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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 9 ZB 06.30089
Rechtsgebiete: AsylVfG, VwGO, GVG


Vorschriften:

AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 4 Satz 1
VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 138 Nr. 1
VwGO § 138 Nr. 3
GVG § 21 e Abs. 1 Satz 1
GVG § 21 e Abs. 1 Satz 2
GVG § 21 e Abs. 4
GVG § 21 e Abs. 9 Halbs. 1
GVG § 21 g Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

9 ZB 06.30089

In der Verwaltungsstreitsache

wegen asylrechtlichem Abschiebungsschutz;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. November 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Plathner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Waltinger

ohne mündliche Verhandlung am 7. Juli 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Gegenstandswert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe nicht in der vorschriftsmäßigen Besetzung entschieden (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 1 VwGO), ist unbegründet.

Nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG ist die Berufung zuzulassen, wenn ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. Nach § 138 Nr. 1 VwGO ist ein Urteil stets auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Ein erstinstanzliches Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn das Urteil von Richtern erlassen worden ist, die nach den Vorschriften über die gerichtsinterne Zuständigkeit nicht zuständig waren. Ein solcher Fehler liegt hier nicht vor.

Das Verwaltungsgericht München hat mit dem von der Vorsitzenden der 26. Kammer als Einzelrichterin am 9. November 2005 erlassenen Urteil in der vorschriftsmäßigen Besetzung über die am 27. März 1996 erhobene Klage entschieden.

1.1. Die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts München war zur Entscheidung über die am 27. März 1996 erhobene und am 6. April 2004 von der 12. Kammer auf die 26. Kammer übergegangene Klage zuständig. Das ergibt sich aus der Verteilung der Rechtsgebiete in Nr. 1 "Kammer 26" und aus der Übergangsregelung in Nr. 6 Buchst. e Abs. 1 Satz 3 des Geschäftsverteilungsplans 2005 in Verbindung mit der Verteilung der Rechtsgebiete in Nr. 1 "Kammer 26" des Geschäftsverteilungsplans 2004, aus dem Beschluss der 12. Kammer vom 12. Januar 1998 über das Ruhen des Verfahrens (§ 173 VwGO, § 251 Satz 1 ZPO), aus der durch den Präsidiumsbeschluss vom 22. November 2001 begründeten und anschließend aufrecht erhaltenen Sonderregelung, dass für statistisch erledigte Verfahren, die wieder aufleben, die im Zeitpunkt des Wiederauflebens zuständige Kammer zuständig ist, und aus der Verfügung der Vorsitzenden der 26. Kammer vom 6. April 2004 über die Fortführung des Verfahrens.

Für die durch Urteil vom 9. November 2005 entschiedene Klage war nach dem auf der Ermächtigung des § 4 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 21 e Abs. 1 Satz 1 GVG beruhenden Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts München für das Jahr 2005 die 26. Kammer zuständig. Nach Nr. 1 "Kammer 26" waren dieser Kammer Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz aus den Herkunftsländern Äthiopien und Eritrea zugewiesen. Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger. Unerheblich ist, dass in dieser Sache am 19. Dezember 1997 vor dem Einzelrichter der damals zuständigen 12. Kammer eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte. Nach der auf der Ermächtigung des § 21 e Abs. 4 GVG beruhenden Übergangsregelung in Nr. 6 Buchst. e Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 des Geschäftsverteilungsplans 2005 waren zwar bei einer Änderung der Kammerzuständigkeit vom Übergang solche Verfahren ausgenommen, in denen bis zum 31. Dezember 2004 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte. Nach Satz 3 dieser Bestimmung verblieb es jedoch bei den aufgrund früherer Geschäftsverteilungspläne begründeten Zuständigkeiten, an denen der vorliegende Geschäftsverteilungsplan nichts änderte. Diese Regelung ist maßgebend, denn die 26. Kammer war schon nach der Geschäftsverteilung für das Jahr 2004 für alle Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz aus den Herkunftsländern Äthiopien und Eritrea zuständig.

