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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 01.12.2009
Aktenzeichen: 8 B 09.1980
Rechtsgebiete: BayStrWG, BayVwVfG


Vorschriften:

BayStrWG Art. 17 Abs. 5
BayVwVfG Art. 40
Eine Baugenehmigung für ein innerörtliches Grundstück begründet nicht von vorneherein einen Anspruch auf Einräumung der in den genehmigten Plänen konkret vorgesehenen Zufahrt. Denn mit der Baugenehmigung ist grundsätzlich keine straßen- und wegerechtliche Erlaubnis verbunden. Etwas anderes kann gelten, wenn die Gemeinde an der Erteilung der Baugenehmigung mitgewirkt und durch zustimmendes Verhalten die Erwartung begründet hat, die geplante Zufahrt straßenrechtlich nicht zu untersagen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

8 B 09.1980

Verkündet am 1. Dezember 2009

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Verbot einer Grundstückszufahrt;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. März 2009,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 8. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Allesch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Graf zu Pappenheim, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Häußler

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. März 2009 wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine Zufahrt.

1. Der Kläger ist Miteigentümer eines Wohnhauses im Innerortsbereich. Sein Anwesen verfügt bereits über eine ca. 5 m breite Zufahrt nördlich des Wohnhauses (1,3 m breiter Zugang plus 5,0 m breite Zufahrt, wovon 1,3 bis 1,4 m auf Nachbargrund liegen). Er plant nunmehr den Umbau des Wohnhauses in der Form, dass im Erdgeschoss zwei Garagen eingebaut werden. Die beiden Garagen sollen zusätzlich über den vorhandenen Gehweg der anliegenden Ortsstraße direkt angefahren werden.

Gegen diese zweite Einfahrt hatte der beklagte Markt bereits bei einer früheren Planung des Klägers (Teilabriss des Gebäudes und Schaffung von Stellflächen) Einwendungen erhoben, weil er diesen Teil des Wegs für zwei öffentliche Stellflächen verwenden will (vgl. dazu Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 17. November 2005 Az. * * * ******). Die entsprechenden öffentlichen Stellplätze sind aufgrund einer bestandskräftigen verkehrsrechtlichen Anordnung des Beklagten vom 4. Oktober 2006 auf der Straßenfläche durch Markierungen ausgewiesen worden.

Daher verweigerte der beklagte Markt auch in dem baurechtlichen Genehmigungsverfahren zu dem aktuellen Bauvorhaben sein Einvernehmen. Gleichzeitig untersagte er mit dem hier streitgegenständlichen Schreiben vom 22. Mai 2007 die Nutzung des vor dem Wohnhaus liegenden Gehwegs als Zufahrt. Dessen ungeachtet erhielt der Kläger mit Bescheid vom 6. Juni 2007 eine Baugenehmigung, die mit dem Hinweis verbunden wurde, dass der Kläger für die Anlegung der Zufahrt nach der Rechtsauffassung des beklagten Markts einer straßenrechtlichen Zustimmung bedürfe. Die Baugenehmigung, die sich nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur auf das Bauplanungsrecht erstreckt, ist mittlerweile bestandskräftig.

Die hier streitgegenständliche straßenrechtliche Untersagung der Zufahrt vom 22. Mai 2007 wurde mit der sehr beengten Parksituation im vorderen Bereich der Straße begründet, die relativ nahe am Zentrum des Markts liegt. Zusätzliche Zufahrten würden die Situation in diesem Bereich verschärfen. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits über eine ca. 7 m breite Zufahrt verfüge. Dem Anliegergebrauch sei daher ausreichend Rechnung getragen. Eine uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit innerörtlicher Grundstücke gewährleiste der Anliegergebrauch nicht. Dem fristgerecht erhobenen Widerspruch des Klägers half der Beklagte nicht ab.

