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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.08.2006
Aktenzeichen: 9 BV 05.1863 (2)
Rechtsgebiete: RVG, GKG, GKG 1994


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 2
RVG § 61 Abs. 1 Satz 2
GKG § 47 Abs. 1 Satz 1
GKG § 47 Abs. 2 Satz 1
GKG § 52 Abs. 2
GKG § 72 Nr. 1
GKG 1994 § 13 Abs. 1 Satz 2
Die Begrenzung des Streitwerts für das Rechtsmittelverfahren durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs (§ 47 Abs. 2 Satz 1 GKG) gilt nicht, wenn der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Streitwert wegen einer Änderung der Bemessungsvorschriften (hier: Erhöhung des Auffangwerts) höher ist.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

9 BV 05.1863

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten;

hier: Berufung des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. Mai 2005, (Gegenstandswert),

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat, durch den Richter am Verwaltungsgerichtshof Waltinger als Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung am 16. August 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 61 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG).

Die Anträge des Klägerbevollmächtigten und des Beigeladenenbevollmächtigten, den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Berufungsverfahren gerichtlich festzusetzen, sind statthaft (§ 33 Abs. 1 RVG). Für das Berufungsverfahren unterbleibt eine Streitwertfestsetzung (§ 72 Nr. 1 Halbs. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 des am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Gerichtskostengesetzes - GKG), weil bei Streitigkeiten wegen Schwerbehindertenfürsorge keine Gerichtskosten erhoben werden (§ 188 Satz 2 Halbs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren war in Höhe des streitwertrechtlichen Auffangwertes des § 52 Abs. 2 GKG von 5.000 Euro festzusetzen.

In einem gerichtlichen Verfahren entspricht der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit grundsätzlich dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert des Streitgegenstandes (Streitwert). Das ergibt sich aus § 32 RVG, der durch § 33 RVG für die Fälle ergänzt wird, in denen eine gerichtliche Streitwertfestsetzung unterbleibt oder für die Berechnung der Anwaltsgebühren (ausnahmsweise) nicht maßgebend ist.

Im Rechtsmittelverfahren bemisst sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Wert der Berufungsanträge der Beigeladenen und des Beklagten entspricht dem Wert, den der Klageantrag im Zeitpunkt der Einleitung des Berufungsverfahrens für den Kläger hatte (§ 52 Abs. 1, § 40 GKG).

Bei der Anfechtung einer Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten ist mangels genügend konkreter vermögensrechtlicher Anhaltspunkte der streitwertrechtliche Auffangwert (§ 52 Abs. 2 GKG) anzunehmen (BVerwG vom 16.12. 1992 MDR 1993, 584; BayVGH vom 16.9.2005 - 9 C 05.1972, Juris). Diese Auffassung stimmt mit der Empfehlung in Nr. 39.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) überein.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 42 Abs. 3 Satz 1 Alt. 4 GKG. Nach dieser Bestimmung ist bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Diese Vorschrift gilt nur für Streitigkeiten wegen Geld- oder Sachleistungen. Sie gilt nicht für Streitigkeiten wegen einer Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten, weil bei diesen Streitigkeiten nicht vermögensrechtliche Ansprüche, sondern spezifische Fragen eines Sonderkündigungsschutzes im Vordergrund stehen (vgl. BVerwG vom 16.12.1992 MDR 1993, 584/585). Für den Sonderkündigungsschutz ist vor allem von Bedeutung, ob die Kündigung aus behindertenbedingten Gründen erfolgen soll. Dabei handelt es sich um einen als nichtvermögensrechtlich zu bewertenden Gesichtspunkt.

Der Gegenstandwert für das Berufungsverfahren war in der gegenwärtigen Höhe des streitwertrechtlichen Auffangwerts von 5.000 Euro (§ 52 Abs. 2 GKG) festzusetzen.

Unerheblich ist, dass der für das Klageverfahren maßgebende Auffangwert nur 4.090,34 Euro (8.000 DM) beträgt. Zwar ist der Streitwert für das Rechtsmittelverfahren gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG durch den Wert des Streitgegenstandes des ersten Rechtszugs begrenzt. Diese Vorschrift ist jedoch nicht anwendbar, wenn der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Streitwert - so wie hier - wegen einer Änderung der Bemessungsvorschriften höher ist.

Für die im September 1995 erhobene Klage ist der Auffangwert des § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes in der zum 1. Juli 1994 geänderten Fassung (GKG 1994) von 8.000 DM maßgebend (§ 61 Abs. 1 Satz 1 RVG, § 10 Abs. 1 der am 30. Juni 2004 außer Kraft getretenen Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte - BRAGO, § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG, § 15 GKG 1994). Für die im Juli 2005 erhobene Berufung der Beigeladenen und für die im August 2005 erhobene Berufung des Beklagten ist jedoch der zum 1. Juli 2004 auf 5.000 Euro erhöhte Auffangwert maßgebend (§ 61 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 1 RVG, § 72 Nr. 1 Halbs. 2, §§ 40, 52 Abs. 2 GKG). Die Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG hat als spezielle Regelung für die Frage, welche Vorschriften in Übergangsfällen anzuwenden sind, Vorrang vor der allgemeinen Regelung des § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG. Damit gilt im Berufungsverfahren der gegenwärtige Auffangwert von 5.000 Euro.

Das Verfahren zur Festsetzung des Gegenstandswerts ist gerichtsgebührenfrei (§ 33 Abs. 9 Satz 1 RVG). Jeder Beteiligte trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 33 Abs. 9 Satz 2 Halbs. 1 RVG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Ende der Entscheidung

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