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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.05.2004
Aktenzeichen: 1Z BR 110/03
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, Código Civil (Spanien)


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 2084
BGB § 2258
BGB § 2357
EGBGB Art. 3 Abs. 3
EGBGB Art. 25 Abs. 1
EGBGB Art. 26 Abs. 1 Nr. 2
Código Civil (Spanien) Art. 9 Ziff. 8
Código Civil (Spanien) Art. 679
Código Civil (Spanien) Art. 806
Auslegung eines vor einem spanischen Notar errichteten Testaments, in dem der deutsche Erblasser seine Lebensgefährtin zur Alleinerbin des in Spanien belegenen Vermögens einsetzt und erklärt, dass er seinen Kindern ausreichend Vermögensgegenstände in seinem in Deutschland errichteten Testament zugedacht hat, um deren Pflichtteilsansprüche in Deutschland abdecken zu können.
Gründe:

I.

Der geschiedene Erblasser ist im Jahre 2000 im Alter von 64 Jahren in Spanien verstorben. Er war deutscher Staatsangehöriger. Die Beteiligte zu 1 war seit etwa 1980 seine Lebensgefährtin, die Beteiligte zu 2 ist die Tochter des Erblassers aus der 1981 geschiedenen Ehe, der Beteiligte zu 3 der Sohn aus einer anderer Beziehung. Weitere Kinder hatte der Erblasser nicht.

Der Erblasser war Architekt und im Raum München als Bauträger tätig. Anfang 1989 erwarb er ein Anwesen in Spanien, wo er in der Folge überwiegend lebte. 1989 verfügte er in Deutschland sowohl über Immobilien- als auch über Kapitalvermögen. Zum Zeitpunkt seines Todes befand sich in Deutschland kein nennenswertes Vermögen mehr. Ob das in Spanien belegene Vermögen den gesamten Nachlass darstellt oder ob in anderen Ländern, etwa der Schweiz oder Luxemburg, noch weitere Vermögensgegenstände vorhanden sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit dem in München errichteten notariellen Testament vom 19.10.1988 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1 zur Hälfte, die Beteiligten zu 2 und 3 jeweils zu 1/4 als Erben eingesetzt. Ferner hat er der Beteiligten zu 1 vermächtnisweise das Inventar sowie die persönlichen Wertgegenstände in der gemeinsam bewohnten Wohnung zugewandt sowie seiner Mutter eine Rente von monatlich 5.000 DM ausgesetzt. Darüber hinaus hat er angeordnet, sämtliche in seinem Eigentum stehende Immobilien innerhalb eines Jahres nach dem Erbfall zu veräußern und seine Firma unverzüglich nach Abwicklung der laufenden Geschäftsbeziehungen aufzulösen. Des Weiteren hat er Testamentsvollstreckung angeordnet, die nach dem Verkauf der letzten Immobilie und Verteilung des Erlöses enden sollte.

Am 12.4.1989 hat der Erblasser vor einem Notar in Spanien ein Testament errichtet, das in deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt lautet:

"Erstens. Der Wille des Testierenden ist, dieses Testament einzig und ausschließlich auf seine in Spanien befindlichen Vermögensgegenstände, Rechte und Aktien zu beschränken, unbeschadet sonstiger Testamente, die von ihm in seinem Heimatland errichtet wurden oder werden, und soweit sie mit der Wirksamkeit des vorliegenden Testamentes vereinbar sind.

Zweitens. Zur Universalerbin all seiner in Spanien befindlichen Vermögensgegenstände, Rechte und Aktien setzt er (die Beteiligte zu 1) ein. An ihrer Stelle treten als Ersatzerben die Kinder des Testierenden (Beteiligte zu 2 und 3), als deren Ersatzerben wiederum werden deren Abkömmlinge eingesetzt.

Drittens. Der Testierende erklärt, dass er seinen genannten Kindern ausreichend Vermögensgegenstände in seinem in Deutschland errichteten Testament zugedacht hat, um deren Pflichtteilsansprüche in Deutschland abdecken zu können."

Der vom Erblasser eingesetzte Testamentsvollstrecker ist am 8.2.2003 verstorben; einen neuen Testamentsvollstrecker hat das Nachlassgericht nicht ernannt.

