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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 5Z RR 398/01
Rechtsgebiete: BGB, AGTierkBG
Vorschriften:
BGB § 315 Abs. 3 | |
AGTierkBG Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 |
Gründe:
Die Voraussetzungen für die Annahme der Revision liegen nicht vor. Die Sache wirft keine ungeklärten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf und ist im Ergebnis richtig entschieden (§ 554b ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat den Vergütungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten für die Entsorgung von Schlachtabfällen (Pflichtmaterial) zu Recht unmittelbar aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGTierKGB abgeleitet, wonach der nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TierKGB beseitigungspflichtige Inhaber einer Tierkörperbeseitigungsanstalt von den Besitzern für die Beseitigung ein privates Entgelt verlangen kann. Während die Klägerin auf vertraglicher Grundlage im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 TierKBG bis 31.12.1998 nur mit der technischen Durchführung der Beseitigung befasst und damit nur Erfüllungsgehilfe der bis dahin beseitigungspflichtigen Landeshauptstadt München war, wurde mit der Übertragung der Beseitigungs-Pflicht gemäß § 4 Abs. 2 TierKBG die Landeshauptstadt München von ihrer Verantwortung entbunden und die Klägerin in deren Rechte und Pflichten im Umfang der Übertragung der Beseitigungspflicht eingesetzt. Sie nimmt dabei als beliehenes Privatunternehmen eine hoheitliche Aufgabe in dem Umfang wahr, wie es zuvor die Landeshauptstadt München getan hat (§ 4 Abs. 4 TierKGB). Dieser Rechtsstellung entspricht es, dass der Klägerin, die als privatrechtliche Kapitalgesellschaft keine öffentlich-rechtlichen Gebühren erheben kann, durch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGTierKBG das Recht eingeräumt wird, für ihre Pflichtleistung ein privatrechtliches Entgelt zu verlangen. Diese Vorschrift ist die Rechtsgrundlage für ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des beliehenen TBA-Unternehmers und zugleich Anspruchsgrundlage für seine Entgeltforderung (BGH NVwZ-RR 1990, 139/140; BGH Agrarrecht 1993, 220/221; vgl. auch K. Grünewald Handbuch des Tierkörperbeseitigungsrechts 1994 S. 195). Der Bundesgerichtshof hat zu § 8 Abs. 1 Satz 2 NRW TierKBG, wonach - wie in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGTierKBG - der beliehene TBA-Unternehmer für die Beseitigung vom Besitzer ein privatrechtliches Entgelt verlangen kann, ausgeführt, dass nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung die Pflicht zur Zahlung eines Entgelts nicht von dem Abschluss eines ausdrücklichen oder konkludenten Entsorgungsvertrags abhängig sei; vielmehr knüpfe die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts an die (tatsächliche) Beseitigung der Schlachtabfälle an (BGH NVwZ-RR 1990 S. 140; BGH Agrarrecht 1993 S. 222).
2. Das Berufungsgericht hat untersucht, ob der Liefervertrag vom 8.2./2.11.1999 - sein Zustandekommen unterstellt - dem Anspruch aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGTierKBG entgegenstünde. Es ist zum Ergebnis gekommen, dass nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Korrespondenz (insbesondere die wiederholten die Vertragsverhandlungen begleitenden Aufforderungen der Klägerin an den Beklagten, die Zahlungsrückstände betreffend die Entsorgung des Pflichtmaterials zu begleichen) die Parteien darin keine Regelung des Entsorgungsentgelts für Pflichtmaterial vereinbart haben. Soweit die Revision die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde in dem Sinne für sich in Anspruch nimmt, dass aus dem Fehlen einer Entgeltregelung für Pflichtmaterial gefolgert werden müsse, dass dessen Entsorgung unentgeltlich erfolge, hat das Berufungsgericht diese Vermutung aufgrund der von ihm herangezogenen Umstände als widerlegt angesehen. Es hat vielmehr aus dem Fehlen einer diesbezüglichen Entgeltregelung den Schluss gezogen, dass die Parteien von dem gesetzlichen Entgeltanspruch nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGTierKBG ausgegangen sind und insoweit keinen Regelungsbedarf gesehen haben.
