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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 2Z BR 202/04
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 1004
WEG § 10
WEG § 15
Ob eine Imbissstube mehr stört als ein Laden, ist anhand einer typisierenden Betrachtungsweise festzustellen.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter am Obersten Landesgericht Lorbacher und Dr. Schmid sowie der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Wiringer-Seiler am 12. Januar 2005 in der Wohnungseigentumssache

wegen Unterlassung,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 7. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Dem Antragsgegner gehört ein Teileigentum, das in der Teilungserklärung aus dem Jahr 1984 wie folgt beschrieben ist:

Miteigentumsanteil zu 48/1000tel, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Laden Nr. 2 (...).

Der Antragsgegner vermietete sein Teileigentum. Der Mieter verkauft angelieferte türkische Speisen (z.B. Döner-Kebab, Börek oder auch Pizza), die dort aufgewärmt und warm gehalten werden, zum Mitnehmen oder zum Verzehr an Ort und Stelle.

Die Antragsteller haben beantragt, es zu unterlassen, in dem Laden einen Stehimbiss mit Küche zu betreiben oder betreiben zu lassen. Das Amtsgericht hat den Antragsgegner am 26.3.2004 antragsgemäß verpflichtet. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht mit Beschluss vom 7.10.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Bei der Bezeichnung des Teileigentums als Laden handle es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Das vom Mieter des Antragsgegners betriebene Geschäft sei eine typische Imbissstube. Der Betrieb einer solchen Imbissstube störe bei einer typisierenden Betrachtungsweise mehr als ein Laden. Da eine rein typisierende Betrachtungsweise vorzunehmen sei, habe es keiner Beweiserhebung darüber bedurft, ob und inwieweit aus den Geschäftsräumen Gerüche entweichen und wie intensiv die übrigen Wohnungseigentümer durch das Kundenverhalten tatsächlich beeinträchtigt würden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird in vollem Umfang auf die rechtlich zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

Soweit der Antragsgegner der Auffassung ist, dass nicht auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen sei, sondern auf die konkreten Beeinträchtigungen durch das verfahrensgegenständliche Geschäft, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayObLG NZM 1999, 80/81; 2000, 288 und zuletzt NZM 2004, 949/950) und auch der Oberlandesgerichte (vgl. z.B. KG NZM 2002, 568; OLG Hamburg ZMR 2003, 770; OLG Frankfurt NZM 2004, 950/951), dass für die Zulässigkeit einer bestimmten Nutzungsart auf eine typisierende, d.h. verallgemeinernde Betrachtungsweise und nicht auf die konkrete Ausübung der jeweiligen Geschäftstätigkeit abzustellen ist. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Ausführungen der Rechtsbeschwerde geben keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Dass sich das Warensortiment von Läden, insbesondere von Lebensmittelgeschäften, im Laufe der Zeit verändert hat und teilweise auch die Abgabe zubereiteter Speisen umfasst, betrifft allein die Frage, welche Verkaufstätigkeiten noch unter den Betrieb eines "Ladens" fallen. Dass im vorliegenden Fall nicht der Verkauf von Feinkostartikeln im Vordergrund steht, sondern der Betrieb einer Imbissstube, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.

Die Anwendung der typisierenden Betrachtungsweise ist deshalb gerechtfertigt, weil die Regelungen einer Teilungserklärung abstrakt sind und nicht auf einen konkreten Betrieb abstellen und hierauf meist auch nicht abstellen können. Außerdem ist es für die übrigen Wohnungseigentümer nicht zumutbar, im Einzelfall das Feststellungsrisiko dafür zu tragen, dass von dem konkreten Geschäftsbetrieb Einwirkungen ausgehen, die lästiger sind als diejenigen, die bei einer vereinbarungsgemäßen Nutzung entstehen würden. Schließlich könnte bei einem Abstellen auf konkrete Immissionen von den übrigen Wohnungseigentümern nur das Unterbleiben dieser Immissionen verlangt werden, nicht aber die Unterlassung der vereinbarungswidrigen Nutzung. Dass durch die typisierende Betrachtungsweise der Nutzungsspielraum des Eigentümers eingeschränkt wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da es Sache des Eigentümers ist, beim Erwerb oder der Vermietung des Wohnungseigentums oder der Aufnahme eines eigenen Geschäftsbetriebs zu prüfen, ob die beabsichtigte Nutzung mit den Regelungen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft in Einklang steht.

3. Es entspricht der Billigkeit, den in allen Instanzen unterlegenen Antragsgegner mit den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten (§ 47 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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