Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.12.2004
Aktenzeichen: 1Z AR 86/04
Rechtsgebiete: ZPO, LugÜ


Vorschriften:

ZPO § 32
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 38
LugÜ Art. 17 Abs. 1
1. Die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil neben vertraglichen Ansprüchen, auf die die Klage im Wesentlichen gestützt wird, auch deliktische Ansprüche in Betracht kommen und insoweit möglicherweise der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gegeben ist.

2. Die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts kommt nicht in Betracht, wenn mit dem in der Schweiz ansässigen Drittwiderbeklagten ein anderweitiger Gerichtsstand vereinbart und die im Anwendungsbereich des Luganer Übereinkommens geltende Vermutung, dass es sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand handelt, nicht widerlegt ist.


Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht Rojahn und Dr. Kainz sowie der Richterin am Oberlandesgericht Förth am 23. Dezember 2004 in dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes u.a.,

hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts,

beschlossen:

Tenor:

I. Als für die Widerklage und die Drittwiderklage gegen die Antragsgegnerin zu 2 örtlich zuständiges gemeinsames Gericht wird das Landgericht München I bestimmt.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist ein Konzern mit Sitz in Berlin. Sie war alleinige Gesellschafterin der Antragsgegnerin zu 1, einer GmbH mit Sitz in München. Zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1 bestand ein Gewinnabführungsvertrag vom 24.9.1980, auf Grund dessen die Antragsgegnerin zu 1 verpflichtet war, ihre Geschäfte ausschließlich nach den Weisungen der Antragstellerin zu führen und den nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn an diese abzuführen.

Mit Vertrag vom 19.8.2003 hat die Antragstellerin ihren Anteil an der Antragsgegnerin zu 1 mit Wirkung zum 30.9.2003 an die Antragsgegnerin zu 2 übertragen. Die Antragsgegnerin zu 2 ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Bezirk des Landgerichts München II und 100%ige Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin zu 3, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Der Vertrag enthält abschließend die Bestimmung: "Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird als Gerichtsstand Berlin vereinbart". Am 7.10.2003 wurde eine Änderungs- und Ergänzungsvereinbarung zu dem Vertrag vom 19.8.2003 getroffen, die eine gleich lautende Gerichtsstandsvereinbarung enthält.

Am 3.9.2003 hat die Antragstellerin einen "Vertrag über Kauf und Abtretung einer Forderung" mit der Antragsgegnerin zu 3 geschlossen. Mit diesem Vertrag hat die Antragstellerin ihr zustehende Darlehensansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 1 und deren Tochtergesellschaften auf Grund von Verrechnungskontoabreden an die Antragsgegnerin zu 3 verkauft und abgetreten. Abschließend ist in diesem Vertrag bestimmt: "Gerichtsstand ist Berlin".

Am 27.8.2003 hat die Antragstellerin mit der Antragsgegnerin zu 1 eine Vereinbarung getroffen, mit der sich letztere verpflichtet, sämtliche Anteile an der Z. GmbH zu veräußern, sobald für alle Anteile ein verbindliches Kaufangebot vorliegt, das zu einem Nettoerlös von mindestens 700.000 EUR führt, und 50 % des dem Betrag von 400.000 EUR übersteigenden Teils des Nettoerlöses an die Antragstellerin abzuführen. Als Gegenleistung hat sich die Antragstellerin verpflichtet, auf einen Teil in Höhe von 400.000 EUR der ihr aus der Verrechnungskontoabrede zustehenden Forderung zu verzichten; ferner haben die Antragsstellerin und die Antragsgegnerin zu 1 Zahlungsmodalitäten zur Tilgung einer Restforderung aus der Verrechnungskontovereinbarung über 900.000 EUR getroffen. Auch in diesem Vertrag ist bestimmt "Gerichtsstand ist Berlin".

Die Antragsgegnerin zu 1 hat gegen die Antragstellerin vor dem Landgericht München I, dem Gerichtsstand der Mitgliedschaft gemäß § 22 ZPO, Klage auf Zahlung von Verlustausgleich gemäß § 302 AktG in Höhe von 6,3 Mio EUR erhoben.

