Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.02.1999
Aktenzeichen: 1Z BR 150/99
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BvormVG, BSHG, InsO, ZPO


Vorschriften:

FGG § 56g
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 3
BGB § 1836c
BGB § 1836c Nr. 2
BGB § 1836e Abs. 1 Satz 3
BGB § 1915 Abs. 1
BVormVG § 1 Abs. 1
BVormVG § 1
BSHG § 88
BSHG § 92c Abs. 3
InsO § 324 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
1Z BR 150/99 LG München I - 16 T 10305/99 AG München 60 VI 4916/98

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BESCHLUSS

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Gummer sowie der Richter Dr. Kahl und Sprau

am 8. Februar 1999

in der Nachlaßsache

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 28. Juli 1999 aufgehoben. Die Sache wird zu anderer Behandlung und neuer Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Erblasserin ist am 17.3.1998 verstorben. Die Beteiligte zu 1 ist ihre Tochter aus erster Ehe. Der Nachlaß bestand im wesentlichen aus Bankguthaben und einem Anspruch auf Sterbegeld in Höhe von zusammen ca. 7.300,-- DM, es waren jedoch auch Nachlaßverbindlichkeiten, insbesondere Bestattungskosten vorhanden. Ungeklärt war, ob noch Entschädigungs- oder Rückgabeansprüche der Erblasserin nach dem Vermögensgesetz hinsichtlich eines in Dresden gelegenen Grundstücks bestanden, ferner ob eine Bekannte der Erblasserin, die ebenfalls Ansprüche auf die Erbschaft geltend machte, ihr von dieser überlassene Geldbeträge herauszugeben hatte.

Da die Erbfolge nicht eindeutig geregelt war, ordnete das Nachlaßgericht am 25.6.1998 Nachlaßpflegschaft mit dem Wirkungskreis Verwaltung des Nachlasses an. Am 26.6.1998 wurde die Beteiligte zu 2, eine Rechtsanwältin, zur Nachlaßpflegerin bestellt. Diese erfaßte und bereinigte den Nachlaßbestand, korrespondierte mit der Beteiligten zu 1 und der weiteren Erbprätendentin und befaßte sich mit den dem Nachlaß hinsichtlich des in der DDR gelegenen Grundstücks zustehenden Ansprüchen. Dabei ergab sich, daß zwar ein Entschädigungsanspruch in Höhe von ca. 10.000,-- DM gegeben ist, insoweit aber Zahlungen aus dem Lastenausgleich in noch nicht näher bekanntem Umfang anzurechnen sind und deshalb möglicherweise kein Restanspruch verbleibt. Nachdem das Nachlaßgericht der Beteiligten zu 1 im April 1999 einen Erbschein als Alleinerbin erteilt hatte, hob es am 27.4.1999 die Nachlaßpflegschaft auf. Der Nachlaßbestand belief sich zu diesem Zeitpunkt, ohne Berücksichtigung eventueller Entschädigungen, auf 4.142,03 DM.

