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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.09.2009
Aktenzeichen: 8 ZB 09.1409
Rechtsgebiete: GG, LuftVG
Vorschriften:
GG Art. 14 Abs. 1 | |
GG Art. 14 Abs. 3 | |
LuftVG § 16 Abs. 1 Satz 1 | |
LuftVG § 17 Satz 2 | |
LuftVG § 19 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Duldungsanordnung (Bauschutzbereich),
hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. März 2009,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 8. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Allesch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Graf zu Pappenheim, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Häußler
ohne mündliche Verhandlung am 15. September 2009
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 12. März 2009 auf jeweils 500 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung der Regierung von Oberbayern - Luftamt Südbayern - vom 28. Oktober 2008, die Beseitigung eines auf seinem Grundstück FlNr. 834/1 der Gemarkung A********* stehenden, etwa 1,9 m hohen Strauchs zu dulden. Die Beseitigungspflicht wird damit begründet, der Strauch befinde sich im beschränkten Bauschutzbereich des Sonderlandeplatzes J********. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. März 2009 abgewiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Berufung - ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) - liegen nicht vor.
1. Das Urteil des Erstgerichts vom 12. März 2009 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Das Verwaltungsgericht hat für die vom Luftamt Südbayern angeordnete Duldung der Beseitigung des Strauchs zutreffend auf § 16 Abs. 1 Satz 1 LuftVG als Einzelanordnungsermächtigung zurückgegriffen. In diesem Zusammenhang hat es auch die §§ 17, 12 und 15 LuftVG ohne Rechtsfehler angewandt.
aa) Soweit der Klägerbevollmächtigte in diesem Zusammenhang die Festsetzung eines beschränkten Bauschutzbereichs rügt und dabei auf den entsprechenden Bescheid des Luftamts vom 26. November 1990 und diverse Urteile des Verwaltungsgerichts München aus den 90er Jahren abhebt, ist dieser Ansatz verfehlt. Diese Festsetzung ist durch Verwaltungsakt erfolgt; der Verwaltungsakt ist längst unanfechtbar (zum Verwaltungsaktscharakter vgl. Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, Stand 12. Erg.Lfg. 2009, RdNr. 14 zu § 17). Das Erstgericht ist deshalb zu Recht vom Bestehen eines beschränkten Bauschutzbereichs ausgegangen.
bb) Fehl geht auch die Auffassung des Klägerbevollmächtigten zu einer analogen Anwendbarkeit des § 12 Abs. 3 LuftVG. Diese ist bereits aus systematischen Gründen ausgeschlossen. § 17 Satz 2 LuftVG verweist ausdrücklich nur auf § 12 Abs. 2 Sätze 2 und 3 sowie auf Abs. 4 LuftVG. Aus der gleichzeitigen Verweisung auf § 16 LuftVG, in dessen Tatbestand der allgemeine Hinweis auf die "nach den §§ 12 bis 15 zulässige Höhe" enthalten ist, kann deshalb die ausdrücklich ausgeschlossene Anwendung des § 12 Abs. 3 LuftVG nicht hergeleitet werden (vgl. auch Grabherr/Reidt/ Wysk, LuftVG, RdNr. 4 zu § 17).
b) Nicht gefolgt werden kann ferner der Auffassung der Klägerseite, die Duldungsanordnung verletze das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG. Dass das Zusammentreffen von Flugverkehr und den Flugverkehr potentiell beeinträchtigenden Hindernissen unverträglich ist und eine Regelung erfordert, liegt auf der Hand. Dies gilt auch, wenn wie hier nur ein Sonderlandeplatz vorliegt. Maßnahmen zur Erhaltung der Hindernisfreiheit nach §§ 12, 14 bis 17 und 18a LuftVG werden dabei zumindest in der Mehrzahl der Fälle Inhalts- und Schrankbestimmungen des (Grund-)Eigentums im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen, wobei in einer Reihe von Fällen wiederum das Institut der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung einschlägig sein dürfte (vgl. Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, RdNr. 8 zu § 19, ferner auch RdNr. 3 zu § 17). § 19 LuftVG enthält insoweit eine Entschädigungsregelung bereit, die im Regelfall verhindert, dass die Nutzungsbeschränkung in eine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung abgleitet (vgl. auch BVerfG vom 14.7.1981 BVerfGE 58, 137/157 [Pflichtexemplar]; Berkemann in Umbach/Clemens, Grundgesetz-Mitarbeiterkommentar, 2002, RdNr. 348 zu Art. 14).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem betroffenen Grundstück um eine landwirtschaftliche Nutzfläche im Außenbereich (§ 35 BauGB), die mit einem Strauch bewachsen ist. Dass die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Fläche per se durch den Bauschutzbereich beeinträchtigt wird, wird im Zulassungsantrag nicht schlüssig dargelegt und ist im Hinblick auf ihren Charakter als Grünland auch nicht ersichtlich. Hinsichtlich des Strauchs oder gegebenenfalls auch hinsichtlich anderer Nutzungserschwernisse steht es der Klägerin frei, das Entschädigungsverfahren nach § 19 LuftVG zu betreiben. Bedenken im Hinblick auf eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG bestehen danach nicht; Art. 14 Abs. 3 GG (Enteignung) ist thematisch nicht einschlägig und nicht betroffen, weil kein Güterbeschaffungsvorgang inmitten steht (vgl. BVerfG vom 19.6.1985 BVerfGE 70, 191/199 f.).
c) Auch die Rüge des Klägerbevollmächtigten, das Erstgericht habe den Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit rechtsfehlerhaft überprüft, greift nicht durch.