Die Antragstellerin hat Widerklage erhoben. Sie verlangt von der Antragsgegnerin zu 1 Zahlung eines Betrages von rund 290.000 EUR, weil der Geschäftsführer der Klägerin weisungswidrig vor dem Übertragungsstichtag diesen Betrag nicht auf das Verrechnungskonto der Antragstellerin überwiesen habe (Widerklageantrag Ziffer 1). Ferner verlangt sie im Wege der Stufenklage Auskunft darüber, ob und inwieweit die Antragsgegnerin zu 1 und/oder ihre damaligen Tochtergesellschaften Beträge außerhalb der in das zentrale Cash-Management einbezogenen Konten vereinnahmt habe, sowie über Rechnungsstellungen und Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit dem Übergabestichtag, Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben an Eides statt sowie Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft zu bestimmenden Höhe (Widerklageantrag zu 2). Hierzu macht die Antragstellerin geltend, der damalige alleinige Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 1 habe zusammen mit dem Verhandlungsführer der Antragsgegnerinnen zu 2 und 3, dem die Antragstellerin im Vertrauen auf deren Redlichkeit erlaubt habe, sich bereits vor dem Übertragungsstichtag mit der Antragsgegnerin zu 1 und deren Töchtern vertraut zu machen, künstlich den Negativsaldo des Verrechnungskontos hochgefahren, indem Forderungen erst nach dem 1.10.2003 geltend gemacht und Verbindlichkeiten früher als nach dem normalen Geschäftsgang üblich vor dem Stichtag bezahlt worden seien. Darüber hinaus verlangt die Antragstellerin ebenfalls im Wege der Stufenklage von der Antragsgegnerin zu 1 Auskunft über die Verkaufsbemühungen im Hinblick auf die "Z. GmbH", Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides statt und Zahllungen in einer nach Erteilung der Auskunft zu bestimmenden Höhe (Widerklageantrag zu 3). Hierzu hat die Antragstellerin vorgetragen, der zum vertraglichen Mindestpreis erfolgte Verkauf dieses Verlages sei ein Scheingeschäft, bei dem der angebliche Erwerber als Strohmann fungiere und bei einem Weiterverkauf lediglich eine Verkaufsprovision erhalten solle. Das Geschäft habe dazu gedient, den Mehrerlös nicht entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen mit der Antragstellerin teilen zu müssen.

Die Antragstellerin will gegen die Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 Dritt-Widerklagen erheben, mit denen Ansprüche verfolgt werden sollen auf Freistellung von etwaigen Verlustausgleichsansprüchen gemäß § 302 AktG sowie von sonstigen Schäden und Aufwendungen im Zusammenhang mit der unberechtigten Geltendmachung dieser Ansprüche oder Feststellung der entsprechenden Freistellungsverpflichtung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadensersatzleistung oder Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit den Verträgen vom 19.8.2003, 7.10.2003, 3.9.2003 und 27.8.2003 sowie der Aufstellung des Jahresabschlusses der Antragsgegnerin zu 1 und ihrer Tochtergesellschaften vom 30.9.2003 und der Inanspruchnahme von Liquiditätszuführungen zu Gunsten der Antragsgegnerin zu 1 über das so genannte zentrale Cash-Management der A. Gruppe.

Die Antragstellerin stützt ihre Ansprüche zum einen auf die Verträge sowie deren ergänzende Auslegung, zum anderen auf schwerwiegende Pflichtverletzungen der Antragsgegnerinnen im Zusammenhang mit der Verrechnungskontenvereinbarung und der Aufstellung des Jahresabschlusses. Im Einzelnen will sie folgende Ansprüche geltend machen:

1. Zahlung von 900.000 EUR durch die Antragsgegnerin zu 3 auf Grund des Vertrages vom 3.9.2003.

2. Feststellung der Freistellungsverpflichtung der Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 hinsichtlich der Verlustausgleichsansprüche nach § 302 AktG und der Aufwendungen im Rahmen der Rechtsverteidigung; diesen Anspruch will die Antragstellerin auf die ergänzende Auslegung der Verträge vom 19.8.2003 und 3.9.2003 stützen.

3. Schadensersatzansprüche im Hinblick auf Manipulationen des Verrechnungskontensaldos, im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses und dem Scheinverkauf der Z. GmbH. Diesen Anspruch will die Antragstellerin stützen auf die Verletzung von Nebenpflichten aus den Verträgen vom 19.8.2003, 7.10.2003 und 3.9.2003.

Die Antragstellerin hat beantragt, auch für die beabsichtigten Dritt-Wider-Klagen das Landgericht München I als gemeinsam zuständiges Gericht zu bestimmen.

Die Antragsgegnerinnen sind dem Antrag entgegengetreten. Sie verweisen darauf, dass in den Verträgen als Gerichtsstand Berlin vereinbart sei. Jedenfalls im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 3 handle es sich gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LugÜ um einen ausschließlichen Gerichtsstand, über den sich eine Zuständigkeitsbestimmung nicht hinweg setzen dürfe. Auch der besondere Gerichtsstand des § 32 ZPO befinde sich in Berlin.

II.

Die beantragte Bestimmung des Landgerichts München I als auch für die Drittwiderklagen zuständiges Gericht (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) kann nur hinsichtlich der beabsichtigten Drittwiderklage gegen die Antragsgegnerin zu 2 erfolgen. Bezüglich der gegen die Antragsgegnerin zu 3 beabsichtigten Drittwiderklage kann nicht München als zuständig bestimmt werden, da der vereinbarte Gerichtsstand in Berlin nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LugÜ als ausschließlicher Gerichtsstand anzusehen ist.

