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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.04.2002
Aktenzeichen: 1Z AR 24/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3 | |
ZPO § 38 |
Gründe:
I.
Die in Memmingen ansässige Klägerin nimmt den Beklagten zu 1 als mit der Installation und Inbetriebnahme einer Thermal-Öl-Erhitzungsanlage beauftragten Werkunternehmer und die Beklagte zu 2 als Verkäuferin dieser Anlage auf Schadensersatz in Anspruch. Der Beklagte zu 1 hat seine gewerbliche Niederlassung in Memmingen, die Beklagte zu 2 ihren Sitz in Karlsruhe. Die Klägerin hat Klage zum Landgericht Memmingen erhoben. Die Beklagte zu 2 hat unter Hinweis auf den zwischen ihr und der Klägerin vereinbarten Gerichtsstand Karlsruhe die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Memmingen gerügt. Daraufhin hat die Klägerin beim Bayerischen obersten Landesgericht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt, das Landgericht Karlsruhe als gemeinschaftliches zuständiges Gericht zu bestimmen. Der Beklagte zu 1 ist dem Antrag entgegengetreten. Die Beklagten haben ihrerseits bereits vor Erhebung der hier inmitten stehenden Klage die Klägerin aus den streitgegenständlichen Verträgen in getrennten Prozessen auf Zahlung des restlichen Werklohns (Klage des Beklagten zu 1 vor dem Landgericht Memmingen) und auf Zahlung des Kaufpreises (Klage der Beklagten zu 2 vor dem Landgericht Karlsruhe) verklagt.
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts berufen (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Die für die Bestimmung in Betracht kommenden Landgerichte gehören zu einem bayerischen und einem außerbayerischen Oberlandesgerichtsbezirk. Zuerst mit der Sache befasst war das Landgericht Memmingen.
2. Dem Antrag kann nicht entsprochen werden. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor, da für die Klage gegen die Beklagte zu 2 ein ausschließlicher Gerichtsstand in Karlsruhe vereinbart ist und es dem Beklagten zu 1 nicht zugemutet werden kann, sich ebenfalls vor diesem Gericht verklagen zu lassen.
a) Der Umstand, dass die Beklagten nicht, wie es § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wörtlich voraussetzt, "verklagt werden sollen", sondern bereits verklagt sind, steht einer Bestimmung des zuständigen Gerichts nach dieser Vorschrift nicht von vornherein entgegen (vgl. BGH NJW 1978, 321; BayObLG NJW-RR 1994, 890; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 36 Rn. 16). Auch in Fällen eines prorogierten ausschließlichen Gerichtsstands ist die Bestimmung nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. BGHZ 90, 155/159). Als zuständig kann dann jedoch nur das mit einem Streitgenossen als ausschließlich zuständig vereinbarte Gericht bestimmt werden (BGH NJW 1988, 646/647). Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Senats, dass es den anderen Streitgenossen unter Berücksichtigung der mit der Prorogation verfolgten Zwecke zugemutet werden kann, sich ebenfalls vor dem vereinbarten Gericht verklagen zu lassen (BayObLGZ 1999, 75; BayObLG NJW-RR 2000, 1592).
b) Nach dem insoweit maßgeblichen Sachvortrag der Klägerin ist im Verhältnis zur Beklagten zu 2 - beide Parteien sind Kaufleute kraft Rechtsform (§ 6 HGB) - der Gerichtsstand Karlsruhe vereinbart (§ 38 ZPO). Dabei kann dahinstehen, welche der in den Akten befindlichen unterschiedlichen Fassungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 2 dem Vertragsverhältnis zugrunde zu legen ist, da die Klägerin nach beiden Fassungen an den vereinbarten Gerichtsstand Karlsruhe gebunden ist. Die Gerichtsstandsklausel in Ziff. IX der Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Beklagten zu 2, wonach die Klage am Hauptsitz des Lieferers (Karlsruhe) zu erheben ist, ist für die Klägerin ausschließlicher Natur; dies folgt im Umkehrschluss daraus, dass abweichend hiervon der Lieferer auch berechtigt ist, am Hauptsitz des Bestellers zu klagen. Sollte nicht diese Klausel, sondern Ziff. XI der Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen der Beklagten zu 2, wonach Gerichtsstand Karlsruhe oder nach Wahl des Lieferers ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand des Bestellers ist, Vertragsbestandteil geworden sein, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung, die einem Vertragspartner das Recht einräumt, zwischen mehreren örtlichen Zuständigkeiten zu wählen, gilt grundsätzlich auch dann, wenn der wahlberechtigte Vertragspartner nicht Kläger, sondern Beklagter ist (BGH NJW 1983, 996). Die Beklagte zu 2 hat sich in dem hier inmitten stehenden Verfahren vor dem Landgericht Memmingen auf Karlsruhe als vereinbarten Gerichtsstand berufen und die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Memmingen gerügt; damit hätte sie für dieses Verfahren von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht (vgl. BGH aaO). Die Klägerin wäre auch in diesem Fall an den Gerichtsstand Karlsruhe gebunden.
c) Es kann offen bleiben, ob auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 - gemäß der Gerichtsstandsklausel in dessen Angebot vom 7.6.2001 - ein ausschließliche Gerichtsstand, nämlich Memmingen, vereinbart ist; in diesem Fall wäre die Klägerin im Verhältnis zu jedem Beklagten an einen anderen Gerichtsstand gebunden, was eine Zuständigkeitsbestimmung ausschlösse. Jedenfalls ist dem Beklagten zu 1, der einer entsprechenden Zuständigkeitsbestimmung auch ausdrücklich widersprochen hat, nicht zuzumuten, sich vor den Landgericht Karlsruhe verklagen zu lassen. Der Beklagte zu 1 hatte seinerseits schon zuvor Restwerklohnklage gegen die Klägerin vor dem Landgericht Memmingen erhoben. Dem Interesse der Klägerin, beide Beklagten als Streitgenossen vor demselben Gericht zu verklagen, steht das Interesse des Beklagten zu 1 gegenüber, die gegen ihn gerichtete Klage bei demselben Gericht zu führen, bei dem seine Werklohnklage rechtshängig ist, und - wie von ihm bereits beantragt - eine Verbindung beider Verfahren anzustreben. Dieses Interesse wiegt nicht geringer als dasjenige der Klägerin; im übrigen könnte die Klägerin die - an sich wünschenswerte - Konzentration aller hier miteinander im Zusammenhang stehenden Klagen bei einem Gericht im vorliegenden Bestimmungsverfahren ohnehin nicht erreichen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 1987, 757).
Der Wert des Bestimmungsverfahrens wurde gemäß § 3 ZPO entsprechend dem Interesse der Antragstellerin, die Antragsgegner bei demselben Gericht zu verklagen, auf einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache festgesetzt (vgl. BayObLGZ 1995, 301/305).
Ende der Entscheidung
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