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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 71/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 139 | |
BGB § 1960 | |
BGB § 2085 | |
BGB § 2247 | |
BGB § 2267 |
2. Anordnung einer Nachlasspflegschaft bei konkreten im Erbscheinsverfahren erst noch zu klärenden Zweifeln an der Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen.
Gründe:
I.
Die im Jahr 2000 im Alter von 73 Jahren verstorbene Erblasserin war seit 1949 mit dem Beteiligten zu 1 verheiratet. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, die Beteiligten zu 2 und 3. Sonstige Kinder hatte die Erblasserin nicht.
Mit einem handschriftlichen gemeinschaftlichen Testament vom 20.2.1988 setzten die Erblasserin und ihr Ehemann die Beteiligten zu 2 und 3 zu Erben ihres gesamten Vermögens ein.
In drei weiteren handschriftlichen gemeinschaftlichen Testamenten gleichen Inhalts vom 18.12.1993 bekundeten die Erblasserin und ihr Ehemann ihren letzten Willen wie folgt:
"Der überlebende Teil ist Alleinerbe.
Erst wenn beide verstorben sind, geht es an unsere beiden Kinder: ... (Beteiligte zu 2 und 3).
Die aus 1. Ehe (des Mannes) stammende Tochter erhält nichts, da sie geäußert hat, sie will von ihrem Vater nichts wissen - sie führte sowieso ein liderliches Leben.
Mein Ehemann schließt sich mit derselben Meinung mit seiner Unterschrift an:"
Die drei gleichlautenden auf den 18.12.1993 datierten Testamente wurden handschriftlich von der Erblasserin geschrieben und unterschrieben. Der Beteiligte zu 1 hat seine Unterschrift eigenhändig hinzugesetzt.
Unterhalb der Unterschriften der Erblasserin und des Beteiligten zu 1 wurde in den drei Testamentsurkunden von der Erblasserin handschriftlich jeweils folgender Text angefügt:
"P.S. Der überlebende Teil darf nicht mehr heiraten!"
Dieser Zusatz ist weder von der Erblasserin noch von dem Beteiligten zu 1 unterschrieben.
Die Testamente wurden am 23.1.2001 vor dem Nachlassgericht eröffnet. Dabei erklärte der Beteiligte zu 1 zu Protokoll des Nachlassgerichts, es sei sein Wille und der Wille der Erblasserin gewesen, dass der Nachlass des Erstversterbenden bei Wiederheirat des überlebenden Ehegatten auf die Kinder übergehe.
Der Beteiligte zu 1 beantragte einen Erbschein nur zum Zwecke der Berichtigung des Grundbuchs, wonach die Erblasserin von ihm allein beerbt worden ist. Diesen Erbschein hat das Nachlassgericht am 22.2.2001 antragsgemäß erteilt.
Am 14.9.2001 hat der Beteiligte erneut geheiratet. Die Beteiligte zu 2 regte daraufhin mit Schreiben vom 5.9.2002 gegenüber dem Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins an. Sie trug vor, das Testament vom 18.12.1993 enthalte eine Wiederverheiratungsklausel, die zur Folge habe, dass der Beteiligte zu 1 nach seiner erneuten Eheschließung nicht mehr Alleinerbe sei und statt dessen die Erblasserin von den Beteiligten zu 2 und 3 beerbt worden sei. Der Wiederverheiratungsklausel sei durch Einziehung des Erbscheins Rechnung zu tragen, zumal der Beteiligte zu 1 im Begriffe sei, den Nachlass der Erblasserin im Wesentlichen seiner neuen Ehefrau zu übertragen.
Das Nachlassgericht lehnte mit Beschluss vom 4.11.2002 die Einziehung des Erbscheins vom 22.2.2001 ab, weil das in dem Testament vom 18.12.1993 enthaltene Postskriptum mangels Unterschrift formnichtig sei. Auf die hiergegen von den Beteiligten zu 2 und 3 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 11.6.2003 nach Anhörung der Beteiligten den Beschluss des Nachlassgerichts vom 4.11.2002 aufgehoben und das Nachlassgericht angewiesen, den Erbschein vom 22.2.2001 einzuziehen. Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 11.6.2003 hat der Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde eingelegt (1Z BR 71/03).