Die Beteiligte zu 2 hat beantragt, ihre Vergütung auf 2.145 DM einschließlich Mehrwertsteuer festzusetzen. Die Beteiligte zu 1 hat dem widersprochen und darauf hingewiesen, daß die Vergütung hier, jedenfalls für die Zeit bis zum 31.12.1998, nach dem bis dahin geltenden Recht unter Berücksichtigung vor allem der Höhe des Aktivnachlasses festzusetzen sei. Der Betrag von 2.145,-- DM zehre den Nachlaß praktisch auf. Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 31.5.1999 die Vergütung antragsgemäß auf 2.145,-- DM einschließlich Mehrwertsteuer festgesetzt. Die Beteiligte zu 1 hat hiergegen "Erinnerung" eingelegt, die das Landgericht als Beschwerde gewertet und mit Beschluß vom 28.7.1999 zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Landgericht zugelassene weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Das Verfahren zur Festsetzung der Vergütung der Beteiligten zu 2 ist erst im April 1999 und damit nach Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.6.1998 (BGBl I S. 1580, BtÄndG) am 1.1.1999 eingeleitet worden. Daher gelten, mangels anderslautender Übergangsregelung, für dieses Verfahren, insbesondere auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen die Vergütungsentscheidung, die verfahrensrechtlichen Vorschriften in der Fassung, die sie durch dieses Gesetz gefunden haben (vgl. BayObLGZ 1999, 121./122 und 123/124; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 23). Auf das Verfahren zur Festsetzung der Vergütung eines Pflegers ist seit Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes § 56g FGG anzuwenden (§ 56g Abs. 7 FGG), und zwar auch, soweit es um eine Nachlaßpflegschaft geht (§ 75 Satz 1 FGG; Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 1960 Rn. 29, Zimmermann ZEV 1999, 329/337, Jochum/Pohl Nachlaßpflegschaft Rn. 714). Die weitere Beschwerde, die nach bisherigem Recht ohne Einschränkung statthaft war, ist daher nur noch als sofortige gegeben (§ 29 Abs. 2, § 22 Abs. 1, § 56g Abs. 5 FGG), und auch dies nur, soweit das Beschwerdegericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Entscheidung des Landgerichts kann der Beteiligten zu 1 frühestens am 7.8.1999 zugegangen sein. Die Beteiligte zu 1 hat ihr Rechtsmittel am Montag, 23.8.1999 und somit fristgerecht binnen zwei Wochen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 FGG) eingelegt. Das Landgericht hat die weitere Beschwerde zugelassen. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben, insbesondere ist die Beteiligte zu 1 als Erbin beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG).

2. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Bewilligung der Vergütung richte sich nach § 1836 BGB, und zwar in der seit Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes am 1.1.1999 geltenden Fassung. Der Beteiligten zu 2 sei eine Vergütung zu bewilligen, da sie die Nachlaßpflegschaft berufsmäßig geführt habe. Die Höhe der Vergütung bestimme sich nach den für die Führung der Pflegschaft nutzbaren Fachkenntnissen der Pflegerin sowie nach Umfang und Schwierigkeit der Geschäfte. Die Pflegerin habe ihren Zeitaufwand schlüssig und plausibel mit 8 Stunden 35 Minuten angegeben. Der geforderte Stundensatz von 250,-- DM sei nicht zu beanstanden. Die Pflegerin habe als Rechtsanwältin über nutzbare Fachkenntnisse im Sinn des § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB verfügt, diese seien für die Führung der Pflegschaft erforderlich gewesen, da Rückzahlungsansprüche gegen die weitere Erbprätendentin sowie Entschädigungsansprüche hinsichtlich von Grundbesitz in der ehemaligen DDR zu prüfen gewesen seien. Eine Kürzung der Vergütung im Hinblick auf den geringen Nachlaßbestand sehe das Gesetz nicht vor.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in vollem Umfang stand.

a) Das Landgericht hat das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 zu Recht als Beschwerde gewertet (vgl. § 11 Abs. 1 RPflG i.d.F. des Dritten Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6.8.1998, BGBl I S. 2030). Eine Abhilfeentscheidung des Nachlaßgerichts war nicht erforderlich (vgl. auch § 18 Abs. 2 FGG und Keidel/Kahl § 19 Rn. 59).

b) Die Beteiligte zu 2 hat nach den Feststellungen des Landgerichts einen Teil ihrer Tätigkeit nach dem 1.1.1999 und damit nach dem Inkrafttreten der Neuregelung der Pflegervergütung durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz entfaltet. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß jedenfalls für diesen Teil der Tätigkeit die Vergütung nach den seit dem 1.1.1999 geltenden Regeln zu bestimmen ist. Das Landgericht hat aber übersehen, daß für die Tätigkeit der Beteiligten zu 2 vor dem 1.1.1999 und deren Vergütung das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht weiterhin von Bedeutung ist.