Zwar waren nach Nr. 6 Buchst. e Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 des Geschäftsverteilungsplans 2004 bei einer Änderung der Kammerzuständigkeit solche Verfahren vom Übergang ausgenommen, in denen bis zum 31. Dezember 2003 eine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte. Diese Bestimmung war aber aufgrund der Sonderregelung des Präsidiums über die Zuordnung von wieder aufgenommenen Verfahren nicht anzuwenden. Diese Sonderregelung ist formell wirksam. Sie ist durch den Präsidiumsbeschluss vom 22. November 2001 begründet worden und durch eine ihr entsprechende Gerichtspraxis, die durch die späteren Präsidiumsbeschlüsse stillschweigend und durch den Präsidiumsbeschluss vom 3. Februar 2006 ausdrücklich bestätigt worden ist, auch in den folgenden Jahren aufrecht erhalten worden. Sie konnte als abstrakte Regelung über die Zuordnung einer hinreichend bestimmten Fallgruppe zu den Kammern durch einen gesonderten Präsidiumsbeschluss getroffen und ohne Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot durch eine hieran anknüpfende Übung aufrecht erhalten werden (vgl. BVerwG vom 12.12.1973 E 44, 215/218; vom 31.5.1976 DÖV 1976, 746/747 = BayVBl. 1976, 569/570; BGH vom 10.11.1992 - 5 StR 474/92, Juris [insoweit in NJW 1993, 867 nicht abgedruckt]; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 4 RdNr. 13; Eyermann/Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 4 RdNr. 17). Das Jährlichkeitsprinzip des § 21 e Abs. 1 Satz 2 GVG ist gewahrt worden. Der Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift des § 21 e Abs. 9 Halbs. 1 GVG ist unerheblich. Die Sonderregelung ist auch materiell wirksam. Ihr Inhalt ist rechtlich unbedenklich. Die Sonderregelung schränkt die ausnahmsweise Fortgeltung der bisherigen Zuständigkeit für die Fälle ein, in denen das Ziel der Ausnahmeregelung, einem Richter oder einem Spruchkörper zu ermöglichen, weitgehend geförderte Streitsachen unter Ausschöpfung der bereits individuell erbrachten Arbeitsleistungen zügig zum Abschluss zu bringen, im Regelfall nicht erreicht werden kann. Für die am 6. April 2004 erfolgte Fortführung des aufgrund des Beschlusses der 12. Kammer vom 12. Januar 1998 ruhenden Verfahrens war daher die 26. Kammer zuständig.

1.2. Die Vorsitzende der 26. Kammer war zur Entscheidung als Einzelrichterin zuständig, weil sie auf Grund der Geschäftsverteilung der 26. Kammer für das Jahr 2004 (§ 4 Satz 1 VwGO, § 21 g Abs. 1 Satz 1 GVG) in dieser Sache Berichterstatterin war (vgl. Verfügung vom 06.04.2004), weil sie das auch im Jahre 2005 geblieben ist und weil der Rechtsstreit durch Beschluss der 26. Kammer vom 17. August 2005 gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG auf den Einzelrichter übertragen worden ist.

2. Im Übrigen ist der Antrag auf Zulassung der Berufung unzulässig.

Mit der in die Form der Gehörsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG, § 138 Nr. 3 VwGO) gekleideten Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) und der Berufung auf das Willkürverbot wird kein gesetzlicher Zulassungsgrund bezeichnet (§ 78 Abs. 4 Satz 4, Abs. 3 AsylVfG). Mit diesen Rügen wird im Übrigen die Darlegungslast des Klägers (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG) verkannt. Auch mit den in einer Art Berufungsbegründung erhobenen Einwendungen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wird kein gesetzlicher Zulassungsgrund bezeichnet. Insoweit fehlt es ebenfalls von vornherein an der schlüssigen Darlegung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Das Verwaltungsgericht hat die Verfolgungsgeschichte des Klägers als unglaubhaft angesehen und diese Auffassung in konkreter und nachvollziehbarer Weise mit zahlreichen Widersprüchen im Sachvortrag des Klägers begründet (Urteilsabdruck Seite 12 bis 18).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 Alt. 2 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird für jeden Beteiligten zu dem Zeitpunkt rechtskräftig, zu dem ihm diese Ablehnung des Zulassungsantrags bekannt gegeben wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

Ende der Entscheidung

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