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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.10.2009
Aktenzeichen: 9 ZB 07.2717
Rechtsgebiete: BauGB, TierSchHuV


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
BauGB § 35 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 3
TierSchHuV § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
TierSchHuV § 4 Abs. 1 Satz 2
Zur Frage der Privilegierung von Hundesportanlagen im Außenbereich.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

9 ZB 07.2717

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Baugenehmigung / Hundezwinger;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. August 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 9. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schechinger, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Krieger

ohne mündliche Verhandlung

am 26. Oktober 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. August 2007 ist unbegründet, da das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 5. März 2007, mit denen der Bauantrag des Klägers auf bauaufsichtliche Genehmigung für eine teilweise Überdachung von Hundezwingern abgelehnt wurde, zu Recht abgewiesen hat. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt auf die eingehenden und zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zum Vorbringen im Zulassungsverfahren folgendes auszuführen:

Obwohl der Kläger keine einzelnen Zulassungsgründe i.S. des § 124 Abs. 2 VwGO konkret benannt hat, ist dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO Genüge getan, da die Ausführungen des Klägers in der Sache auf den gesetzlichen Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung i.S.des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zielten (BVerwG vom 2.10.2003 NVwZ-RR 2004, 220).

Der Antrag ist unbegründet, da dem Kläger, der sich insbesondere der Ausbildung von Schäferhunden widmet, kein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die teilweise Überdachung der Hundezwinger, die sich neben einem Vereinsheim mit Anbauten, Hundeboxen, Geräteschuppen, einem Flüssiggastank und allseitig geschlossenen Hundeschlafräumen auf dem Gelände befinden, zusteht.

Das im Außenbereich liegende Vorhaben ist nicht privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Nach dieser Vorschrift ist ein Vorhaben im Außenbereich privilegiert, wenn es - in der hier allein in Betracht kommenden Variante - wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Zwar ist es - einzelfallabhängig - durchaus denkbar, dass die Nutzung eines Grundstücks als Hundeausbildungs- und -sportplatz nachteilige Wirkungen auf die Umgebung in der Form von Lärmimmissionen (Gebell) hervorrufen kann (s. BVerwG vom 10.9.1976 Az. IV C 89.75 <juris> zu einem Schäferhundezuchtbetrieb; OVG NRW vom 27.9.1978 BauR 1978, 462 zu einem Hundeausbildungsplatz; vom 16.9.1986 UPR 1987, 441 zu einer Hundepension). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 4.7.1991 NVwZ-RR 1992, 172) ist jedoch nicht jedes Vorhaben, das - wenn überhaupt - sinnvoll nur im Außenbereich errichtet werden kann, schon deshalb nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (jetzt: Nr. 4) im Außenbereich bevorzugt zuzulassen. Zu fragen ist vielmehr, ob es im Sinne dieser Vorschrift auch zugelassen werden "soll". Das Merkmal des Sollens erfordert eine zusätzliche Bewertung. Eine Privilegierung muss als Bevorzugung in Richtung auf den Gleichheitssatz zu rechtfertigen sein. Daran fehlt es nach der genannten Rechtsprechung immer dann, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, das dem Außenbereich zugeordnet ist, individuelle Erholungs- und Freizeitwünsche bevorzugt werden sollen. Anhand dieser Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung festgestellt, dass Hundesportplätze, die der Erholung und Freizeitgestaltung eines bestimmten Personenkreises dienen, nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 (jetzt Nr. 4) BauGB im Außenbereich privilegiert sind. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat (UA S. 9), dienen die Anlagen des Klägers keinem öffentlichen Zweck. Nach den Angaben des Zweiten Vorsitzenden des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht würden nicht Diensthunde ausgebildet, vielmehr gehe es zunächst um die Ausbildung als "Begleithunde", bei der den Hunden Sozialverhalten beigebracht werde. Nach dem Abschluss der Ausbildung lege der Hund die Begleithundeprüfung ab und könne dann noch eine weitere Ausbildung zum Schutzhund absolvieren. Bei einer solchen Ausbildung geht es aber nur um private Interessen. Der Vortrag im Berufungszulassungsverfahren, die Ortsgruppen des Schäferhundevereins und die einzelnen Halter des Deutschen Schäferhundes dienten der Pflege und der Erhaltung eines einmaligen Kulturgutes, da der Verein für Deutsche Schäferhunde e.V. als gemeinnützige Institution anerkannt sei und über 70.000 Mitglieder zähle, die in 20 Landesgruppen und in über 2.100 Ortsgruppen wie der Kläger gegliedert seien, ändert nichts an dieser Beurteilung. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die hervorragenden Eigenschaften des Deutschen Schäferhundes besonders dadurch deutlich würden, dass er zu einem Großteil als "Polizeihund" bei den deutschen Polizeien zum Einsatz komme und auch bei der Bundeswehr als sehr gut geeigneter Diensthund gelte, mag das zwar zutreffend sein. Der Kläger hat aber keinerlei Nachweis dafür erbracht, dass die bei ihm durchgeführte Ausbildung ausschließlich oder überwiegend derjenigen von Diensthunden dient. Aus seinem Vortrag, seit dem Jahr 2006 seien sieben Begleithundeprüfungen, vier Fährtenhundeprüfungen und neun Schutzhundeprüfungen erfolgreich abgelegt worden, folgt vielmehr, dass - selbst wenn diese Prüfungen der Ausbildung von Diensthunden gedient haben sollten - eine solche allenfalls gelegentlich stattfindet.