Die dem Berufungsgericht als Tatsachengericht obliegende Vertragsauslegung ist vom Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 1999, 3704). Sie lässt keinen Rechtsfehler erkennen: Sie ist möglich und kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass eine andere Auslegung auch möglich ist (vgl. BGHZ 121, 357/363; BayObLG NJWE-FER 2000, 93).
Das Berufungsgericht hätte bei seiner Auslegung noch heranziehen können, dass das vom Beklagten gewünschte Auslegungsergebnis (Verzicht auf Entgelt für die Entsorgung von Pflichtmaterial) gegen die von der Klägerin als beliehene Unternehmerin zu beachtenden Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts (BGHZ 52, 325/328; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. § 242 Rn. 11) verstoßen und zur Unwirksamkeit einer entsprechenden Entgeltregelung führen würde (§ 134 BGB, Art. 3 GG; vgl. BGHZ 65, 284/287). Weil die Klägerin Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (§ 4 Abs. 1 TierKBG) wahrnimmt, werden die für sie maßgeblichen Vorschriften des Privatrechts durch die Bestimmungen des öffentlichen Rechts ergänzt, überlagert und modifiziert (vgl. BGHZ 91, 84/96 f.). Danach hat die Klägerin bei der privatrechtlichen Ausgestaltung des Entgeltverhältnisses für die ihr obliegende Entsorgung des Pflichtmaterials die Grundprinzipien öffentlicher Finanzgebarung (vgl. BGH aaO S. 97) zu beachten, zu denen das Gleichbehandlungsgebot zählt. Gegen dieses würde die Klägerin verstoßen, wenn sie den Beklagten ohne besonderen Anlass von Entgelten für die Entsorgung von Pflichtmaterial freistellen würde, während alle anderen Schlachtbetriebe im Schlachthof München, die wie der Beklagte insoweit die Leistung der Klägerin in Anspruch nehmen müssen (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Satz 1, 9 bis 11 TierKBG), Entgelte nach den Festpreisen der Entgeltliste der Klägerin zu bezahlen haben.
3. Die Einwände der Revision gegen die von den Vorinstanzen gebilligte Bemessung des Entgelts für die Entsorgung von Pflichtmaterial durch die Klägerin greifen nicht durch.
a) Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AGTierKBG ermächtigt die Klägerin, ein privatrechtliches Entgelt zu erheben. Weitere vorgaben, wie das Entgelt zu bemessen ist, enthält die Vorschrift nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Klägerin Entgelte nach freiem Belieben festsetzen könnte. Als beliehenes Unternehmen, das Leistungen der Daseinsvorsorge anbietet, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil angewiesen ist, unterliegen ihre Entgelte (Tarife) grundsätzlich der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB (h.M.; vgl. BGH NJW 1987, 1828/1829 m. w. N.). Die Billigkeitskontrolle bestimmt sich nach den kommunalabgabenrechtlichen Grundprinzipien, zu denen (neben dem Gleichbehandlungsgebot) der Äquivalenzgrundsatz sowie das Kostendeckungsprinzip gehören (vgl. BGHZ 115, 311/318).
b) Die tatrichterlichen Ausführungen zur Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB im konkreten Fall können vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Begriff der Billigkeit verkannt, ob es die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht oder ob es von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der eine fehlerfreie Ermessensausübung verhindert hat (vgl. BGH aaO S. 321).
