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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 137/03
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 15 Abs. 1 |
Gründe:
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1 sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin zu 2 verwaltet wird.
In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt:
§ 3
Zweckbestimmung des Gebäudes
1. ...
2. Ein Teileigentümer, der in den zum Gesamtobjekt gehörenden Ladenräumen einen Beruf oder ein Gewerbe ausübt, bedarf bei einer Änderung seines Berufs oder seines Gewerbezweigs, die nach dem ersten Erwerb des Teileigentums eintritt, der schriftlichen Zustimmung des Verwalters zur Ausübung des geänderten Berufs oder Gewerbezweigs in den dem Teileigentum unterliegenden Räumen. Ebenso ist die Zustimmung des Verwalters für eine Vermietung oder Verpachtung des Teileigentums erforderlich. Der Verwalter kann die Zustimmung verweigern oder widerrufen, insbesondere wenn die Ausübung des geänderten Berufs oder Gewerbezweigs mit den Belangen der übrigen Wohn- bzw. Teileigentümer nicht zu vereinbaren ist.
Dem Antragsteller gehört ein Teileigentum. Dieses war nacheinander an einen Verlag, eine kirchliche Organisation und an eine Gesellschaft für Personalmanagement vermietet.
Mit bestandskräftigem Beschluss vom 29.11.1993 lehnten die Wohnungseigentümer den Antrag des Vaters des Antragstellers und eines weiteren Miteigentümers ab, das Teileigentum an die Firma S. zum Betrieb eines Drogeriemarktes zu vermieten.
Den im Jahr 2002 erneut gestellten Antrag des Sondernachfolgers (=Antragsteller), der Vermietung an die Firma S. zum Betrieb eines Drogeriemarktes zuzustimmen, hat die Antragsgegnerin zu 2 abgelehnt.
Der Antragsteller hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, die Antragsgegnerin zu 2 zur Zustimmung zu verpflichten. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 3.1.2003 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat am 20.6.2003 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Antragsgegnerin zu 2 sei an den Eigentümerbeschluss vom 29.11.1993 gebunden; sie habe deshalb zu Recht die beantragte Zustimmung verweigert.
Die Bindungswirkung des Beschlusses bestehe gemäß § 10 Abs. 3 WEG auch gegenüber dem Sondernachfolger. Der Eigentümerbeschluss sei auch nicht durch bloßen Zeitablauf unwirksam geworden. Ferner sei er nicht nichtig. Insbesondere sei die dem Eigentümerbeschluss zugrunde liegende Bestimmung des § 3 Nr. 2 GO nicht unwirksam, nach der die Zustimmung verweigert werden dürfe, wenn sie mit den Belangen der übrigen Wohnungs- oder Teileigentümer nicht zu vereinbaren sei. Die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG, die die Versagung der Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes gestatte, finde keine entsprechende Anwendung.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Nach § 3 Nr. 2 GO bedarf die Nutzungsänderung der Zustimmung des Verwalters. Grundsätzlich, so auch hier, ist anzunehmen, dass die Verwalterzustimmung die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer für diese Zustimmung nicht verdrängen soll (vgl. BayObLG WE 1992, 195 f.; KG NZM 1998, 771 f.). Daher kommt es auf die Verwalterzustimmung als solche nicht mehr an, wenn die Wohnungseigentümer selbst zugestimmt oder abgelehnt haben.
b) Die Wohnungseigentümer haben am 29.11.1993 den Antrag auf Zustimmung zur Vermietung des Teileigentums an die Firma S. zum Betrieb eines Drogeriemarktes abgelehnt. Auch die Ablehnung eines Beschlussantrags hat Beschlussqualität (BGH NJW 2001, 3339). Die Bestandskraft des den Beschlussantrag ablehnenden Eigentümerbeschlusses vom 29.11.1993 steht dem jetzt erneut gestellten Verpflichtungsantrag mit dem gleichen Inhalt aber nicht entgegen (vgl. BayObLGZ 2002, 20/25; 2002, 247). Denn nach dem Inhalt des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 29.11.1993 erschöpfte sich der Eigentümerbeschluss in der Ablehnung des damaligen Begehrens nach Zustimmung für einen Mieterwechsel von einem Unternehmen für Personalmanagement zu einem Drogeriemarkt. Dass die Wohnungseigentümer auf Dauer die Vermietung des Ladens an einen Drogeriemarkt ausschließen wollten, lässt sich dem Beschluss aus dem Jahr 1993 nicht entnehmen. Damit ist der Verwalter an diesen Beschluss für seine Entscheidung über das Vermietbegehren des Jahres 2002 nicht gebunden.
Das Landgericht wird deshalb zu klären haben, ob die Voraussetzungen für die Zustimmung einer Vermietung des Ladens an den Drogeriemarkt gemäß § 3 Nr. 2 GO vorliegen. Dabei wird es davon auszugehen haben, dass in der Gemeinschaftsordnung bestimmt werden kann, die Änderung der gewerblichen Nutzung des Teileigentums sei nur mit Zustimmung des Verwalters möglich. Gegen die Wirksamkeit einer solchen Regelung bestehen keine Bedenken (vgl. BayObLG NJW-RR 1988, 17 f.; OLG Köln NZM 2002, 29).
Dies gilt auch im Hinblick auf die Regelung in der Gemeinschaftsordnung, wonach die Einwilligung in die beabsichtigte Nutzungsänderung verweigert werden darf, wenn die Ausübung des geänderten Berufs oder Gewerbezweigs mit den Belangen der übrigen Wohn- bzw. Teileigentümer nicht zu vereinbaren ist. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG nicht entsprechend anwendbar. Zwischen dem Fall des § 12 WEG und dem vorliegenden Fall bestehen erhebliche Unterschiede. § 12 WEG betrifft die Befugnis des Wohnungs- oder Teileigentümers, sein Eigentum zu veräußern; hier geht es weder um die Veräußerung von Wohnungs- oder Teileigentum noch um die grundsätzliche Zulässigkeit einer Vermietung. In beiden Fällen darf nach § 4 GO die Zustimmung des Verwalters nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes verweigert werden. Demgegenüber betrifft die in § 3 Nr. 2 GO getroffene Regelung die Zweckbestimmung des Gebäudes. Die Einschränkung der Gebrauchsbefugnis des Gebäudes unterliegt aber grundsätzlich der freien Vereinbarung der Wohnungseigentümer nach § 15 Abs. 1 WEG. Auch die Interessenlage ist in beiden Fällen nicht unbedingt gleich (vgl. BayObLG NJW-RR 1988, 17 f.). Es erscheint durchaus gerechtfertigt, dass die Art, wie oder wofür ein in Aussicht genommener Mieter die Räume verwenden will, gegenüber den Belangen der übrigen Wohnungs- oder Teileigentümer abgewogen wird.
3. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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