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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2003
Aktenzeichen: 1Z AR 21/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 281
Zur Frage der Unzuständigkeitserklärung, der Verweisung und der "Abgabe".
Gründe:

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Darlehensrückzahlungsanspruch im Mahnverfahren geltend gemacht. Der Mahnbescheid ist dem Beklagten unter der Adresse seines Prozessbevollmächtigten in München zugestellt worden, der für ihn Widerspruch eingelegt hat. Im Mahnbescheidsantrag hat die Klägerin das Landgericht München I als für das streitige Verfahren zuständige Gericht angegeben. An dieses hat das Mahngericht den Rechtsstreit abgegeben; die Akten sind beim Landgericht München I am 13.2.2002 eingegangen.

Der Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts München I mit der Begründung gerügt, er habe dort keinen Wohnsitz; bei der im Mahnbescheid angegebenen Adresse handle es sich um die Kanzleiadresse seines Prozessbevollmächtigten.

Mit Anspruchsbegründung vom 5.11.2002 hat die Klägerin beantragt, den Rechtsstreit "an das örtlich zuständige Landgericht Stuttgart abzugeben". Mit Verfügung vom 14.11.2002 hat das Landgericht München I den Rechtsstreit auf Antrag der Klagepartei an das Landgericht Stuttgart abgegeben mit der Begründung, der Rechtsstreit sei beim Landgericht München I noch nicht rechtshängig; in diesem Stadium des Verfahrens könne die Klagepartei noch frei bestimmen, bei welchem Gericht sie den Rechtsstreit rechtshängig machen wolle. Ohne die Parteien anzuhören, hat sich das Landgericht Stuttgart mit Beschluss vom 4.12.2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht München I verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Landgericht München I sei als Wohnsitzgericht des Beklagten örtlich zuständig; die Klägerin habe mit der Bezeichnung des Landgerichts München I im Mahnbescheidsantrag dieses als für das Streitverfahren zuständiges Gericht verbindlich gewählt. Die Abgabe durch das Landgericht München I sei nicht bindend. Daraufhin hat das Landgericht München I mit Verfügung vom 7.1.2003 Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt, den es nach erneuter Rüge der örtlichen Zuständigkeit durch den Beklagten abgesetzt hat, um die Akten dem Oberlandesgericht München zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorzulegen. Dieses hat die Akten zuständigkeitshalber dem Bayerischen Obersten Landesgericht zugeleitet.

II.

1. Die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Entscheidung über die Vorlage des Landgerichts München 1 ergibt sich aus § 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO.

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor.

Nach dieser Vorschrift ist das zuständige Gericht zu bestimmen, wenn sich verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

Daran fehlt es. Die Unzuständigkeitserklärung muss unanfechtbar und verbindlich sein (vgl. BGHZ 144, 21/24; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 36 Rn. 25). Dies ist bei einer Unzuständigkeitserklärung im Rahmen eines Verweisungsbeschlusses nach § 281 Abs. 1 ZPO der Fall, weil dieser nach § 281 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO unanfechtbar und - von den Ausnahmefällen der Willkür und der Verletzung des rechtlichen Gehörs abgesehen - bindend ist (vgl. Zöller/Vollkommer aaO). Die Verfügung des Landgerichts München I vom 14.11.2002 enthält aber keine Unzuständigkeitserklärung; sie spricht auch keine Verweisung aus, sondern eine "Abgabe". Das Landgericht München I ist ersichtlich davon ausgegangen, dass in diesem Stadium des Verfahrens noch eine Abgabe - allein auf den Wunsch der Klägerin hin - erfolgen könne; deswegen hat es auch dem Beklagten nicht rechtliches Gehör gegeben, wie es notwendige Voraussetzung einer Verweisung gewesen wäre. Danach fehlt es an einer rechtskräftigen Unzuständigkeitserklärung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.

Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 4.12.2002 enthält zwar eine Unzuständigkeitserklärung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO; er ist aber schon deswegen nicht verbindlich, weil er unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Parteien ergangen ist.

3. Die Sache wird dem vorlegenden Landgericht München I zurückgegeben, das durch die Abgabe des Rechtsstreits nach Widerspruch im Mahnverfahren hierdurch in seiner Zuständigkeit allerdings nicht gebunden ist (§ 696 Abs. 5 ZPO). Es wird die Prüfung der Zuständigkeit (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 24. Aufl. § 696 Rn. 25) nachholen müssen, zumal sich aus dem Parteivorbringen weder eine Zuständigkeit des Landgerichts München I noch eine solche des Landgerichts Stuttgart ergibt.

Ende der Entscheidung

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