c) Das angefochtene Urteil lässt einen derartigen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat sich mit der Angemessenheit der von der Klägerin in Übereinstimmung mit dem Übernahmevertrag mit der Landeshauptstadt München vom Gesichtspunkt der Kostendeckung als auch unter dem des Äquivalenzprinzips befasst. Es hat dabei beachtet, dass die 29.12.1998 festgesetzten Entgelte sowohl unter dem Stückpreisentgelte an diejenigen angelehnt sind, die die Landeshauptstadt München bis 31.12.1998 aufgrund ihrer Tierkörperbeseitigungsgebührensatzung vom 27.2.1992 festgesetzt hatte und die der Beklagte bis dahin ohne Einwand auch bezahlt hatte. Das Berufungsgericht durfte weiter in Rechnung stellen, dass die Entgeltsätze der Klägerin durch den Übernahmevertrag vom 29.12.1998 von der bisher beseitigungspflichtigen Landeshauptstadt München vorgegeben waren und von der Regierung von Oberbayern ausweislich ihres Genehmigungsbescheides vom 21.5.1999 als im Einklang mit den Grundsätzen des kommunalen Abgabenrechts angesehen wurden.
Nachdem die Landeshauptstadt München bis 31.12.1998 aufsichtlich genehmigte Gebühren in gleicher Größenordnung erhoben hat, konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass sich die von der Klägerin geforderten Stückpreispauschalen im Rahmen des Marktüblichen gehalten haben. Der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass an anderen Schlachthöfen vergleichbare Entsorgungsentgelte bezahlt werden.
Soweit die Revision rügt, die Stückpreispauschale von DM 6,80 für Großvieh sei übersetzt, weil dieser eine Entsorgungsmenge von ca. 35 kg pro Tier zugrunde liege, obwohl an Pflichtmaterial nur 3 - 4 bzw. 7 - 8 kg anfalle, ist zu berücksichtigen, dass die Stückpreispauschale auf der Grundlage eines Kilopreises nicht nur für das Pflichtmaterial, sondern für das gesamte Entsorgungsmaterial (§ 5 Abs. 2, § 2 Abs. 1 des Übernahmevertrags vom 29.12.1998) berechnet ist. Für das gesamte Material sind von der Klägerin pro Großvieh ca. 35 kg veranschlagt worden. Dass dieser Durchschnittswert nicht zu hoch gegriffen ist, geht daraus hervor, dass der Beklagte selbst von einer durchschnittlichen Menge von 40 - 67 kg Abfallprodukte pro Schlachtung eines Großviehs ausgeht (Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 30.5.2000 S. 16 = Bl. 93 d.A.). Da sich die im Übernahmevertrag offengelegte Berechnungsgrundlage von DM 195,-- a 1000 kg (= DM 0,195/kg) auf die gesamte Entsorgungsmenge bezieht, ist unerheblich, welchen Anteil daran das Pflichtmaterial hat. Im Hinblick darauf hat das Berufungsgericht zu Recht davon abgesehen, die vom Beklagten hierzu angebotenen Beweise zu erheben.
Diese Berechnungsweise des Entgelts durch die Klägerin ist nicht zu beanstanden; denn die Klägerin hat sich im Übernahmevertrag vom 29.12.1998 gegenüber der Landeshauptstadt München verpflichtet, sämtliche im Schlachthof München anfallende Tierkörper, Tierkörperteile und tierische Erzeugnisse (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 mit 3 TierKBG) zu entsorgen; das betrifft sowohl das Pflichtmaterial als auch das freie Material. Das bedeutet, dass die Klägerin auch das freie Material zum pauschalen Stückpreis zu entsorgen hat, wenn der Schlachtbetrieb hierfür keinen Abnehmer gefunden hat. Wegen der umfassenden Beseitigungspflicht (§ 4 Abs. 4 TierKBG) hat es das Berufungsgericht zu Recht nicht als unbillig angesehen, dass die Klägerin den pauschalen Stückpreis an die Gesamtmenge des Schlachtabfalls pro Schlachtung angeknüpft hat. Das Berufungsgericht hätte zusätzlich berücksichtigen können, dass der Beklagte tatsächlich die gesamten Schlachtabfälle durch die Klägerin hat beseitigen lassen und für den verwertbaren Teil derselben eine Vergütung erhalten hat.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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