Die Beteiligte zu 2 hat, gestützt auf das Testament vom 19.10.1988, die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 3 als Erben zu je 1/4 , die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 1/2 ausweist. Sie ist der Auffassung, das Testament vom 12.4.1989 beinhalte eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis für die Beteiligte zu 1 und ändere nichts an der mit Testament vom 19.10.1988 vorgenommenen Erbeinsetzung. Im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 12.4.1989 habe sich das Vermögen des Erblassers noch weitgehend in Deutschland befunden, auch habe er seinen Lebensmittelpunkt noch nicht nach Spanien verlegt gehabt. Der größte Teil des Nachlasses befinde sich wahrscheinlich weder in Spanien noch in Deutschland, sondern etwa in der Schweiz oder in Luxemburg.

Die Beteiligte zu 1 hat die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt. Sie ist der Auffassung, der Erblasser habe ihr mit dem Testament vom 12.4.1989 seinen gesamten Nachlass zugewandt. Zum Zeitpunkt des Erbfalls habe sich praktisch sein gesamtes Vermögen in Spanien befunden, wo er zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung auch bereits seinen Lebensmittelpunkt gehabt habe. Auch sei er schon zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im April 1989 entschlossen gewesen, sein gesamtes in Deutschland befindliches Vermögen nach Spanien zu transferieren. Er habe nur deshalb die letztwillige Verfügung vom 19.10.1988 nicht aufgehoben, weil diese ein Vermächtnis zugunsten seiner damals noch lebenden Mutter vorgesehen habe. Hinzu komme, dass das spanische Erbrecht den Abkömmlingen ein "Noterbrecht" einräume, das eine dingliche Beteiligung am Nachlass begründe und nicht - wie im deutschen Recht - einen nur schuldrechtlichen Anspruch. Aus der Sicht des spanischen Rechtskreises habe deshalb durch den Erblasser kein Testament errichtet werden können, welches die Noterbenrechte der Abkömmlinge missachtet hätte. Es sei jedoch ausgeschlossen, dass der Erblasser seinen Kindern, zu denen er ein schlechtes Verhältnis gehabt habe, eine Stellung ähnlich dem spanischen Noterbenrecht habe einräumen wollen. Der Erblasser habe seine Tochter 15 Jahre lang nicht mehr gesehen und sei von dieser gerichtlich mit Erfolg auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen worden, was er nicht verstanden und nicht überwunden habe.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.11.2002 die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, der die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin ausweist. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 hat das Landgericht mit Beschluss vom 6.11.2003 den amtsgerichtlichen Vorbescheid aufgehoben (Ziff. I) und das Nachlassgericht angewiesen, der Beteiligten zu 2 einen Erbschein zu erteilen, der sie als Miterbin zu 1/4 ausweist (Ziff. II). Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihren Antrag auf Erteilung eines Alleinerbscheins weiterverfolgt.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts München folgt daraus, dass das zunächst zuständige Amtsgericht Schöneberg (§ 73 Abs. 2 Satz 1 FGG) die Sache mit Verfügung vom 13.11.2000 aus wichtigen Gründen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 FGG an das Amtsgericht München mit bindender Wirkung abgegeben hat.

2. Die Vorinstanzen haben zu Recht deutsches materielles Erbrecht angewandt und sind - ohne dies ausdrücklich zu prüfen - zutreffend von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Erteilung des Erbscheins ausgegangen.

a) Die erbrechtliche Rechtsnachfolge in das Vermögen des Erblassers unterliegt im Hinblick auf dessen deutsche Staatsangehörigkeit gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht. Diese Bestimmung unterstellt die Rechtsnachfolge von Todes wegen grundsätzlich einer einzigen Rechtsordnung als Gesamtstatut, ohne auf den Lageort der Vermögensgegenstände Rücksicht zu nehmen; das Erbstatut gilt daher grundsätzlich auch für in einem anderen Staat belegene Vermögensgegenstände (vgl. BayObLGZ 2003, 68/72; Palandt/Heldrich BGB 63. Aufl. Art. 3 EGBGB Rn. 15). Die Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 3 EGBGB, der den Vorrang eines von dem Gesamtstatut verschiedenen Belegenheitsstatuts anordnet, soweit das Recht des Belegenheitsstatuts für auf seinem Gebiet befindliche Vermögensgegenstände besondere Vorschriften enthält, greift für die in Spanien befindlichen Nachlassgegenstände des Erblassers nicht ein. Das spanische Internationale Privatrecht knüpft für die Beerbung nämlich ebenfalls an das Heimatrecht des Erblassers, somit an dessen Staatsangehörigkeit, im Zeitpunkt seines Todes an, unabhängig davon, in welchem Land das Vermögen belegen ist (vgl. Art. 9 Ziff. 8 Satz 1 Código Civil; Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann Internationales Erbrecht, Spanien, Grundzüge IV A Rn. 31, 34).

