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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2002
Aktenzeichen: 1Z AR 163/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 29
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Zur Frage, wo der Honoraranspruch eines Steuerberaters zu erfüllen ist.
Gründe:

I.

Der Kläger, ein Steuerberater mit Kanzlei in München, hat beim Amtsgericht München gegen die in Nürnberg ansässige Beklagte Klage auf Bezahlung von 4737,97 EUR nebst Zinsen für Steuerberatungsleistungen erhoben. Die Beklagte hat im Termin zur Güteverhandlung die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts München gerügt. Das Amtsgericht München hat mit Beschluss vom 13.9.2002 die Parteien darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung Honorarforderungen eines Rechtsanwalts nicht an dessen Kanzleisitz (§ 29 ZPO) zu erfüllen seien, sondern im allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Dies gelte auch für Forderungen eines Steuerberaters. Der Kläger hat seine Auffassung bekräftigt, dass Erfüllungsort für seine Honorarforderung sein Kanzleisitz sei, hat jedoch vorsorglich Verweisungsantrag gestellt. Mit Beschluss vom 25.9.2002 hat das Amtsgericht München sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Nürnberg verwiesen mit der Begründung, § 29 ZPO sei nicht einschlägig, sondern §§ 12, 13 ZPO i.V.m. §§ 269, 270 BGB; Geldschuld sei Schickschuld.

Mit Beschluss vom 16.10.2002 hat sich das Amtsgericht Nürnberg seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht München zurückverwiesen. Es ist der Auffassung, der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts München entbehre der gesetzlichen Grundlage, weil nach ganz herrschender und zutreffender Auffassung der Erfüllungsort für die Gebührenansprüche eines Steuerberaters, welcher einem Rechtsanwalt insoweit gleichzustellen sei, gemäß § 29 Abs. 1 ZPO Sitz der Kanzlei sei. Das Amtsgericht München hat daraufhin am 22.11.2002 beschlossen, die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorzulegen.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung des negativen Zuständigkeitsstreits gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, § 9 EGZPO berufen. Die nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dafür maßgebenden Voraussetzungen liegen vor.

2. Das Amtsgericht Nürnberg ist infolge der auch im Bestimmungsverfahren n ach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachtenden Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 25.9.2002 zuständig geworden.

a) Nach § 281 Abs.. 2 Satz 4 ZPO ist ein Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Diese Bindung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten (Zöller/Vollkommer ZPO 23.Aufl. § 36 Rn. 28). Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn die Verweisung offensichtlich gesetzwidrig ist, so dass sie als objektiv willkürlich erscheint, oder wenn sie auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (BGHZ 102, 338/341; BayObLGZ 1991, 280/281 f.; Zöller/Greger § 281 Rn. 17 und 17a).

b) Die Voraussetzungen, unter denen die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 25.9.2002 entfallen könnte, liegen nicht vor. Das Amtsgericht München hat den Gerichtsstand des § 29 ZPO ausdrücklich geprüft und einen Erfüllungsort für Honoraransprüche des Steuerberaters - ebenso wie die des Rechtsanwalts - am Ort seiner Kanzlei verneint. Es hat sich dabei in Widerspruch zur herrschenden Meinung, die auch der Senat teilt, gesetzt. Honoraransprüche aus einem Anwaltsvertrag sind am Ort der Kanzlei des Rechtsanwalts zu erfüllen (BGHZ 97, 79/82; BGH NJW 1991, 3095/3096; BayObLG NJW-RR 2001, 928; BayObLG, Beschluss vom 14.11.2002, 1Z AR 153/02; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 29 Rn. 25 Stichwort "Anwalt"; Thomas/ Putzo ZPO 24. Aufl. § 29 Rn. 6). Dies gilt auch für Honoraransprüche eines Steuerberaters (vgl. BayObLG MDR 1996, 850; OLG Köln NJW-RR 1997, 825; Zöller/Vollkommer § 29 Rn. 25 Stichwort "Steuerberater").

Allerdings ist ein Verweisungsbeschluss nicht schon deshalb willkürlich, weil er von einer "ganz überwiegenden" oder "fast einhelligen" Rechtsauffassung abweicht (BGH NJW-RR 2002, 1498/1499). Das Amtsgericht München hat sich zur Begründung seiner von der herrschenden Meinung abweichenden Auffassung auf Stimmen in Literatur und Rechtsprechung (vgl. Schmidt MDR 1993, 410; Prechtel NJW 1999, 3617; MDR 2001, 561; Einsiedler NJW,2001, 1549; AG Spandau NJW 2000, 1654; LG Frankfurt am Main NJW 2001, 2640) gestützt. Die dem Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts München zugrundeliegende Ansicht, das Amtsgericht Nürnberg sei mangels eines Gerichtsstands des Erfüllungsorts in München als Gericht des allgemeinen Gerichtsstands der Beklagten örtlich zuständig, ist daher im Bestimmungsverfahren hinzunehmen.

Ende der Entscheidung

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