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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 1Z BR 171/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26
WEG § 28 Abs. 3
WEG § 28 Abs. 5
Enthält eine Jahresgesamtabrechnung Forderungen gegen Dritte, ist der Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung insoweit für ungültig zu erklären.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer größeren Feriendorfanlage, die in erheblichem Umfang an die "A.... Urlaubsdorf Betriebsgesellschaft GmbH" verpachtet war. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin der Wohnanlage; sie errichtete die Jahresgesamtabrechnungen 1997 bis 1999 als "Einnahmen-Ausgaben-Rechnung" und "Vermögensübersicht (Verbindlichkeiten - Forderungen der Gemeinschaft)".

In den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen der drei genannten Jahre findet sich jeweils eine Position "Hausmeister". Dort sind die Ausgaben der Wohnungseigentümer für die drei von ihnen angestellten Hausmeister der Wohnanlage aufgeführt. Von den Ausgaben wird der Betrag abgezogen, den die Betriebsgesellschaft im jeweils abgelaufenen Wirtschaftsjahr an die Wohnungseigentümer für die Hausmeister bezahlt hat. In der Jahresabrechnung 1997 (TOP 2.1) ist überdies eine Rückvergütung in Höhe von 8436,91 DM an die Betriebsgesellschaft aufgeführt. In der "Vermögensübersicht" der Jahresabrechnungen sind unter anderem die Forderungen der Wohnungseigentümer gegen Dritte, darunter Forderungen gegen die Betriebsgesellschaft, aufgeführt.

In der Eigentümerversammlung vom 22.6.2000 billigten die Wohnungseigentümer zu TOP 2.1 die Jahresabrechnung 1997, zu TOP 2.2 die Jahresabrechnung 1998 und zu TOP 2.3 die Jahresabrechnung 1999, jeweils "in der vorgelegten Form, einschließlich der Vermögensaufstellung samt ausgewiesener Forderungen und Verbindlichkeiten". Außerdem erteilten die Wohnungseigentümer der weiteren Beteiligten jeweils Entlastung.

Die Antragsteller haben sinngemäß beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären, soweit die Hausmeisterkosten betroffen sind. Die Antragsteller sind der Auffassung, der Beitrag der Betriebsgesellschaft zu den Hausmeisterkosten in den Jahren 1997 bis 1999 sei zu gering gewesen. Außerdem haben die Antragsteller beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären, soweit der weiteren Beteiligten Entlastung erteilt worden ist. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13.9.2000 die Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt, soweit sie Hausmeisterkosten betreffen. In der Begründung wird klargestellt, dass der weiteren Beteiligten, beschränkt auf die Hausmeisterkosten, keine Entlastung erteilt werden konnte. Das Landgericht hat am 17.10.2001 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner den Beschluss des Amtsgerichts, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse ist, dahingehend abgeändert, dass der Eigentümerbeschluss zu TOP 2.1 insoweit für ungültig erklärt wird, als er die Rückvergütung des Betrages von 8436,91 DM an die Betriebsgesellschaft betrifft; im übrigen hat es die Anträge auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2.1 bis 2.3 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel ist überwiegend begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Eigentümerbeschlüsse zu den drei Jahresabrechnungen seien nicht zu beanstanden. In eine Jahresabrechnung seien die im Wirtschaftsjahr getätigten tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einzustellen. Würden Zahlungen an die Wohnungseigentümer, wie hier von der Betriebsgesellschaft, gekürzt, müsse in der Jahresabrechnung folglich der im Vergleich zu früheren Jahren geringere Betrag aufgeführt werden. Im Anfechtungsverfahren könne nicht überprüft werden, ob die Kürzung zu Recht vorgenommen worden sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend nicht stand.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BayObLGZ 1993, 185/188 m. w. N.) muss die Jahresabrechnung eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten, die aus sich heraus ohne Zuziehung einer sachkundigen Person verständlich ist; die Jahresabrechnung ist keine Bilanz und keine Gewinn- und Verlustrechnung, sondern eine schlichte Einnahmen- und Ausgabenrechnung, die die im Abrechnungszeitraum tatsächlich angefallenen Beträge zu erfassen und keine Forderungen oder Verbindlichkeiten zu enthalten hat; ausnahmsweise dürfen jedoch Zahlungen auf die Heiz- und Warmwasserkosten des Abrechnungszeitraums, auch wenn sie nicht im abgerechneten Wirtschaftsjahr getätigt wurden, Berücksichtigung finden, damit den Vorgaben der Heizkostenverordnung entsprochen werden kann; außerdem müssen aus der Jahresabrechnung der Anfangsund Endstand sowie die Entwicklung der gemeinschaftlichen Konten, insbesondere des Rücklagenkontos, ersichtlich sein.

