Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.03.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 60/02
Rechtsgebiete: AktG


Vorschriften:

AktG § 306 Abs. 4
Zur Frage wie die Vertreter der außenstehenden Aktionäre bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Bedeutung von Ausgleich und Abfindung zu vergüten seien.
3Z BR 59/02 3Z BR 60/02

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1, die am 9.12.1989 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 2 geschlossen hat. Der Vertrag sieht eine jährliche Ausgleichszahlung in Höhe von 19,50 DM und eine Barabfindung von 500 DM jeweils pro Aktie von nominal 50 DM vor. Das Landgericht setzte mit Beschluss vom 22.4.1999 die Barabfindung auf 567 DM und den Ausgleich auf 19,80 DM für die Zeit vom 29.6.1989 bis zum 31.12.1993 sowie auf 21,70 DM für die Zeit danach fest. Mit Beschlüssen vom 6.3.2001 hat das Landgericht die Antragsgegnerin zu 1 ferner verpflichtet, für das Verfahren erster Instanz dem gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre hinsichtlich der Abfindung eine Vergütung von noch 110000 DM, dem Vertreter hinsichtlich des Ausgleichs eine Vergütung von noch 50000 DM zu bezahlen. Unter Anrechnung bereits bezahlter Vorschüsse hat das Landgericht eine Gesamtvergütung des Vertreters bezüglich der Abfindung in Hohe von 150000 DM und des Vertreters bezüglich des Ausgleichs in Höhe von 90000 DM für angemessen erachtet. Mit der Vergütung seien die allgemeinen Geschäftsunkosten sowie die Mehrwertsteuer mitabgegolten. Gegen die vorbezeichneten Beschlüsse wenden sich die gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre jeweils mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde. Sie beantragen die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von insgesamt mindestens 459675 DM bzw. 535543 DM.

II.

Die Rechtsmittel sind zulässig (vgl. MünchKomm-AktG/Bilda 2. Aufl. § 306 Rn. 99), aber unbegründet.

1. Die gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre für Abfindung und Ausgleich können gemäß § 306 Abs. 4 Satz 6 AktG von der Gesellschaft den Ersatz angemessener barer Auslagen und eine Vergütung für ihre Tätigkeit verlangen. Hierbei sind keine festen Gebührensätze vorgesehen; die Gebühren nach § 118 BRAGO können lediglich ein Anhalt für die angemessene Vergütung sein. Entscheidend für die Höhe der Vergütung sind der Umfang der Verantwortung, die von den gemeinsamen Vertretern geleistete Arbeit und deren Schwierigkeit, die Dauer des Verfahrens sowie die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen. Auszugehen ist von der Gesamtleistung, die der gemeinsame Vertreter jeweils erbracht hat, und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre. Der letztgenannte Faktor kann in der Regel dadurch erfasst werden, dass von einem fiktiven Gegenstandswert für den Barabfindungs- und Ausgleichsanspruch der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre ausgegangen wird (vgl. BayObLG AG 1996, 183; FGPrax 2001, 84/85). Dabei bestehen keine Bedenken, für Ausgleich und Abfindung verschiedene fiktive Gegenstandswerte anzusetzen, zumal die Interessen der ausscheidenden und der in der Gesellschaft verbleibenden Aktionäre durchaus verschieden sein können (BayObLGZ 1992, 91/92 = AG 1992, 266/268).

2. Die angefochtenen Beschlüsse des Landgerichts sind hiernach nicht zu beanstanden.

a) Wie bereits dargestellt, trägt die Berücksichtigung eines fiktiven Gegenstandswertes für Ausgleich und Abfindung den wirtschaftlichen Interessen der außenstehenden Aktionäre Rechnung. Im Ansatz ist dabei zwischen den Interessen der ausscheidenden und der in der Gesellschaft verbleibenden Aktionäre zu unterscheiden (s.o.); für die Vertreter der 3eweiligen Gruppe kann nur der auf diese Gruppe entfallende fiktive Gegenstandswert Berücksichtigung finden. Das Landgericht hat dies beachtet und bei der Feststellung der für die beiden Gruppen jeweils maßgebenden fiktiven Gegenstandswerte auf das Erkenntnis in der Hauptsache abgestellt. Hiernach beruhte die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens insgesamt im wesentlichen auf den für die Abfindung ermittelten, deutlich über dem Unternehmensvertrag liegenden Werten, während der Ausgleich nur unwesentlich höher festgesetzt wurde und seine wirtschaftliche Bedeutung daher zurücktrat.