aa) Die Nachlaßpflegschaft ist eine besondere Form der Personenpflegschaft, die nicht für den Erblasser, sondern "für denjenigen, welcher Erbe wird" (§ 1960 Abs. 2 BGB) angeordnet wird (BayobLGZ 1982, 284/289; Staudinger/Marotzke BGB 13. Bearb. § 1960 Rn. 23). Als Unterart der Pflegschaft finden auf sie über § 1915 Abs. 1 BGB die Vorschriften über die Vormundschaft Anwendung (Staudinger/Marotzke aaO Rn. 31), soweit sich nicht etwas anderes daraus ergibt, daß die Pflegschaft einen Nachlaß betrifft und der Pflegling in der Regel unbekannt ist (Palandt/Edenhofer § 1960 Rn. 11). Damit galt für die Vergütung der Tätigkeit des Nachlaßpflegers bis zum 31.12.1998 § 1836 BGB in der bis zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Fassung (Senatsbeschluß vom 23.12.1999 Az.: 1Z BR 204/98; vgl. auch BayObLGZ 1999, 21/23). Die Vergütung des Nachlaßpflegers für eine Tätigkeit ab dem 1.1.1999 ist hingegen gemäß den §§ 1836 bis 1836e in der Fassung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes festzusetzen (Bestelmeyer FamRZ 1999, 1633/1637; Zimmermann ZEV 1999, 329, 337).

bb) Nach dem bis zum 31.12.1998 geltenden Recht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auf der Grundlage des § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a.F. dem Nachlaßpfleger eine angemessene Vergütung jedenfalls dann zu bewilligen, wenn der Wert des zu sichernden Nachlasses sowie Umfang und Bedeutung der dem Nachlaßpfleger obliegenden Geschäfte dies rechtfertigen. Die Entscheidung darüber, in welcher Höhe eine Vergütung zu bewilligen ist, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Tatsachengerichte. Maßgebend sind die für die Tätigkeit des Nachlaßpflegers bestimmenden Merkmale, nämlich Dauer, Umfang, Bedeutung und Tragweite der Pflegergeschäfte sowie das Maß der damit verbundenen Verantwortung, aber im Hinblick auf den Wortlaut des § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ("Vermögen des Mündels") auch und zu einem wesentlichen Teil die Größe des zum Nachlaß zählenden Aktivvermögens (BayobLGZ 1993, 325/329; BayObLG FamRZ 1999, 255). Allerdings darf die Vergütung nicht nach starren Regeln oder Prozentsätzen festgelegt werden. Die Übung der Tatsacheninstanzen, bei "größeren" Nachlässen von 1 % bis 2 %, bei "kleineren" von 3 % bis 5 % des Aktivnachlasses auszugehen, kann allerdings als unverbindlicher Anhaltspunkt zur Überprüfung des anhand sonstiger Maßstäbe ermittelten Ergebnisses herangezogen werden, soweit derartige Prozentsätze nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls, z.B. bei einem besonders großen Nachlaß mit verhältnismäßig kurzer Dauer der Pflegschaft und geringem Sicherungsaufwand, als gänzlich ungeeignet erscheinen (BayObLGZ 1993, 325/330).

cc) Diese Grundsätze können, soweit die Vergütung auf der Grundlage des seit dem 1.1.1999 geltenden Rechts festzusetzen ist, für einen Nachlaßpfleger jedenfalls dann nicht mehr herangezogen werden, wenn die Pflegschaft gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB berufsmäßig geführt wird. Denn für ihn sieht das Gesetz nunmehr eine abschließende Sonderregelung vor. Danach wird die Pflegschaft entgeltlich geführt, wenn das Gericht bei der Bestellung des Pflegers feststellt, daß dieser die Pflegschaft berufsmäßig führt (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine solche Feststellung ist zu treffen, wenn dem Pfleger in solchem Umfang Aufgaben als Vormund oder Pfleger übertragen sind, daß er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, oder wenn zu erwarten ist, daß ihm in absehbarer Zeit Vormundschaften und Pflegschaften in diesem Umfang übertragen sein werden (§ 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach dem klaren Gesetzeswortlaut "ist" dem Pfleger in einem solchen Fall eine Vergütung zu bewilligen (§ 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB), d.h. der Vergütungsanspruch entsteht kraft Gesetzes aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Bestellten (BT-Drucks 13/7158 S. 27). Das Gericht bestimmt nur noch seine Höhe. Diese richtet sich nach den für die Führung der Pflegschaft nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte (§ 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB). Richtet sich der Anspruch wegen Dürftigkeit des Nachlasses gegen die Staatskasse (§ 1836a BGB), ist § 1 des Berufsvormündervergütungsgesetzes (Art. 2a BtÄndG) zu beachten. Auf Größe und Umfang des Nachlasses stellt das Gesetz nicht mehr ab. Sie können allenfalls noch mittelbar von Bedeutung sein, soweit sie Einfluß auf die genannten Kriterien, insbesondere den Umfang und die Schwierigkeit der Geschäfte des Nachlaßpflegers haben (vgl. Palandt/Diederichsen § 1836 Rn. 8 und Palandt/Edenhofes § 1960 Rn. 28).

