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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.02.2005
Aktenzeichen: 1 ObOWi 637/04
Rechtsgebiete: StVO
Vorschriften:
StVO § 37 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 |
Entscheidung wurde am 16.05.2005 korrigiert: im ersten Absatz des Tatbestandes war das Eurosymbol fehlerhaft dargestellt
Tatbestand:
Der Betroffene wurde durch Urteil des Amtsgerichts wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit des Missachtens des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage zu einer Geldbuße von 50 € verurteilt. Dieser Entscheidung liegen u.a. folgende Feststellungen zugrunde:
Der Betroffene fuhr mit dem Kfz über 7,5 t, amtliches Kennzeichen: ... , von einer Grundstücksausfahrt auf die B-Allee in und brachte dieses Fahrzeug sodann auf der vor Ort an der Kreuzung zur S-Straße befindlichen Bushaltestelle zum Stehen. Nachdem der Betroffene den an dem von ihm gelenkten Lkw befindlichen Container aufgezogen hatte, fuhr er mit dem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich ein, als das für die Busse vor Ort befindliche Lichtsignal ein senkrechtes Lichtzeichen zeigte. Der Betroffene wusste, dass die für den gewöhnlichen Durchgangsverkehr in seiner Fahrtrichtung geltende Lichtzeichenanlage zu dieser Zeit bereits mehr als eine Sekunde lang Rotlicht anzeigte. Er brachte den Lkw dann in der Mitte der Kreuzung B-Allee/S-Straße zum Stehen und bog mit diesem nach links in die S-Straße ab, nachdem die Lichtzeichenanlage für den Durchgangsverkehr auf Grünlicht geschaltet hatte und jegliche Gefährdung des Gegenverkehrs ausgeschlossen war. Zum Zeitpunkt des Einfahrens des Betroffenen in den Kreuzungsbereich stand das Rotlicht des Durchgangsverkehrs bereits seit mindestens 36 Sekunden auf "Rot". Eine Gefährdung weiterer Verkehrsteilnehmer war zu keiner Zeit gegeben, da bei Umschalten des Bussignals alle anderen Verkehrsteilnehmer dieser Kreuzung Rotlicht haben.
Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügte der Betroffene die Verletzung materiellen Rechts. Er habe einen Sonderfahrstreifen für Busse, d.h. die Bushaltestelle, benutzt und sich deshalb an die Lichtzeichenregelung halten müssen, die für den Sonderfahrstreifen gilt. Auf den beiden Fahrspuren für den normalen Verkehr hätten sich lange Schlangen gebildet, so dass der Betroffene, der nach links habe abbiegen müssen, keine andere Möglichkeit gehabt habe, als der Buslichtzeichenanlage zu folgen. Die Einzelrichterin ließ die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts zu (§ 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG) und übertrug die Sache gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 OWiG in der Neufassung vom 24.8.2004 (BGBl I S. 2198/2204) auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern, der daher in dieser Besetzung entschied (§ 80a Abs. 2 OWiG). Die Rechtsbeschwerde erwies sich als unbegründet.
Gründe:
1. Nach § 37 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 StVO kann für jeden von mehreren markierten Fahrstreifen (Zeichen 295, 296 oder 340) ein eigenes Lichtzeichen gegeben werden. § 37 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 StVO bestimmt, dass für Schienenbahnen besondere Zeichen, auch in abweichenden Phasen, gegeben werden können; das gilt auch für Linienomnibusse und Taxen, wenn sie einen vom übrigen Verkehr freigehaltenen Verkehrsraum benutzen. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass die in § 37 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 StVO genannten besonderen Lichtzeichen bestimmten Fahrzeugen (Maschinenbahn, Linienbus, Taxi) auf einem für diese freigehaltenen Verkehrsraum zugeordnet sind. Zweck dieser Regelung ist es, den öffentlichen Verkehrsmitteln flüssige Fahrt zu gewähren und Kollisionsgefahren mit dem übrigen Verkehr zu vermeiden. Dementsprechend wird in Rechtsprechung und Literatur weit überwiegend die Ansicht vertreten, dass derjenige, der unberechtigt einen Sonderfahrstreifen für Busse benutzt, die für den allgemeinen Verkehr bestimmten Wechsellichtanlagen zu beachten hat (BayObLGSt 1984, 109; OLG Hamburg NZV 2001, 389; Hentschel Straßenverkehrsrecht 37. Aufl. § 37 StVO Rn. 56; Janiszewski/Jagow/Burmann Straßenverkehrsrecht 18. Aufl. § 37 StVO Rn. 24; a.A. OLG Düsseldorf VRS 68, 70).
Zwar hat der Betroffene nach den Feststellungen des Amtsgerichts keinen Sonderfahrstreifen für Busse, der eine Beschilderung mit dem Zeichen 245 voraussetzen würde, benutzt (vgl. OLG Düsseldorf VRS 68, 70/71), sondern er hat in einer Bushaltebucht angehalten und ist anschließend von dieser Haltestelle aus in eine mit Sonderlichtzeichen für Busse versehene Kreuzung eingefahren. Diese Fallgestaltung lässt im Hinblick auf den festgestellten Rotlichtverstoß jedoch keine andere Beurteilung zu. Auch hier muss der Betroffene die für den allgemeinen Verkehr geltenden Lichtzeichen beachten; denn die besonderen Lichtzeichen werden nur für Linienomnibusse und nicht für den übrigen Verkehr gegeben.
2. Der Einwand des Betroffenen, er habe nach links abbiegen "müssen", lässt schon deshalb keine andere Beurteilung zu, weil er nicht nachvollziehbar ist. Sein Vorhaben, nach links abzubiegen, hätte der Betroffene angesichts der von ihm geschilderten Verkehrslage (Fahrzeugschlangen auf beiden Spuren für den allgemeinen Verkehr) zurückstellen und gegebenenfalls einen Umweg in Kauf nehmen müssen; er hätte auch nach rechts abbiegen oder sich in den Geradeausverkehr einfädeln können. Den Feststellungen des Amtsgerichts ist ferner nicht zu entnehmen, dass der Betroffene durch sein Anhalten in der Bushaltebucht und das Zuwarten bis zum Grünlicht für den allgemeinen Verkehr nachfolgende Busse behindert hätte. Eine konkrete Behinderung wird auch in der Rechtsbeschwerde nicht behauptet.
3. Dass das Amtsgericht zugunsten des Betroffenen von einer fahrlässigen Begehungsweise ausgegangen ist, obwohl dieser sich des Einfahrens in die Kreuzung bei Rotlicht bewusst war und ein Tatbestandsirrtum daher nicht in Betracht kommt (§ 11 Abs. 1 OWiG), wirkt sich nicht zum Nachteil des Betroffenen aus. Anhaltspunkte dafür, dass ein Verbotsirrtum gemäß § 11 Abs. 2 OWiG gegeben sein könnte, sind nicht ersichtlich, zumal der Einwand des Betroffenen, er habe nach links abbiegen müssen und sich deshalb nicht anders verhalten können, wie bereits ausgeführt, nicht nachvollziehbar ist.
4. Eine Verpflichtung des Senats, die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, besteht nicht. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5.10.1984 (VRS 68, 70) knüpft an die unbefugte Nutzung eines Sonderfahrstreifens (Zeichen 245) durch ein Taxi an. Da eine solche Fallkonstellation hier nicht gegeben ist, steht die genannte Entscheidung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats nicht entgegen.
Ende der Entscheidung
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