Es erscheint offensichtlich sachgerecht, dass das Luftamt die Entfernung und nicht nur das Zurückschneiden des Strauchs angeordnet hat. Zu Recht führt insoweit das Luftamt in seinem Bescheid vom 28. Oktober 2008 aus, dass eine bloße Kürzung der Pflanze in kurzen Zeitabständen das Erfordernis eines erneuten behördlichen Einschreitens hervorrufen würde und daher ungeeignet wäre.
Fehl geht der damit zusammenhängende weitere Einwand des Klägerbevollmächtigten, dass es dem Grundstückseigentümer unbenommen bleibe, wie er mit seinem Grundstück verfahren wolle. Das ist zum einen im Hinblick auf die krasse Außenbereichslage gerade nicht der Fall. Hier kommt schon wegen § 35 BauGB nur ein sehr eingeschränktes Nutzungsspektrum in Betracht. Zum anderen hätte sich der Kläger rechtzeitig mit einem Antrag auf Primärrechtsschutz gegen die Festsetzung des beschränkten Bauschutzbereichs wenden müssen (vgl. BVerfG vom 15.7.1981 BVerfGE 58, 300/323).
Soweit das Erstgericht auf diese Situationsgebundenheit hingewiesen hat, hat sie die Rechtsfolgen aus der oben erläuterten Außenbereichslage konkretisiert. Inwiefern sie damit gegen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Sperrgrundstücken (vgl. BVerwG vom 27.10.2000 NVwZ 2001, 427/428) verstoßen hätte, ist nicht erkennbar. Ebenso wenig hat es dadurch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet.
Wenn der Klägerbevollmächtigte dem Luftamt in der weiteren Folge einen Verstoß gegen Treu und Glauben und gegen das Schikaneverbot vorhält, weil die Mitglieder des Klägers auf der Grünlandfläche im Rahmen eines "Sonnenackers" Kräuter anbauen wollten etc., erscheint dieser Vorwurf abwegig.
d) Die Ausführungen des Erstgerichts zur Hindernisfreiheit und Hindernishöhe begegnen keinen Bedenken.
Insoweit hat das Erstgericht zunächst auf Richtlinien für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen für Flugzeuge im Sichtbetrieb vom 2. November 2001 verwiesen; dies greift der Kläger nicht substanziiert an. Eine entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 3 LuftVG hat das Erstgericht auch in diesem Zusammenhang zutreffend verneint.
Fehl geht sodann der Angriff des Klägerbevollmächtigten gegen die Auffassung des Erstgerichts, das Luftamt dürfe bei besonderen Gefährdungslagen strengere Anforderungen stellen. Der Erlass des Duldungsbescheids nach § 16 Abs. 1 Satz1 LuftVG steht im Ermessen der Luftfahrtbehörde. Im Rahmen ihres Vorgehens, Hindernisfreiheit herzustellen, darf sie den beabsichtigten Erfolg auch in diesem rechtlichen Zusammenhang nicht dadurch infrage stellen, dass sie weitere Hindernisse im Bauschutzbereich belässt (vgl. Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, RdNr. 6 zu § 16). Das wäre aber der Fall, wenn sie nur den Rückschnitt des Strauchs verlangen würde. Da solche Pflanzen in der Regel über ein starkes Wachstum verfügen, müsste insoweit in regelmäßigen, oftmals sogar kurzen zeitlichen Abständen behördlich eingeschritten werden. Eine solche Ermessenshandhabung wäre ersichtlich untauglich. Dies liegt auf der Hand; besonderer Feststellungen des Erstgerichts zum Sachverhalt (§ 86 Abs. 1 VwGO) bedurfte es daher nicht.
e) Auch die Rüge, das Erstgericht habe die Gemeindeverbindungsstraße nicht als Teil des ausgewiesenen Sicherheitsstreifens betrachten dürfen, ist unbegründet.
Insoweit wird im Wesentlichen eingewandt, dass es sich dabei um eine Sondernutzung der Landeplatzbetreiber an der Gemeindeverbindungsstraße handle. Dies verkennt jedoch die Rechtslage zu Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG. Denn der Klägerbevollmächtigte legt nicht dar, dass hier eine Nutzung der Straße erfolge, an deren Abwehr der Straßenbaulastträger und die Straßenbaubehörde - z.B. wegen der Überflughöhe - noch ein Interesse hätte (vgl. BayVGH vom 22.11.2006 BayVBl 2007, 690/696).
Auch dem weiteren Vorbringen fehlt jede Substanz.
2. Der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten kann nicht ernsthaft bejaht werden. Es handelt sich um eine Streitigkeit über eine Einzelanordnungsermächtigung, die keinen komplexen Fall betrifft. Ebenso wenig liegt eine Fallgestaltung zugrunde, die eine Prognose über den mutmaßlichen Ausgang eines unterstellten Berufungsverfahrens verböte (vgl. Berkemann, DVBl 1998, 446/455 f.). Die Erfolglosigkeit eines solchen Rechtsmittelverfahrens läge vielmehr auf der Hand.
Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwertfestsetzung: § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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