2. Am 19. Dezember 2008 erhob der Kläger Untätigkeitsklage mit dem Hauptantrag, den Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2007 aufzuheben. Diesem Antrag hat das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 31. März 2009 stattgegeben. Die Voraussetzungen, unter denen nach Art. 17 Abs. 5 BayStrWG die Nutzung eines Wegs als Zufahrt untersagt werden könne, lägen nicht vor. Die Benutzung des Gehwegs als Zufahrt gehöre zum Gemeingebrauch, so dass jeder Anlieger grundsätzlich die gesamte Breite seines Grundstücks für Zwecke der Zufahrt nützen könne. Diese Rechtsposition könne nach Art. 17 Abs. 5 Satz 1 BayStrWG nur aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs eingeschränkt werden. Andere Aspekte - wie das Vorliegen einer Baugenehmigung oder einer verkehrsrechtlichen Anordnung - müssten bei der straßen- und wegerechtlichen Beurteilung außer Betracht bleiben. Im vorliegenden Fall erfordere die Leichtigkeit des Verkehrs allerdings die strittige Maßnahme nicht. Soweit es dem Beklagten um die Schaffung von Parkraum gehe, diene auch der vom Kläger geplante Bau von Garagen diesem Ziel. Da Parkplätze vor einem Haus überwiegend von den Anliegern genutzt würden, sei der vom Kläger geplante Garagenbau für den Fußgängerverkehr sogar günstiger. Ermessensfehlerhaft sei es jedenfalls, den Kläger auf Stellplatzmöglichkeiten in seiner Hoffläche zu verweisen; es unterliege der von Art. 14 GG geschützten Baufreiheit des Eigentümers, auf welche Weise er der Stellplatzpflicht genüge.

3. Mit der durch Beschluss vom 12. August 2009 zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor, dass die Verkehrssituation in dem betroffenen Bereich der Ortsstraße vom Erstgericht unzutreffend bewertet worden sei. Die Parkplätze dienten der Leichtigkeit des Verkehrs im Umfeld eines Lebensmittelgeschäfts und im Bereich der Einfahrt auf die H****straße. Durch die neu angelegten Parkplätze solle erreicht werden, dass Kunden und Anwohner nicht mehr ihre Fahrzeuge im äußerst beengten Fahrbahnbereich abstellten, sondern auf die Parkplätze beim Anwesen des Klägers zurückgriffen. Es sei vom Beklagten vorgesehen, die öffentlichen Stellplätze bis 18:00 Uhr nur für Fahrzeuge mit Parkscheibe zur Verfügung zu stellen, damit sie nicht durch Anwohner blockiert würden. Soweit das Verwaltungsgericht darlege, dass durch die privaten Parkplätze des Klägers der Verkehrsfluss ebenso erleichtert werde wie durch öffentliche Stellplätze, sei dies nicht nachvollziehbar. Auch habe der Beklagte sein Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Der Verweis auf ausreichende Parkmöglichkeiten auf dem Grundstück des Klägers mache lediglich deutlich, dass der Kläger nicht notwendigerweise auf eine Zufahrt über die öffentlichen Stellflächen angewiesen sei. Im Wege einer Interessenabwägung sei der Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht notwendig sei, dass der Kläger seine ganze Grundstückseite als Zufahrt nutze. Eine uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit mit Kraftfahrzeugen gehöre bei innerörtlichen Grundstücken nicht zum Kernbereich des Anliegergebrauchs. Zwar sei die Baugenehmigung für die Garagen rechtskräftig; jedoch seien im Baugenehmigungsverfahren die straßenverkehrsrechtlichen Aspekte nicht Prüfungsgegenstand. Aus der Baugenehmigung sei damit nicht zwingend auf die Genehmigung der Zufahrt über die gesamte Grundstücksbreite zu schließen. Soweit der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt habe, stimme der Beklagte dem nicht zu.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

den Rechtsstreit für erledigt zu erklären,

hilfsweise die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger hält den Rechtsstreit für erledigt, weil seine Zufahrtsberechtigung aus der Baugenehmigung vom 6. Juni 2007 durch Eintritt der Bestandskraft der Verkehrsanordnung frühestens am 7. Januar 2008 bzw. 7. Dezember 2008 entfallen sei, womit sich der Rechtsstreit nachträglich erledigt habe. Hilfsweise verteidigt der Kläger das verwaltungsgerichtliche Urteil und vertritt die Auffassung, dass ihm ein Zufahrtsrecht weiterhin zustehe.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit den Parteien am 29. Oktober 2009 die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort in Augenschein genommen und eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Kläger hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung die Aussetzung des Verfahrens beantragt und hilfsweise den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. November 2009 zurückgewiesen. Der Kläger hat daraufhin seine Anträge nochmals - wie oben dargestellt - präzisiert und weiter hilfsweise den ursprünglichen Hauptsacheantrag aufrechterhalten. Für das übrige Vorbringen wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der beigezogenen Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Denn die vom Kläger erhobene Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.

