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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.03.2004
Aktenzeichen: 1Z BR 114/03
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 2079
EGBGB Art. 3 Abs. 3
EGBGB Art. 25 Abs. 1
1. Zum Erbstatut und zur internationalen Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte, wenn der Erblasser mit deutscher Staatsangehörigkeit in Italien gewohnt und dort Vermögen hinterlassen hat.

2. Zum Umfang der Wirkungen der Anfechtung eines Testaments wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten.


Gründe:

I.

Der Erblasser besaß die deutsche Staatsangehörigkeit. Er ist am im Jahr 2000 im Alter von 41 Jahren am Ort seines Wohnsitzes und ständigen Aufenthalts in Italien verstorben. Der Erblasser war seit 5.1.1996 in zweiter Ehe mit der Beteiligten zu 2 verheiratet. Aus der am 30.5.1995 geschiedenen ersten Ehe des Erblassers ist als einziges Kind der 1986 geborene Beteiligte zu 3 hervorgegangen. Weitere Abkömmlinge hatte der Erblasser nicht. Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter des Erblassers.

Am 6.5.1993 errichtete der Erblasser ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament mit folgendem Wortlaut:

"Mein letzter Wille!

Hiermit setze ich meine Mutter (Beteiligte zu 1) zu meiner Alleinerbin ein."

Das nach § 73 Abs. 2 Satz 1 FGG zuständige Amtsgericht Schöneberg hat die Sache mit Verfügung vom 28.11.2000 aus wichtigen Gründen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 FGG an das Amtsgericht Laufen abgegeben.

Die Beteiligte zu 2 erklärte mit Schreiben vom 19.5.2002, bei dem Nachlassgericht eingegangen am 24.5.2002, gestützt auf § 2079 BGB die Anfechtung des Testaments vom 6.9.1993.

Die Beteiligte zu 1 trat der Anfechtung des Testaments entgegen und beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen sollte.

Der Beteiligte zu 3 ist der Auffassung, dass infolge der berechtigten Anfechtung gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, und beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und die Beteiligte zu 2 je zur Hälfte als Miterben ausweisen sollte.

Mit Beschluss vom 23.12.2002 kündigte das Amtsgericht die Erteilung eines Erbscheins an, wonach der Erblasser von der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin beerbt worden ist. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.11.2002 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen, zugleich aber auch den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3 für unbegründet erachtet und infolgedessen von einer Weisung an das Nachlassgericht, einen dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3 entsprechenden Erbschein zu erteilen, abgesehen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Beteiligte zu 3 weitere Beschwerde eingelegt; er beantragt, das Nachlassgericht anzuweisen, ihm seinem Antrag entsprechend einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass er und die Beteiligte zu 2 je zur Hälfte gesetzliche Erben des Erblassers geworden sind, und den entgegenstehenden Beschluss des Landgerichts insoweit aufzuheben und neu zu fassen.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Auf Grund der Bindungswirkung der Abgabeverfügung des Amtsgerichts Schöneberg vom 28.11.2000 (§ 73 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 FGG) war das Amtsgericht Laufen und somit auch das Landgericht Traunstein als Beschwerdegericht (vgl. § 19 FGG) örtlich zuständig.

2. Die Vorinstanzen haben zu Recht deutsches materielles Erbrecht angewandt und sind - ohne dies ausdrücklich zu prüfen - zutreffend von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Erteilung des Erbscheins ausgegangen.

