumentarien des Art. 27 BayEG diesen Vorgang zu kontrollieren und gegebenenfalls zu unterbinden (vgl. Puhr-Westerheide, BayEG, Anm. 1 zu Art. 27). Wenn die Behörden dem nicht nachkommen oder sich dazu nicht in der Lage erweisen, ist es nicht angängig, dem Erwerber den Vorwurf eines Sittenverstoßes zu machen.
5. Das mit der Anfechtungsklage letztlich verfolgte Anliegen der Klägerin, die Enteignungsentschädigung zu erhalten, hat sich im Übrigen auch nicht im Ergebnis dadurch teilweise erledigt, dass sie Miterbin nach ihrem Vater zu einem Sechstel geworden ist (vgl. § 1922 Abs. 1 BGB). Denn der Beigeladene zu 4) (Bruder der Klägerin) hat in der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 angegeben, der Vater habe die Absicht gehabt, die Entschädigung für seinen Lebensabend zu verbrauchen (Niederschrift über die mündliche Verhandlung S. 2). Es liegen hiernach keine Anhaltspunkte vor, dass ein Teil der gezahlten Enteignungsentschädigung in das Vermögen der Klägerin gelangt und ihre Beschwer teilweise weggefallen sein könnte. Da damit eine (Gesamt-)Erledigung des Rechtsstreits ohnedies aber ausgeschlossen wäre, bedarf dieser Gesichtspunkt auch keiner Vertiefung. Etwas anderes mag gelten, falls es zu einem Erstattungsrechtsstreit des Beigeladenen zu 1) mit den Erben des Vaters kommen sollte.
6. Bei dieser Sach- und Rechtslage erweist es sich als rechtswidrig, die Klägerin hinsichtlich der Entschädigung (vgl. Art. 159 Satz 1 BV; Art. 31 Abs. 1 Nr. 5 BayEG) auf die Zahlungen an ihren Vater zu verweisen. Aus diesem Grund durfte die antragstellende Behörde (Straßenbauamt) auch nicht darauf verzichten, der Klägerin ein ernsthaftes, sachgerechtes und vertretbares Erwerbsangebot im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 BayEG zu unterbreiten. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Enteignungsbeschlusses in seiner Gesamtheit.
Kostenentscheidung: § 154 Abs. 1, 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostenlast des Beigeladenen zu 1) folgt aus seiner Antragstellung.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO.
Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 204.510,63 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG). 97
Ende der Entscheidung
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