b) Da somit deutsches Recht als Erbstatut maßgeblich ist, sind die deutschen Gerichte international zuständig (Grundsatz des Gleichlaufs zwischen materiellem Recht, internationaler Zuständigkeit und Verfahrensrecht; vgl. BayObLGZ 1999, 296/303; 2001, 203/205; 2003, 68/75).

3. In der Sache hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Erblasser habe im Testament vom 12.4.1989 keine abschließende Neuregelung über die Erbfolge treffen wollen. Zwar werde die Beteiligte zu 1 unter "Zweitens" als Universalerbin bezeichnet, jedoch nur hinsichtlich der in Spanien befindlichen Vermögensgegenstände. Zudem werde unter "Erstens" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Testament auf die in Spanien befindlichen Vermögensgegenstände beschränkt sein soll "unbeschadet sonstiger Testamente, die von (dem Erblasser) in seinem Heimatland errichtet wurden oder werden". Auch diese Formulierung mache deutlich, dass mit dem Testament vom 12.4.1989 nur eine Teilregelung getroffen werden sollte. Schließlich werde unter "Drittens" ausdrücklich erklärt, dass der Erblasser seinen Kindern ausreichend Vermögensgegenstände "in seinem in Deutschland errichteten Testament" zugedacht habe. Daraus ergebe sich, dass das frühere Testament gerade nicht aufgehoben sein sollte, soweit darin die Kinder des Erblassers bedacht worden waren. Vielmehr habe der Erblasser die im Testament vom 19.10.1988 getroffene Regelung nochmals bekräftigt. Dabei könne dahinstehen, ob diese Erklärung auf Initiative des Erblassers aufgenommen oder von dem spanischen Notar vorgeschlagen worden sei. Selbst wenn der Erblasser diesen ausdrücklichen Hinweis auf die Fortgeltung seiner früheren letztwilligen Verfügung im Hinblick auf die erbrechtlichen Bestimmungen des spanischen Rechtskreises abgegeben habe, ändere dies nichts daran, dass er sie sich zu Eigen gemacht und seine mit dem spanischen Erbrecht im Einklang stehende frühere Verfügung vom 19.10.1988 nicht etwa aufgehoben, sondern bestätigt habe.

Dass unter "Drittens" von Pflichtteilsansprüchen der Kinder gesprochen werde, könne nicht dahin ausgelegt werden, dass der Erblasser den Kindern die früher eingeräumte Rechtsstellung als Miterben habe entziehen und sie auf den Pflichtteil habe setzen wollen. Ausweislich der notariellen Urkunde vom 19.10.1988 sei der Erblasser vom Notar auf die Pflichtteilsansprüche seiner Kinder hingewiesen worden. In Kenntnis dieser schuldrechtlichen Ansprüche habe er mit der Verfügung vom 19.10.1988 seine beiden Kinder als Miterben zu je 1/4 neben seiner langjährigen Lebensgefährtin eingesetzt. Das zeige, dass er eine unmittelbare Beteiligung seiner Kinder am Nachlass gewollt habe, um deren Rechte zu sichern. Die Rechtsstellung als Miterben habe er beiden Kindern eingeräumt, obwohl sein Verhältnis zu der Beteiligten zu 2 bereits seit Jahren äußerst gespannt gewesen sei.