Wird die Nachlaßpflegschaft nicht berufsmäßig geführt, so kann nach neuem Recht (§ 1836 Abs. 3 BGB) eine angemessene Vergütung bewilligt werden, soweit der Umfang oder die Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte dies rechtfertigen und der Nachlaß nicht mittellos ist. Welche Grundsätze in diesem Fall für die Bemessung der Vergütung heranzuziehen sind (vgl. dazu Jodrum/Pohl Rn. 685 ff.; Zimmermann ZEV 1999, 329/337, Palandt/Edenhofes § 1960 Rn. 25), bedarf im vorliegenen Fall wegen der Berufsmäßigkeit der Tätigkeit der Beteiligten zu 2 (unten c) keiner Entscheidung.

dd) Die Beteiligte zu 2 hat ihre Tätigkeit als Nachlaßpflegerin sowohl vor dem 1.1.1999 wie auch danach entfaltet. Das Landgericht hat gleichwohl die Vergütung für die Tätigkeit insgesamt nach den Grundsätzen des neuen Rechts bestimmt. Dem kann der Senat nicht folgen. Die Vergütung ist für den Zeitabschnitt bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes (Tätigkeit bis zum 31.12.1998) und für den Zeitabschnitt ab Inkrafttreten dieses Gesetzes (Tätigkeit ab 1.1.1999) im Grundsatz getrennt zu berechnen (so auch Zimmermann ZEV 1999, 329/337; vgl. auch Palandt/Diederichsen § 1836 Rn. 3).

Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz enthält keine Übergangsregelung zur Vergütung in den Fällen, in denen ein Vormund, Pfleger oder Betreuer im Rahmen seiner Bestellung sowohl in der Zeit vor dem 1.1.1999 wie auch ab diesem Zeitpunkt Tätigkeiten entfaltet hat. (vgl. Art. 5 BtÄndG). Entsprechend dem in Art. 210 EGBGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz des intertemporalen Rechts ist das neue materielle Recht nur insoweit anwendbar, als es Tätigkeiten des Pflegers nach dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens betrifft. Dies wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Die Bundesregierung hat sich zu einer Anregung des Bundesrats, Übergangsregelungen hinsichtlich der Vergütung zu schaffen (BT-Drucks 13/7158 S. 53), ablehnend geäußert. Aus ihren Ausführungen (vgl. BT-Drucks 13/7158 S. 58) ergibt sich, daß nach der Konzeption des Entwurfs die Neuregelungen entsprechend dem erwähnten allgemeinen Grundsatz nur auf solche Tätigkeiten und Aufwendungen anzuwenden sind, die nach dem Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes erbracht oder gemacht worden sind. Diese Auffassung ist offensichtlich auch im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens zugrundegelegt worden, da eine Übergangsvorschrift nicht. geschaffen wurde.