1. Dem Antrag steht grundsätzlich nicht entgegen, dass er eine Widerklage betrifft. Die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist auch dann anwendbar, wenn die gegen den Kläger erhobene Widerklage wie hier mit einer parteierweiternden Dritt-Widerklage verbunden werden soll, durch die eine neue Partei in den anhängigen Rechtsstreit hineingezogen wird. Für den Dritt-Widerbeklagten gilt der besondere Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 ZPO) in der Regel nicht. Die Bestimmung erfolgt in diesen Fällen unter dem Vorbehalt, dass das mit der Widerklage befasste Gericht über die Sachdienlichkeit der Widerklage gemäß § 263 ZPO selbst zu befinden hat (vgl. BGH NJW 1991, 2838; 1992, 982; 1993, 2120).

2. Die Antragsgegnerinnen sind Streitgenossen im Sinne des § 60 ZPO.

Der Gesetzgeber hat in § 60 ZPO den Begriff der Streitgenossenschaft im Interesse der Prozessökonomie weit gefasst. Neben dem in § 59 ZPO geregelten Fall, dass der tatsächliche und rechtliche Grund der gegen die Antragsgegner erhobenen Ansprüche identisch ist, lässt er in § 60 ZPO auch schon die Gleichartigkeit von Ansprüchen aufgrund eines im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grundes genügen. Auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der geltend gemachten Ansprüche ist daher Streitgenossenschaft anzunehmen, wenn diese Ansprüche in einem inneren Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (BGH NJW-RR 1991, 381; BayObLG NJW-RR 2003, 134; Zöller/Vollkommer ZPO 24. Aufl. § 60 Rn. 7).

In diesem Sinne sind die gegen die Antragsgegnerinnen geltend gemachten Ansprüche im Wesentlichen gleichartig, obwohl die Ansprüche auf unterschiedliche Anspruchsgrundlagen gestützt werden. Der innere Zusammenhang der Ansprüche wird dadurch begründet, dass sie alle auf Pflichtverletzungen und vertragswidrige Handlungen der Antragsgegnerinnen im Zusammenhang mit der Veräußerung der Antragsgegnerin zu 1 an die Antragsgegnerin zu 2 gestützt werden; nach dem insoweit maßgeblichen Vortrag der Antragstellerin liegt ein einheitlicher Geschehenszusammenhang vor.

3. Auch im Fall der Widerklage ist für die Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Voraussetzung, dass für den Rechtsstreit - d.h. hier für die prozessualen Ansprüche gegen die Widerbeklagten - ein gemeinschaftlicher allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist (BGH NJW 2000, 1871). Hier ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen ein die Bestimmung ausschließender gemeinsamer besonderer Gerichtsstand in Berlin weder aufgrund vertraglicher Vereinbarung (§ 38 ZPO) noch nach § 32 ZPO begründet.

a) Zwar ist in den Verträgen vom 19.8.2003, 27.8.2003, 7.10.2003 und 3.9.2003 zwischen den prorogationsbefugten Parteien als Gerichtsstand jeweils Berlin vereinbart worden (§ 38 ZPO). In dem Gewinnabführungsvertrag vom 24.9.1980, auf den Ansprüche gegen die Antragsgegnerin zu 1 gestützt werden, fehlt jedoch eine entsprechende Vereinbarung.

b) Im Übrigen kommt als gemeinsamer besonderer Gerichtsstand nur derjenige der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) in Betracht. Voraussetzung für eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO ist, dass der Kläger eine unerlaubte Handlung darlegt (BGH NJW 2002, 1425/1426). Die Antragstellerin stützt ihre Ansprüche jedoch im Wesentlichen auf die Verträge zwischen ihr und den Antragsgegnerinnen und die behauptete Verletzung der sich daraus ergebenden Pflichten.