Auch aus den Umständen außerhalb der Urkunden ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser entgegen dem Wortlaut der notariellen Verfügung vom 12.4.1989 den Beteiligten zu 2 und 3 die mit dem Testament vom 19.10.1988 eingeräumte Erbenstellung habe entziehen wollen; eine derartige Schlussfolgerung ließen weder die persönlichen Beziehungen des Erblassers zu den Beteiligten noch seine Vermögensverhältnisse zu. Die Behauptung der Beteiligten zu 1, der Erblasser habe sich bereits am 12.4.1989 entschlossen gehabt, sein gesamtes Vermögen nach Spanien zu verlagern, stehe im Widerspruch zu der ausdrücklichen Erklärung des Erblassers unter "Drittens" des Testaments vom 12.4.1989, wonach er den Kindern ausreichend Vermögensgegenstände zugedacht habe, "um deren Pflichtteilsansprüche in Deutschland abdecken zu können". Bei Errichtung des Testaments vom 12.4.1989 sei der Erblasser somit nicht gewillt gewesen, sein gesamtes Vermögen nach Spanien zu bringen. Eine spätere Willensänderung sei für die Auslegung ohne Belang. Abgesehen davon gebe es für diese Behauptung auch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte. Aus dem Umstand, dass zum Zeitpunkt des Todes in Deutschland kein Vermögen mehr vorhanden gewesen sei, könne kein hinreichend sicherer Rückschluss auf die Absichten des Erblassers im Jahr 1989 gezogen werden. Noch im Jahr 1992 sei jedenfalls erhebliches Immobilien- und Kapitalvermögen in Deutschland vorhanden gewesen, wie sich aus dem Zwischenbericht des Testamentsvollstreckers ergebe.

4. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand, soweit das Landgericht den amtsgerichtlichen Vorbescheid aufgehoben hat. Seine Würdigung, dass der Erblasser von der Beteiligten zu 1 zu 1/2 und den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/4 beerbt wird, ist nicht zu beanstanden.

a) Zutreffend hat das Landgericht das Testament von 1989 als auslegungsbedürftig angesehen. Gemäß § 133 BGB ist bei der Auslegung eines Testaments der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Um diesem Erfordernis zu genügen, muss der gesamte Inhalt der Erklärung einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher, die außerhalb der Testamentsurkunde liegen, als Ganzes gewürdigt werden; auch die allgemeine Lebenserfahrung ist zu berücksichtigen (BGHZ 86, 41/45 f.; BayObLGZ 1976, 67/75; 1981, 79/81 f.; 1982, 159/164 f. und st.Rspr.).

Die Testamentsauslegung selbst ist Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung in der Rechtsbeschwerdeinstanz ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357/363; BayObLG FamRZ 2002, 269/270; MünchKommBGB/Leipold 3. Aufl. § 2084 Rn. 84).

b) Im formgültigen (§ 2232 BGB) Testament von 1988 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1 zu 1/2 und die Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/4 als Miterben eingesetzt. Diese Erbeinsetzung wäre nur dann nicht wirksam, wenn sie der Erblasser durch das Testament von 1989 widerrufen hätte; auch dieses Testament ist formgültig, da es der Form des gemeinspanischen Rechts entspricht (Recht des Errichtungsortes, vgl. Art. 26 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 EGBGB, Art. 679, 694 ff. Código Civil). Ein solcher Widerruf (§ 2254 BGB) muss nicht ausdrücklich erklärt sein; er kann sich aus einem inhaltlichen Widerspruch des späteren zum früheren Testament ergeben (§ 2258 Abs. 1 BGB). Selbst wenn die testamentarischen Anordnungen sachlich miteinander in Einklang stehen, kann ein Widerspruch im Sinne von § 2258 Abs. 1 BGB vorliegen, wenn die kumulative Geltung der mehreren letztwilligen Verfügungen dem im späteren Testament zum Ausdruck kommenden Willen des Erblassers zuwiderliefe, etwa, weil dieser seine Erbfolge mit dem späteren Testament abschließend und umfassend - also ausschließlich - regeln wollte (BGH NJW 1981, 2745 f.; BayObLGZ 2002, 66/70 = NJW-RR 2002, 1160/1161). Von diesen Gegebenheiten ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.