b) Zutreffend geht das Landgericht somit davon aus, dass in der "Einnahmen- und Ausgabenrechnung" der beschlossenen Jahresabrechnungen die tatsächlich von der Betriebsgesellschaft getätigten Zahlungen für die Hausmeister der Wohnanlage aufzunehmen waren. Eine Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse insoweit kommt deshalb nicht in Betracht. Durch die Genehmigung der Jahresabrechnungen seitens der Wohnungseigentümer wird insoweit nur die rechnerische Richtigkeit der Jahresabrechnungen bestätigt. Die Genehmigungen sagen nichts darüber aus, ob die Wohnungseigentümer das den Abrechnungen zugrundeliegende Handeln der weiteren Beteiligten oder der Betriebsgesellschaft billigen (vgl. Demharter ZWE 2001, 585/587).

c) Die Eigentümerbeschlüsse zu den in den Jahresabrechnungen enthaltenen Vermögensübersichten sind jedoch in dem angefochtenen und durch den Beschluss des Amtsgerichts vorgegebenen Rahmen (also allein bezogen auf die Hausmeisterkosten) für ungültig zu erklären, da sie nicht auf den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben aufbauen. Die Einstellung von Forderungen gegen Dritte, somit also auch gegen die Betriebsgesellschaft wegen der Hausmeisterkosten, im Rahmen einer Vermögensübersicht entspricht nicht den oben dargelegten Anforderungen; eine solche Art der Abrechnung konnten die Wohnungseigentümer nicht mit Stimmenmehrheit beschließen (vgl. BayObLGZ 1993, 185/191).

d) Die Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse über die Jahresabrechnungen in dem vom Landgericht zu TOP 2.1 vorgenommenen und in dem oben dargelegten Umfang hat zur Folge, dass auch die Eigentümerbeschlüsse über die jeweilige Entlastung der weiteren Beteiligten für ungültig zu erklären sind (vgl. BayObLGZ 1989, 310/314 f.; 1993, 185/191). Dies kann aus Gründen der Rechtskraft allerdings nur insoweit erfolgen, als das Amtsgericht dies in seinem von den Antragstellern nicht angefochtenen Umfang ausgesprochen hat, also allein bezogen auf die Hausmeisterkosten.

Die Entlastung des Verwalters wirkt wie ein negatives Schuldanerkenntnis der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter, das im Umfang der Entlastung jegliche Schadensersatzansprüche und konkurrierende Ansprüche wegen solcher Vorgänge ausschließt, die bei der Beschlussfassung den Wohnungseigentümern bekannt oder für sie bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren (BayObLG NZM 2001, 537 m. w. N.). Wenn den Wohnungseigentümern im Zusammenhang mit den erhobenen Beanstandungen noch Ansprüche gegen den Verwalter zustehen können, die durch einen Entlastungsbeschluss verloren gingen, dann entspricht die Entlastung nicht dem Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung (vgl. BayObLGZ 1989, 310/315).

Die Voraussetzungen für die Entlastung der weiteren Beteiligten in dem angegebenen Umfang sind hier schon deshalb nicht gegeben, weil es sich nicht ausschließen lässt, dass weitergehende Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen die Betriebsgesellschaft wegen der Hausmeisterkosten hinsichtlich der Jahre 1997 bis 1999 bestehen. Die den Jahresabrechnungen beigefügte Vermögensübersicht würde dann insoweit eine unrichtige Auskunft beinhalten. Dies könnte wiederum zur Folge haben, dass sich für die Wohnungseigentümer Ersatzansprüche gegen die weitere Beteiligte ergeben könnten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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