a) Die erbrechtliche Rechtsnachfolge in das Vermögen des Erblassers unterliegt im Hinblick auf dessen deutsche Staatsangehörigkeit gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem deutschen Recht. Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterstellt die Rechtsnachfolge von Todes wegen grundsätzlich einer einzigen Rechtsordnung als Gesamtstatut, ohne auf den Lageort der Vermögensgegenstände Rücksicht zu nehmen; das Erbstatut gilt daher grundsätzlich auch für in einem anderen Staat belegene Vermögensgegenstände (vgl. . BayObLGZ 2003, 68/72; Palandt/Heldrich BGB 63. Aufl. Art. 3 EGBGB Rn. 15). Die Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 3 EGBGB, der den Vorrang eines von dem Gesamtstatut verschiedenen Belegenheitsstatuts anordnet, soweit das Recht des Belegenheitsstatuts für auf seinem Gebiet befindliche Vermögensgegenstände besondere Vorschriften enthält, greift für die in Italien befindlichen Nachlassgegenstände des Erblassers nicht ein. Nach der grundlegenden Bestimmung des Art. 46 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 218 vom 31.5.1995 zur Reform des italienischen Systems des Internationalen Privatrechts knüpft dieses nämlich ebenfalls für die Beerbung an das Heimatrecht des Erblassers und somit an die Staatsangehörigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes an (vgl. Ferid/Firsching, Internationales Erbrecht, Italien Grundzüge C I Rn. 12).

b) Da somit deutsches Recht als Erbstatut maßgeblich ist, sind die deutschen Gerichte international zuständig (Grundsatz des Gleichlaufs zwischen materiellem Recht, internationaler Zuständigkeit und Verfahrensrecht; vgl. BayObLGZ 1999, 296/303; 2001, 203/205; 2003, 68/75).

3. In der Sache hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

a) Die Beteiligte zu 1 sei nicht Alleinerbin geworden, weil entgegen der Auffassung des Amtsgerichts die von der Beteiligten zu 2 erklärte Anfechtung des Testaments vom 6.5.1993 durchgreife.

Die Pflichtteilsberechtigung der Beteiligten zu 2 als Ehefrau des Erblassers (§ 2303 Abs. 2 BGB) sei erst nach der Errichtung des Testaments vom 6.5.1993 mit der am 5.1.1996 erfolgten Eheschließung entstanden; der Beteiligten zu 2 stehe daher gemäß § 2079 Satz 1, § 2080 Abs. 3 BGB ein Anfechtungsrecht zu. Da die Beteiligte zu 2 erst durch Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.12.2001 von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt habe, sei die Anfechtung innerhalb der Jahresfrist des § 2082 Abs. 1 und 2 BGB erfolgt.

§ 2079 Satz 2 BGB schließe die Anfechtung nicht aus, da nicht anzunehmen sei, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 2079 Satz 2 BGB vorliegen, komme es auf den zu ermittelnden hypothetischen Willen des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung an. Die Prüfung sei darauf zu richten, wie der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung verfügt haben würde, wenn er zwar hinsichtlich der Person des Pflichtteilsberechtigten die später eingetretene oder damals vorhanden gewesene Sachlage richtig überblickt hätte, im Übrigen aber diejenigen Umstände auf sich hätte wirken lassen, die ihn zur Zeit der Errichtung des Testaments zu diesem bestimmt haben.

Allein aus dem Umstand, dass der Erblasser nach der Eheschließung mit der Beteiligten zu 2 am 5.1.1996 sein Testament vom 6.5.1993 nicht abgeändert habe, könne nicht auf einen mutmaßlichen Übergehungswillen zum Nachteil der Beteiligten zu 2 geschlossen werden; dazu bedürfe es vielmehr konkreter Anhaltspunkte, dass der Erblasser eine Testamentsänderung absichtlich unterlassen habe und nicht bloß untätig geblieben sei. Solche konkreten Anhaltspunkte hat das Landgericht nicht festgestellt. Es hat darauf abgestellt, dass kurz vor Errichtung des Testaments vom 6.5.1993, nämlich am 23.4.1993, die Trennung des Erblassers und seiner damaligen Ehefrau vollzogen worden sei. Es liege nahe, dass das Testament vom 6.5.1993, mit dem der Erblasser die Beteiligte zu 1 zur Alleinerbin eingesetzt und damit seine damalige Ehefrau und seinen Sohn als seine damaligen gesetzlichen Erben enterbt habe, eine Reaktion auf die Trennung von der damaligen Ehefrau gewesen sei. Die Motivationslage des Erblassers bei Enterbung sowohl der damaligen Ehefrau als auch des gemeinsamen Kindes sei nicht eindeutig; die entsprechende Verfügung könne dafür sprechen, dass der Erblasser grundsätzlich ungeachtet jeglicher Existenz vom Pflichtteilsberechtigten die Beteiligte zu 1 zur Alleinerbin habe einsetzen wollen; ebenso könne die entsprechende Verfügung des Erblassers damit erklärt werden, dass der Erblasser durch die Enterbung auch des damals 7-jährigen Beteiligten zu 3 habe verhindern wollen, dass dessen Mutter als gesetzliche Vertreterin über eine Erbschaft des Kindes doch Verfügungsgewalt über den Nachlass erhalten könnte. Außerdem spreche die Beeinträchtigung des Erblassers durch langjährigen Alkoholmissbrauch dagegen, dass der Erblasser nach seiner Verehelichung mit der Beteiligten zu 2 das Testament vom 6.5.1993 bewusst aufrechterhalten habe; vielmehr sei anzunehmen, dass der Erblasser dessen Existenz bzw. Änderung einfach vergessen habe. Somit bestünden insgesamt erhebliche Zweifel daran, dass es der Erblasser absichtlich unterlassen habe, das Testament vom 6.5.1993 nach seiner Wiederverheiratung zu ändern. Diese Zweifel gingen zu Lasten der Beteiligten zu 1, die als Anfechtungsgegnerin die Beweislast dafür trage, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage, hier also in Kenntnis der Tatsache seiner späteren erneuten Verehelichung, wie geschehen letztwillig verfügt hätte.