Das Landgericht hat zu Recht die nach § 118 BRAGO zu ermittelnde Gebühr lediglich als Anhalt für eine angemessene Vergütung der Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre herangezogen. Hätte der Gesetzgeber hier eine Bindung an Wertvorschriften beabsichtigt, hätte es nahegelegen, schon von Gesetzes wegen auf den Geschäfts- oder Gegenstandswert abzustellen und die betragsmäßige Vergütung in Form eines Gebührensatzes vorzugeben (vgl. BayObLG AG 1992, 266, 267). Dies ist aber nicht erfolgt.

"Anhalt" für die Vergütung ist schließlich auch nicht als Mindestvergütung zu verstehen. Der Gebührenrahmen nach § 118 BRAGO kann im Einzelfalle sogar erheblich unterschritten werden, denn der gemeinsame Vertreter erhält nicht eine angemessene Gebühr (vgl. § 21 BRAGO), sondern eine angemessene Vergütung, die sich im Gegensatz zur Gebühr an den Umständen des Einzelfalles zu orientieren hat (vgl. dazu i.e. BayObLG aaO).

b) Was die Leistung der gemeinsamen Vertreter im vorliegenden Verfahren betrifft, so hat das Landgericht die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen, die beide Beschwerdeführer in das Verfahren eingebracht haben, angemessen gewürdigt. Das Landgericht hat ferner die nicht unbeträchtliche Dauer des Verfahrens in seine Würdigung miteinbezogen ebenso wie die besonderen Probleme des Falles, mit denen sich die Beschwerdeführer zu befassen hatten. Ausdrücklich gewürdigt hat das Landgericht in diesem Zusammenhang die schriftlichen Beiträge der Beschwerdeführer, insbesondere mit Blick auf eine Auseinandersetzung bezüglich eines für das Verfahren wesentlichen Sachverständigengutachtens, aber auch die von beiden Beschwerdeführern wahrgenommenen Termine, die mit einer Erörterung des Verfahrensstoffes verbunden waren. Keiner besonderen Erwähnung bedurfte die Schwierigkeit, sich in das viele Jahre anhängige Verfahren immer wieder neu einzuarbeiten. Diese Problematik folgt schon aus der Dauer des Verfahrens als solcher und ist mit dieser hinreichend in die Bewertung miteingeflossen. Den von den Antragsgegnern in den Raum gestellten Vorwurf, die Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre hätten im vorliegenden Verfahren "nicht gearbeitet", hat sich das Landgericht zu Recht nicht zu eigen gemacht.

Der Senat schließt sich der Bewertung der Kammer in allen Punkten an. Die mit den angefochtenen Beschlüssen festgesetzten Vergütungen sind angemessen. Sie schließen, wie das Landgericht deutlich gemacht hat, die Erstattung von den Beschwerdeführern verauslagter Beträge mit ein. Das Landgericht hat schließlich auch deutlich gemacht, dass sich die festgesetzten Beträge jeweils einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer verstehen. Dies entspricht der Spruchpraxis auch des Senats (vgl. z.B. Beschluss vom 13.12.2000 - 3Z BR 168/99 in gleicher Sache). Den Beschwerdeführern ist zuzumuten, die auf die Vergütung entfallende Mehrwertsteuer selbst zu errechnen. Entscheidend ist lediglich, dass auch die verbleibende Nettovergütung noch angemessen ist. Dies ist im vorliegenden Falle nicht zu bezweifeln.

Ende der Entscheidung

Zurück