Handelt es sich somit um ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB, so beeinträchtigt dieses mehrere öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB. Zutreffend legt das Verwaltungsgericht im Einzelnen dar, dass das Baugrundstück im Flächennutzungsplan der Beklagten als landwirtschaftliche Fläche dargestellt ist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und dass das Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) und die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Der Vortrag des Klägers, zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung des Menschen gehöre auch der Umgang mit Tieren, insbesondere auch die Zucht und Ausbildung und der Sport mit dem Deutschen Schäferhund, und diese Grundrechte bedürften einer sorgfältigen Abwägung gegeneinander, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nur bei privilegierten Bauvorhaben findet eine Abwägung zwischen dem Zweck der Privilegierung und dem jeweils entgegenstehenden öffentlichen Belang statt, wohingegen bei sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB jede Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs nach § 35 Abs. 3 BauGB zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens führt.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang weiter darauf hinweist, dass das hier streitgegenständliche Vorhaben lediglich die Teilüberdachung von bereits mit Bescheid vom 13. September 1999 genehmigten, rechtmäßig erbauten Hundezwingern darstelle, er einen Anspruch auf Genehmigung aufgrund von Bestandsschutz habe und deshalb die genannten öffentlichen Belange nicht beeinträchtigt sein könnten, verkennt er, dass es seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1998 (BVerwGE 106, 228) geklärt ist, dass es außerhalb der bestehenden gesetzlichen Regelungen keinen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz gibt. Ein gesetzlich geregelter Anspruch aus erweitertem Bestandsschutz (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB) steht dem Kläger nicht zur Seite.

Nach alledem stellt sich bei der Änderung des im Außenbereich gelegenen Vorhabens die Frage einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange neu. Etwas anderes ergibt sich entgegen dem Vortrag des Klägers auch nicht aus Nrn. II 3 und 4 der bauaufsichtlichen Genehmigung vom 13. September 1999, da sich die dortigen tierschutzrechtlichen Auflagen und Bedingungen nur auf die Hundeschlafräume und die Hundeboxen beziehen, nicht aber auf den hier in Rede stehenden Zwinger, welcher nach seiner Lage auf dem Baugrundstück dem unter Nummer 5 in der mit Bescheid vom 13. September 1999 genehmigten Plänen aufgeführten Auslauf für ca. 6 Hunde entspricht. Schon aus diesem Grund scheitert ferner die in einem nachgeschobenen Schreiben von Klägerseite vertretene Annahme aus, aus den genannten Nebenbestimmungen ergebe sich bereits die Genehmigung des Vorhabens. Auch die Auffassung des Klägers, er wolle mit der Überdachung des Zwingers nur tierschutzrechtliche Anforderungen erfüllen, führt nicht zu einem Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. Zwar hat nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001 (BGBl I S. 838 - TierSchHuV) derjenige, welcher einen Hund im Freien hält, dafür zu sorgen, dass dem Hund außerhalb der Schutzhütte ein witterungsgeschützter, schattiger Liegeplatz mit wärmegedämmtem Boden zur Verfügung steht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchuHV hat die Betreuungsperson während der Tätigkeiten, für die ein Hund ausgebildet wurde oder wird, dafür zu sorgen, dass dem Hund während der Ruhezeiten ein witterungsgeschützter und wärmegedämmter Liegeplatz zur Verfügung steht. Wie aber das Verwaltungsgericht hierzu zutreffend ausführt (UA S. 11/12), ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 16.2.1973 BVerwGE 42, 9) in Anwendung des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB keine Kompensation der öffentlichen Belange in der Weise möglich, dass Nachteile gegen Vorteile aufgerechnet werden können. Die Beeinträchtigung der o.g. baurechtlichen Belange durch das Vorhaben auf dem gewählten Baugrundstück kann also nicht mit Blick auf die Verbesserung hinsichtlich des Tierschutzes aufgewogen werden.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO; Streitwertfestsetzung: § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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