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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.03.2005
Aktenzeichen: 3Z BR 249/04
Rechtsgebiete: FGG
Vorschriften:
FGG § 13 | |
FGG § 69g |
Gründe:
I.
Für den Betroffenen bestand seit 1960 eine Pflegschaft, die zum 1.1.1992 in eine Betreuung übergeleitet wurde.
Am 24.5.2002 hat das Vormundschaftsgericht den damaligen Betreuer entlassen und den Bruder des Betroffenen B zum Betreuer für alle Angelegenheiten mit Ausnahme der Aufenthaltsbestimmung bestellt. Für diese Aufgabe wurde der berufsmäßig tätige Betreuer zu 2 eingesetzt.
Mit Beschluss vom 15.10.2003 wurde B von der Betreuung entbunden und für die bisher ihm übertragenen Aufgaben die Schwester des Betroffenen S, die Betreuerin zu 1, eingesetzt. Hierbei hat das Vormundschaftsgericht ausdrücklich klargestellt, dass die Aufenthaltsbestimmung weiterhin der Betreuer zu 2 wahrzunehmen habe.
Mit Schriftsatz vom 28.5.2004 zeigte der Verfahrensbevollmächtigte der Betreuerin zu 1 unter Vorlage einer Vollmacht an, dass er "Frau S ..., die Betreuerin des Herrn D.", anwaltlich vertrete. "Namens und im Auftrag des Herrn D." werde beantragt, die dem Betreuer zu 2 übertragene Aufenthaltsbestimmung ebenfalls der Betreuerin zuzuordnen und den Betreuer zu 2 insoweit zu entlassen. Der Betroffene wünsche seit längerem, von seinem derzeitigen Aufenthaltsort in eine "andere betreuende Einrichtung" verlegt zu werden. Das verweigere ihm der Betreuer zu 2.
Am 10.8.2004 wies das Vormundschaftsgericht "den Antrag der S vom 28.5.2004" zurück.
Hiergegen legte Rechtsanwalt R "namens und im Auftrag des Betroffenen" Beschwerde ein mit dem Ziel, auch die Übertragung der Aufenthaltsbestimmung auf die Betreuerin zu 1, hilfsweise auf einen Dritten, zu erwirken.
Dieses Rechtsmittel hat das Landgericht mit Beschluss vom 8.10.2004 verworfen.
Auch die von Rechtsanwalt R namens und im Auftrag des Betroffenen eingelegte weitere Beschwerde verfolgt das bisherige Rechtsschutzziel.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig. Die weitere Beschwerde ist im Namen des Betroffenen durch eine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Beschwerdeschrift eingelegt worden (§ 21 Abs. 2, § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Der Betroffene ist durch die Verwerfungsentscheidung des Landgerichts auch beschwert im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG. Nach seinem Vortrag, von dem im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung auszugehen ist (vgl. Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 20 Rn. 18), wurde die in seinem Namen eingelegte Beschwerde als unzulässig verworfen. Dies genügt (BayObLGZ 1991, 1/4).
Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg, weil das Landgericht die Beschwerde ohne nähere Prüfung der Frage, wer Rechtsmittelführer ist, als unzulässig behandelt hat.
1. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Mangels Beschwerdebefugnis der Betreuerin zu 1 sei die Beschwerde zu verwerfen.
Ein Beschwerderecht ergebe sich weder aufgrund ihrer nahen Verwandtschaft zum Betroffenen noch aufgrund ihrer Stellung als Betreuerin.
Die Betreuerin gehöre als Schwester des Betroffenen zwar zum Personenkreis des § 69g Abs. 1 FGG. Der von ihr angefochtene Beschluss des Vormundschaftsgerichts falle aber nicht unter den abschließenden Katalog der Entscheidungen, für die den genannten Personen ein privilegiertes Beschwerderecht eingeräumt werde. Ein eigenes Recht der Betreuerin im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG werde durch die amtsgerichtliche Entscheidung nicht beeinträchtigt. Die Betreuerin sei schließlich auch nicht befugt, im Namen des Betroffenen gegen die erstinstanzliche Entscheidung Beschwerde einzulegen. Ein solches Beschwerderecht bestehe nach § 69g Abs. 1 Satz 2 FGG für den Betreuer nur dann, wenn die getroffene Entscheidung seinen Aufgabenkreis betreffe. Das sei vorwiegend nicht der Fall, weil die Aufenthaltsbestimmung nicht der Betreuerin übertragen worden sei, sondern dem weiteren Betreuer.