Ob daneben als Anspruchsgrundlage auch eine deliktische Haftung der Antragsgegnerinnen in Betracht kommt, kann offen bleiben, da dies der Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts nicht entgegensteht. Zwar können nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO im Rahmen des einheitlichen prozessualen Anspruchs auch konkurrierende Ansprüche aus vertraglicher Haftung geprüft werden (vgl. BGH NJW 2003, 828; BayObLGZ 1995, 301). Damit soll die Rechtsverfolgung erleichtert und im Interesse der Prozessökonomie vermieden werden, dass derselbe Streitgegenstand mehrfach Gegenstand eines Rechtsstreits wird. Dem berechtigterweise angerufenen Gericht am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung kommt somit eine umfassende Entscheidungskompetenz zu. Dem Kläger wird es dadurch ermöglicht, eine einheitliche Entscheidung über alle Anspruchsgrundlagen durch dasselbe Gericht herbeizuführen. Besteht bei mehreren Beklagten ein gemeinsamer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, ist eine Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO deshalb nicht erforderlich.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Bestimmung eines für mehrere Streitgenossen gemeinsam zuständigen Gerichts schon dann abzulehnen ist, wenn neben den im Vordergrund stehenden vertraglichen Ansprüchen auch solche aus Delikt in Frage kommen. Sinn des § 36 ZPO ist es, jedem langwierigen Streit der Gerichte untereinander über die Grenzen ihrer Zuständigkeit ein Ende zu machen und eine Ausweitung von solchen Streitigkeiten tunlichst zu vermeiden. Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn dem Kläger in derartigen Fällen eine Bestimmung versagt würde mit der Folge, dass Streit darüber entstehen könnte, ob und wo ein gemeinsamer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gegeben ist.

Im Übrigen steht aufgrund des bisherigen Sachvortrags der Antragstellerin nicht sicher fest, ob gegen alle Antragsgegnerinnen auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegeben sind. Schon deshalb kann eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgen (vgl. BayObLGZ 1985, 314/317).

4. Voraussetzung für die Bestimmung des Landgerichts München I als für die Widerklagen gemeinsam zuständiges Gericht ist ferner, dass mit den Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 kein anderer ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart ist.

a) In den mit der Antragsgegnerin zu 2 geschlossenen Verträgen vom 19.8.2003 und 7.10.2003 ist nicht ausdrücklich festgelegt, ob der vereinbarte Gerichtsstand ausschließlich sein soll. Diese Frage ist deshalb durch Auslegung zu ermitteln; eine Vermutung spricht weder für die Ausschließlichkeit noch gegen sie (RGZ 159, 254/256; BGHZ 59, 116/119; Zöller/Vollkommer § 38 Rn. 14 m.w.N.; MünchKommZPO/Patzina 2. Aufl. § 38 Rn. 42). Der Umstand, dass als Gerichtsstand jeweils der Sitz der Antragstellerin bestimmt wurde, spricht dafür, dass dort ein zusätzlicher Gerichtsstand geschaffen, der Antragstellerin jedoch nicht die Möglichkeit genommen werden sollte, die Antragsgegnerinnen auch an deren allgemeinem Gerichtsstand zu verklagen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der vereinbarte Gerichtsstand in Berlin nicht ausschließlich sein sollte.

b) Hingegen ist die mit der in der Schweiz ansässigen Antragsgegnerin zu 3 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung als ausschließlich anzusehen: Art. 17 Abs. 1 LugÜ begründet zwar nur eine (widerlegliche) Vermutung für die Ausschließlichkeit des vereinbarten Gerichtsstands und hindert die Parteien nicht, einen mit dem gesetzlichen nur konkurrierenden Gerichtsstand zu vereinbaren. Nach Art. 17 Abs. 4 LugÜ ist auch die Vereinbarung eines einseitig fakultativen Gerichtsstands möglich. Maßgebend ist der gemeinsame Parteiwille bei Abschluss der Vereinbarung, der durch deren Auslegung zu ermitteln ist; der Wille, eine der Parteien zu begünstigen, kann sich nicht nur aus dem Wortlaut der Gerichtsstandsvereinbarung, muss sich aber jedenfalls aus der Gesamtheit der dem Vertrag zu entnehmenden Anhaltspunkte oder der Umstände des Vertragsschlusses klar ergeben (BGH NJW-RR 1999, 137/138 m.w.N.).

Aus dem Wortlaut der Gerichtsstandsbestimmung ergibt sich hierzu nichts. Es liegen auch im Übrigen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass nach dem gemeinsamen Willen der Vertragsparteien nur ein zusätzlicher Gerichtsstand begründet werden sollte oder einseitig der Antragstellerin das Recht eingeräumt werden sollte, an ihrem Sitz zu klagen. Der Umstand, dass in dem mit der Antragsgegnerin zu 3 abgeschlossenen Vertrag vom 3.9.2003 die Gerichtsstandsvereinbarung ähnlich formuliert wurde wie in den Verträgen mit den Antragsgegnerinnen zu 1 und 2 ist dafür nicht ausreichend. Andere Umstände, die geeignet wären, die Vermutung des Art. 17 Abs. 1 LugÜ zu widerlegen, sind nicht ersichtlich.

5. Für die gegen die Antragsgegnerin zu 2 beabsichtigte Drittwiderklage ist die beantragte Bestimmung deshalb vorzunehmen. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 3 kann jedoch nicht das Landgericht München I als zuständig bestimmt werden; insoweit ist der Antrag abzuweisen.

6. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

Zurück