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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 45/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 887
Sind die Böden einer Eigentumswohnung mit Teppichboden auszulegen, so genügt es nicht, lose Teppiche hinzulegen oder PVC zu verlegen.
Beschluß BayObLG

LG Nürnberg-Fürth 14 T 877/00; AG Nürnberg 1 UR II 32/97

2Z BR 45/00

28.09.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 28. September 2000

in der Zwangsvollstreckungssache

wegen Ersatzvornahme,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Vollstreckungsschuldner gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 4. April 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Vollstreckungsschuldner haben als Gesamtschuldner die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

III. Der Wert des Gegenstands der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 6000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Vollstreckungsgläubiger und die Vollstreckungsschuldner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, wobei die Wohnung der Vollstreckungsschuldner im 3. Stock unmittelbar über der Wohnung des Vollstreckungsgläubigers liegt. Die Räume der Wohnungen waren ursprünglich mit Teppichböden ausgestattet. Nach Erwerb ihrer Wohnung im Jahr 1995 ließen die Vollstreckungsschuldner im Wohnzimmer, im Gang, in der Küche, im Bad und in der Toilette Fliesen verlegen. Auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers wurden die Vollstreckungsschuldner durch rechtskräftigen Beschluß des Landgerichts vom 17.2.1999 verurteilt, in ihrer Wohnung im 3. Obergeschoß "die Fußböden im Wohnzimmer, Flur und WC mit Teppichboden sowie in der Küche mit PVC zu belegen".

Mit Schriftsatz vom 18.6.1999 beantragte der Vollstreckungsgläubiger, ihn zu ermächtigen, die Fußböden im Wohnzimmer, Flur und WC der Vollstreckungsschuldner mit Teppichboden und in der Küche mit PVC durch einen von ihm auszuwählenden Fachbetrieb belegen zu lassen, ferner die Vollstreckungsschuldner zu verpflichten, das Betreten ihrer Wohnung durch das beauftragte Unternehmen zu dulden und einen Vorschuß von 8000 DM zu bezahlen.

Bei einem Augenschein wurde festgestellt, dass das bisherige Wohnzimmer nunmehr als Kinderzimmer benutzt wird und der Bodenbelag in Flur, Küche und WC nunmehr aus PVC ist und dass im Flur mehrere Teppichläufer liegen. Mit Beschluß vom 11.1.2000 hat das Amtsgericht die Anträge des Vollstreckungsgläubigers abgewiesen, weil die von den Vollstreckungsschuldnern vorgenommenen Änderungen den Anforderungen des Beschlusses des Landgerichts vom 17.2.1999 genügten.

Auf sofortige Beschwerde des Vollstreckungsgläubigers hat das Landgericht mit Beschluß vom 4.4.2000 den Beschluß des Amtsgerichts abgeändert. Es hat den Vollstreckungsgläubiger ermächtigt, die Fußböden im Wohnzimmer, Flur und WC der Vollstreckungsschuldner durch einen von ihm auszuwählenden und zu beauftragenden Fachbetrieb belegen zu lassen. Ferner hat es die Schuldner verpflichtet, das Betreten ihrer Wohnung durch den Fachbetrieb zu dulden und als Gesamtschuldner einen Vorschuß auf die voraussichtlichen Kosten von 6000 DM zu leisten. Im übrigen hat das Landgericht den Antrag abgewiesen.

