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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.06.2003
Aktenzeichen: 9 B 01.1986
Rechtsgebiete: ZAV, GG


Vorschriften:

ZAV § 12 Abs. 3
ZAV § 17 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

9 B 01.1986

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Milchanlieferungsreferenzmenge;

hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2001,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Plathner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Franz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 3. Juni 2003

am 24. Juni 2003 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2001, des Bescheids des Amts für Landwirtschaft und Ernährung A****** vom 10. Juli 2000 und des Widerspruchsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 2. Januar 2001 verpflichtet, den Klägern nach Bezahlung des Übernahmepreises gemäß § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens eine Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV darüber auszustellen, dass vom Beigeladenen zu 1 auf die Kläger am 1. April 2000 eine Anlieferungsreferenzmenge von 35.000 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,04 % übergegangen ist.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Das Amt für Landwirtschaft und Ernährung F**** bescheinigte am 31. Januar 1995, dass mit Wirkung vom 1. April 1995 befristet bis 31. März 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge von 35.000 kg ohne Übertragung des entsprechenden Betriebes oder der entsprechenden Flächen vom Beigeladenen zu 1 (Verpächter) auf die Kläger (Pächter) übergegangen sei. Am 31. März 2000 wurde zwischen dem Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 (Käuferin) eine "Abtretungsvereinbarung" des Inhalts getroffen, dass der Verpächter seinen mit Ablauf des 31. März 2000 bestehenden Rückgewähranspruch auf die verpachtete Milchreferenzmenge von 35.000 kg gegen die Pächter gegen eine Zahlung von 61.250 DM (35.000 kg x 1,75 DM) an die Käuferin abtritt. Der Abtretungsvertrag ging noch am 31. März 2000 beim Landwirtschaftsamt ein.

Die Kläger machten mit Schreiben vom 14. April 2000 sowohl an den Beigeladenen zu 1 als auch an die Beigeladene zu 2 ihr Übernahmerecht nach § 12 Abs. 3 ZAV geltend.

Auf ihren Antrag vom 26. Juni 2000 stellte das Amt für Landwirtschaft und Ernährung Ansbach der Beigeladenen zu 2 am 10. Juli 2000 eine "Bescheinigung über die Rückgewähr einer Anlieferungs-Referenzmenge gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 12 Abs. 2 der Zusatzabgabenverordnung (ZAV)" aus, wonach mit Wirkung vom 1. April 2000 eine Anlieferungs-Referenzmenge von 23.450 kg auf die Beigeladene zu 2 übergegangen sei und 11.550 kg zu Gunsten der Landesreserve freigesetzt würden.

Den Widerspruch der Kläger gegen diesen Bescheid wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2001 zurück.

Das Verwaltungsgericht Ansbach wies die Klage der ehemaligen Pächter mit Urteil vom 25. April 2001 ab. Zur Begründung führte es aus, die Kläger hätten zwar ihr Übernahmerecht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV fristgerecht geltend gemacht. Die gewollte Rechtsfolge des Übergangs der Referenzmenge habe dadurch aber nicht herbeigeführt werden können. Der Verpächter und die Käufer hätten nämlich am 31. März 2000 eine wirksame und vorrangige Vereinbarung über den Übergang der bis 31. März 2000 an die Kläger verpachteten Referenzmenge auf die Käufer abgeschlossen. Die Übernahmeerklärung der Pächter sei damit ins "Leere" gegangen. Mit der Vereinbarung vom 31. März 2000 hätten der Verpächter und die Käufer von einer in der Verordnung vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeit zulasten der Pächter Gebrauch gemacht. Durch sog. "Dreiecksgeschäfte" könne das Übernahmerecht des Pächters ausgeschlossen werden. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000. Damit sei zulässigerweise auf der Verpächter-Seite ein Parteiwechsel eingetreten. Der Käufer sei nunmehr als der neue Verpächter anzusehen.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragen die Kläger,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2001, des Bescheids des Amts für Landwirtschaft und Ernährung A****** vom 10. Juli 2000 und des Widerspruchsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 2. Januar 2001 zu verpflichten, den Klägern nach Bezahlung des Übernahmepreises gemäß § 12 Abs. 3 Seite 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens eine Bescheinigung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV drüber auszustellen, dass vom Beigeladenen zu 1 auf die Kläger am 1. April 2000 eine Anlieferungsreferenzmenge von 35.000 kg mit einem Referenzfettgehalt von 4,04 % übergegangen ist.

