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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.02.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 237/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1835 Abs. 1
Vorlagebeschluß an den Bundesgerichtshof, ob der für einen mittellosen Betroffenen bestellte Berufsbetreuer für die Erledigung einfacher Schreibarbeiten durch eine bei ihm beschäftigte Schreibkraft Aufwendungsersatz verlangen kann (Vorlage an den Bundesgerichtshof wegen Abweichung von OLG Bremen FamRZ 2000, 555).
BayObLG Beschluss

LG Ingolstadt 1 T 1014/00; AG Neuburg a.d. Donau XVII 318/98

3Z BR 237/00

07.02.01

BayObLGZ 2001 Nr. 7

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Nitsche und Fuchs

am 7. Februar 2001

in der Betreuungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des früheren Betreuers

beschlossen

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 17. Juli 2000 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 9.2.1999 bestellte das Amtsgericht für den mittellosen Betroffenen einen Rechtsanwalt als Betreuer. Eine Feststellung, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, wurde hierbei nicht getroffen. Am 15.1.2001 ergänzte das Amtsgericht seinen Beschluss jedoch dahin, dass der Betreuer sein Amt berufsmäßig führt. Zuvor, nämlich am 23.2.2000, war die Betreuung aufgehoben worden.

Der Betreuer verlangte mit Schreiben vom 17.3.2000 eine Vergütung in Höhe von 2565 DM (42,75 Stunden zu je 60 DM) sowie unter anderem für die Benutzung seines Anwaltsbüros einen Aufwendungsersatz von68 DM für jede Stunde seiner Tätigkeit, also weitere 2907 DM, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Das Vormundschaftsgericht ordnete mit Beschluss vom 22.5.2000 antragsgemäß die Bezahlung der Betreuervergütung aus der Staatskasse an und lehnte den weitergehenden Antrag auf Ersatz der Bürokosten ab. Die sofortige Beschwerde des ehemaligen Betreuers gegen die teilweise Ablehnung hat das Landgericht am 17.7.2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich das zugelassene Rechtsmittel des ehemaligen Betreuers, mit dem er die Erstattung von Aufwendungsersatz, hilfsweise eine Vergütung in Höhe von 1235 DM zuzüglich Mehrwertsteuer begehrt. Hierzu trägt er vor, sein Büro habe mindestens 13 Stunden für das Schreiben von Vermerken und Briefen, das Absenden von Briefen und die Fertigung von Kopien aufgewandt. Der Stundensatz hierfür betrage 95 DM. Hätte er diese Arbeiten nicht delegiert, wäre für ihn bei diesen Tätigkeiten ein um 50 % höherer Zeitaufwand angefallen.

II.

Der Senat hält die zulässige sofortige weitere Beschwerde für unbegründet.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass zusätzliche Kosten, die durch den Einsatz einer Bürokraft bzw. durch die Benutzung des bereits vorhandenen Anwaltsbüros entstünden, nicht erstattungsfähig seien. Die Vergütung gemäß den vom Gesetzgeber festgelegten pauschalen Stundensätzen umfasse auch anteilige Bürokosten.

2. Nach Meinung des Senats hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO. Der Beschwerdeführer hat für die Leistungen seiner Bürokraft weder einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 Satz 1, § 670 BGB, noch können diese Leistungen im Rahmen seiner Vergütung (§ 1836a BGB i.V.m. § 1 BVormVG) berücksichtigt werden.

a) Der Beschwerdeführer ist als Berufsbetreuer tätig geworden. Dies hat das Vormundschaftsgericht rückwirkend (vgl. Karmasin FamRZ 1999, 348/349; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1836 Rn. 4) und für den Senat bindend festgestellt. § 27 FGG hindert nicht, diesen erst nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts eingetretenen Umstand zu berücksichtigen, weil es sich um eine offenkundige, auf einem Akt der Gerichtsbarkeit beruhende neue Tatsache handelt (BGH NJW 1994, 579 m.w.N.).

b) Ob ein Berufsbetreuer, der Bürotätigkeiten auf Hilfskräfte delegiert, nach dem Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes die dadurch entstehenden Kosten als Aufwendungen gemäß § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 und 4 BGB geltend machen kann, wird nicht einheitlich beantwortet. Das OLG Bremen bejaht dies im Falle eines Betreuungsvereins (FamRZ 2000, 555; zustimmend HK-BUR/ Bauer/Deinert § 1835 BGB Rn. 38a; Palandt/Diederichsen § 1836a Rn. 7; Derben BtPrax 2001, 16). Überwiegend wird dies jedoch abgelehnt (Erman/ Holzhauer BGB 10. Aufl. Vor § 1835 Rn. 19; Knittel Betreuungsrecht § 1836 BGB Rn. 37; Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 1835 Rn. 8; Staudinger/Engler BGB [1999] § 1835 Rn. 36; vgl. auch OLG Hamm Beschluss vom 6.11.2000 15 W 425/99, Umdruck S. 6).