Die Beteiligten zu 2 und 3 haben mit Schreiben vom 16.8.2003 bei dem Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 2 und 3 je zur Hälfte beerbt worden ist. Über diesen Erbscheinsantrag hat das Nachlassgericht bisher nicht entschieden. Auf der Grundlage der Entscheidung des Landgerichts vom 11.6.2003 hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 21.8.2003 den Erbschein vom 22.2.2001 als unrichtig eingezogen. Außerdem hat das Nachlassgericht mit Beschluss vom 21.8.2003 Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben der Erblasserin mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses angeordnet.
Die gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluss vom 21.10.2003 zurückgewiesen. Auch gegen diesen Beschluss des Landgerichts hat der Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Beide weiteren Beschwerden sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Gegenstand der Entscheidungen des Nachlassgerichts vom 4.11.2002 und des Landgerichts vom 11.6.2003 war die Einziehung des dem Beteiligten zu 1 am 22.2.2001 erteilten Erbscheins. Die zwischenzeitlich vollzogene Einziehung kann zwar nicht rückgängig gemacht werden; die Einziehungsanordnung kann aber im Wege der weiteren Beschwerde mit dem Ziel der Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbscheins angefochten werden (BayObLGZ 1980, 72/73). Mit diesem Ziel ist das Rechtsmittel zulässig.
a) Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der Erbschein vom 22.2.2001 sei einzuziehen, da er unrichtig sei. Maßgeblich für die Erbfolge seien die gleichlautenden Testamente vom 18.12.1993. Auch der Zusatz: "P.S. Der überlebende Teil darf nicht mehr heiraten!" sei wirksamer Bestandteil des Testaments geworden, obwohl der Zusatz von der Erblasserin und dem Beteiligten zu 1 nicht erneut unterschrieben worden sei. Der Zusatz habe für sich betrachtet keinen aussagekräftigen Inhalt, sondern stehe mit dem vor dem Zusatz stehenden Text in einem widerspruchsfreien Zusammenhang. Die Formulierung "P.S." des von der Erblasserin eigenhändig hinzugefügten Zusatzes mache deutlich, dass der Zusatz nach dem Willen der Erblasserin Bestandteil des Testaments sein sollte. Der Zusatz entspreche nach Überzeugung des Landgerichts auch dem Willen des Beteiligten zu 1. Der Beteiligte zu 1 habe bei der Testamentseröffnung vor dem Nachlassgericht am 23.1.2001 angegeben, es sei sein Wille und der Wille der Erblasserin gewesen, dass der Nachlass des Erstversterbenden bei Wiederheirat des überlebenden Ehegatten auf die Kinder übergehe. Die mündliche Anhörung der Beteiligten vor dem Landgericht am 23.5.2003 habe bestätigt, dass es dem Willen auch des Beteiligten zu 1 bei Errichtung des Testaments entsprochen habe, einen Übergang des Nachlasses auf die Kinder im Falle der Wiederheirat des überlebenden Ehegatten vorzusehen. Der Beteiligte zu 1 habe zum Zustandekommen des Zusatzes auf dem Testament zwar widersprüchliche Angaben gemacht, letztlich aber eingeräumt, dass er der Erblasserin hinsichtlich des Zusatzes nachgegeben und zu ihr "na gut, dann schreibst Du es halt hinein" gesagt habe. Die Beteiligte zu 2 habe angegeben, es sei bei früheren Gesprächen mit ihren Eltern schon immer davon die Rede gewesen, dass der überlebende Teil nicht wieder heiraten dürfe. Im September 1998 habe der Beteiligte zu 1 gegenüber der Beteiligten zu 2 geäußert, er wolle nicht wieder heiraten, da die Frauen alle nur sein Geld wollten, aber auch seine Ehefrau (die Erblasserin) dürfe nicht mehr heiraten, weil er nicht wollte, dass sich ein anderer Mann mit seinem schwer verdienten Geld ein schönes Leben mache.
