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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.04.2003
Aktenzeichen: 1Z AR 30/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6 | |
ZPO § 281 Abs. 2 Satz 4 | |
ZPO § 767 Abs. 1 |
Gründe:
I.
Der Kläger hat gegen die Beklagte bei dem Amtsgericht Wunsiedel Vollstreckungsabwehrklage mit dem Antrag erhoben, die Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden des Amtsgerichts Wunsiedel vom 3.5.1993 - und vom 11.10.1993 Az: 4222/93 - für unzulässig zu erklären. Das Amtsgericht Wunsiedel wies die Parteien darauf hin, dass für die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 767 Abs. 1, 796 Abs. 3, 802 ZPO das Gericht ausschließlich zuständig sei, das im ersten Rechtzug für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre. Nach diesem gerichtlichen Hinweis beantragte der Kläger die Verweisung des Rechtsstreits an das gemäß §§ 767 Abs. 1, 796 Abs. 3 ZPO zuständige Amtsgericht Schwabach, da er bei Erlass der Vollstreckungsbescheide als damaliger Schuldner im Amtsgerichtsbezirk Schwabach gewohnt habe (§ 12 ZPO); zugleich teilte der Kläger mit, er habe die von der Beklagten geltend gemachte Forderung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung unter Vorbehalt bezahlt. Infolgedessen erkläre er die mit der ursprünglich erhobenen Vollstreckungsabwehrklage gestellten Sachanträge für erledigt und erweitere die Klagen nunmehr dahingehend, dass beantragt werde, die Beklagte zur Rückzahlung von 182,14 EUR zu verurteilen.
Die Beklagte rügte bei dem Amtsgericht Wunsiedel die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und beantragte, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Wiesloch zu verweisen, da sie in dessen Bezirk ihren Sitz habe.
Mit Beschluss vom 19.12.2002 erklärte sich das Amtsgericht Wunsiedel für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit gemäß § 281 ZPO auf Antrag des Klägers an das Amtsgericht Schwabach.
Das Amtsgericht Schwabach wies die Parteien mit Verfügung vom 14.1.2003 darauf hin, dass für den von dem Kläger nunmehr geltend gemachten Zahlungsanspruch das Gericht am Sitz der Beklagten zuständig sei. Der Kläger trug hierzu vor, er halte das Amtsgericht Schwabach gemäß § 767 Abs. 1 ZPO auch für die Klage auf Rückzahlung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bezahlten Betrages für zuständig; er beantrage jedoch hilfsweise betreffend die Klageerweiterung die Abtrennung des Verfahrens und Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Wiesloch.
Mit Beschluss vom 10.2.2003 legte das Amtsgericht Schwabach die Kosten der Vollstreckungsabwehrklage, nachdem die Parteien die Hauptsache insoweit einvernehmlich für erledigt erklärt hatten, der beklagten Partei auf und trennte die Zahlungsklage ab. Bezüglich der Zahlungsklage erklärte sich das Amtsgericht Schwabach für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Amtsgericht Wiesloch. Zur Begründung führte das Amtsgericht Schwabach im Wesentlichen aus, für die auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Zahlungsklage sei das Amtsgericht Wiesloch, in dessen Bezirk die Schuldnerin ihren Sitz habe, zuständig.
Das Amtsgericht Wiesloch hat mit Beschluss vom 24.2.2003 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und dies im Wesentlichen mit der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Wunsiedel begründet. Das Amtsgericht Schwabach hat daraufhin die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Entscheidung des negativen Zuständigkeitsstreits zwischen dem zuerst mit der Sache befassten Amtsgericht Schwabach und dem Amtsgericht Wiesloch zuständig (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
2. Das Amtsgericht Schwabach ist infolge der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Wunsiedel vom 19.12.2002 zuständig geworden.
a) Nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist ein Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Diese Bindungswirkung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten (Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 36 Rn. 28). Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn die Verweisung offensichtlich gesetzwidrig ist, so dass sie als objektiv willkürlich erscheint, oder wenn sie auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (BGHZ 102, 338/341; BayObLGZ 1991, 280/281 f.; Zöller/Greger § 281 Rn. 17 und 17a).
b) Die Voraussetzungen, unter denen die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Wunsiedel vom 19.12.2002 entfallen könnte, liegen nicht vor. Die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Schwabach für die ursprünglich von dem Kläger erhobene Vollstreckungsabwehrklage ergibt sich aus §§ 767 Abs. 1, 795 Abs. 1 Satz 1, 796 Abs. 3, 802 ZPO, da dieses Gericht im Hinblick auf den Wohnsitz des Klägers im dortigen Bezirk für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre (§§ 12, 13 ZPO). Der im Laufe des Rechtsstreits infolge Zahlung unter Vorbehalt eingetretenen Veränderung der Sachlage hat der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass er seinen Klageantrag unter Beibehaltung des ursprünglichen Klagegrundes den veränderten Umständen angepasst hat. Die Vollstreckungsabwehrklage war infolge Zahlung des titulierten Betrages unzulässig geworden mit der Folge, dass der ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Beseitigung der Vollstreckbarkeit der Vollstreckungsbescheide nunmehr als Anspruch auf Rückerstattung des zur Abwendung der Vollstreckung gezahlten, materiellrechtlich aber möglicherweise nicht geschuldeten Betrages weiterverfolgt wird. Eine sich in diesem Rahmen bewegende Umstellung der Vollstreckungsabwehrklage auf eine materiellrechtliche Bereicherungsklage ist gemäß § 264 Nr. 3 ZPO ohne weiteres zulässig (BGHZ 99, 292/294; OLG Schleswig MDR 1991, 669; Zöller/Greger § 264 Rn. 5; Musielak/Lackmann ZPO 3. Aufl. § 767 Rn. 20; MünchKommZPO/Schmidt 2. Aufl. § 76 TRn. 42; Stein/Jonas/Münzberg ZPO 22. Aufl. § 767 Rn. 45).
Das Amtsgericht Wunsiedel, das für den Rechtsstreit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuständig war, hat seinen Verweisungsbeschluss in Kenntnis der Klageänderung und entsprechend dem Antrag des Klägers erlassen. Allerdings enthält der Verweisungsbeschluss keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob im Hinblick auf die Veränderung des Streitgegenstands die für die Vollstreckungsabwehrklage begründete Zuständigkeit des Amtsgerichts Schwabach auch für die materiellrechtliche Bereicherungsklage fortbesteht. Ob dies der Fall ist, kann hier jedoch dahingestellt bleiben, da auch dann, wenn im Falle der Umstellung der Vollstreckungsabwehrklage auf eine bereicherungsrechtliche Zahlungsklage diese im allgemeinen Gerichtsstand geltend zu machen wäre (vgl. Stein/Jonas/Münzberg § 767 Rn. 45 und 56; MünchKommZPO/ Schmidt § 767 Rn. 21), der Verweisungsbeschluss jedenfalls nicht als offensichtlich gesetzwidrig und objektiv willkürlich anzusehen wäre.
Ende der Entscheidung
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