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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.10.2001
Aktenzeichen: 1Z BR 17/01 (1)
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 19 Abs. 4
KostO § 107 Abs. 2 Satz 1
Zur Frage der Gegenvorstellung gegen die Geschäftswertfestsetzung für das Verfahren der weiteren Beschwerde.
Gründe:

I.

Der Nachlass des am 26.2.1968 verstorbenen Erblassers bestand im Zeitpunkt des am 21.10.1999 eingetretenen Nacherbfalls im wesentlichen aus einem Hof.

Mit seiner weiteren Beschwerde bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht hatte der Beteiligte zu 1 im Erbscheinsverfahren das Ziel verfolgt, statt der ihm vom Landgericht zugebilligten Miterbenstellung zu 1/3 die Alleinerbenstellung zu erlangen. Der Senat hat in seinem die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückweisenden Beschluss vom 11.7.2001 den Geschäftswert der weiteren Beschwerde auf 104533 DM festgesetzt. Ausgehend von dem von den Beteiligten zu 1 und 4, eingereichten Nachlassverzeichnis und dem auf 39200 DM lautenden Einheitswertbescheid hat der Senat den Geschäftswert auf der Grundlage des vierfachen Einheitswerts (§ 19 Abs. 4 KostO) unter Berücksichtigung der Bedeutung des Rechtsmittels für den Rechtsbeschwerdeführer mit 2/3 des Nachlasswerts bewertet.

Hiergegen haben die Beteiligte zu 2 "Erinnerung" und die Beteiligte zu 3 "Gegenvorstellungen" erhoben. Sie haben im wesentlichen vorgetragen, der Hof werde nicht mehr für einen landwirtschaftlichen Betrieb genutzt; die Geschäftswertfestsetzung müsse auf der Grundlage des Verkehrswerts erfolgen, der mehr als 2 Mio. DM betrage.

II.

Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde, die der Senat vorgenommen hat, ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 567 Abs. 4 ZPO). Der Senat behandelt daher die "Erinnerung" der Beteiligten zu 2 ebenso wie das ausdrücklich als solche bezeichnete Vorbringen der Beteiligten zu 3 als Gegenvorstellungen.

Die Gegenvorstellungen geben keinen Anlass, die Festsetzung in dem Beschluss vom 11.7.2001 abzuändern.

1. Gehört zum Nachlass ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb mit Hofstelle, so ist gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2, § 19 Abs. 4 KostO bei einem Geschäft, das die Überlassung des Betriebs durch Testament betrifft, nicht der Verkehrswert maßgebend, sondern das Vierfache des zuletzt festgesetzten Einheitswerts. Diese Vorschrift ist auch im Beschwerdeverfahren anzuwenden, welches die Erteilung eines Erbscheins zum Gegenstand hat (BayObLGZ 1991, 382/385). Privilegiert ist das Geschäft dann, wenn im Zeitpunkt des Erbfalls ein fortführbarer landwirtschaftlicher Betrieb besteht und die Absicht des Erblassers erkennbar ist, die Fortführung des Betriebs zu ermöglichen (BayObLG aaO). Es muss sich um einen leistungsfähigen Betrieb handeln, der den Unterhalt einer bäuerlichen Familie ganz oder teilweise sichern kann (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 831 m. w. N.).

Nach Aktenlage gehören zum Hof ca. 25 ha land- und forstwirtschaftliche Fläche. Die Flächengröße und die sonstigen örtlichen Gegebenheiten bieten keinen hinreichenden Anlass für die Annahme, eine Fortführung des Hofs samt zugehörigen Grundstücken als leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betrieb sei objektiv unmöglich. Vom land- und fortwirtschaftlichen Charakter des Hofs ist auch das Finanzamt bei der mit Bescheid vom 22.5.1996 erfolgten Hauptveranlagung für die Vermögenssteuer ausgegangen; der Steuerfestsetzung wurde ein land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Einheitswert von 39200 DM, der auch in die Geschäftswertfestsetzung des Senats eingeflossen ist, zugrundegelegt. Die Absicht des Erblassers, die Fortführung des Betriebs zu ermöglichen, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Testaments, in dem die subjektive Vorstellung des Erblassers ihren Niederschlag gefunden hat, dass der Beteiligte zu 1 den Hof "bei einer nicht überhöhten Last" übernehmen solle. Da es für die Anwendung des § 19 Abs. 4 KostO grundsätzlich nicht entscheidend ist, ob ein Erbe den Betrieb tatsächlich fortführt (BayObLGZ 1991, 382/386), bedarf es keiner Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beteiligten betreffend die Intensität der landwirtschaftlichen Betätigung des Beteiligten zu 1 auf dem Hof.

Nachdem die gebotene Anwendung des § 19 Abs. 4 KostO dazu führt, dass der zum Nachlass gehörende Grundbesitz nicht nach § 19 Abs. 2 Satz 1 KostO zu bewerten ist, besteht kein Anlass lediglich für die Geschäftswertfestsetzung die für die Hauptsache bedeutungslose Frage des Verkehrswerts des Hofs weiter aufzuklären. Im übrigen wäre selbst bei Anwendung des § 19 Abs. 2 KostO die im Rahmen der Gegenvorstellungen angeregte Erholung eines Sachverständigengutachtens zum Verkehrswert nicht angezeigt, da gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KostO von einer Beweisaufnahme zur Feststellung eines gegenüber dem letzten Einheitswert höheren Werts abgesehen werden soll. Für die Auseinandersetzung zwischen den Miterben, insbesondere für die Berechnung der gemäß letztwilliger Verfügung des Erblassers im Falle der Übernahme des Hofs durch den Beteiligten zu 1 an die Beteiligten zu 2 und 3 zu leistenden Last, ist die Geschäftswertfestsetzung im Erbscheinsverfahren nicht maßgeblich.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 2 und 3 KostO).

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