Die Auslegung des Testaments vom 18.12.1993 unter Einziehung des formwirksamen Zusatzes ergebe, dass im Fall einer Wiederheirat des überlebenden Ehegatten der Nachlass auf die bedachten Kinder übergehen solle. Anhaltspunkte dafür, dass lediglich eine der gesetzlichen Erbfolge entsprechende Regelung eintreten sollte, seien nicht vorhanden. Der dieser Rechtslage nicht entsprechende Erbschein sei einzuziehen.
b) Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) zwar nicht in allen Punkten stand, erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 27 Abs. 1 FGG, § 561 ZPO).
aa) Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung, das Testament vom 18.12.1993 einschließlich des nicht unterschriebenen Zusatzes als formwirksam anzusehen, zutreffend davon ausgegangen, dass die Erblasserin und der Beteiligte zu 1 ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten (§ 2265 BGB) in der Form des § 2267 Satz 1 BGB errichten wollten.
bb) Der rechtlichen Nachprüfung hält allerdings nicht stand, dass das Landgericht den eigenhändigen nicht gesondert unterschriebenen Testamentszusatz von der Hand der Erblasserin als durch die über dem Zusatz befindlichen Unterschriften der Erblasserin und des Beteiligten zu 1 gedeckt und damit als der Form des § 2247 Abs. 1 BGB entsprechend angesehen hat.
Die für die Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments nach § 2247 Abs. 1 BGB zwingend erforderliche Unterschrift muss grundsätzlich am Schluss des Textes stehen; Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Identifikation des Erblassers zu ermöglichen, zu dokumentieren, dass der Erblasser sich zu dem über der Unterschrift befindlichen Text bekennt sowie den Urkundentext räumlich abzuschließen und damit vor nachträglichen Ergänzungen und Zusätzen zu sichern (vgl. BayObLGZ 1991, 158/161; OLG Hamm FamRZ 1986, 728; Palandt/Edenhofer BGB 62. Aufl. § 2247 Rn. 11 und 13; Bamberger/Roth/Litzenburger BGB § 2247 Rn. 16; Soergel/Mayer BGB 13. Aufl. § 2247 Rn. 25; Voit in Dittmann/Reimann/Bengel Testament und Erbvertrag 4. Aufl. § 2247 Rn. 22). Eine "Oberschrift" genügt daher nicht (vgl. BGHZ 113, 48/51; BGH NJW 1992, 829/830).
Änderungen und Ergänzungen des Testaments, die von der Unterschrift des Erblassers räumlich gesehen nicht gedeckt sind, müssen grundsätzlich der Form des § 2247 BGB genügen und daher vom Erblasser besonders unterzeichnet werden. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Zusätze zwar unter die Unterschrift gesetzt werden, der Bezug zu dem über der Unterschrift stehenden Text aber so eng ist, dass dieser erst mit dem Zusatz sinnvoll wird, z.B. wenn das Testament ohne die vorgenommenen Ergänzungen lückenhaft, unvollständig oder nicht durchführbar wäre und der wirkliche Wille des Erblassers nur aus beiden vom Erblasser niedergeschriebenen Erklärungen ersichtlich wird (vgl. BGH NJW 1974, 1083/1084; BayObLGZ 1974, 440/442; BayObLG FamRZ 1984, 1270; OLG Köln FamRZ 1994, 330; Palandt/Edenhofer aaO Rn. 18; Bamberger/ Roth/Litzenburger aaO Rn. 18; Soergel/Mayer aaO Rn. 30; Voit aaO Rn. 26; Staudinger/Baumann BGB 13. Bearb. § 2247 Rn. 62 ff.).
Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Auch ohne den von der Hand der Erblasserin hinzugefügten Zusatz läge ein vollständiges gemeinschaftliches Testament mit gegenseitiger Erbeinsetzung der Ehegatten und Schlusserbeneinsetzung der im Testament begünstigten Kinder nach dem Tod des Überlebenden (§ 2269 BGB) vor, das sinnvoll durchgeführt werden könnte. Es handelt sich bei dem nicht gesondert unterschriebenen Zusatz daher nicht um eine Ergänzung oder Erläuterung eines für sich genommen lückenhaften durch die Unterschriften gedeckten Testamentstextes. Der diesem Text hinzugefügte nicht unterschriebene Zusatz hat vielmehr ersichtlich das Ziel, dass der überlebende Ehegatte im Falle seiner Wiederverheiratung den Nachlass des Erstversterbenden ganz oder teilweise den als Erben eingesetzten gemeinsamen Abkömmlingen herauszugeben hat. Mit dem Zusatz wird somit substanziell in das mit dem vorstehenden Testamentstext begründete Alleinerbrecht des überlebenden Ehegatten eingegriffen. Dies geht über die Bedeutung eines lediglich ergänzenden Zusatzes weit hinaus, so dass für die Wirksamkeit des Zusatzes im Interesse der Rechtssicherheit eine gesonderte Unterschrift notwendig ist.
Die Feststellung des Landgerichts, dass sich der Testierwille der Erblasserin und des Beteiligten zu 1 auch auf ein an den jeweils überlebenden Ehegatten gerichtetes Verbot der Wiederheirat im Sinne einer Wiederverheiratungsklausel gerichtet habe, ist nicht geeignet, die fehlenden Unterschriften unter dem Zusatz als unbeachtlich erscheinen zu lassen. Im Falle der Feststellung eines entsprechenden Testierwillens ist es nämlich unerlässlich, dass sich die Unterschrift - nicht nur der Testierwille - auch auf den nicht unterschriebenen Zusatz erstreckt (vgl. Voit aaO Rn. 26 m.w.N.). Würde im Falle der Feststellung eines Testierwillens im Sinne eines nicht unterschriebenen eigenständigen Zusatzes der Formzwang des § 2247 Abs. 1 BGB aufgegeben, hätte dies zur Folge, dass auch sonstige nicht unterschriebene Texte als wirksam behandelt werden müssen, wenn sich nur ein entsprechender Testierwille feststellen ließe. Dies wäre weder mit dem oben dargestellten Sinn und Zweck des durch § 2247 Abs. 1 BGB festgelegten Formzwangs noch mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit zu vereinbaren.
cc) Der Umstand, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts von der Formunwirksamkeit des Zusatzes zu dem gemeinschaftlichen Testament auszugehen ist, hat allerdings nicht die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts und die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses zur Folge, da sich die landgerichtliche Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend erweist.
(1) Das Landgericht hat ausgeführt, dass die nicht unterschriebene Wiederverheiratungsklausel dem Willen der Erblasserin und auch dem Willen des Beteiligten zu 1 entsprach. Diese vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffene Feststellung und dessen Beweiswürdigung sind im Verfahren der weiteren Beschwerde (§ 27 Abs. 1 FGG) nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (BayObLGZ 1991, 17/20; 1999, 1/4; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 42 m.w.N.). Ein solcher liegt nicht vor. Das Landgericht hat den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht, sich bei der Erörterung des Beweisstoffes mit allen wesentlichen Umständen auseinandergesetzt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze oder feststehende Erfahrungssätze verstoßen und die Beweisanforderungen weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt.