c) Die Auslegung des Landgerichts, dass der Erblasser keine abschließende und umfassende Neuregelung der Erbfolge im Sinne einer Alleinerbeinsetzung der Beteiligten zu 1 wollte, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Testament von 1989 ist ausdrücklich auf das in Spanien belegene Vermögen beschränkt. Die Geltung sonstiger Testamente, soweit mit dem Testament von 1989 vereinbar, bleibt aufrechterhalten, wie sich aus der Formulierung "unbeschadet sonstiger Testamente" ergibt. Die Alleinerbeinsetzung der Beteiligten zu 1 gilt ebenfalls ausdrücklich nur für das in Spanien belegene Vermögen; dieses stellte im Zeitpunkt der Testamentserrichtung nur einen Teil des Vermögens des Erblassers dar. Ferner wird auf das in Deutschland errichtete Testament von 1988 Bezug genommen, soweit dort die Kinder des Erblassers bedacht sind; der Erblasser erklärt, dass er seinen Kindern in diesem Testament ausreichend Vermögensgegenstände zugedacht hat, um deren "Pflichtteilsansprüche" (vgl. hierzu noch nachfolgend) in Deutschland abdecken zu können. Das Landgericht konnte darin den Willen des Erblassers sehen, dass das dort den Kindern vermachte Vermögen nach wie vor den Kindern zufließen soll. All das stützt die Auslegung des Landgerichts, dass das Testament von 1989 nur eine Teilregelung enthält, die die Erbeinsetzung der Kinder im Testament von 1988 nicht berührt.

Diese Auslegung wird auch nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass von "Pflichtteilsansprüchen" der Kinder die Rede ist. Die Erbquoten von je 1/4, auf die der Erblasser seine Kinder im Testament von 1988 eingesetzt hat, entsprechen nämlich der Höhe nach genau den Pflichtteilsansprüchen (§§ 1924, 2303 Abs. 1 BGB). Es geht daher in der Sache darum, ob der Erblasser anstelle einer Erbeinsetzung in Höhe der Pflichtquoten, also anstelle einer dinglichen Beteiligung am Nachlass in dieser Höhe, nunmehr im Testament von 1989 eine Enterbung vorgenommen hat und die Kinder auf den ihnen gesetzlich in gleicher Höhe zustehenden schuldrechtlichen Anspruch verweisen wollte. Insoweit entkräftet der Wortlaut "Pflichtteilsansprüche" nicht die vom Landgericht herangezogenen gegenteiligen Indizien, zumal es sich hier nur um eine Übersetzung aus dem Spanischen handelt und der im spanischen Original verwendete Rechtsbegriff "legítima" ("Noterbrecht" oder "Noterbteil", vgl. Ferid/Firsching/Dörner/ Hausmann Art. 806 ff. Código Civil; AnwK-BGB/Reckhorn-Hengemühle Länderbericht Spanien Rn. 19 ff.) eine dingliche Beteiligung am Nachlass beinhaltet.

Unbehelflich ist auch der Einwand der weiteren Beschwerde, die Klausel sei auf Veranlassung des spanischen Notars aufgenommen worden, weil nach spanischem Rechtsverständnis eine Alleinerbeinsetzung von einem Notar nur dann wirksam angeordnet werden könne, wenn dem keine Pflichtteilsansprüche entgegenstehen. Dieses Vorbringen, sollte es zutreffen, stünde der landgerichtlichen Auslegung in keiner Weise entgegen. Durch die vom Landgericht angenommene Aufrechterhaltung der Einsetzung der Kinder auf die Pflichtteilsquoten würde einem solchen Rechtsverständnis jedenfalls nicht weniger, wenn nicht sogar besser, Rechnung getragen als bei der von der Rechtsbeschwerdeführerin favorisierten Auslegung eines Widerrufs dieser Einsetzung. Das Landgericht war nicht gehalten, wie die weitere Beschwerde meint, ein Rechtsgutachten zum spanischen Erbrecht einzuholen.

