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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2000
Aktenzeichen: 1Z BR 115/00
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 12
FGG § 30
BGB § 2247
BGB § 2302
BGB § 2356
Nur wenn der niedergeschriebene Text, notfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen, objektiv lesbar ist, kann von einem formgültigen Testament ausgegangen werden.
BayObLG Beschluß

LG Augsburg 5 T 1832/99; AG Augsburg VI 1186/97

1Z BR 115/00

05.12.00

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Gummer sowie der Richter Kenklies und Zwirlein am 5. Dezember 2000 in der Nachlaßsache

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 20. Juni 2000 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die am 23.3.1997 verstorbene Erblasserin war ledig und kinderlos. Ihr Nachlaß besteht im wesentlichen aus einer Eigentumswohnung.

Die Beteiligten zu 1 und 2 - Nichte bzw. Neffe der Erblasserin - sind Geschwister. Sie machen geltend, die Erblasserin aufgrund letztwilliger Verfügung zur Hälfte bzw. allein beerbt zu haben.

Den Vorinstanzen lagen mehrere von der Erblasserin in bezug auf die Erbfolge eigenhändig geschriebene und unterschriebene Schriftstücke vor:

1. Ein von der Erblasserin beim Amtsgericht in amtliche Verwahrung gegebenes Testament vom 24.5.1990, in dem u.a. bestimmt ist, dass der Beteiligte zu 2 die Eigentumswohnung und die Beteiligte zu 1 DM 30000,-- erhalten sollen.

2. Ein vom Beteiligten zu 2 dem Nachlassgericht übergebenes Schriftstück, welches das Datum "24.9.93" und die Überschrift "Nachlaß" trägt und folgenden Wortlaut hat:

Nach meinem Ableben soll mein Neffe... (Beteiligter zu 2) meinen gesamten Nachlaß übernehmen. Er hat sich auch um die Beerdigung zu kümmern.

Unter dieser letztwilligen Verfügung vom 24.9.1993 befindet sich ein handschriftlicher von der Erblasserin unterschriebener Vermerk, dessen Schlußzeile wie folgt lautet:

Augsburg 3.2.97

Vor dieser Schlußzeile stehen drei Wörter, deren Bedeutung zweifelhaft ist. Eine zunächst vom Amtsgericht eingeschaltete Schriftsachverständige hat mitgeteilt, sie könne die Textstelle nicht entziffern. Ein daraufhin vom Amtsgericht zur Lesbarkeit befragter weiterer Schriftsachverständiger hat sich dahingehend geäußert, er mutmaße, dass die ersten beiden Wörter "hat umgeändert" oder "hat geändert" lauteten. Das folgende dritte Wort könne er nicht entziffern.

Danach sind die Vorinstanzen zu der Auffassung gelangt, die fraglichen drei Wörter seien in der Wortbedeutung "hat ungeändert Gültigkeit" lesbar.

3. Ein von der Beteiligten zu 1 dem Nachlassgericht übergebenes Schriftstück vom 21.7.1995 mit der Überschrift "Testament", das auszugsweise wie folgt lautet:

Die Wohnung vermache im Falle meines Todes meiner Nichte... (Beteiligte zu 1).... die Einrichtung meines Zimmers im Altenheim gehört ebenfalls ihr, sowie mein Vermögen im Zeitpunkt meines Todes.

4. Ein von der Beteiligten zu 2 dem Nachlassgericht übergebenes Schriftstück mit folgendem Wortlaut:

Mein Neffe... (Beteiligter zu 2) erhält unwiderruflich nach meinem Ableben meine Eigentumswohnung. Jedes Später anderslautende Schriftstück hat keine Gültigkeit.

15.1.1996

5. Ein von der Beteiligten zu 1 dem Nachlassgericht übergebenes Schreiben oder Teilstück eines Schreibens an die Beteiligte zu 1, das kein Datum enthält, von der Erblasserin mit "Deine Dich liebende...!" unterschrieben ist und auszugsweise wie folgt lautet:

Meine liebste... (Beteiligte zu 1), es soll alles so bleiben wie es ausgemacht war. Du sollst alles haben von mir. Das Testament liegt bei der Frau Oberin, Möbel und Geld, wenn ich verstorben bin zum Abholen. Das Grab ist bezahlt.

Dieses Schreiben oder Teilstück eines Schreibens ist der Beteiligten zu 1 nach deren Angaben von der Erblasserin im Jahr 1996 übersandt worden.