1. Der Kläger ist zwar grundsätzlich berechtigt, seine Anfechtungsklage auch einseitig für erledigt zu erklären. Die Erklärung ist dahingehend auszulegen, dass nunmehr an Stelle der Anfechtung die Feststellung begehrt wird, dass sich die Anfechtungsklage erledigt hat. Eine zustimmungsbedürftige Klageänderung liegt in diesem Übergang zur Feststellungsklage nicht (§ 173 Satz 1 VwGO, § 264 Nrn. 2, 3 ZPO). Die einseitige Erledigungserklärung setzt indes voraus, dass sich der Rechtsstreit in der Sache tatsächlich erledigt hat. Im vorliegenden Fall ist jedoch während des gerichtlichen Verfahrens keine Erledigung eingetreten. Dies folgt schon daraus, dass die verkehrsrechtliche Anordnung am 4. Oktober 2006, also schon lange vor Prozessbeginn ergangen ist und Tatbestandswirkung entfaltet hat. Die verkehrsrechtliche Parkplatzregelung ist, nachdem der Widerspruchsbescheid am 3. Dezember 2007 erlassen, dem Kläger am 7. Dezember 2007 zugegangen und einen Monat später bestandskräftig geworden ist, ebenfalls lange vor Klageerhebung am 19. Dezember 2008 ein die Erfolgsaussichten der Klage beeinflussender Teil der Entscheidungsgrundlage geworden. Daher kann damit keine nachträgliche Hauptsacherledigung begründet werden. Dies hat zur Folge, dass die Erledigungsfeststellungsklage abzuweisen ist.

2. Die hilfsweise aufrechterhaltene Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des straßenrechtlichen Untersagungsbescheids vom 22. Mai 2007.

a) Dem Kläger steht zwar grundsätzlich ein Recht auf eine Zufahrt an der V*******straße zu. Das Recht zur Anlegung einer Zufahrt an innerörtlichen Straßen beruht allerdings nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - auf dem jedermann nach Art. 14 BayStrWG zustehenden Gemeingebrauch. Denn der Gemeingebrauch zielt nur darauf ab, jedermann in gleicher Weise an einer öffentlichen Straße teilhaben zu lassen. Er schafft keine Sonderrechte. Hingegen stellt der sog. gesteigerte Gemeingebrauch des Anliegers ein Sonderrecht dar. Das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs anerkennt die Sonderstellung des Straßennachbarn und räumt ihm spezifische Rechte und Pflichten ein (vgl. BayVGH vom 15.3.2006 BayVBl 2007, 45/46). Daher beurteilt sich die Frage, ob der Straßennachbar ein Recht auf Zufahrt hat und in welchem Umfang eine Zufahrt gewährt werden muss, ausschließlich nach den zum Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs bestehenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätzen (vgl. BVerwG vom 28.8.1987 BVerwGE 78, 79/81; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand Feb. 2009, Rn. 17 zu Art. 19).

b) Das bayerische Landesrecht regelt allerdings das Zufahrtsrecht der Anlieger nur unvollständig. Aus Art. 19 Abs. 1 BayStrWG folgt, dass der Anlieger einer Staats-, Kreis- oder Gemeindeverbindungsstraße außerhalb der zur Erschließung bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten grundsätzlich nicht frei auf die Straße zufahren kann, sondern einer Sondernutzungserlaubnis bedarf. Im Umkehrschluss dürfen Anlieger einer innerörtlichen Straße ihre Zufahrten erlaubnisfrei errichten. Allerdings folgt aus der straßenrechtlichen Erlaubnisfreiheit des Zufahrtrechts nicht, dass der Straßenanlieger ein uneingeschränktes Bestimmungsrecht hinsichtlich der Lage und der Breite seiner Zufahrt hätte. Zum einen kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan die Zufahrten durch Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB aus städtebaulichen Gründen regeln. Zum anderen bestimmt Art. 17 Abs. 5 BayStrWG, dass Zufahrten aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs geändert, verlegt oder geschlossen werden können. Daher sichert der Anliegergebrauch nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Erreichbarkeit eines innerörtlichen Grundstücks nicht uneingeschränkt, sondern nur in seinem Kern. Der Schutz reicht nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert. Aus dem Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs folgt insbesondere kein Anspruch auf eine optimale Zufahrt (vgl. BayVGH vom 15.3.2006 BayVBl 2007, 45/47; vom 24.11.2003 BayVBl 2004, 533/534; vom 27.10.1998 BayVBl 1999, 561/563). Die grundsätzliche Freiheit des Anliegers bei der Wahl einer innerörtlichen Zufahrt wird mithin durch Art. 17 Abs. 5 BayStrWG eingeschränkt.