d) Zu Unrecht bemängelt die weitere Beschwerde, dass die Auslegung des Landgerichts den Lebensumständen des Erblassers nicht gerecht werde. Der Erblasser hat das Testament von 1989 im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Grundbesitz in Spanien errichtet. Es mag auch sein, dass er schon zum damaligen Zeitpunkt die Absicht hatte, seinen Lebensschwerpunkt dauerhaft nach Spanien zu verlegen, wie sodann in der Folgezeit geschehen. Zwischen dem Erblasser und seinen Kindern - und ebenso zwischen seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern - bestand ein distanziertes, zur Tochter sogar ein gespanntes Verhältnis. Der Erblasser hatte Anlass zur Sorge, dass es nach seinem Ableben zu Auseinandersetzungen zwischen seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern kommen könnte; dem vorzubeugen diente ersichtlich bereits die Anordnung der Testamentsvollstreckung im Testament von 1988. Bei diesen Gegebenheiten ist die Annahme, der Erblasser habe das in Spanien belegene Vermögen der dort lebenden Lebensgefährtin und das übrige Vermögen den in Deutschland lebenden Kindern zukommen lassen wollen, keineswegs fern liegend. Jedenfalls lassen die genannten Lebensumstände die von der Rechtsbeschwerdeführerin befürwortete Auslegung ihrer Alleinerbeinsetzung für das gesamte Vermögen weder als zwingend geboten noch auch nur als näher liegend erscheinen.

Das Landgericht hat nicht verkannt, dass die Einsetzung auf bestimmte Vermögensgruppen, wie hier die Einsetzung der Beteiligten zu 1 auf das in Spanien belegene Vermögen, als Anordnung eines Vermächtnisses (vgl. § 2087 Abs. 2 BGB), aber auch als Erbeinsetzung auf einen Bruchteil oder sogar auf das ganze Vermögen auszulegen sein kann (vgl. BGH FamRZ 1972, 561/563; BayObLG FamRZ 1995, 835/836; 1999, 62/63; BayObLGZ 2003, 149). Es hat in diesem Zusammenhang zu Recht den Umstand berücksichtigt, dass sich zum Zeitpunkt des Testierens ein Großteil des Vermögens in Deutschland befand, die Einsetzung der Beteiligten zu 1 auf das in Spanien belegene Vermögen also keineswegs eine Einsetzung auf das ganze oder den überwiegenden Teil des Vermögens darstellte. Dem kann die weitere Beschwerde nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Erblasser damals bereits geplant habe, sein ganzes Vermögen nach Spanien zu transferieren. Grundsätzlich sind zwar Vorstellungen, die der Erblasser schon bei Testamentserrichtung über die künftige Entwicklung seines Vermögens gehabt hat, in die Auslegung einzubeziehen. Das findet seine Grenze hier aber in dem, was der Erblasser selbst im Testament ausdrücklich niedergelegt hat, nämlich dass er seinen Kindern außerhalb Spaniens ausreichend Vermögensgegenstände zur Erfüllung der Pflichtquoten - also insgesamt in Höhe von 1/2 des Nachlasses - hinterlasse. Nach dieser Erklärung des Erblassers sollte das in Spanien belegene Vermögen also jedenfalls nicht mehr als die Hälfte des Nachlasses ausmachen.

Das Landgericht hat in seine Überlegungen auch das distanzierte Verhältnis des Erblassers zu seinen Kindern einbezogen. Es hat zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses Verhältnis, insbesondere zur Tochter, auch schon im Jahr 1988 angespannt war; dies habe den Erblasser aber nicht davon abgehalten, beide Kinder im Testament von 1988 zu Erben in Höhe der Pflichtquoten einzusetzen. Die Erwägung des Landgerichts, das gespannte Verhältnis des Erblassers zu seinen Kindern stehe der Auslegung nicht entgegen, dass der Erblasser im Testament von 1989 die Erbeinsetzung aufrechterhalten wollte, lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

e) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der weiteren Beschwerde, das Landgericht habe schriftliche Aussagen und Beweisangebote nicht beachtet. Das bezieht sich auf behauptete Äußerungen des Erblassers im Freundes- und Bekanntenkreis, er habe seine Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt und seine Kinder würden nur den Pflichtteil erhalten. Richtig ist zwar, dass sich das Landgericht hiermit nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat; es hat diesen Sachvortrag offensichtlich nicht als erheblich angesehen. Das begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Derartige mündliche Äußerungen des Erblassers gegenüber dritten Personen können vielfältige Gründe haben und lassen kaum je sichere Schlüsse auf den wahren Willen zu. Hier kommt hinzu, dass die Kinder ja tatsächlich - auch in der Auslegung des Landgerichts - nicht mehr als ihre Pflichtquoten bekommen. Zwischen der Einsetzung auf die Pflichtquote und dem Pflichtteilsanspruch besteht wertmäßig kein Unterschied. Die Auslegung des Landgerichts drehte sich der Sache nach um die (außerhalb juristischer Fachkreise kaum geläufige) Unterscheidung, ob den Kindern ihre 1/4-Quoten in Form einer dinglichen Beteiligung am Nachlass oder in Form eines schuldrechtlichen Anspruchs gegen den Nachlass zustehen. Zur Klärung dieser Frage kommt den vorgelegten schriftlichen Aussagen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis keine maßgebliche Bedeutung zu; sie könnten - ihre Richtigkeit unterstellt - die auf den Wortlaut des Testaments unter Einbeziehung der sonstigen Lebensumstände des Erblassers gestützte Auslegung des Landgerichts nicht ernsthaft in Frage stellen. Das Landgericht konnte deshalb ohne Verstoß gegen § 12 FGG von weiteren Ermittlungen hierzu absehen.