Eine andere Handhabung könnte gerade im Bereich der Vergütung des Nachlaßpflegers zu Unzuträglichkeiten führen. Denn nach den bereits dargestellten Grundsätzen für die Bemessung der Vergütung auf der Grundlage des früheren Rechts kommt dem Umfang und der Größe des Nachlasses in vielen Fällen eine hervorgehobene Bedeutung zu. Demgegenüber können die Regeln des neuen Rechts insbesondere bei kleinen Nachlässen, deren Betreuung zeitaufwendig ist, zu deutlich höheren Vergütungen führen. Es wäre unbillig, die Erben in solchen Fällen gleichwohl sozusagen rückwirkend mit der Anwendung der neuen Regeln zu belasten.

c) Soweit sich die Festsetzung der Vergütung nach dem ab 1.1.1999 geltenden Recht richtet, ist das Landgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, daß der Beteiligten zu 2 eine Vergütung als berufsmäßig tätiger Pflegerin zu bewilligen und diese Vergütung nach den allgemeinen Grundsätzen des § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB, nicht nach den Grundsätzen für die Bewilligung aus der Staatskasse zu bemessen ist. Allerdings ist bisher nicht geklärt, ob die Höhe des insoweit maßgeblichen Stundensatzes durch die Regeln des § 1 Abs. 1 BVormVG begrenzt ist (vgl. BayObLGZ 1999, 375).

aa) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß die Vergütung der Beteiligten zu 2 nach den Grundsätzen für die berufsmäßige Führung der Pflegschaft festzusetzen ist. Zwar setzt dies nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB voraus, daß das Gericht bei der Bestellung eine entsprechende Feststellung trifft. Für Altverfahren, in denen wie hier die Bestellung vor dem 1.1.1999 wirksam geworden ist, kann aber diese Regelung jedenfalls keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, da mangels entsprechender Vorschrift für eine Feststellung berufsmäßiger Führung der Pflegschaft im Zeitpunkt der Bestellung des Pflegers kein Anlaß bestand. Daher soll es nach manchen Stimmen in diesen Fällen genügen, daß der Pfleger bereits nach altem Recht als berufsmäßiger Pfleger anzusehen war (vgl. Zimmermann FamRZ 1999, 630/632). Aber auch wenn man davon ausgeht, daß in solchen Fällen eine nachträgliche Feststellung der berufsmäßigen Führung noch in Betracht kommt, so liegt diese Feststellung hier jedenfalls in der in den Vergütungsentscheidungen des Nachlaßgerichts und des Landgerichts enthaltenen Aussage, die Beteiligte zu 2 habe nach dem neuen Recht einen Anspruch auf Pflegervergütung, da sie berufsmäßig Pflegschaften führe. Auch die Beteiligte zu 1 hat nicht in Zweifel gezogen, daß bei der Beteiligten zu 2 die Voraussetzungen für eine berufsmäßige Führung der Pflegschaft gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB gegeben sind.

bb) Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Vergütung nach den allgemeinen Grundsätzen des § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB, nicht nach den Grundsätzen für die Bewilligung aus der Staatskasse zu bemessen ist.

(1) Nach der gesetzlichen Regelung für die Vormundschaft kann der Vormund die Vergütung aus der Staatskasse verlangen, wenn der Mündel mittellos ist (§ 1836a BGB). In diesem Fall gelten für die Höhe der Vergütung nicht die allgemeinen Grundsätze des § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB, sie ist vielmehr nach Maßgabe des § 1 BVormVG zu berechnen (§ 1836a BGB, Zimmermann ZEV 1999, 329/331). Der Mündel gilt insbesondere als mittellos, wenn er die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 1836d Nr. 1 BGB). Welches Einkommen oder Vermögen der Mündel einzusetzen hat, richtet sich gemäß § 1836c BGB nach den dort genannten Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes. Für das Vermögen gilt insoweit § 88 BSHG. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift darf von dem Betroffenen der Einsatz oder die Verwertung bestimmter Vermögenswerte nicht gefordert werden (sogenanntes Schonvermögen).