Zur Begründung beziehen sich die Kläger auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2003 Az. 3 C 10.02. Sie führen aus, der Verordnungsgeber habe in § 12 Abs. 3 ZAV dem Pächter grundsätzlich ein Übernahmerecht gewährt und dieses in Abs. 4 der Vorschrift nur in drei speziell geregelten Tatbeständen ausgeschlossen, die hier nicht vorlägen. Der Beigeladene zu 1 habe deshalb die Referenzmenge nicht wirksam auf die Beigeladene zu 2 übertragen können.

Der Beklagte ist der Ansicht, § 12 Abs. 4 Satz 2 ZAV erlaube dem Verpächter eine Abtretung seines Rückgewährungsrechts mit der Folge, dass das Übernahmerecht des Pächters gegenüber dem Verpächter nicht bestehe.

Der Beigeladene teilte mit Schriftsatz vom 26. Mai 2003 mit, das von ihm erworbene Milchlieferrecht benötige er als Gemüse- und Marktfrucht anbauender Betrieb nicht mehr. Er habe es deshalb den Klägern zum Kauf angeboten. Da die Kläger den Kauf abgelehnt hätten, habe er einen Milcherzeuger gesucht und ihm das Kontingent verkauft, lange vor Inkrafttreten der neuen Zusatzabgabenverordnung. Seit langer Zeit werde die Ausübung seines Eigentumsrechts von Dritten verhindert. Eine Prüfung des Eigentumsgrundrechts des Art. 14 GG sei hier unumgänglich.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger hat Erfolg.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts und die ablehnenden Behördenbescheide sind aufzuheben.

Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 der Zusatzabgabenverordnung (ZAV) vom 12. Januar 2000 (BGBl I S. 27). Denn sie hatten ein Übernahmerecht nach § 12 Abs. 3 ZAV, das sie auch ordnungsgemäß und rechtzeitig ausgeübt haben und das durch den Verkauf der Anlieferungsreferenzmenge an die Beigeladene zu 2 nicht wirksam ausgeschlossen wurde. Der Anspruch auf Ausstellung der gewünschten Bescheinigung besteht allerdings nur unter der Bedingung, dass die Kläger den Übernahmepreis nach § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV innerhalb von 14 Tagen nach rechtskräftigem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an den Beigeladenen zu 1 entrichten.

1. Zutreffend verfolgen die Kläger ihr Begehren durch Verpflichtungsklage in der Form eines Bescheidungsantrags (§ 42 Abs. 1, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Einer Verpflichtung des Beklagten zur Ausstellung der beantragten Bescheinigung stünde entgegen, dass ein Übernahmerecht nach § 12 Abs. 3 Sätze 2 und 3 ZAV erst bei Nachweis rechtzeitiger Zahlung des Übernahmepreises wirksam wird und nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 ZAV bescheinigt werden kann, die Kläger aber bisher nicht gezahlt haben und im Übrigen noch nicht als gesichert anzusehen ist, dass die Zahlung auch erfolgen wird. Die Kläger hätten deshalb beantragen können, den Beklagten zur erneuten Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten; sie können aber auch - wie geschehen - in ihrem Antrag die eigene Rechtsauffassung über die noch mögliche Zahlung und die Zahlungsfrist zum Ausdruck bringen, um deutlich zu machen, welches Verpflichtungsurteil mit entsprechender Bindung des Beklagten sie anstreben.