Gegen den am 19.4.2000 zugestellten Beschluß des Landgerichts haben die Vollstreckungsschuldner am 3.5.2000 sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie die volle Abweisung der Anträge des Vollstreckungsgläubigers begehren. Sie sind der Ansicht, sie hätten Sinn und Zweck des Beschlusses des Landgerichts vom 17.2.1999 ausreichend erfüllt. Das Landgericht hätte im übrigen nochmals einen Augenscheinstermin in der Wohnung der Vollstreckungsschuldner vornehmen müssen. Das Landgericht habe auch den Vollstreckungstitel in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 793 Abs. 2, 887 ZPO in Verbindung mit §§ 568 Abs. 2 Satz 2, 577 Abs. 2 ZPO zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Vollstreckungsschuldner seien ihren durch den Beschluß vom 17.2.1999 auferlegten Verpflichtungen nicht nachgekommen, wie sich aus den Feststellungen anläßlich des Augenscheins ergebe. Die Anforderungen an die Vollstreckungsschuldner würden entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht überspannt, wenn im Flur und WC zusätzlich zu den PVC-Belägen die Anbringung eines Teppichbodens verlangt werde. Das Belegen der Böden mit losen Teppichen, die jederzeit wieder entfernt werden könnten, sei der Verlegung von Teppichböden nicht gleichwertig. Die formellen Voraussetzungen einer Vollstreckung gemäß § 887 ZPO seien gegeben, da der Vollstreckungstitel dem Verfahrensbevollmächtigten der Vollstreckungsschuldner am 24.3.1999 zugestellt und eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilt worden sei.

2. Der Beschluß des Landgerichts hält der Überprüfung durch den Senat stand.

a) Die formellen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts vor. Als vertretbare Handlungen sind die Verpflichtungen der Vollstreckungsschuldner nach § 887 ZPO zu vollstrecken.

b) Das Landgericht hat den Vollstreckungstitel (seinen Beschluß vom 17.2.1999) zu Recht dahin ausgelegt, dass er die Vollstreckungsschuldner verpflichtet, in den bezeichneten Räumen einen raumausfüllenden Teppichbodenbelag zu verlegen oder verlegen zu lassen. Dieser Verpflichtung ist offensichtlich nicht genügt, wenn lediglich ein Bodenbelag aus PVC verlegt wird oder auf die Bodenfliesen lose Teppiche gelegt werden.

c) Das Landgericht durfte sich bei seiner Entscheidung ohne weiteres auf die Ergebnisse des Augenscheins durch den Amtsrichter stützen. Dass der Zustand in der Wohnung der Vollstreckungsschuldner sich in der Zwischenzeit geändert habe, wird nicht behauptet. Das Beschwerdegericht muß eine vom Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme nur dann ergänzen, wenn sie offenkundig oder nach der Behauptung eines Beteiligten unvollständig war. Anhaltspunkte dafür liegen hier nicht vor.

d) Das Bestehen des Vollstreckungsgläubigers auf genauer Erfüllung der Verpflichtung aus dem Beschluß des Landgerichts vom 17.2.1999 ist weder treuwidrig (§ 242 BGB) noch schikanös (§ 226 BGB). Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und bedarf deshalb keiner Beweiserhebung durch Sachverständige, dass ein Bodenbelag aus PVC den Trittschall weniger stark dämpft als ein textiler Bodenbelag. Es leuchtet auch ohne weiteres ein, dass lose aufgelegte Teppiche den darunter liegenden Fußbodenbelag teilweise frei lassen und vor allem zur Reinigung auch beiseite gerollt oder geklappt werden. Dadurch fehlt oder entfällt die gewünschte Trittschalldämmung. Zudem ist zu bedenken, dass gerade in einem von Kindern benutzten Raum - das frühere Wohnzimmer - lose aufgelegte Teppiche bei manchen Spielen als hinderlich und lästig empfunden werden, so dass die Kinder die Teppiche wegrollen. Bei einem fest verlegten, bis an die Wände reichenden Teppichbodenbelag kann dies nicht geschehen.

e) Die Vollstreckungsschuldner können die geschuldeten Handlungen auch jetzt noch vornehmen und so einer Ersatzvornahme durch den Vollstreckungsgläubiger zuvorkommen (Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 887 Rn. 11; Zöller/Stöber ZPO 21. Aufl. § 887 Rn. 12).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über den Wert des Gegenstands der sofortigen weiteren Beschwerde auf § 3 ZPO. Maßgebend ist der Betrag der Vorauszahlung für die Ersatzvornahmemaßnahmen.

Ende der Entscheidung

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