(2) Zwar wird eine Nachlaßpflegschaft in der Regel nur angeordnet werden, wenn der Nachlaß gewisse Vermögenswerte aufweist. Grundsätzlich kann aber auch bei ihr der Fall eintreten, daß derjenige, der als Berufspfleger gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB tätig wird, eine Vergütung aus der Staatskasse verlangen kann. Das Vormundschaftsgericht hat dem Vormund eine Vergütung zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegen (§ 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt auch für die Nachlaßpflegschaft (§ 1915 Abs. 1, § 1960 Abs. 2 BGB), da das Gesetz Ausnahmen nicht vorsieht und solche auch durch die Besonderheiten der Pflegschaft für einen Nachlaß mit in der Regel unbekannten Erben nicht geboten sind. Für eine Ausnahme etwa in dem Sinn, daß eine Vergütung nicht bewilligt werden kann, wenn kein Aktivnachlaß vorhanden ist (vgl. dazu KG Rpfleger 1995, 356 m.w.N.), ist angesichts der klaren gesetzlichen Regelung im Rahmen berufsmäßiger Führung der Pflegschaft kein Raum mehr. § 1836 Abs. 3 Halbsatz 2 BGB schließt bei Mittellosigkeit eine Vergütung nur für die Fälle nicht berufsmäßiger Tätigkeit des Nachlaßpflegers aus.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob Mittellosigkeit gegeben ist, können jedoch die allgemeinen Grundsätze für die Vormundschaft im Hinblick auf die Besonderheiten der Nachlaßpflegschaft nicht ohne Einschränkungen angewandt werden.

(a) Für die Mittellosigkeit ist, wie das Kammergericht (Rpfleger 1995, 356/357) überzeugend dargelegt hat, im Rahmen der Nachlaßpflegschaft nicht auf das Einkommen und Vermögen des Erben, sondern auf den Nachlaß selbst abzustellen (ebenso Zimmermann ZEV 1999, 329, Palandt/Edenhofer § 1960 Rn. 27, Jochum/fohl Rn. 691 ff.).

(b) Abzustellen ist auf den gesamten Bestand des Aktivnachlasses. Ein Schonvermögen im Sinn von § 1836c Nr. 2 BGB, § 88 BSHG ist nach Auffassung des Senats nicht anzuerkennen. Mittellosigkeit ist bereits dann zu verneinen, wenn überhaupt ein die Vergütung deckender Aktivnachlaß vorhanden ist (ebenso Zimmermann ZEV 1999, 329/330, Jochum/Pohl Rn. 692 ff.).

Dies entspricht zum einen dem Zweck der Vorschriften über das Schonvermögen. Sie sollen dem Vermögensinhaber aus sozialen Gründen bestimmte Vermögenswerte, z.B. ein gewisses Barvermögen als Rücklage für besondere Fälle, belassen. Es besteht kein Anlaß, den Nachlaß und damit den (oft nicht einmal bekannten) Erben, dessen Vermögensverhältnisse bei der Nachlaßpflegschaft wie dargelegt auch im übrigen für die Frage der Mittellosigkeit nicht berücksichtigt werden, auf Kosten der Allgemeinheit zu entlasten (vgl. BayObLGZ 1995, 395/398). Zwar hat des Gesetzgeber den Rückgriff der Staatskasse gegen den Erben gemäß § 1836e Abs. 1 Satz 3 BGB, § 92c Abs. 3 BSHG in gewissem Umfang beschränkt. Dem liegen aber wesentlich auch verwaltungstechnische Überlegungen (Verwaltungsaufwand beim Rückgriff, vgl. BT-Drucks 13/7158 S. 32) zugrunde, nicht ein besonderes Schutzbedürfnis des Erben.