2. Die Rechtsgrundlagen, auf welche die Kläger ihren Anspruch stützen, § 17 Abs. 1 Nr. 2 und § 12 Abs. 3 ZAV sind entgegen der Ansicht des Beigeladenen zu 1 nicht nichtig, sondern wirksam. Insbesondere verstößt die Übernahme des gesamten (100 %igen) Milchkontingents durch den Pächter bei Entrichtung eines Übernahmepreises in Höhe von (nur) 67 % des Gleichgewichtspreises ebenso wenig gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG, wie der Einzug von 33 % der an den Verpächter zurückgewährten Referenzmenge zu Gunsten der Landesreserve nach § 12 Abs. 2 ZAV. Beide Regelungen sollen der Stärkung der aktiven Milcherzeuger dienen (vgl. Begründung zu § 12 ZAV im Entwurf des Bundesministers für Ernährung Landwirtschaft und Forsten vom 15.10.1999 BR-Drs. 577/99). Als öffentlich-rechtliche Berechtigung, Milch frei von Zusatzabgabe liefern zu dürfen, unterfällt das Milchkontingent nicht dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG 92, 322/326), denn es wurde nicht durch eigene Leistung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erworben (vgl. z.B. BVerfGE 45, 142/170). Der frühere (vor dem Jahr 1983) Betriebsinhaber hat finanzielle Mittel und Arbeitskraft nicht aufgewendet um eine Referenzmenge zu erhalten, sondern um im Rahmen der bestehenden Gesetze - schon vor Einführung der Milchquote - Milch zu produzieren und zu verkaufen. Diese frühere eigene Leistung ist ihm selbst zugute gekommen, nicht aber der öffentlichen Hand. Die Milchquote wurde 1983 kostenlos vergeben. Die Referenzmenge ist rechtlich nur eine Abgabenvergünstigung. Die später eingeführte Veräußerbarkeit und Käuflichkeit der Referenzmenge ändert an dieser grundsätzlichen Qualität nichts, da die Abgabenbefreiung immer nur für einen befristeten Zeitraum gewährt wurde und der jeweilige Käufer damit rechnen musste, dass sich die Rechtslage nach Ablauf des Zeitraums - zu seinen Ungunsten - ändern kann.

Die 33 %ige Einziehung zur Landesreserve und der Übernahmepreis zu nur 67 % des Gleichgewichtspreises können gleichwohl eigentumsrechtlich relevant sein; dies gilt vor allem dann, wenn der eingerichtete und ausgeübte Betrieb und das Eigentum an Produktionsmitteln wertlos werden, weil die erzeugten und zum Kauf angebotenen Produkte durch die Erhebung der Abgabe nicht mehr wirtschaftlich hergestellt werden können. Derartiges liegt beim Beigeladenen zu 1 aber nicht vor. Er hat aus anderen, hier nicht bekannten Gründen, seinen Betrieb von Milcherzeugung auf Gemüse- und Marktfruchtanbau umgestellt. Dass die bisher bestehenden Möglichkeiten, das Milchkontingent gleichwohl noch verpachten und daraus Pachteinnahmen erzielen oder das Kontingent frei verkaufen zu können, durch die Zusatzabgabenverordnung ab dem 1. April 2003 um 33 % geschmälert wurde, stellt keine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG dar. Die Zusatzabgabenverordnung ist damit geltendes Recht und § 17 Abs. 1 und § 12 Abs. 3 ZAV sind wirksame Rechtsgrundlagen für den Anspruch der Kläger.

3. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 ZAV liegen vor:

Die Kläger sind übernahmeberechtigt nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV, denn die Voraussetzungen von Abs. 2 und Abs. 1 der Vorschrift liegen vor: Es handelt sich bei der Vereinbarung der Kläger mit dem Verpächter (Beigeladenen zu 1) vom 9. Dezember 1994 um einen Pachtvertrag, der eine Anlieferungs-Referenzmenge nach § 7 Abs. 2 a der Milch-Garantiemengen-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1984 (BGBl I S. 586), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 25. März 1996 (BGBl I S. 535) - MGV -, betrifft, vor dem 1. April 2000 abgeschlossen und mit Ablauf des 31. März 2000 beendet wurde. Auch der Anforderung von § 7 Abs. 5 Abs. 1 Satz 2 ZAV ist genügt, weil die Kläger Milcherzeuger im Sinne dieser Bestimmungen sind. Die Anlieferungs-Referenzmenge war nach Beendigung des Pachtvertrages dem Gesetz entsprechend zurückzugewähren (vgl. § 546 Abs. 1 BGB n.F.). Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV hatten die Kläger deshalb das Recht, innerhalb eines Monats nach Ablauf des Pachtvertrages die Anlieferungs-Referenzmenge zu übernehmen (Übernahmerecht). Das Übernahmerecht war nicht durch eine Kündigung des Pachtvertrages seitens der Kläger ausgeschlossen (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz ZAV).

4. Die Kläger haben das Übernahmerecht wirksam ausgeübt.

Das Übernahmerecht ist vom Pächter durch Erklärung der Übernahme innerhalb eines Monats nach Ablauf des Pachtvertrages auszuüben (§ 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV). Die Erklärung muss innerhalb dieser Frist dem bisherigen Verpächter zugehen (vgl. Urteil des BVerwG vom 20.3.2003 BVerwG 3 C 10.02 Umdruck S. 12). Die Kläger haben durch Vorlage ihrer Übernahmeerklärung vom 14. April 2000 und des Rückscheins des Einschreibens mit der Unterschrift eines Familienangehörigen des Beigeladenen zu 1 vom 25. April 2000 in der mündlichen Verhandlung des Senats bewiesen, dass sie die Übernahmeerklärung ordnungsgemäß und fristgerecht abgegeben haben.

5. Das Übernahmerecht war nicht durch den Verkauf der Anlieferungs-Referenzmenge an die Beigeladene zu 2 ausgeschlossen.

Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht folgendes ausgeführt:

"Ob das ... Übernahmerecht ausnahmsweise ausgeschlossen ist, richtet sich allein nach § 12 Abs. 4 Satz 1 - also nicht wie das Berufungsgericht angenommen hat, nach Satz 2 Halbsatz 1 - ZAV.

§ 12 Abs. 4 Satz 1 ZAV regelt die Fälle, in denen bei Beendigung des Pachtvertrages entweder der Abzug von der Referenzmenge in Höhe von 33 % unterbleibt (Abs. 2) oder das Übernahmerecht des Pächters ausgeschlossen ist (Abs. 3). Demgegenüber sieht Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 in Abweichung von Satz 1 Nr. 3 dieser Vorschrift vor, dass für den dort genannten Fall der Abzug nach Abs. 2 gleichwohl zu erfolgen habe. Der Wortlaut ist insoweit völlig eindeutig. Abs. 4 Satz 2 betrifft ausschließlich den von der zurückzugewährenden Referenzmenge unter Umständen vorzunehmenden Abzug zu Gunsten der Landesreserve; Aussagen zum Übernahmerecht des Pächters enthält die Vorschrift hingegen nicht.

Lässt sich mithin der Ausschluss des Übernahmerechts - soweit hier von Interesse - nur aus § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV herleiten, so läge diese Rechtsfolge beim Kläger nur dann vor, wenn sein Verpächter die fragliche Referenzmenge für die eigene Milcherzeugung benötigte. Als "Verpächter" im Sinne dieser Bestimmung hat indes der ursprüngliche Verpächter des Klägers - also der Beigeladene zu 1 - zu gelten, der aber wegen Aufgabe der Milcherzeugung dem Kläger das Übernahmerecht nicht verwehren kann.

