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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.05.1999
Aktenzeichen: 3Z BR 90/99
Rechtsgebiete: FGG, HGB, ZPO
Vorschriften:
FGG § 29 Abs. 1 Satz 3 | |
FGG § 27 Abs. 1 | |
FGG § 12 | |
HGB § 18 Abs. 2 | |
HGB § 17 | |
HGB § 18 Abs. 2 Satz 1 | |
HGB § 18 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 550 |
Bayerisches Oberstes Landesgericht
3Z BR 90/99 LG Amberg 41 HKT 1045/98 AG Amberg 5 AR 159/98
BESCHLUSS
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Karmasin sowie der Richter Dr.Schreieder und Dr.Nitsche
am 17.Mai 1999
in dem Handelsregisterverfahren
wegen Eintragung,
auf die weitere Beschwerde des Anmelders
beschlossen:
I. Auf die weitere Beschwerde werden der Beschluß des Landgerichts Amberg vom 19.November 1998 und der Beschluß des Amtsgerichts Amberg vom 17.August 1998 aufgehoben.
II. Die Akten werden an das Amtsgericht Amberg zurückgeleitet.
Gründe
I.
Mit beglaubigter Urkunde vom 20.7.1998 hat der Einzelkaufmann P. die Firma "MEDITEC Peter Pauter eingetragener Kaufmann" zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet, für die er als Gegenstand des Unternehmens den Handel mit Computern, EDV-Hard- und Software sowie die Bereitstellung der dazugehörigen Dienstleistungen angab. Das Registergericht lehnte mit Beschluß vom 17.8.1999 die Eintragung ab. Die Beschwerde des Urkundsnotars hiergegen wies das Landgericht mit Beschluß vom 19.11.1998 zurück. Hiergegen richtet sich die namens des Anmelders eingelegte weitere Beschwerde des Urkundsnotars.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig. Der Urkundsnotar ist gemäß § 29 Abs.1 Satz 3 FGG postulationsfähig. Er hat vor dem Registergericht einen Antrag gestellt, nämlich trotz der ablehnenden Stellungnahme der IHK die Eintragung der Firma im Handelsregister begehrt. Auf die tatsächliche Berechtigung des Notars, diesen Antrag zu stellen, kommt es nicht an (BayObLGZ 1998, 29; Keidel/Kahl FGG 14.Aufl. § 29 Rn.25; Jansen FGG 2. Aufl. § 29 Rn.15).
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, die angemeldete Firma sei nicht eintragungsfähig. Der Firmenbestandteil "Meditec" sei nicht zulässig, da dieser Zusatz im allgemeinen Sprachgebrauch im Zusammenhang mit Unternehmen der medizinisch-technischen Branche Verwendung finde und damit geeignet sei, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich seien, irrezuführen (§ 18 Abs.2 HGB n.F.).
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs.1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.
a) Die Firma eines Einzelkaufmanns muß, um ihre Funktion als Namen im Geschäftsverkehr (§ 17 HGB; vgl. auch OLG Celle DB 1999, 40), erfüllen zu können, zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen (§ 18 Abs.1 HGB; HK-HGB/Ruß 5. Aufl. § 118 Rn.3; Roth in Koller/ Roth/Morck HGB 2. Aufl. § 18 Rn.2). Auch wenn eine Firma diese Voraussetzungen erfüllt, ist sie nicht zulässig, wenn sie Angaben enthält, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen (§ 18 Abs.2 Satz 1 HGB). Wesentlich bezüglich geschäftlicher Verhältnisse (der Begriff ist weit auszulegen, vgl. Kögel BB 1997, 793/798) sind Angaben über deren Art und Größe, deren Branchenbezug und die Struktur des Betriebes (vgl. Ruß aaO Rn.11; Roth aaO Rn.8). Ob eine Firma oder ein Firmenbestandteil geeignet ist, zu täuschen, hat das Registergericht aufgrund der durch das Handelsrechtsreformgesetz (HRefG) geschaffene "Entschärfung des firmenrechtlichen Irreführungsverbotes" (BT-Drucks. 