Die wirksame Anfechtung des Testaments vom 6.5.1993 führe dazu, dass der Vorbescheid des Amtsgerichts vom 23.12.2002 aufzuheben und der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zurückzuweisen sei.

b) Die Aufhebung des Vorbescheids habe allerdings nicht zur Folge, dass nunmehr dem Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3 entsprochen werden könne; der Beteiligte zu 3 habe nämlich entgegen seinem Antrag den Erblasser nicht neben der Beteiligten zu 2 zur Hälfte beerbt.

Zwar bewirke eine Anfechtung nach § 2079 Satz 1 BGB grundsätzlich die Nichtigkeit des gesamten Testaments. Allerdings werde diese Regelung durch § 2079 Satz 2 BGB eingeschränkt, welcher die Anfechtung ausschließt, soweit anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde. Die Feststellung des hypothetischen Willens des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung könne daher auch zu dem Ergebnis führen, dass der übergangene Pflichtteilsberechtigte auf Grund der Anfechtung seinen gesetzlichen Erbteil erhält, die letztwillige Verfügung im Übrigen aber bestehen bleibt. Dies habe im vorliegenden Fall zur Folge, dass die im Testament vom 6.5.1993 als Erbe eingesetzte Beteiligte zu 1 neben der auf Grund gesetzlicher Erbfolge zur Hälfte Erbin gewordenen Beteiligten zu 2 zur Hälfte als Erbin eingesetzt bleibe. Der entsprechende hypothetische Wille des Erblassers bei Testamentserrichtung ergebe sich daraus, dass er den Beteiligten zu 3 enterbt habe, obwohl bei Testamentserrichtung noch eine emotionale Bindung zu dem damals 7-jährigen Beteiligten zu 3 bestanden habe. Es könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser von der Enterbung des Beteiligten zu 3 abgesehen hätte, wenn er bei Testamentserrichtung seine spätere Eheschließung mit der Beteiligten zu 2 vorausgesehen hätte. Dies gelte umso mehr, wenn man berücksichtige, dass der Kontakt des Erblassers zu dem Beteiligten zu 3 nach Testamentserrichtung abgerissen und der Erblasser seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Beteiligten zu 3 nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen sei.

4. Die im Verfahren der weiteren Beschwerde von keinem Beteiligten angegriffene Annahme des Landgerichts, dass die Voraussetzungen einer wirksamen Testamentsanfechtung vorliegen, ist frei von Rechtsfehlern.

a) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Anfechtungstatbestand des § 2079 Satz 1 BGB vorliegt und die Anfechtung fristgerecht gegenüber dem Nachlassgericht (§ 2081 Abs. 1, § 2082 Abs. 1 und 2 BGB) erfolgt ist.

b) Gemäß § 2079 Satz 1 BGB berechtigt bereits die bloße Unkenntnis des Erblassers von der Existenz eines Pflichtteilsberechtigten zur Anfechtung, ohne dass es auf die Kausalität zwischen der Unkenntnis und der letztwilligen Verfügung ankommt. Danach wird im Gegensatz zur Testamentsanfechtung wegen Irrtums gemäß § 2078 BGB von Gesetzes wegen als Regelfall vermutet, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage den Pflichtteilsberechtigten nicht übergangen hätte (BayObLGZ 2000, 364/366 m.w.N.).

