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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.12.2004
Aktenzeichen: 1Z AR 184/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

BGB § 269
ZPO § 29
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Bei einem stationären Aufenthalt des Patienten ist der Sitz der Klinik Erfüllungsort sowohl für die Leistungen des dort tätigen Arztes als auch für die Bezahlung des Arzthonorars durch den Patienten.
Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Rojahn und Dr. Kainz sowie der Richterin am Oberlandesgericht Förth am 23. Dezember 2004 in dem Rechtsstreit

wegen Forderung,

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts,

auf Antrag des Klägers

beschlossen:

Tenor:

Als für die Klage gemeinschaftlich zuständiges Gericht wird das Landgericht Traunstein bestimmt.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten als Erben der inzwischen verstorbenen Patientin Honorar in Höhe von 9.862,81 EUR für ärztliche Leistungen, die er als Belegarzt während ihres stationären Aufenthaltes in einer im Bezirk des Landgerichts Traunstein gelegenen Klinik erbracht hat. Die Patientin war zuletzt im Landgerichtsbezirk Osnabrück wohnhaft. Nach Widerspruchseinlegung im Mahnverfahren wurde das Verfahren an das vom Kläger in den Mahnbescheidsanträgen als Prozessgericht benannte Landgericht Traunstein abgegeben.

Die Beklagten, die ihren Wohnsitz in außerbayerischen Landgerichtsbezirken haben, rügen die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Traunstein. Der Kläger hat beantragt, für die Beklagten ein gemeinsam örtliches zuständiges Gericht zu bestimmen. Das Landgericht Traunstein hat sich mit Beschluss vom 28.10.2004 für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über das Gesuch berufen (§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Zuerst mit der Sache befasst war das in Bayern gelegene Landgericht Traunstein. Die Zuständigkeitsbestimmung ist auch nach Rechtshängigkeit noch möglich (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO 24. Aufl. § 36 Rn. 16). Ihr steht nicht entgegen, dass die Beklagten nicht ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Bayerischen Obersten Landesgerichts haben (BayObLG vom 5.2.2002 - 1Z AR 9/02).

2. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor. Für den Rechtsstreit ist zwar sowohl ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand nach § 28 ZPO als auch nach § 29 ZPO begründet, was im Regelfall eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausschließt. Da aber das Landgericht Traunstein sich für örtlich unzuständig erklärt hat, nimmt der Senat aus prozessökonomischen Gründen trotzdem eine Bestimmung vor, wobei er dasjenige Gericht bestimmt, das nach seiner Auffassung ohnehin zuständig ist (vgl. KG Report 2003, 230/232).

Das Landgericht Traunstein ist nach § 29 ZPO zuständig. Ein gemeinsamer Erfüllungsort für das gesamte Vertragsverhältnis ergibt sich aus der Natur des hier streitgegenständlichen Schuldverhältnisses, das die ärztliche Behandlung durch den Kläger während des stationären Aufenthalts der Patientin zum Gegenstand hatte. Der Schwerpunkt des Vertrages, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen ist, soll auch der Ort sein, an dem die beiderseitigen Verpflichtungen zu erfüllen sind (OLG Celle NJW 1990, 777; LG München I NJW-RR 2003, 488/489).

Der Schwerpunkt des Arztvertrages ist bei einem stationären Aufenthalt des Patienten die Heilbehandlung am Klinikort; daher ist von einem einheitlichen Leistungsort am Sitz der Klinik sowohl für die Leistungen des dort tätigen Arztes als auch für die Zahlungspflicht des Patienten auszugehen (vgl. zum Krankenhausaufnahmevertrag Senatsbeschluss vom 7.12.2004 1 Z AR 160/04). Die Ortsbindung eines derartigen Vertrages geht über die des Anwaltsvertrages deutlich hinaus (vgl. hierzu BGH NJW 2004, 54/55), da die ärztliche Behandlung des Patienten in diesen Fällen nur in der Klinik erfolgen kann. § 29 ZPO findet in persönlicher Hinsicht Anwendung auch auf die Gesamtrechtsnachfolger der Vertragsparteien, also die Beklagten (Zöller/ Vollkommer § 29 Rn. 7).

Zwar ist noch ein weiterer besonderer gemeinschaftlicher Gerichtsstand für den Rechtsstreit bei dem Landgericht Osnabrück nach § 28 ZPO begründet, da Gegenstand der Klage Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB) sind und die Beklagten als Gesamtschuldner für diese Erblasserschulden gemäß §§ 2058 ff, 421, 426 BGB in Anspruch genommen werden (Zöller/Vollkommer § 28 Rn. 2, 4). Jedoch hat der Kläger durch Angabe des zuständigen Gerichts im Mahnbescheidsantrag sein Wahlrecht (§ 35 ZPO) ausgeübt. Diese getroffene Wahl ist unwiderruflich (BayObLG NJW-RR 1991,187/188; Zöller/Vollkommer § 35 Rn. 2). Das Landgericht Traunstein ist daher örtlich zuständig.



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