c) Besteht für ein Grundstück bereits eine Zufahrtsmöglichkeit in angemessenem Umfang, dann genießen Pläne für die Errichtung einer zweiten Zufahrt keinen erhöhten rechtlichen Schutz. Wie aus Art. 17 Abs. 5 BayStrWG hervorgeht, geht der Gesetzgeber davon aus, dass das öffentliche Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Einzelfall das private Interesse an einer zweiten Zufahrt überwiegen kann. Stehen Gründe der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs einer weiteren Zufahrt entgegen, hat der Anlieger aus Art. 17 Abs. 5 BayStrWG nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Straßenbaubehörde. 3. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die Errichtung einer Zufahrt zu Recht untersagt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 17 Abs. 5 BayStrWG liegen vor.

a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger im Norden seines Wohnhauses bereits eine angemessene Zufahrt besitzt. Welche Zufahrt angemessen ist, richtet sich nach der im Einzelfall bestandsgeschützten Grundstücksnutzung. Im vorliegenden Fall kann der Kläger tatsächlich auf einer Breite von etwa 5 m auf die V*******straße zufahren. Eine solche Breite ist auch rechtlich gesichert, wenn der Kläger Zugang und Zufahrt zusammenlegt und ausschließlich sein Grundstück benutzt. Dies ermöglicht es ihm, mit normalen Personen- und Lastkraftwagen in sein Grundstück einzubiegen. Dass ein Gegenverkehr nicht gleichzeitig möglich sein dürfte, schadet nicht. Denn angesichts der bestandsgeschützten Bebauung und Nutzung des klägerischen Grundstücks ist der Gegenverkehr die absolute Ausnahme und die damit verbundenen Verzögerungen können ohne Weiteres zugemutet werden. Die Rechtsprechung hat auch in einem anderen Fall eine vergleichbare Breite einer wesentlich längeren Zufahrt für einen landwirtschaftlichen Betrieb ausreichen lassen (vgl. BVerwG vom 9.7.2003 NVwZ 2004, 231/233).

b) Das Verwaltungsgericht hat auch richtig erkannt, dass Art. 17 Abs. 5 BayStrWG nicht nur die Schließung einer bestehenden Zufahrt, sondern ebenso die Untersagung einer geplanten Zufahrt ermöglicht. Zwar legt der Wortlaut der Vorschrift eine engere Interpretation nahe. Es widerspräche jedoch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wenn die Straßenbaubehörde mit dem Verbot einer Zufahrt bis zu deren Errichtung abwarten müsste. Daher kann davon ausgegangen werden, dass in der sehr weitreichenden Befugnis zur Schließung einer bestehenden Zufahrt auch die Befugnis zu dem weniger schwerwiegenden Eingriff der Untersagung einer geplanten Zufahrt enthalten ist (vgl. BVerwG vom 30.6.1989 BVerwGE 82, 185/188 zur Parallelvorschrift des § 8a Abs. 6 Satz 1 FStrG).

c) Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts liegen jedoch im vorliegenden Fall Gründe der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vor, die gegen die geplante zweite Zufahrt des Klägers sprechen. Bei der Frage, ob die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs einer Zufahrt entgegensteht, ist auf die konkrete Verkehrssituation im Einzelfall abzustellen (vgl. Sauthoff in Müller/Schulz, FStrG, 1. Aufl. 2008, RdNr. 37 zu § 8a FStrG). Dabei sind allerdings nicht nur die natürlichen Gegebenheiten des Straßenverlaufs zu berücksichtigen, sondern auch die geltenden Verkehrsregeln und Verkehrszeichen. Denn die im konkreten Fall geltenden Verkehrsregeln bestimmen den Verkehrsfluss. Die Verkehrszeichen entfalten - wie alle Verwaltungsakte - Tatbestandswirkung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, RdNr. 19 ff. zu § 43) und sind daher der Tatsachenfeststellung, ohne dass ihre Rechtmäßigkeit nochmals geprüft werden müsste, zugrunde zu legen. Eine Ausblendung der geltenden Verkehrszeichen und -regeln ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts schon deswegen nicht möglich, weil sich die Gefährlichkeit einer Zufahrt je nach Verkehrsregelung völlig unterschiedlich darstellen kann. Die Zufahrt auf eine H****straße ist beispielsweise bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h weit weniger gefährlich als bei 50 km/h oder gar 100 km/h.