Auch kommt nach der gesetzlichen Wertung der Vergütung des Nachlaßpflegers gegenüber den Ansprüchen anderer Nachlaßgläubiger Vorrang zu. Gemäß § 324 Abs. 1 Nr. 3 InsO sind die Kosten einer Nachlaßpflegschaft Masseverbindlichkeiten und damit gegenüber den Nachlaßgläubigern bevorrechtigt. Entfällt die Belastung des Nachlasses mit dieser Vergütung allein im Hinblick auf die Mittellosigkeit und wird sie durch einen Anspruch des Pflegers gegen die Staatskasse ersetzt, so werden dadurch letztlich nur die Nachlaßgläubiger, nicht der Erbe begünstigt (Zimmermann ZEV 1999, 329/330). Dieser Wertungswiderspruch wird vermieden, wenn bereits im Rahmen der Bestimmung der Mittellosigkeit allein auf den Aktivnachlaß abgestellt wird (Jochum/Pohl Rn. 695). Der Nachlaßpfleger kann im Rahmen der Führung der Pflegschaft dafür Sorge tragen, daß die vorhandenen Vermögenswerte bei Bedarf für die Abgeltung seines Vergütungsanspruchs zur Verfügung stehen (vgl. auch § 1836 Abs. 2 Satz 3 BGB). Sollte sich im Rahmen der Führung herausstellen, daß hinreichender Aktivnachlaß nicht vorhanden ist, wird in aller Regel ohnehin auf eine Beendigung der Pflegschaft hinzuwirken sein, die nicht den Interessen der Gläubiger, sondern denen des Erben dienen soll. Gegebenenfalls kann dann immer noch festgestellt werden, daß von Anfang an ein für die Abgeltung der Vergütung ausreichender Aktivnachlaß nicht vorhanden war und daher wegen Mittellosigkeit ein Anspruch gegen die Staatskasse (§ 1836a BGB) in Betracht kommt.

Soweit das Kammergericht (Rpfleger 1995, 356/357) zu dieser Frage zu dem vor dem 1.1.1999 geltenden Recht eine andere Auffassung vertreten hat, folgt der Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht. Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof (§ 28 Abs. 2 FGG) bedarf es, von der zwischenzeitlichen Gesetzesänderung abgesehen, auch deshalb nicht, weil die Entscheidung des Senats auf dieser Abweichung nicht beruht. Denn die Entscheidung des Landgerichts kann schon im Hinblick auf die erforderliche Trennung der Berechnungszeiträume keinen Bestand haben.

(4) Nach diesen Grundsätzen kommt hier eine Mittellosigkeit des Nachlasses nicht in Betracht. Denn es war und ist ein zur Deckung der Vergütung ausreichender Aktivnachlaß vorhanden.

cc) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Höhe der Vergütung nach dem Zeitaufwand der Beteiligten zu 2 und einem Stundensatz berechnet. Gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Vormundschaft nutzbaren Fachkenntnissen des Vormunds sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der vormundschaftlichen Geschäfte. Hierbei geht das Gesetz vom Stundensatzsystem aus (vgl. BT-Drucks 13/7158 S. 16), d.h. die Vergütung ist aus der für die Tätigkeit aufgewendeten und erforderlichen Zeit und einem Stundensatz zu berechnen. Der Umfang der Tätigkeit kommt vor allem in der Zeit zum Ausdruck, welche die für die Führung des Geschäfts bestellte Person hierfür aufzuwenden hat. Alle anderen Umstände, insbesondere die nutzbaren Fachkenntnisse sowie die Schwierigkeit der Tätigkeit, sind bei der Festsetzung des Stundensatzes zu berücksichtigen (vgl. BayObLGZ 1999, 375, Palandt/Diederichsen § 1836 Rn. 9 ff. mit zahlreichen Nachweisen; siehe auch § 1 Abs. 1 BVormVG). Die Besonderheiten der Nachlaßpflegschaft geben keinen Anlaß, bei der Festsetzung der Vergütung des berufsmäßig tätigen Nachlaßpflegers anders zu verfahren (ebenso Palandt/Edenhofer § 1960 Rn. 28, Zimmermann ZEV 1999, 329/333).

