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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.01.2002
Aktenzeichen: 1Z AR 3/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 35
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 281 Abs. 2 Satz 5
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 5
Zur Frage, inwieweit die Verweisung das den Mahnbescheid erlassene Gericht im anschließenden Streitverfahren bindet, wenn der Kläger von seinem Wahlrecht nach § 35 ZPO Gebrauch gemacht hat.
Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Gummer sowie der Richter Kenklies und Zwirlein

am 18. Januar 2002

in dem Rechtsstreit

wegen Forderung,

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts,

auf Vorlage des Amtsgerichts Hof

beschlossen:

Tenor:

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht München.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Bezahlung des Restkaufpreises. Sie erwirkte gegen die Beklagte einen Mahnbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 15.6.2001 Über eine Hauptforderung in Höhe von 5000 DM. Nach Widerspruch der Beklagten hat das Mahngericht das Verfahren an das im Mahnbescheidsantrag als für das streitige Verfahren zuständig bezeichnete Amtsgericht München abgegeben. Dort beantragte die Klägerin die Verweisung an das Amtsgericht Hof mit der Begründung, entsprechend den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin hätten die Parteien als Gerichtsstand Hof vereinbart.

Mit Beschluss vom 22.10.2001 hat das Amtsgericht München sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hof verwiesen; der Verweisungsbeschluss wurde nicht begründet.

Das Amtsgericht Hof hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und seine Zuständigkeit verneint, da die Klägerin im Mahnbescheidsantrag in zulässiger und bindender Weise von der Möglichkeit der Bestimmung des Gerichtsstandes gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Gebrauch gemacht habe. Es hat die Akten, nachdem das Amtsgericht München eine Rückübernahme abgelehnt hat, dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Die Klägerin hat sich der Auffassung des Amtsgerichts Hof angeschlossen und beantragt, das Amtsgericht München als das zuständige Gericht zu bestimmen.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung zuständig, weil die beteiligten Gerichte Hof und München zu den Bezirken unterschiedlicher bayerischer Oberlandesgerichte gehören (§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO).

2. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

3. Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht München zu bestimmen.

Das Amtsgericht München ist für die Klage als Gericht des allgemeinen Gerichtsstands zuständig, da die Beklagte in dessen Bezirk ihren Sitz hat. Ob daneben aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin auch eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Hof besteht, kann dahinstehen, da es sich hierbei nicht um einen den allgemeinen Gerichtsstand verdrängenden ausschließlichen Gerichtsstand handelt. Die Klägerin hat nämlich jedenfalls ihr Wahlrecht (§ 35 ZPO) dadurch zugunsten des Amtsgerichts München verbindlich ausgeübt, dass sie im Antrag auf Erlass des Mahnbescheids das Amtsgericht München als das Gericht bezeichnet hat, das für das streitige Verfahren zuständig ist (§ 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO).

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hof folgt auch nicht aus einer Bindung an den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts München gemäß § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO. Diese Bindungswirkung gilt nicht, wenn die Verweisung jeder Rechtsgrundlage entbehrt und daher willkürlich ist, oder wenn sie auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht (vgl. BGH NJW 1993, 1273; BayObLGZ 1993, 317/319; Zöller/Greger ZPO 22. Aufl. § 281 Rn. 17, 17 a).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 22.10.2001.entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage, weil das als Gericht des allgemeinen Gerichtsstands unzweifelhaft örtlich zuständige Amtsgericht München sich darüber hinwegsetzt, dass die Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt. Durch die gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vorgeschriebene Angabe des für das Streitverfahren zuständigen Gerichts hat die Klägerin von ihrem Wahlrecht gemäß § 35 ZPO Gebrauch gemacht. Die getroffene Wahl ist jedenfalls nach Zustellung des Mahnbescheide grundsätzlich endgültig und unwiderruflich (vgl. BGH NJW 1993, 1273;, BayObLG Rpfleger 1993, 411). Angesichts der in bezug auf die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts München zweifelsfreien rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten besteht auch kein Anhaltspunkt für einen Rechtsirrtum des Gerichts, der Willkür ausschließen würde. Dem Verweisungsbeschluss ist keinerlei Begründung dafür zu entnehmen, warum das Amtsgericht München örtlich nicht zuständig sein sollte.



Ende der Entscheidung

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