13/8444 S.38) nur noch in beschränktem Umfang zu überprüfen. Die Eignung zur Irreführung ist gemäß § 18 Abs.2 Satz 2 HGB nur zu berücksichtigen, wenn sie ersichtlich ist (Gegenäußerung der Bundesregierung ZIP 1997, 2027/2028; BT-Drucks. aaO S.53 f.; K.Schmidt NJW 1998, 2161/2167). Dies setzt nur die Grenzen für die Ermittlungspflicht des Registergerichts (§ 12 FGG) herab. Von einer völligen Abschaffung der Prüfung der Täuschungsgeeignetheit durch das Registergericht hat das HRefG u.a. aus Gründen des Verbraucherschutzes und wegen der zu befürchtenden deutlichen Zunahme wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten abgesehen (BT-Drucks. aaO). Mit der Neuregelung soll eine "Entsteinerung" des Irreführungsverbots (Schaefer DB 1998, 1269/1272; vgl. a. BT-Drucks. aaO S.36) erreicht werden. Es genügt nicht mehr, wenn nur einzelne irregeführt werden könnten, sondern es ist die Möglichkeit der Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise, also einer Gruppe von Adressaten erforderlich (Ruß aaO Rn.15). Es genügt auch nicht mehr, daß die Firma geeignet ist, über die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ihres Inhabers zu täuschen, sondern die in Betracht kommende Irreführung muß von gewisser Bedeutung für die angesprochenen Verkehrskreise sein (Jung ZIP 1998, 677/ 678). Die Angabe muß also aus der Sicht des durchschnittlichen Angehörigen dieser Kreise von Erheblichkeit in der Einschätzung des Unternehmensträgers sein (Roth aaO Rn.9).
Angaben von nur geringer wettbewerbsrechtlicher Relevanz oder von nebensächlicher wirtschaftlicher Bedeutung werden von § 18 Abs.2 HGB nicht erfaßt (Schäfer aaO S.1273). Das Firmenrecht des HGB erkennt bewußt Firmen als zulässig an, gegen die Abwehrklagen aus anderen Rechtsgebieten, insbesondere aus § 3 UWG, erfolgreich sein können (BT-Drucks. aaO Rn.53; Ruß aaO Rn.1O; Roth aaO Rn.9; Fezer ZHR 161, 52/58). Es soll daher jede Firma grundsätzlich eintragungsfähig sein, die unterscheidungskräftig und damit kennzeichnungsfähig ist, aus der das Gesellschaftsverhältnis ersichtlich ist und in der die Haftungsverhältnisse offengelegt sind (BT-Drucks. aaO S.36; Kögel BB 1997, 793/794).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die angemeldete Firma nicht zu beanstanden. Diese ist nicht ersichtlich irreführend. Ihre wettbewerbsrechtlich und wirtschaftlich bedeutsamen Angaben, nämlich Name des Inhabers und Einzelkaufmannseigenschaft, treffen zu. Der Firmenbestandteil "Meditec" rechtfertigt nicht die Ablehnung der Eintragung der Firma. "Meditec" ist ersichtlich eine Phantasiebezeichnung, deren inhaltliche Aussagekraft mit der einer echten Sachfirma, die dem Unternehmensgegenstand entlehnt sein muß (Bokelmann GmbHR 1998, 57/59; Kögel aaO 793/797), nicht verglichen werden kann. Nach dem neuen Firmenrecht sind nämlich auch unterscheidungskräftige Phantasiefirmen, die nicht dem Unternehmensgegenstand entnommen sein müssen, soweit sie nicht im Sinne von § 18 Abs.2 HGB irreführen, zulässig (BT-Drucks. aaO S.37; Bokelmann aaO S.57). Der angesprochene Adressat, der eine verständige Würdigung vornimmt (vgl. Ruß aaO Rn.15), wird allein auf Grund eines Phantasiezusatzes bei einer Personenfirma kein abschließendes Urteil über den Gegenstand des Unternehmens des Inhabers dieser Firma fällen. Sollten sich einzelne aber dennoch in der von den Tatsacheninstanzen angenommen Art täuschen, so wäre dies unwesentlich, weil der Nachteil nur darin bestünde, daß der Anmelder mit seiner Firma die Verkehrskreise nicht vollständig erreicht, die er ansprechen will.
Darauf, ob der in der Begründung der Erinnerung vom 11.8.1998 behauptete erweiterte Unternehmensgegenstand zutrifft, kommt es danach nicht an.
3. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher aufzuheben. Die Sache ist an das Registergericht zurückzugeben. Dieses hat unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Eintragung der Gesellschaft zu befinden.
Ende der Entscheidung
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