Im vorliegenden Fall sind vor der geplanten Zufahrt zwei Parkplätze durch bestandskräftige Verkehrsanordnung vom 4. Oktober 2006 festgesetzt worden (vgl. § 39 Abs. 5, § 41 Abs.1 i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 74 StVO). Soll in dem Bereich des Gehwegs, der durch Markierungen (Gebotsregelungen) als öffentlicher Parkplatz ausgewiesen ist, eine Zufahrt errichtet werden, liegt schon darin eine Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Denn eine gleichzeitige Nutzung desselben Raums als Parkplatz und Zufahrt führt unweigerlich zur Beeinträchtigung des Verkehrsflusses, weil ein parkendes Fahrzeug die Zufahrt und ein ausfahrendes Fahrzeug den Parkplatz blockiert. Es entstünde eine von der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehene Konfliktlage. § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO verbietet das Parken vor Grundstücksein- und -ausfahrten und zeigt damit deutlich, dass die Eröffnung einer Zufahrt über bestehende öffentliche Parkplätze dem Grundsatz der Leichtigkeit des Verkehrs widerspricht.

Da die öffentlichen Stellflächen vor dem Wohnhaus des Klägers aufgrund der bestandskräftigen Verkehrsanordnung vom 4. Oktober 2006 ausgewiesen sind, kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob sie rechtmäßig angeordnet worden sind, d.h. aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs erforderlich sind, nicht an. Anderes könnte nur gelten, wenn die Anordnung nichtig wäre (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG); dies kommt hier ersichtlich nicht in Betracht. Abgesehen davon hat der beklagte Markt zutreffend darauf hingewiesen, dass im Bereich der H****straße-Ecke V*******straße einerseits aufgrund eines Lebensmittelgeschäfts und einer Metzgerei ein erhöhter Stellplatzbedarf besteht und dass andererseits aufgrund der engen Straßeneinmündung ein Stellplatzmangel festzustellen ist. Daher ist es aus verkehrlicher Sicht vertretbar, in der näheren Umgebung an den wenigen breiteren Stellen des Gehwegs öffentliche Parkplätze auszuweisen. Die damit verbundene Trennung des ruhenden und fließenden Verkehrs erleichtert den Verkehrsfluss und dient so der Leichtigkeit des Verkehrs.

Der Einwand des Verwaltungsgerichts, dass durch das Bauprojekt des Klägers dem Grundsatz der Leichtigkeit des Verkehrs in gleicher Weise Rechnung getragen werde, geht fehl. Der Einwand verkennt, dass der Kläger bereits jetzt für seine Fahrzeuge auf eigenem Grund und Boden Parkplätze vorhält und hierzu auch grundsätzlich durch die baurechtliche Stellplatzpflicht (vgl. Art. 47 Abs. 3 Nr. 1 BayBO) angehalten ist. Der Kläger will seine Stellflächen lediglich verlagern, so dass keine neuen Stellplätze entstehen. Ferner dienen die von ihm geplanten Garagen nicht der Allgemeinheit. Sie stellen daher auch keinen gleichwertigen Ersatz für den öffentlichen Verkehr dar, der im Bereich H****straße-Ecke V*******straße Parkraum sucht. Daher sprechen Gründe der Leichtigkeit des Verkehrs für die Beibehaltung der öffentlichen Parkflächen und machen eine Untersagung der geplanten zweiten Zufahrt erforderlich. Dies gilt jedenfalls so lange, wie die bestandskräftige Verkehrsanordnung vom 4. Oktober 2006 besteht.

3. Der beklagte Markt hat schließlich auch sein Ermessen fehlerfrei betätigt.

a) Er hat das öffentliche Interesse an der Leichtigkeit des Verkehrs mit dem privaten Interesse an einer zweiten Zufahrt ausreichend konkret und einzelfallbezogen abgewogen. Ein Ermessensfehler liegt insbesondere nicht darin, dass der Markt den Kläger auf anderweitige Stellplatzmöglichkeiten in seiner Hoffläche verwiesen hat. Denn das private Interesse an einer zweiten Zufahrt hat unterschiedlich hohes Gewicht, je nachdem ob der Betroffene über die bestehende Zufahrt notwendige Stellflächen erreichen kann oder nicht. Der beklagte Markt hat auch ermessensfehlerfrei ausgeführt, dass das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs an Straßen grundsätzlich kein Recht zu einer Zufahrt auf der gesamten Breite des Grundstücks gewährt.