Der Beigeladene zu 2 konnte entgegen der Annahme des Beklagten durch die Vereinbarungen mit dem Beigeladnen zu 1 hinsichtlich der Übertragung der Milchquote und des Anspruchs auf Rückgewähr der Referenzmenge nicht die Stellung des Verpächters erlangen. Dass der Verordnungsgeber das Übernahmerecht des Pächters nicht zu dessen Lasten von derartigen Abmachungen abhängig machen wollte, zeigt bereits der Wortlaut der angeführten Bestimmung. Hiernach wird nämlich der Rechtsnachfolger des Verpächters von der vorgesehenen Vergünstigung nur bei Vorliegen bestimmter verwandtschaftlicher oder erbrechtlicher Beziehungen erfasst. Das zwingt bereits zur Annahme, dass diese Wirkung nicht durch beliebige privatrechtliche Vereinbarungen über die Verpächterposition herbeigeführt werden kann. Die Unzulässigkeit eines solchen Verfahrens ergibt sich ferner aus folgendem Grund:

Verpächter i.S. von § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV kann nur derjenige Milcherzeuger sein, dem die Milchquote bei Nichtausübung des Übernahmerechts am Ende des Pachtvertrages zurückzugewähren ist (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 1 ZAV). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beigeladene zu 2 deshalb nicht, weil die Referenzmenge durch die mit dem Beigeladenen zu 1 getroffenen Vereinbarungen nicht wirksam übertragen worden sind. Zwar ist aus § 12 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 ZAV zu ersehen, dass vor Inkrafttreten der Zusatzabgabenverordnung eine solche Übertragung grundsätzlich erlaubt war. Sie war jedoch nur wirksam, wenn sie nach den Bestimmungen der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) erfolgte; denn diese regelte die Möglichkeiten und Modalitäten zur Übertragung von Referenzmengen umfassend und abschließend (vgl. § 7 Abs. 2 a Satz 1 MGV). Eine Übertragung der öffentlich-rechtlichen Befugnis zur abgabenfreien Milchlieferung nach den Vorschriften des Zivilrechts kam daneben nicht einmal subsidiär in Betracht. Eine - wie hier - flächenlos nach § 7 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 8 MVG pachtweise einem Milcherzeuger übertragene Referenzmenge konnte seinerzeit auch nur in derselben Weise auf einen anderen Milcherzeuger weiterübertragen werden.

Die Regelungen des § 7 Abs. 2 a MGV betreffen nur solche Referenzmengen, die vom Erwerber auch aktuell genutzt, das heißt beliefert werden konnten, da anders der bezweckte Strukturwandel in der Milcherzeugung nicht hätte erreicht und der Referenzmengenübergang von den beteiligten Molkereien nicht hätte "berücksichtigt" (§ 9 Abs. 3 MVG) werden können. Diese Voraussetzung lag beim Beigeladenen zu 2 nicht vor, da die betreffende Referenzmenge zur maßgeblichen Zeit vom Kläger beliefert wurde. Aus dem Umstand, dass § 7 Abs. 2 a MGV flächenlose Übertragungen aktuell verpachteter Referenzmengen durch den Verpächter nicht vorsieht, folgt entgegen der Ansicht des Beklagten aber nicht, dass insoweit eine anderweitige - also z.B. privatrechtliche - Übertragungsmöglichkeit bestanden hätte, sondern dass im Gegenteil eine flächenlos verpachtete Referenzmenge während der Pachtzeit durch den bisherigen Verpächter nicht anderweitig flächenlos auf einen Dritten übertragen werden konnte. Falls der Vorschrift des § 12 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 ZAV diesbezüglich eine andere Vorstellung zu Grunde liegen sollte, so wäre sie vom Verordnungsgeber jedenfalls nicht hinreichend umgesetzt worden. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass der Beigeladene zu 2 durch die getroffene Vereinbarung nicht "Verpächter" i.S. von § 12 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 ZAV werden konnte und somit das Übernahmerecht des Klägers nach Maßgabe dieser Vorschrift nicht ausgeschlossen ist."