2. Diese Ausführungen treffen zwar insoweit zu, als sie die Beschwerdebefugnis der Betreuerin zu 1 betreffen. Gleichwohl halten sie rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand, da das Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass die Beschwerde ausdrücklich im Namen und im Auftrag des Betroffenen eingelegt wurde.
Das Landgericht durfte das Rechtsmittel nicht ohne nähere Aufklärung als Beschwerde der Betreuerin zu 1 behandeln. Zwar lag eine solche Auslegung nach dem tatsächlichen Verfahrensablauf nicht fern. Der Verfahrensbevollmächtigte hatte zunächst ein Mandatsverhältnis nur zur Betreuerin zu 1 geltend gemacht und sich zunächst ausdrücklich nur für diese bestellt. Er hat ferner gegenüber dem Amtsgericht im Schriftsatz vom 8.7.2004 an das Vormundschaftsgericht "für meine Mandantin" erwidert. In seinem Beschwerdeschriftsatz vom 27.8.2004 hat er nicht der Formulierung des Vormundschaftsgerichts widersprochen, dass "der Antrag der S " zurückgewiesen werde. Vielmehr hat er in diesem Schriftsatz wiederholt mit Bezug auf den Verfahrensgegenstand von "der Antragstellerin" gesprochen. Diese Auslegung musste aber, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, zwingend zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führen und war daher angesichts des Wortlauts der Beschwerde nicht vertretbar.
a) Gegen die Ablehnung eines - von ihm selbst oder einem anderen - beantragten Betreuerwechsels ist der Betroffene gemäß § 20 Abs. 1 FGG grundsätzlich beschwerdebefugt. Sein Recht auf Beschwerdeeinlegung besteht ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit (§ 66 FGG).
Selbst ein geschäftsunfähiger Betroffener kann hierzu einen Verfahrensbevollmächtigten bestellen, insbesondere einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragen (vgl. Keidel/Kayser § 66 Rn. 4).
b) Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit lässt grundsätzlich die Vertretung durch Bevollmächtigte zu (§ 13 Satz 2 FGG). Ob eine Vollmacht tatsächlich besteht und somit ein Beteiligter dem Gesetz entsprechend vertreten ist, hat das Gericht nach § 12 FGG von Amts wegen zu prüfen. Es liegt aber in seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es einen besonderen Nachweis der Vollmacht verlangen will. Hiervon kann es absehen, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die Stellung des Bevollmächtigten z. B. als Rechtsanwalt, anzunehmen ist, dass Bevollmächtigung vorliegt oder wenn sich aus dem Inhalt der Eingabe ersehen lässt, dass dem Bevollmächtigten ausführliche Aufklärung über die einschlägigen Verhältnisse erteilt ist (Keidel/Zimmermann § 13 Rn. 15 m.w.N.). Die Vollmacht ist nur auf Verlangen vorzuweisen; deshalb kann auch ein Antrag oder ein Rechtsmittel nicht ohne weiteres mangels Vollmachtvorlage zurückgewiesen werden, solange nicht die Vorlage mit angemessener Fristsetzung erfolglos angeordnet worden ist (BayObLGZ 1963, 209/214; Keidel/Zimmermann aaO m.w.N.).
c) Im vorliegenden Fall hat der Verfahrensbevollmächtigte gegenüber dem Vormundschaftsgericht unter Vollmachtvorlage angegeben, ein Mandat der Betreuerin zu 1 zu haben, und gleichwohl den Antrag auf Betreuerwechsel hinsichtlich der Aufenthaltsbestimmung "namens und im Auftrag des Betroffenen" gestellt. Deshalb erschien es dem Landgericht wohl nahe liegend, dass auch hinsichtlich der von demselben Rechtsanwalt eingelegten Beschwerde kein Mandat und damit kein Vertretungsverhältnis zu dem Betroffenen bestand. Jedoch hätte das Landgericht diese Frage nach § 12 FGG gegebenenfalls aufklären müssen, wozu es dem Bevollmächtigten auch die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Vollmacht hätte aufgeben können (§ 13 Satz 3 FGG).
Hingegen konnte es von Rechts wegen nicht eine ausdrücklich im Namen und im Auftrag des Betroffenen eingelegte Beschwerde als unzulässig verwerfen mit einer Begründung, welche ausschließlich auf die fehlende Beschwerdebefugnis der Betreuerin zu 1 abstellte und ohne sich hierbei mit einer eigenen Beschwerdebefugnis des Betreuten auseinander zu setzen sowie der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Verfahrensbevollmächtigte wirksam (auch) in dessen Namen handeln konnte.
Deshalb ist die Entscheidung aufzuheben und zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 3, § 30 Abs. 1 und 2 KostO.
Ende der Entscheidung
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