Für die Höhe des Stundensatzes enthält § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB keine betragsmäßige Konkretisierung. Hingegen schreibt § 1836a BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 BVormVG bestimmte Stundensätze für den (hier nicht vorliegenden) Fall vor, daß der Mündel (hier: der Nachlaß) mittellos ist. Es ist umstritten, ob diese Sätze auch für die Fallgestaltungen eine Grenze bilden, in denen der Mündel (hier der Nachlaß) nicht mittellos ist und daher ausschließlich die Regeln des § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB gelten. Das Landgericht hat sich mit der Frage nicht befaßt. Sie liegt derzeit dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vor (vgl. Vorlagebeschluß des 3. Zivilsenats vom 15.12.1999, BayObLGZ 1999, 375). Auch aus diesem Grund scheidet derzeit eine abschließende Entscheidung durch den Senat aus.

e) Auf dem genannten Rechtsfehler beruht die angefochtene Entscheidung. Da sie sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (vgl. § 27 Abs. 1 FGG i.V.m. § 563 ZPO), ist sie aufzuheben. Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden. Auch wenn im vorliegenden Fall die Tätigkeit der Beteiligten zu 2, soweit sie vor dem 1.1.1999 lag, ausnahmsweise ebenfalls nach Stundensätzen vergütet werden kann (vgl.

bb), muß wegen der unterschiedlichen Stundensätze noch ermittelt werden, in welchem Umfang die Tätigkeit der Beteiligten zu 2 auf die Zeit vor dem 1.1.1999 entfällt, in welchem Umfang auf die Zeit danach. Die Sache ist daher an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Senat weist in diesem Zusammenhang auf folgendes hin:

aa) Bei der Feststellung des Zeitaufwands des Pflegers steht dem Tatrichter nach allgemeiner Meinung ein Schätzungsermessen gemäß § 287 ZPO zu (vgl. nur BayObLGZ 1998, 65/69, Palandt/Diederichsen § 1836 Rn. 15; eingehend zur Nachprüfung und Feststellung Zimmermann FamRZ 1998, 521/527). Sollte sich eine exakte Trennung des Zeitaufwands nach den genannten Zeitperioden nicht durchführen lassen, wird daher in Anwendung des Rechtsgedankens des § 287 ZPO anhand der in den Akten dokumentierten Tätigkeit der Beteiligten zu 2 eine Schätzung vorzunehmen sein.

bb) Die Entscheidung über die Höhe der Vergütung für die im Jahr 1998 erbrachten Tätigkeiten steht im pflichtgemäßem Ermessen des Tatrichters (vgl. BayObLGZ 1993, 325/327). Die Vergütung für diesen Zeitabschnitt ist nach den bis 31.12.1998 maßgebenden Grundsätzen festzusetzen, soweit nicht wegen des eindeutigen Schwerpunkts der Tätigkeit in einem der beiden Zeitabschnitte nur auf das für diesen Abschnitt anwendbare Recht abgestellt werden kann. Wie in anderen Fällen eine doppelte Vergütung derselben Tätigkeit des Nachlaßpflegers vermieden werden kann, bedarf hier keiner grundsätzlichen Festlegung. Denn hier handelt es sich um einen sehr geringen Nachlaß, bei dem für die berufsmäßige Tätigkeit der Beteiligten zu 2 eine Ausrichtung an den üblichen Prozentsätzen des Nachlaßwertes nicht in Betracht kommen wird. Der Senat hat bereits früher ausgesprochen, daß in einem solchen Fall die bewilligte Vergütung mindestens den Umfang der gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB a.F. vorgesehene Vergütung erreichen muß (BayObLG FamRZ 1994, 590/591). Im übrigen müssen die Leistungen der Beteiligten zu 2 im Hinblick auf die am 1.1.1999 eingetretene Rechtsänderung ohnehin zeitanteilig bewertet werden. Dem Landgericht steht es daher frei, auch die nach den Grundsätzen des früheren Rechts festzusetzende Vergütung nach Zeitaufwand. und Stundensatz zu bemessen. Ein Stundensatz von 250,-- DM erscheint jedoch angesichts des geringen Nachlasses für diese Zeitanteile zu hoch.

3. Da die weitere Beschwerde Erfolg hat, fallen Gerichtskosten nicht an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Über die Frage der Kostenerstattung wird das Landgericht zu entscheiden haben (Keidel/Zimmermann § 13a Rn. 36 und 39). Daher ist auch die Festsetzung eines Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde nicht geboten.



Ende der Entscheidung

Zurück