Die Beteiligte zu 1 beantragte die Erteilung eines Erbscheins, wonach die Erblasserin von ihr und dem Beteiligten zu 2 je zur Hälfte beerbt worden ist. Sie leitet diese Erbfolge aus einem weiteren Testament her, das die Erblasserin ihr und ihrem Ehemann wiederholt gezeigt habe und nicht vor dem 26.2.1997 errichtet worden sei. Das einschlägige Schriftstück sei von der Erblasserin eigenhändig geschrieben und unterschrieben gewesen, habe die Überschrift "Testament" getragen und etwa folgenden Wortlaut gehabt:

Meinem Neffen... (Beteiligter zu 2) und meiner Nichte ... (Beteiligte zu 1) vermache ich im Falle meines Todes die Eigentumswohnung zu gleichen Teilen.

Ein entsprechendes Testament wurde nicht aufgefunden.

Der Beteiligte zu 2 beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.

Mit Beschluss vom 12.2.1999 hat das Amtsgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen und auf der Grundlage der letztwilligen Verfügung vom 24.9.1993 mit Ergänzungsvermerk vom 3.2.1997 die Erteilung eines Erbscheins angekündigt, wonach die Erblasserin von dem Beteiligten zu 2 allein beerbt worden ist. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluss vom 20.6.2000 zurückgewiesen hat. Das Amtsgericht erteilte daraufhin am 14.7.2000 einen Alleinerbschein zugunsten des Beteiligten zu 2. Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 20.6.2000 hat die Beteiligte zu 1 weitere Beschwerde eingelegt und die Einziehung des erteilten Erbscheins beantragt.

II.

Die mit dem Ziel der Einziehung des nach Erlaß der Beschwerdeentscheidung erteilten Erbscheins und der Erteilung des von der Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Erbfolge bestimme sich nach dem Testament vom 24.9.1993 in Verbindung mit dem Vermerk vom 3.2.1997, der zwar in zittriger Schrift geschrieben, aber doch lesbar sei. Durch die Verfügung vom 3.2.1997 seien die früheren Testamente aufgehoben. Von der Existenz des weiteren nicht auffindbaren Testaments, das nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1 ab Ende Februar 1997 von der Erblasserin errichtet worden sein soll, könne nicht ausgegangen werden. Die Beteiligte zu 1 habe angegeben, dass bei der Schwester Oberin noch andere Testamente vorhanden sein mögen; dies habe die Schwester nicht bestätigen können. Die Beteiligte zu 1 und der Ehemann hätten zwar bekundet, das nicht auffindbare Testament am 2.3.1997 und später gesehen zu haben. Dennoch hätten die Beteiligte zu 1 und ihr Ehemann bei ihrer Vorsprache beim Nachlassgericht am 7.4.1997 dieses Testament nicht konkret angegeben, sondern lediglich die letztwillige Verfügung vom 21.7.1995 übergeben. Dies sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass ihnen ein weiteres Testament nicht bekannt gewesen sei.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Ohne Erfolg rügt die Beteiligte zu 1, die Beschwerdekammer des Landgerichts sei bei dem Beschluss vom 20.6.2000 nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 551 Nr. 1 ZPO). Entschieden hat die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts zuständige 5. Zivilkammer. Da am 20.6.2000 sowohl der Vorsitzende als auch die regelmäßige Vertreterin des Vorsitzenden in Urlaub waren, hat die 5. Zivilkammer gemäß der im Geschäftsverteilungsplan getroffenen Vertretungsregelung in der Besetzung mit den beiden weiteren ihr angehörenden Mitgliedern sowie dem an erster Stelle zur Vertretung berufenen Mitglied der 7. Zivilkammer entschieden.

b) Auch soweit die Beteiligte zu 1 im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme durch den beauftragten Richter Verfahrensfehler rügt, liegt kein Rechtsfehler vor. Ein Mitglied der gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 FGG als Beschwerdegericht zuständigen Zivilkammer kann mit der Vorbereitung der Entscheidung, insbesondere mit der Vernehmung von Zeugen sowie der Anhörung von Beteiligten oder Auskunftspersonen betraut werden (BayObLGZ 1987, 291/293; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 30 Rn. 6; Jansen FGG 2. Aufl. § 15 Rn. 5). Dies ist durch Zwischenbeschluß der Zivilkammer vom 10.8.1999 geschehen. Mit dem Ergebnis der Beweiserhebungen des beauftragten Richters hat sich danach die Zivilkammer in der Besetzung nach § 75 GVG befaßt und die Sache abschließend entschieden.

