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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 11.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 40/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 4
Ob ein Eigentümerbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht ist im Einzelfall unter Abwägung der für und gegen ihn sprechenden Umstände zu entscheiden, wobei im Vordergrund das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer und nicht nur Einzelner zu stehen hat. Der mit dem Eigentümerbeschluss verbundene Nutzen für die Wohnungseigentümer ist gegen die damit verbundenen Risiken abzuwägen.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Bei der Wohnanlage handelt es sich um ein Feriendorf, das nach Nr. II der Gemeinschaftsordnung vom Jahr 1981 zur touristischen Nutzung bestimmt ist und ausschließlich dem Fremdenverkehr dient; jeder Wohnungseigentümer hat seine Wohnung zur Nutzung im Rahmen eines Feriendorfbetriebs zur Verfügung zu stellen. Zum Gemeinschaftseigentum gehört ein Verwaltungsgebäude, in dem sich ein Empfang, ein Restaurant und ein Kiosk befinden. Nach Nr. XVIII der Gemeinschaftsordnung ist das Verwaltungsgebäude einschließlich Empfang dem jeweiligen Betriebsunternehmer zur alleinigen Nutzung kostenfrei zu überlassen. Nachdem der Pächter des Verwaltungsgebäudes den Vertrag gekündigt hatte, fassten die Wohnungseigentümer am 21.7.2001 folgenden Beschluss:

Die Eigentümerversammlung beschließt, die Rezeptionsräume in die WEG-Verwaltung zu übernehmen. Damit bleibt die Entscheidung offen, ob zukünftig eine Eigentümer-GmbH gegründet wird. Der Verwalter wird beauftragt, im Benehmen mit dem Verwaltungsbeirat die Rezeption auszustatten und die erforderlichen Personalfragen sowie die Frage der laufenden Verwaltung zu entscheiden.

Das Restaurant und der Kiosk sollen weiterhin verpachtet werden.

Die Antragsteller haben beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem am 16.7.2002 stattgegeben. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 10.3.2003 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Wohnungseigentümer hätten den Beschluss gefasst, ohne eine verbindliche Abklärung in steuerlicher Hinsicht herbeigeführt zu haben. Die bloße steuerliche Beratung reiche nicht aus, zumal eine kostengünstigere und weniger risikobehaftete Lösung möglich gewesen wäre. Jedenfalls hätte eine verbindliche Auskunft des zuständigen Finanzamts eingeholt werden müssen.

Darüber hinaus bestünden Zweifel an der Bestimmtheit des Eigentümerbeschlusses. Dem Verwalter seien Befugnisse eingeräumt worden, die ohne nähere Konkretisierung im Hinblick auf ihre finanziellen Auswirkungen nicht überschaubar seien. Ob eine Beschlusszuständigkeit der Wohnungseigentümer im Hinblick auf Nr. XVIII der Gmeinschaftsordnung bestehe, könne offenbleiben.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Jeder Wohnungseigentümer kann eine ordnungsmäßige Verwaltung verlangen. Darunter ist eine Verwaltung zu verstehen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (§ 21 Abs. 3, 4 WEG). Ob ein Eigentümerbeschluss danach ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist im Einzelfall unter Abwägung der für und gegen den Eigentümerbeschluss sprechenden Umstände zu entscheiden, wobei im Vordergrund das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer und nicht nur Einzelner zu stehen hat (vgl. dazu Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 21 Rn. 63 ff.).

b) Gemessen an diesen Maßstäben ist das Landgericht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der angefochtene Eigentümerbeschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die steuerlichen Auswirkungen des Eigentümerbeschlusses waren bei Beschlussfassung und sind bis jetzt nicht eindeutig geklärt. Auch die verschiedenen, von den Beteiligten vorgelegten Schreiben der Finanzbehörden haben nicht zu einer zweifelsfreien Klärung geführt. Es bestehen nach wie vor erhebliche Risiken für die Wohnungseigentümer im Hinblick auf die steuerliche Einordnung der beabsichtigten Maßnahme. Allein die Behauptung, eine Einkunftserzielung sei mit der beschlossenen Maßnahme, den Empfang in eigener Regie zu übernehmen, von den Wohnungseigentümern nicht beabsichtigt, reicht nicht aus, die steuerlichen Risiken mit weitreichenden finanziellen Auswirkungen auf die einzelnen Wohnungseigentümer auszuschließen.

Andererseits soll mit dem Eigentümerbeschluss erreicht werden, dass die einzelnen Wohnungseigentümer bei der Vermietung der Wohnungen gleich behandelt werden. Dieses Ziel erscheint auch ohne Übernahme des Empfangs in eigener Regie der Wohnungseigentümer erreichbar zu sein, zumal die Wohnungseigentümer auch bei Verwirklichung des angefochtenen Beschlusses die mit dem Empfang verbundenen Tätigkeiten nicht in eigener Person ausführen können, sondern sich Dritter hierzu bedienen müssen. Bei Abwägung des mit dem Beschluss angestrebten Nutzens mit den damit verbundenen Risiken in steuerlicher Hinsicht sind die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschluss nicht dem wohlverstandenen Interesse aller Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Dem Senat erscheint es bei der gegebenen Rechtslage angemessen, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren abzusehen.

Die Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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