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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.07.2003
Aktenzeichen: 1Z AR 73/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 22
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Keine Bestimmung des zuständigen Gerichts, wenn für die Klage gegen alle Streitgenossen der besondere Gerichtsstand der Mitgliedschaft gegeben ist.
Gründe:

I.

Der Kläger und die Beklagten waren Gesellschafter der 1989 gegründeten A-GmbH mit Sitz im Landgerichtsbezirk München I. An dem DM 300000 betragenden Stammkapital der Gesellschaft war der Beklagte zu 1 mit einer Stammeinlage in Höhe von DM 156000 (52 %), der Kläger mit einer Stammeinlage in Höhe von DM 72000 (24 %) und der Beklagte zu 2 mit einer Stammeinlage in Höhe von DM 72000 (24 %) beteiligt. Die GmbH hatte Betriebsstätten in München und in Wiesbaden; letztere wurde vom Beklagten zu 2 geleitet. Die GmbH war außerdem an der B-GmbH, Berlin, mit zwei Stammeinlagen in Höhe von je DM 50000 beteiligt.

Im Dezember 1996 verständigten sich die Parteien darauf, die Gesellschaftsverhältnisse neu zu ordnen: Durch die Beklagten sollte eine neue GmbH gegründet werden, die die bisherigen Aktivitäten der Niederlassung in Wiesbaden übernehmen sollte. Gleichzeitig sollte der Beklagte zu 2 aus der bisherigen GmbH ausscheiden und seinen Anteil an den Kläger übertragen. Dieser sollte außerdem ein Ankaufsrecht des Gesellschaftsanteils des Beklagten zu 1 und einen Abfindungsbetrag in Höhe von DM 35000 von der neuen GmbH erhalten. Weiter haben die Parteien ihre Absicht bekundet, zwischen der A-GmbH München und der neuen Gesellschaft einen Kooperationsvertrag zu schließen, in dem u.a. Entwicklung und Einsatz einer gemeinsamen Firmenbroschüre und die gemeinsame Selbstdarstellung nach außen geregelt wird. Im Jahre 1997 haben die Parteien das im Dezember 1996 beschlossene Vorhaben mit einer Reihe von Verträgen und Beschlüssen umgesetzt, u.a. durch Neugründung der A-GmbH Wiesbaden durch die Beklagten, Einziehung des Geschäftsanteils des Beklagten zu 2 an der A-GmbH München, Übertragung des Geschäftsanteils des Beklagten zu 1 an den Kläger, jeweils am 22.5.1997, und Veräußerung des Geschäftsanteils an der B-GmbH durch die A-GmbH München an den Beklagten zu 1 am 5.12.1997. Weiterhin schlossen die Parteien am 22.5.1997 eine Rahmenvereinbarung mit der A-GmbH München, in der sie klarstellten, dass sämtliche heute unterzeichneten Vereinbarungen, betreffend die Gründung der neuen Gesellschaft in Wiesbaden, Kapitalherabsetzung, Einziehung des Anteils des Beklagten zu 2, Verlegung der Geschäftsstelle Wiesbaden, Niederlegung der Geschäftsführerposition des Beklagten zu 2, Vertrag Anteil B-GmbH usw., in einem einheitlichen Zusammenhang stehen und nicht jeweils selbständig gewollt sind. Der beabsichtigte Kooperationsvertrag kam nicht zustande.

Der Kläger ist der Auffassung, dass nach dem Scheitern des Kopperationsvertrages die Geschäftsgrundlage für die gesamte Neuordnung der Gesellschaft weggefallen sei. Bei der Bewertung der Gesellschaftsanteile sei man ausweislich der Rahmenvereinbarung vom Abschluss des Kooperationsvertrages ausgegangen. Wegen Ausfalls dieser Bewertungsgrundlage seien im Wege der Vertragsanpassung die den Verträgen aus dem Jahr 1997 zugrunde liegenden Gesellschaftsanteile neu zu bewerten, was zu einem Wertausgleichsanspruch gegen die Beklagten führe.

Mit vor dem Landgericht München I erhobener Klage verlangt der Kläger von den Beklagten die Bezahlung von jeweils 25000 EUR nebst Zinsen. Der Beklagte zu 1 ist in München wohnhaft. Der im Landgerichtsbezirk Wiesbaden wohnhafte Beklagte zu 2 hat die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts München 1 gerügt. Daraufhin hat der Kläger die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt.

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über das Gesuch auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts berufen, da die Beklagten ihren jeweiligen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) in einem bayerischen und einem außerbayerischen Gerichtsbezirk haben (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, § 9 EGZPO).

2. Dem Gesuch kann nicht entsprochen werden. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor, da für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist. Der Kläger kann beide Beklagte vor dem Landgericht München I im besonderen Gerichtsstand der Mitgliedschaft gemäß § 22 ZPO verklagen. Das schließt eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Senat aus (vgl. BGH NJW 1986, 935; BayObLG NJW-RR 1997, 699; Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. § 36 Rn. 15).

Mit der Klage macht der Kläger als Gesellschafter der A-GmbH München Ansprüche geltend, die er aus dem ehemaligen Mitgliedschaftsverhältnis der Beklagten an der A-GmbH herleitet. Der Gerichtsstand des § 22 ZPO gilt auch für Klagen der Mitglieder untereinander, selbst wenn es sich dabei um ausgeschiedene Mitglieder handelt (vgl. Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. § 22 Rn. 2). Der Sitz der A-GmbH München befindet sich im Landgerichtsbezirk München I. Der dadurch gemäß § 17 ZPO bestimmte allgemeine Gerichtsstand der Gesellschaft ist daher gemäß § 22 ZPO auch für Klagen zuständig, die von den Mitgliedern der Gesellschaft in dieser Eigenschaft gegeneinander erhoben werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 1987, 757).

Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird gemäß 3 ZPO entsprechend dem Interesse des Klägers, die Beklagten bei demselben Gericht zu verklagen, auf einen Bruchteil des Wertes der Hauptsache festgesetzt (vgl. BayObLGZ 1995, 301/305); der Senat hält 1/4 des Hauptsachewertes für angemessen (vgl. BayObLG vom 21.3.2002, 1Z AR 20/02).

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