c) Die Entscheidung des Landgerichts kann jedoch deshalb keinen Bestand haben, weil die Feststellung des Landgerichts, von der tatsächlichen Existenz des nicht auffindbaren weiteren von der Erblasserin ab Ende Februar 1997 errichteten Testaments könne nicht ausgegangen werden, nicht rechtsfehlerfrei zustande gekommen ist. Auszugehen ist von dem in § 2355, § 2356 Abs. 1 Satz 1 BGB niedergelegten Grundsatz, dass zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts grundsätzlich die Urschrift der Urkunde vorzulegen ist, auf die das Erbrecht gestützt wird (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2356 Rn. 9). Ist diese Urkunde nicht auffindbar, kommt der allgemein anerkannte Grundsatz zum Tragen, dass es die Wirksamkeit eines Testaments nicht berührt, wenn die Urkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verlorengegangen oder sonst nicht auffindbar ist (BayObLG FamRZ 1986, 1043/1044 und FamRZ 1990, 1162/ 1163). In einem solchen Fall können Errichtung und Inhalt des Testaments mit allen zulässigen Beweismitteln bewiesen werden (BayObLG aaO). An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen (BayObLG FamRZ 1990, 1162/1163; OLG Köln NJW-RR 1993, 970; Palandt/Edenhofer aaO § 2255 Rn. 12; Erman/M. Schmidt BGB 10. Aufl. § 2255 Rn. 9; Staudinger/Baumann BGB 13. Aufl. § 2255 Rn. 31).

Grundlage dieser hohen Beweisanforderungen ist die für die Errichtung eines Testaments gemäß §§ 2231 f. BGB geltende Formstrenge. Durch die Formvorschriften für die Testamentserrichtung verfolgt das Gesetz verschiedene Zwecke: Die einzuhaltenden Förmlichkeiten sollen den Erblasser dazu veranlassen, sich selbst klar darüber zu werden, welchen Inhalt seine Verfügung von Todes wegen haben soll, und seinen Willen möglichst deutlich zum Ausdruck zu bringen. Sie sollen außerdem dazu dienen, Vorüberlegungen und Entwürfe von der maßgebenden Verfügung exakt abzugrenzen. Die Eigenhändigkeit eines Testaments soll nach der Wertung des Gesetzes außerdem eine erhöhte Sicherheit vor Verfälschungen des Erblasserwillens bieten. Alle diese Formzwecke sollen in ihrer Gesamtheit dazu beitragen, verantwortliches Testieren zu fördern und Streitigkeiten der Erbprätendenten über den Inhalt letztwilliger Verfügungen hintanzuhalten (BGHZ 80, 242/246).

Die Feststellungen, ob der Erblasser ein formgültiges Testament errichtet hat und welchen Wortlaut es enthält, liegen auf tatsächlichem Gebiet. Die hierzu vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen können im Verfahren der weiteren Beschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob es den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB) und bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze oder gegen feststehende Erfahrungssätze verstoßen und ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. BayObLG FamRZ 1992, 1206 m.w.N. und Senatsbeschlüsse vom 1.9.2000, 1Z BR 55/00 und 30.10.2000, 1Z BR 46/00).

Das Landgericht hat seine Überzeugung, die Aussagen der Beteiligten zu 1 und ihres Ehemanns böten keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Existenz des nicht auffindbaren Testaments, im wesentlichen auf das Verhalten der Beteiligten zu 1 und ihres Ehemanns bei der Ablieferung des Testaments vom 21.7.1995 gestützt. Die Feststellungen des Landgerichts hierzu beruhen maßgeblich auf der Niederschrift, die der Urkundsbeamte des Amtsgerichts bei der Ablieferung des Testaments am 7.4.1997 gefertigt hat. Die Entscheidung hält insoweit auch unter Berücksichtigung der an den Nachweis der formgültigen Errichtung eines nicht auffindbaren Testaments zu stellenden strengen Anforderungen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

aa) Der Entscheidung des Landgerichts liegt keine ausreichende Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts zugrunde. Der Grundsatz der Amtsermittlung verpflichtet das Gericht, seine Ermittlungen erst abzuschließen, wenn von einer weiteren Beweisaufnahme ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (BayObLG NJW-RR 1997, 7/8; Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2358 Rn. 1 m.w.N.). Nachdem das Landgericht seiner Entscheidung die Angaben der Beteiligten zu 1 gemäß Niederschrift des Urkundsbeamten vom 7.4.1997 zugrundegelegt hat und es sich hierbei ersichtlich nicht um ein Inhaltsprotokoll handelt, war es geboten, zu den Angaben vom 7.4.1997 den Urkundsbeamten als Zeugen zu hören und die Beteiligte zu 1 über den Inhalt ihrer Äußerungen zu befragen.