b) Ein Ermessensfehler liegt auch nicht darin, dass die dem Kläger erteilte Baugenehmigung für das Innenbereichsgrundstück vom 6. Juni 2007 nicht zu dessen Gunsten berücksichtigt worden ist. Das beruht allerdings nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - darauf, dass bei einer wegerechtlichen Ermessensentscheidung eine baurechtliche Genehmigung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müsse. Es trifft zwar zu, dass die Straßenbaubehörde ihr Ermessen gemäß Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben hat, so dass bei einer straßenrechtlichen Untersagung nach Art. 17 Abs. 5 BayStrWG das straßenrechtliche Ziel der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Vordergrund steht (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, RdNr. 49 zu § 40). Dies schließt es aber nur aus, dass die Behörde ihr straßenrechtliches Einschreiten ausschließlich oder vorrangig auf bauordnungsrechtliche oder sonst fachfremde Erwägungen stützt (vgl. BayVGH vom 15.12.1983 BayVBl 1984, 244/245). Es lässt die Verpflichtung der Behörde unberührt, bei den entgegenstehenden privaten Belangen alle sich nach Lage der Dinge aufdrängenden grundstücksbezogenen Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Daher kann eine dem Anlieger erteilte Baugenehmigung nicht unbesehen beiseite geschoben werden. Allerdings begründet eine Baugenehmigung nicht von vorneherein einen Anspruch auf Einräumung der in den genehmigten Plänen konkret vorgesehenen Zufahrt. Denn mit der Baugenehmigung ist grundsätzlich keine straßen- und wegerechtliche Erlaubnis verbunden. Auch eine Baugenehmigung im Innenbereich berechtigt regelmäßig nur zur Verwirklichung des Bauvorhabens auf dem Baugrundstück, nicht zur Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Gesetzgeber - wie in Art. 21 BayStrWG - ausnahmsweise eine Verbindung von straßenrechtlicher Erlaubnis und Baugenehmigung anordnet. Eine solche Regelung gibt es im Bereich des Zufahrtsrechts nicht. Ein Bauherr kann daher im Normalfall allein aus dem Vorliegen einer Baugenehmigung keinen Rechtsanspruch auf Gestattung der in den genehmigten Plänen vorgesehenen Zufahrt herleiten. Er bleibt deshalb gemeindlichen Anordnungen nach Art. 17 Abs. 5 BayStrWG ausgesetzt.

Da die Zufahrt aber Teil der verkehrsmäßigen Erschließung ist und die Frage der Erschließung auch bei einem im Wesentlichen auf das Bauplanungsrecht beschränkten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen ist, spricht vieles für die Annahme, dass mit der Erteilung einer Baugenehmigung im Einzelfall ein schutzwürdiges Vertrauen in die Möglichkeit der Inanspruchnahme der in den Bauvorlagen ausgewiesenen Zufahrt entstehen kann. Ein solches schutzwürdiges Vertrauen setzt allerdings voraus, dass die Gemeinde an der Erteilung der Baugenehmigung mitgewirkt und durch zustimmendes Verhalten die Erwartung begründet hat, die geplante Zufahrt straßenrechtlich nicht zu untersagen. Aus der Erteilung einer Baugenehmigung kann aber jedenfalls im Zufahrtsrecht kein weitergehender Vertrauensschutz erwachsen, als ihn die Rechtsprechung für die Frage der Erschließungspflicht bei Vorliegen einer Baugenehmigung anerkannt hat (vgl. BVerwG vom 11.11.1987 BVerwGE 78, 266/273; vom 3.5.1991 BVerwG 88, 166/171).

Im vorliegenden Fall hat der beklagte Markt jedoch bei dem Kläger zu keinem Zeitpunkt ein schutzwürdiges Vertrauen darauf geweckt, dass er die geplante zweite Zufahrt straßenrechtlich hinnehmen werde. Vielmehr hat er sein Einvernehmen zu dem Bauvorhaben gerade wegen der geplanten Zufahrt verweigert, auf einen straßenrechtlichen Vorbehalt in der Baugenehmigung gedrungen und eine verkehrsrechtliche Anordnung für zwei öffentliche Stellplätze im Zufahrtsbereich erlassen. Daher konnte beim Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen in die Ermöglichung einer zweiten Zufahrt an der geplanten Stelle entstehen, so dass das Prinzip des Vertrauensschutzes bei der Untersagungsverfügung auch nicht zugunsten des Klägers berücksichtigt werden musste.

4. Nach allem ist der Berufung stattzugeben und die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Revisionsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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