(2) Aufgrund der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Erblasserin mit dem Testament vom 18.12.1993 das Ziel verfolgte, den Nachlass des Erstversterbenden zunächst dem überlebenden Ehegatten zukommen zu lassen, zugleich aber auch den begünstigten Kindern das Erbe des Erstversterbenden zu erhalten. Der in dem Testament zum Ausdruck gebrachte Wille der Erblasserin ging dahin, in ein und derselben Verfügung ihren Ehegatten unter Ausschluss der gemeinsamen Kinder von der Erbfolge und damit in Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge zum Erben zu bestimmen und zugleich die Begünstigung des Überlebenden mit der Sicherstellung der Weitergabe des Nachlasses an die Kinder und dem Ausschluss des etwaigen neuen Ehegatten im Wege einer Wiederverheiratungsklausel zu verbinden. Infolge der Formnichtigkeit der Wiederverheiratungsklausel kann dieser Wille der Erblasserin, auch wenn er im Testament seinen Niederschlag gefunden hat, keine Gültigkeit erlangen. Andererseits entspricht die uneingeschränkte Einsetzung des Beteiligten zu 1 zum Alleinerben, die sich ohne Berücksichtigung der formnichtigen Wiederverheiratungsklausel aus dem Testament ergäbe, nicht dem Willen der Erblasserin. Bei dieser Sachlage kann die einheitliche Verfügung der Erblasserin nicht durch Anwendung der §§ 139, 2085 BGB in einen unwirksamen und einen wirksamen Bestandteil aufgespalten werden. Die teilweise Aufrechterhaltung der einheitlich die Erbfolge der Erblasserin regelnden Verfügung kommt nämlich nur in Frage, wenn diese einheitliche Verfügung in mehrere für sich selbständig bestehende Teile zerlegt werden kann (vgl. BGH NJW 1962, 912/913; MünchKommBGB/Leipold 3. Aufl. § 2085 Rn. 8; Soergel/Loritz § 2085 Rn. 10; Bamberger/Roth/Litzenburger § 2085 Rn. 3). Ist die einheitliche Verfügung wie hier nicht teilbar, ist weder § 2085 BGB noch § 139 BGB anzuwenden; vielmehr führt der Umstand, dass der Wille der Erblasserin in dem Testament mangels abschließender Unterschrift nicht formwirksam (§ 2247 BGB) seinen Niederschlag gefunden hat, insgesamt zur Formnichtigkeit der letztwilligen Verfügung in ihrer Gesamtheit.
Die in dem Erbschein vom 22.1.2001 ausgewiesene Alleinerbenstellung des Beteiligten zu 1 findet somit in dem Testament vom 18.12.1993 keine Stütze. Da sich eine Alleinerbenstellung des Beteiligten zu 1 auch nicht aus einer anderen letztwilligen Verfügung der Erblasserin oder aus dem Gesetz ergibt, hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht die Einziehung des Erbscheins vom 22.1.2001 angeordnet.
2. Die weitere Beschwerde, mit der sich der Beteiligte zu 1 dagegen wendet, dass das Landgericht mit Beschluss vom 21.10.2003 die Beschwerde gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft zurückgewiesen hat, ist ebenfalls unbegründet.
a) Gemäß § 1960 Abs. 1 und 2 BGB kann das Nachlassgericht für die unbekannten Erben einen Nachlasspfleger bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass der Erbe auch unbekannt ist, wenn mehrere Erben in Betracht kommen, etwa bei konkreten Zweifeln an der Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 308; Bamberger/Roth/Seidl § 1960 Rn. 4; Staudinger/Marotzke § 1960 Rn. 8).
b) Nach diesen Grundsätzen ist die Anordnung der Nachlasspflegschaft durch die Tatsacheninstanzen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat dargelegt, dass ohne eine letztinstanzliche Entscheidung über die Gültigkeit der Wiederverheiratungsklausel im Erbscheinsverfahren offen bleibt, wer Erbe geworden ist. Auch ein Fürsorgebedürfnis für den Nachlass konnte das Landgericht ebenso wie zuvor das Nachlassgericht mit der Begründung bejahen, aus dem Akteninhalt werde ersichtlich, dass zwischen den Beteiligten erhebliche Auseinandersetzungen bestehen und eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses bis zur Klärung der Erbberechtigung nicht gesichert sei. Diese ist dem Nachlassgericht vorbehalten, dem Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 2 und 3 vorliegen.
3. Die Kostenfolge für die Gerichtskosten ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Die Erstattungsanordnung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.
Die Geschäftswerte der Verfahren der weiteren Beschwerde werden in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf 168840 EUR und 108672,70 EUR festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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