Diese Vermutung entfällt jedoch gemäß § 2079 Satz 2 BGB, wenn ein entgegenstehender Erblasserwille festgestellt werden kann. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 2079 Satz 2 BGB vorliegen, kommt es auf den zu ermittelnden hypothetischen Willen des Testierenden im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung an. Die Prüfung ist darauf zu richten, wie der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung verfügt haben würde, wenn er zwar hinsichtlich der Person des Pflichtteilsberechtigten die später eingetretene Sachlage richtig überblickt hätte, im Übrigen aber diejenigen Umstände auf sich hätte wirken lassen, die ihn zur Zeit der Errichtung des Testaments zu diesem bestimmt haben (vgl. BGH NJW 1981, 1735/1736; BayObLGZ 1971, 147/151; 2000, 364/367).

aa) Das Landgericht hat diese Vorgaben bei der Feststellung des hypothetischen Willens des Erblassers beachtet. Es konnte davon ausgehen, dass der Erblasser bei Errichtung des Testaments die Beteiligte zu 1 zu seiner Alleinerbin einsetzen wollte, ohne jedoch den Willen zu haben, die Beteiligte zu 2 als seine spätere Ehefrau von der Erbfolge auszuschließen. Die entsprechende Tatsachenwürdigung des Landgerichts kann wegen § 27 FGG, § 559 ZPO vom Gericht der weiteren Beschwerde nur insoweit überprüft werden, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden, hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen wurde und ob die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt wurden (st. Rspr.; z.B. BayObLGZ 1999, 1/4).

bb) Aus dem Umstand, dass der Erblasser nach seiner Wiederverheiratung das Testament vom 6.5.1993 nicht abgeändert hat, hat das Landgericht nicht den Schluss gezogen, dass der Erblasser schon zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung den Willen gehabt habe, die Beteiligte zu 2 als seine zweite Ehefrau von der Erbfolge auszuschließen. Für einen solchen Schluss hätte es der Feststellung bedurft, der Erblasser habe die Testamentsänderung geflissentlich, d.h. absichtlich unterlassen (vgl. BayObLGZ 1980, 42/50; 1989, 116/120). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, der Sachverhalt lasse einen solchen Schluss nicht zu.

cc) Auch die Feststellungslast wurde vom Landgericht nicht verkannt. Sie trifft nicht den übergangenen Pflichtteilsberechtigten, sondern den eingesetzten Erben dafür, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage wie im Testament geschehen letztwillig verfügt hätte (BayObLGZ 1989, 116/120).

5. Auch soweit die weitere Beschwerde die Entscheidung des Landgerichts, dass nicht der Beteiligte zu 3 sondern die Beteiligte zu 1 neben der Beteiligten zu 2 den Erblasser zur Hälfte beerbt habe, angreift, gibt die Entscheidung des Landgerichts zu Beanstandungen keinen Anlass.

Die unter den Voraussetzungen des § 2079 Satz 1 BGB erfolgte Anfechtung des Testaments bewirkt grundsätzlich die Nichtigkeit des ganzen Testaments (BayObLGZ 1971, 147/151; 1980, 42/49; Palandt/Edenhofer § 2079 Rn. 7; AnwK-BGB/Fleindl § 2079 Rn. 16). Eingeschränkt wird dieser Grundsatz durch § 2079 Satz 2 BGB. Die Feststellung des hypothetischen Willens des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung kann gemäß dieser Vorschrift je nach den Umständen auch zu dem Ergebnis führen, dass der übergangene Pflichtteilsberechtigte auf Grund der Anfechtung seinen gesetzlichen Erbteil erhält, die letztwillige Verfügung im Übrigen aber bestehen bleibt (RGZ 59, 60/64; BayObLGZ 1971, 147/152; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 59/62; Palandt/Edenhofer aaO; AnwK-BGB/Fleindl aaO). Da es auf den festzustellenden hypothetischen Erblasserwillen ankommt, also eine Tatfrage, bei deren Prüfung alle erheblichen Umstände zu beachten sind, lassen sich unbedingt geltende Regeln nicht aufstellen (vgl. BayObLGZ 1971, 147/151).