Der letzteren Auffassung tritt der Senat bei. Dabei verkennt er nicht, dass dadurch das Problem, trotz der im Verhältnis zum früheren Recht niedrigen, in § 1 Abs. 1 BVormVG festgelegten Stundensätze qualifizierte Betreuer zu finden, erheblich vergrößert wird. Er sieht auch, dass dadurch die Möglichkeiten des Betreuers zur rationellen Organisation seiner Tätigkeit eingeschränkt werden. Dies hat besonderes Gewicht, weil die Stundensätze auch bei vermögenden Betroffenen als Orientierungshilfe heranzuziehen sind (BGH NJW 2000, 3709/ 3710 f.), und die Frage des Ersatzes von Bürounkosten im Grundsatz einheitlich beantwortet werden sollte.

Entscheidend ist für den Senat jedoch folgende Erwägung: Nach dem früheren Rechtszustand kam neben der sich aus Zeitaufwand und Stundensatz ergebenden Betreuervergütung eine Bezahlung von Bürokosten einschließlich Büroarbeiten von Hilfskräften nicht in Betracht (BayObLGZ 1995, 35/39; 1996, 37/39; BayObLG FamRZ 1997, 578/580; Rpfleger 1998, 515/516; vgl. auch BT-Drucks. 11/4528 S. 112). Mit dem Betreuungsrechtsänderungsgesetz wurde aber erkennbar (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 20) eine Entlastung der Staatskasse angestrebt. Damit wäre eine regelmäßige zusätzliche Vergütung von Bürotätigkeiten, die durch bei dem Betreuer beschäftigte Hilfskräfte erbracht werden, nicht vereinbar. Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz hat zwar die Höhe der Vergütung, nicht aber den Umfang der damit abgegoltenen Leistung des Berufsbetreuers abgeändert, wie auch § 1 Abs. 3 Satz 2 BVormVG zeigt.

Diese Auffassung dürfte auch der bereits erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegen. Dort wird ausgeführt (NJW 2000, 3709/3712), für eine Bemessung der Stundensätze nach einer von dem Betreuer vorgelegten Kalkulation seiner Sach- und Personalkosten sei jedenfalls nach dem neuen Recht kein Raum mehr. Das neue Recht lege fest, mit welchem Stundensatz ein Berufsbetreuer in der Regel auszukommen habe. Nach dieser Vorgabe müsse der Aufwand an Sach- und Personalkosten eingerichtet werden.

Verfassungsrechtliche Bestimmungen stehen der hier vertretenden Auffassung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügen die in § 1 Abs. 1 BVormVG festgelegten Sätze der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass berufsmäßig tätigen Vormündern Zeitaufwand und anteilige Bürokosten zu erstatten sind (BVerfG BtPrax 2000, 120/121 f.; vgl. BGH NJW 2000, 3709/3712).

Schließlich ist auch im Rahmen der Vergütung und des Ersatzes von Aufwendungen zu beachten, dass die Aufgabe des Betreuers, die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten des Betreuten (§ 1901 Abs. 1 BGB) - bei größtmöglicher Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 1901 Abs. 2 BGB) - vom Betreuer persönlich bewältigt werden soll. Dieses Ziel könnte mit einer arbeitsteiligen Betreuung in größeren Büros, die mit erheblichen Sach- und Gemeinkosten verbunden sind, gefährdet werden. Deshalb sollen die Arbeitszeiten für die Betreuung nach einem einheitlichen, insgesamt angemessenen Stundensatz vergütet werden (BVerfGE 101, 331/353 f.; vgl. auch BGH aaO).

c) Die dargestellten Überlegungen lassen es auch nicht zu, die Leistungen einer durch den Betreuer eingeschalteten Bürokraft als Zeitaufwand des Betreuers zu werten und dadurch im Rahmen von dessen Vergütung (§ 1 Abs. 1 BVormVG) zu berücksichtigen.

3. Der Senat möchte die sofortige weitere Beschwerde zurückweisen. Dem steht die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf sofortige weitere Beschwerde ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen (FamRZ 2000, 555) entgegen. Dort wird die für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage des Aufwendungsersatzes abweichend beantwortet. Der Senat verkennt dabei nicht, dass es sich im durch das Oberlandesgericht Bremen entschiedenen Fall um Ansprüche eines Betreuungsvereins handelte, für die der Gesetzgeber eine Sonderregelung getroffen hat (vgl. BGH BtPrax 2000, 256/258). § 1908e Abs. 1 Satz 2 BGB sieht bei der Betreuung durch einen Vereinsbetreuer jedoch ausschließlich eine Einschränkung der Ansprüche des Vereins vor. Aufwendungsersatzansprüche, die einem Verein zustehen, können daher einem Berufsbetreuer erst recht nicht versagt werden. Das Rechtsmittel wird daher gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Ende der Entscheidung

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