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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.04.2003
Aktenzeichen: 1Z AR 25/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 38
Zur Frage der Zuständigkeitsbestimmung, wenn zweifelhaft ist, ob ein gemeinsamer Gerichtsstand besteht.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2, eine GmbH mit Sitz in Krefeld, und deren in Düsseldorf wohnhaften Geschäftsführer, den Beklagten zu 1, als Gesamtschuldner auf Zahlung von 7685,64 Euro in Anspruch. Die Klägerin hatte für die Beklagte zu 2 auf Grund deren Antrags vom 29.11.1999 ein Firmenkonto eröffnet. Dies ermöglichte es der Beklagten zu 2, gegen Rechnung mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen in den Niederlassungen der Klägerin einzukaufen. Der Geschäftsbeziehung wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde gelegt. Nummer 16 lautet:

"Ist der Kontoinhaber Vollkaufmann, so wird München als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart."

Die Beklagte zu 2 hat Waren im Werte von 14274 DM gekauft. Als sie nicht in der Lage war, diese Summe zu begleichen, haben die Klägerin und beide Beklagte einen "Teilzahlungsvergleich" geschlossen. Die Beklagten erkannten an, der Klägerin als Gesamtschuldner gemäß einer beigefügten Forderungsaufstellung 15359,59 DM nebst Kosten in Höhe von 1447,10 DM zu schulden und verpflichteten sich zur Rückzahlung dieses Betrages in monatlichen Raten von 500 DM. Die Klägerin hat die nach Zahlung einiger Raten auf Grund der Verfallklausel fällig gewordene Restforderung von 7685,64 Euro gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zunächst im Mahnverfahren geltend gemacht, wobei sie als für ein streitiges Verfahren zuständiges Gericht das Amtsgericht München benannt hat. Nach Widerspruch der Beklagten wurde der Rechtsstreit an dieses Gericht abgegeben. Das Amtsgericht München hat darauf hingewiesen, dass es sachlich nicht zuständig sei, weil der Streitwert über 5000 Euro liege, und dass eine Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Beklagten zu 1 nicht vorgetragen sei.

Die Klägerin hat daraufhin gegenüber dem Amtsgericht München beantragt, den Rechtsstreit an das Landgericht München I zu verweisen, und gleichzeitig gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beim Oberlandesgericht München den Antrag gestellt, das Landgericht München I als auch für den Beklagten zu 1 zuständiges Gericht zu bestimmen.

Das Oberlandesgericht München hat den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zuständigkeitshalber an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.

II.

1. Für die Entscheidung über den Bestimmungsantrag ist das Bayerische Oberste Landesgericht nach § 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO zuständig.

2. Ein gemeinsamer Gerichtsstand ist zumindest nicht zuverlässig feststellbar:

a) Für die Beklagte zu 2 ist gemäß Nr. 16 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin das Landgericht München I ausschließlich zuständig.(vgl. BGH NJW 1996, 3013/3014). Der "Teilzahlungsvergleich" hat nur Modalitäten der Erfüllung einer sich aus dem ursprünglichen Vertragsverhältnis ergebenden Forderung geregelt und deren Höhe festgestellt; die Gerichtsstandsvereinbarung, die sich sinngemäß auf alle Forderungen aus dem Vertrag über die Eröffnung eines Firmenkontos bezieht (vgl. § 40 Abs. 1 ZPO), gilt daher fort, auch wenn die Höhe der Klageforderung nunmehr allein durch den "Teilzahlungsvergleich" bestimmt wird.

b) Ob der Beklagte zu 1 dadurch, dass er die Verpflichtung der Beklagten zu 2 zur (ratenweisen) Zahlung des kreditierten Kaufpreises durch rechtsgeschäftlichen Schuldbeitritt mit übernahm (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 62. Aufl. Überbl. v. § 414 Rn. 2), auch die Gerichtsstandsvereinbarung mit übernommen hat, ist, da in dem "Teilzahlungsvergleich" auf das ursprüngliche Vertragsverhältnis jedenfalls nicht ausdrücklich Bezug genommen wurde, zumindest zweifelhaft (vgl. BGH NJW 1986, 1438 und dazu die Anmerkungen von Geimer aaO S. 1439 und Roth IPrax 1987, 141; Stein/Jonas/Bork ZPO 21. Aufl. Rn. 48; Wieczorek/Schütze/Hausmann ZPO 3. Aufl. Rn. 94; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. Rn. 10 jeweils zu § 38); das Amtsgericht ist offenbar davon ausgegangen, dass dies nicht der Fall sei. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist aber bereits dann gegeben, wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand nicht zuverlässig festgestellt werden kann (BayObLGZ 1985, 314/317; Zöller/Vollkommer § 36 Rn. 18), zumal wenn das angerufene Gericht die Auffassung vertritt, ein gemeinsamer Gerichtsstand sei nicht gegeben, und als zu bestimmendes Gericht ohnehin nur das möglicherweise bereits zuständige Gericht in Betracht kommt (vgl. nachstehend unter 3.).

3. Im Regelfall kann nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nur ein Gericht bestimmt werden, bei dem einer der zu verklagenden oder bereits verklagten Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Kommt hinsichtlich eines Streitgenossen eine Klage im allgemeinen Gerichtsstand wegen einer besonderen ausschließlichen Zuständigkeit nicht in Betracht, wie hier, kann das ausschließlich zuständige Gericht bestimmt werden (BGH NJW 1987, 439). Dies setzt voraus, dass es dem oder den anderen Streitgenossen zugemutet werden kann, sich vor dem im Verhältnis zu einer Partei prorogierten Gericht verklagen zu lassen (BGH NJW 1988, 646/647). Dies kann, wenn es sich bei dem Streitgenossen um den Geschäftsführer handelt, der die Gerichtsstandsvereinbarung für die GmbH getroffen hat, regelmäßig angenommen werden.

Ende der Entscheidung

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