Die Annahme des Landgerichts, aus der Niederschrift vom 7.4.1997 ergebe sich auch, dass der Ehemann der Beteiligten zu 1 bei der Vorsprache am 7.4.1997 keine Angaben zu einer konkreten weiteren Verfügung von Todes wegen gemacht habe, findet im Wortlaut der Niederschrift keine Stütze, da Angaben zum Ehemann der Beteiligten zu 1 in der Niederschrift nicht enthalten sind. Insoweit durfte das Landgericht ohne entsprechende Ermittlungen den Inhalt von Angaben des Ehemanns der Beteiligten zu 1 am 7.4.1997 seiner Entscheidung nicht zugrundelegen. Die hierzu notwendigen Ermittlungen werden nachzuholen sein.

bb) Das Landgericht hätte im Zusammenhang mit der Verwertung der Urkunde vom 7.4.1997 die Beteiligten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) zur Mitwirkung veranlassen und auf eine Ergänzung des tatsächlichen Vorbringens hinwirken müssen (vgl. BayObLGZ 1988, 422/424; 1990, 177/180; Jansen aaO § 12 Rn. 91). Ein Hinweis des Gerichts an die Beteiligten ist veranlaßt, wenn es einen im bisherigen Verfahren nicht erörterten Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung machen will, damit dem Verfahren eine für die Beteiligten unerwartete Wendung gibt (vgl. BayVerfGH 33, 19/ 20; BayObLGZ 1988, 422/424) und wenn zu erwarten ist, dass die Beteiligten zur Aufklärung des Sachverhalts sachdienlich beitragen können.

So liegt der Fall hier. Die vom Urkundsbeamten des Amtsgerichts gefertigte Niederschrift war nicht Gegenstand der Erörterung, der Anhörung oder einer Beweisaufnahme der Tatsacheninstanz. Das Landgericht hat seine Entscheidung auf den Inhalt dieser Niederschrift gestützt, ohne zuvor zu erkennen zu geben, dass es bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Angaben der Beteiligten zu 1 und ihres Ehemanns im wesentlichen auf diese Niederschrift abstellen werde. Hätte das Beschwerdegericht die Bedeutung der Niederschrift vom 7.4.1997 mit den Beteiligten erörtert und diesen Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen, hätte die Beteiligte zu 1 den Sachvortrag zum Verlauf ihrer Vorsprache bei dem Amtsgericht am 7.4.1997, den sie mangels entsprechender Hinweise des Landgerichts erst mit der weiteren Beschwerde vorbringen konnte, noch im Beschwerdeverfahren bringen können.

cc) Das Landgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung auch darauf abgestellt, dass die Beteiligte zu 1 angegeben habe, es mögen bei der Schwester Oberin noch andere Testamente vorhanden sein und die Schwester dies nicht habe bestätigen können. Insoweit besteht zwischen der Niederschrift und dem Sachverhalt, den das Landgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, ein Widerspruch. Der Niederschrift des Urkundsbeamten des Amtsgerichts vom 7.4.1997 zufolge hat die Beteiligte zu 1 nämlich nicht von anderen Testamenten bei der Schwester Oberin, sondern von weiteren Testamenten im Altenheim gesprochen. Somit kann der Umstand, dass sich das Vorhandensein von anderen Testamenten bei der Oberin nicht bestätigt hat, für die Entscheidung keine Bedeutung haben. Da das Rechtsbeschwerdegericht die notwendigen weiteren Ermittlungen nicht selbst durchführen kann, muß die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen werden.