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schließt sich unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 4.3.2002 Az. 9 B 01.2154, RdL 2002, 193) der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an.

6. Rechtzeitige Entrichtung des Übernahmepreises nach § 12 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 ZAV:

Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ZAV wird das Übernahmerecht (nur) wirksam, wenn der Pächter der Landesstelle gegenüber nachweist, dass er den in Satz 3, auch in Verbindung mit Satz 4, genannten Betrag geleistet hat. Nach Satz 3 ist der Pächter verpflichtet, dem Verpächter innerhalb von 14 Tagen nach Ausübung des Übernahmerechts einen Betrag in Höhe von 67 von Hundert des Gleichgewichtspreises, der an dem dem Zeitpunkt der Rückgewähr vorangegangenen Übertragungstermin ermittelt worden ist, zu zahlen. Bei Übernahmerechten, die vor dem 30. Oktober 2000 ausgeübt wurden und deren Preis durch den Gleichgewichtspreis zum Übertragungstermin des 30. Oktober 2000 bestimmt wird (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 5 ZAV), kann dies naturgemäß nicht gelten. Insoweit fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung in der Zusatzabgabenverordnung. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 4.3.2002 Az. 9 B 01.2154, RdL 2002, 193) und auch des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Entscheidung vom 23.10.2001 Az. 10 MB 1937/01 unter Bezugnahme auf VG Oldenburg vom 26.2.2001 Az. 12 B 35/01; vgl. auch Düsing/Kauch, die Zusatzabgabe im Milchsektor, Landwirtschaftsverlag 2001, S. 196) ist dem übernehmenden Pächter die grundsätzlich nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ZAV bestehende Vorleistungspflicht nicht zumutbar, wenn der Verpächter und auch der Beklagte das Übernahmerecht bestreiten. In entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 1 BGB hält der Senat es für angebracht, dem Pächter für die Dauer des Streits um die Bescheinigung des Landwirtschaftsamts nach § 17 ZAV ein Zurückbehaltungsrecht zuzugestehen. Danach hat der Übernehmer bei Bestehen des Übernahmerechts die Möglichkeit, durch Zahlung innerhalb von 14 Tagen ab Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung die Wirksamkeit seines Übernahmerechts herbeizuführen. Nachdem im vorliegenden Fall das Übernahmerecht der Kläger vom Beigeladenen zu 1 (und auch vom Beklagten) bestritten wurde, haben die Kläger die Möglichkeit, den Übernahmepreis bis 14 Tage nach Rechtskraft des vorliegenden Streits zu zahlen und sich so ihr Übernahmerecht zu sichern.

Der Beklagte trägt als Unterlegener gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt und können deshalb nicht mit Kosten belastet werden (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Andererseits entspricht es auch nicht der Billigkeit, außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu erstatten (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und über deren Abwendung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2001 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 10.393,54 Euro (entspricht 20.328 DM) festgesetzt.

Gründe:

Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag der Kläger für sie ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1GKG). Die Kläger wollten die Referenzmenge des Beigeladenen zu 1 von 35.000 kg zu 67 % des mittelfränkischen Börsenpreises zum 30. Oktober 2000, d.h. zum Preis von 1,76 DM pro kg übernehmen, anstatt sich an der Börse eine gleichgroße Referenzmenge zu 100 % des Börsenpreises zu kaufen. Ihr wirtschaftliches Interesse an dem Rechtsstreit betrug deshalb 33 % des mittelfränkischen Börsenpreises für 35.000 kg Referenzmenge, das sind 20.328 DM bzw. 10.393,54 Euro.

Ende der Entscheidung

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