5. Ziffer II des landgerichtlichen Beschlusses, in dem das Landgericht das Nachlassgericht zur Erteilung eines Teilerbscheins an die Beteiligte zu 2 anweist, der nur ihre 1/4-Erbquote ausweisen soll, kann so keinen Bestand haben. Einen solchen Erbschein hat die Beteiligte zu 2 nicht formwirksam beantragt. Ihr am 22.1.2002 zur Niederschrift der Nachlassrechtspflegerin gestellter Antrag ist auf die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins gerichtet (§ 2357 BGB), der die Erbquoten aller Miterben (Beteiligte zu 1 zu 1/2, Beteiligte zu 2 und 3 zu je 1/4) ausweisen soll. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Antrag formwirksam gestellt ist und der materiellen Rechtslage entspricht. Zu Unrecht hat es sich nur deshalb gehindert gesehen, das Nachlassgericht zur Erteilung des beantragten Erbscheins anzuweisen, weil der Beteiligte zu 3 noch keinen formwirksamen Erbscheinsantrag gestellt habe. Darauf kommt es nicht an; die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins an einen Miterben ist nicht davon abhängig, dass auch andere Miterben Erbscheinsanträge gestellt haben (§ 2357 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ziffer II des landgerichtlichen Beschlusses war entsprechend zu ändern und das Nachlassgericht zur Erteilung des beantragten gemeinschaftlichen Erbscheins anzuweisen.

6. Da die weitere Beschwerde entscheidungsreif ist, insbesondere nach Auffassung des Senats nicht von der Klärung weiterer umstrittener Tatsachen abhängt, hält der Senat eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf den zwischen den Erbprätendenten vor der streitigen Gerichtsbarkeit anhängigen Feststellungsrechtsstreit über das Erbrecht nicht für angebracht (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 334).

7. Mit der Entscheidung des Senats in der Hauptsache ist der Antrag der Beteiligten zu 1, die einstweilige Aussetzung der Vollziehung des landgerichtlichen Beschlusses anzuordnen (§ 29 Abs. 4, § 24 Abs. 3 FGG), gegenstandslos.

8. Wer die Gerichtskosten zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Kostenordnung; hierzu bedarf es keiner Entscheidung. Die Anordnung zur Kostenerstattung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde bemisst sich nach dem von der Rechtsbeschwerdeführerin verfolgten wirtschaftlichen Interesse, Alleinerbin statt Miterbin zu 1/2 zu sein. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Rechtsbeschwerdeführerin als Alleinerbin den Pflichtteilsansprüchen der Beteiligten zu 2 und 3 in Höhe von zusammen 1/2 des Nachlasswertes ausgesetzt wäre. Der Geschäftswert kann daher nicht mit 1/2 des Nachlasswertes angesetzt werden. Andererseits würde auch eine rein rechnerische Betrachtung, die das Interesse mit Null ansetzt, den Besonderheiten des Sachverhalts und der Interessenlage der Beteiligten hier nicht gerecht. Der Senat schätzt das Interesse der Rechtsbeschwerdeführerin, eine Miterbenstellung der Beteiligten zu 2 und 3 abzuwehren und stattdessen in wertmäßig gleicher Höhe Pflichtteilsansprüchen ausgesetzt zu sein, auf 50.000 EURO; er setzt den Geschäftswert auf diesen Betrag fest (§ 30 Abs. 1 und 2, § 31 Abs. 1, § 131 Abs. 2 KostO).

Ende der Entscheidung

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