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

a) Die in der letztwilligen Verfügung vom 15.1.1996 enthaltene Bestimmung der Erblasserin, jedes später anders lautende Schriftstück habe keine Gültigkeit, berührt die Wirksamkeit späterer letztwilliger Verfügungen der Erblasserin nicht. Das Gesetz läßt eine Einschränkung der Testierfreiheit nur beim Erbvertrag und beim gemeinschaftlichen Testament zu. Ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben, ist gemäß § 2302 BGB nichtig. Diese Bestimmung ist auf eine einseitige Verpflichtung des Erblassers zur Errichtung, Aufrechterhaltung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen entsprechend anzuwenden (Staudinger/Kanzleitner BGB 13. Aufl. § 2302 Rn. 7; Erman/Schmidt BGB 10. Aufl. § 2302 Rn. 2).

b) Wenn ein Hausgrundstück seinem Wert nach den wesentlichen Teil des Vermögens bildet, liegt es nahe, in seiner Zuwendung an eine bestimmte Person oder bestimmte Personen deren Einsetzung als Alleinerbe bzw. alleinige Miterben zu sehen (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1392/1394 m.w.N.). Entsprechendes gilt für eine Eigentumswohnung. Dies wäre zu beachten, falls die weiteren Ermittlungen ergeben sollten, dass sich die Erbfolge nach einem Testament mit einschlägigem Inhalt bestimmt.

c) Falls das Landgericht auch nach Durchführung der weiteren Ermittlungen die Existenz des ab Ende Februar 1997 errichteten Testaments als nicht nachgewiesen ansehen sollte, könnte nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der auf der Grundlage der letztwilligen Verfügung vom 24.9.1993 mit Ergänzungsvermerk vom 3.2.1997 zugunsten des Beteiligten zu 2 erteilte Alleinerbschein Bestand haben kann.

Das Testament vom 24.9.1993 ist zwar durch die später von der Erblasserin errichteten Testamente aufgehoben worden (§ 2258 Abs. 1 BGB), konnte aber grundsätzlich durch ergänzenden neu unterschriebenen Zusatz wieder in Kraft gesetzt werden (vgl. BayObLGZ 1992, 181/187).

Für eine Wirksamkeit des ergänzenden Zusatzes müssen die Formerfordernisse des § 2247 BGB erfüllt sein. Dies setzt jedenfalls voraus, dass der niedergeschriebene Text, gegebenenfalls unter Heranziehung eines Sachverständigen, objektiv lesbar ist'(vgl. OLG Hamm FamRZ 1992, 356/357; KG FamRZ 1998, 1396/1397; MünchKomm/Burkardt BGB 3. Aufl § 2247 Rn. 16; Staudinger/Baumann aaO § 2247 Rn. 45).

Aufgrund des vorhandenen Schriftbildes des Ergänzungsvermerks vom 3.2.1997 kann derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die Schriftzüge der Erblasserin in ihrem sachlichen Gehalt objektiv lesbar sind. Bereits das zweite der drei in Rede stehenden Wörter weist die Lesbarkeit erheblich einschränkende Überschreibungen auf. Bei dem dritten Wort ist allenfalls der erste Buchstabe als ein großes "G" noch erkennbar. Die den Anfangsbuchstaben folgenden Schriftzüge stellen sich dem Leser als eine unverständliche Ansammlung von über- und untereinander geschriebenen Buchstaben dar. Beide vom Amtsgericht beauftragte Schriftsachverständige haben diese Buchstabenfolge als nicht entzifferbar angesehen. Das Beschwerdegericht hat bisher nicht dargelegt, auf welche eigene den Sachverständigen überlegene Sachkunde es seine Überzeugung von der Lesbarkeit des Vermerks stützt, so dass die vom Beschwerdegericht zum sachlichen Gehalt des Vermerks getroffenen Feststellungen einer Überprüfung nicht standhalten.

Sollte es im weiteren Verfahrensgang auf die Wirksamkeit des Ergänzungsvermerks vom 3.2.1997 ankommen, wird das Landgericht zu beachten haben, dass die bisher von den Schriftsachverständigen abgegebenen Stellungnahmen für eine abschließende tatsächliche Feststellung nicht ausreichen. Beiden Sachverständigen lag das original der Urkunde nicht vor. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein mit vertieften Untersuchungen beauftragter Sachverständiger anhand des Originals der Urkunde die Abfolge der über- und durcheinander geschriebenen Buchstaben noch feststellen und auf diese weise ein lesbares Schriftbild sichtbar machen kann. Entsprechende Ermittlungen wären gegebenenfalls durch das Landgericht nachzuholen.

4. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten fallen im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird das Beschwerdegericht zu befinden haben (Keidel/Zimmermann aaO § 13a Rn. 36 und 39).

Ende der Entscheidung

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