Die Beurteilung dieser Tatfrage durch das Landgericht weist keine Rechtsfehler auf.

Das Landgericht hat festgestellt, dass im Zeitpunkt der Testamentserrichtung trotz der Trennung des Erblassers von seiner damaligen Ehefrau zwischen dem Erblasser und dem damals 7-jährigen Beteiligten zu 3 noch eine emotionale Bindung bestanden habe. Gleichwohl habe der Erblasser den Beteiligten zu 3 enterbt. Es begegnet keinen Bedenken, dass das Landgericht diesen Umstand ebenso wie das Abreißen des Kontakts zwischen dem Erblasser und dem Beteiligten zu 3 nach Testamentserrichtung und die unzureichende Erfüllung der Unterhaltspflicht des Erblassers gegenüber dem Beteiligten zu 3 als Beleg dafür herangezogen hat, dass die nach dem Willen des Erblassers in der Einsetzung der Beteiligten zu 1 zur Alleinerbin notwendig liegende Enterbung des Beteiligten zu 3 bei Anfechtung des Testaments nach § 2079 BGB nicht entfallen sollte.

Das gegen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und gegen dessen Beweiswürdigung gerichtete Vorbringen der weiteren Beschwerde läuft letzten Endes auf den verfahrensrechtlich unzulässigen Versuch hinaus, den Sachverhalt anders zu würdigen als das Landgericht, also dessen Tatsachenwürdigung durch die des Beteiligten zu 3 zu ersetzen (vgl. BGH FamRZ 1972, 561/563; BayObLG FamRZ 1976, 101/104).

Eine nähere Auseinandersetzung mit der in der Literatur zu den Wirkungen einer Anfechtung nach § 2079 BGB vertretenen Auffassung, wonach von einer Nichtigkeit des Testaments nur insoweit auszugehen sei, als die Verfügung den übergangenen Pflichtteilsberechtigten von seinem gesetzlichen Erbrecht ausschließt (vgl. MünchKommBGB/Leipold 3. Aufl. § 2079 Rn. 19; Staudinger/Otte BGB (2003) § 2079 Rn. 15; Soergel/Loritz BGB 13. Aufl. § 2079 Rn. 9), ist entbehrlich, da auch diese Auffassung zu dem Ergebnis führt, dass es bei der hälftigen Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 verbleibt.

6. Im Hinblick auf die sich aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge bedarf es keiner Entscheidung über die Gerichtskosten im Verfahren der weiteren Beschwerde. Die Erstattungsanordnung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Eine Erstattung der Kosten der Beteiligten zu 2 war nicht anzuordnen, weil diese beantragt hat, der weiteren Beschwerde des Beteiligten zu 3 stattzugeben und sich somit als Beteiligte nicht in Gegensatz zu dem Beschwerdeführer gesetzt hat.

7. Die Festsetzung des Wertes der weiteren Beschwerde (§ 131 Abs. 2, § 30 KostO), für die es wesentlich auf den Wert des Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten im Zeitpunkt des Erbfalls und das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers am Erfolg seines Rechtsmittels ankommt, ist dem Senat derzeit nicht möglich. Das wirtschaftliche Interesse des beschwerdeführenden Beteiligten zu 3 bemisst sich nach der Differenz zwischen der von ihm geltend gemachten Miterbenquote zu 1/2 und seinem Pflichtteilsanspruch in Höhe von 1/4 des Nachlasses. Da zum Wert des Nachlasses bisher jedoch von den Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen wurden, fehlt es für eine Wertfestsetzung derzeit an einer tatsächlichen Grundlage.



Ende der Entscheidung

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