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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.04.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 23/03
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1355 Abs. 4 Satz 2 |
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 schlossen am 30.5.1997 die Ehe, ohne einen gemeinsamen Ehenamen zu bestimmen. Am 7.8.2002 gaben sie vor dem Standesbeamten folgende Erklärung zur Namensführung in der Ehe ab:
Die Namensführung bestimmt sich nach deutschem Recht. Wir bestimmen den Geburtsnamen des Mannes K.-H. zu unserem Ehenamen. Ich, die Frau, stelle dem Ehenamen meinen Familiennamen T. voran und führe den Namen T.-K.-H. Die Erklärung über die Führung des Ehenamens "K.-H." wird unter der Bedingung abgegeben, dass sie nur wirksam wird, wenn die Erklärung der Ehefrau über die Voranstellung des Familiennamens "T." zum Ehenamen durch das Amtsgericht M. genehmigt wird.
Der Standesbeamte weigerte sich, die Erklärung über die Hinzufügung des Begleitnamens "T." im Hinblick auf § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB entgegenzunehmen" wonach die Hinzufügung eines Begleitnamens ausscheidet, wenn der bestimmte Ehename aus mehreren Namen besteht. Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten beim Amtsgericht, den Standesbeamten anzuweisen, ihre Erklärung anzunehmen, nach der der Ehename "K.-H." und der Begleitname der Ehefrau "T.-K.-H." laute. Sie halten die Vorschrift des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB für verfassungswidrig.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30.9.2002 den Antrag zurückgewiesen. Dagegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, sie hätten ein rechtlich geschütztes Interesse, einen gemeinsamen Ehenamen zu führen und zu gleich erhebliche persönliche und wirtschaftliche Gründe, ihre bisher geführten Namen fortzuführen. Die Beteiligte zu 1 wolle durch die weitere Führung des Namens "T." ihre Verbundenheit mit ihren Töchtern aus erster Ehe zum Ausdruck bringen, die den Geburtsnamen "T." tragen. Zum anderen betreibe sie seit vielen Jahren eine Praxis als Zahnärztin und genieße unter dem Namen "T." Bekanntheit und Ruf. Die entsprechende Interessenlage bestehe beim Beteiligten zu 2, der seit vielen Jahren eine Rechtsanwaltskanzlei unter seinem Namen führe und deshalb nicht den Namen der Beteiligten zu 1 zum gemeinsamen Ehenamen bestimmen könne. Da der Begleitname nicht als Familienname weitergegeben werden könne, bestehe die Gefahr einer Fortdauer der mehrgliedrigen Namenskette über Generationen vorliegend nicht.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 9.1.2003 die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit der weiteren Beschwerde.
II.
Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde ist zulässig (§ 45 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Standesbeamte habe zu Recht abgelehnt, die Erklärung der Beteiligten zu 1 und 2 hinsichtlich der Führung des Begleitnamens "T." zum Ehenamen "K.-H." entgegenzunehmen. Die Führung des Begleitnamens "T.", zu dem als Doppelnamen geführten Ehenamen "K.-H." sei angesichts der eindeutigen Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht zulässig. Diese Regelung sei verfassungskonform und stehe im Einklang mit dem als Persönlichkeitsrecht ausgestalteten Namensrecht der Ehegatten (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 3 GG), dem Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und dem Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG. Der Gesetzgeber habe bei der Konstituierung und Ausgestaltung des Familiennamensrechts einen weiten Spielraum und sei mit Rücksicht auf die genannten Verfassungsnormen nicht gehalten, alle denkbaren Konstellationen der Namenswahl zu eröffnen, solange vernünftige und sachgerechte Gründe für die Beschränkung der Wahlmöglichkeit sprächen. Die Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB sei im Rahmen der Gesamtkonzeption des Ehenamensrechts zu sehen, die die Eingliedrigkeit des Familiennamens anstrebe, ein Ziel, das das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30.1.2002 (NJW 2002, 1256/1258) ausdrücklich als verfassungskonform bestätigt habe. Im Interesse der Praktikabilität und der Namenstransparenz sei die Wahl eines Begleitnamens verwehrt, wenn die Ehegatten einen mehrgliedrigen Namen zum Ehenamen bestimmt hätten. Mehrgliedrige Namensketten würden den Rechts- und Geschäftsverkehr unnötig belasten, die Identifikationskraft des Namens schwächen und damit auch nicht dem wohlverstandenen Eigeninteresse des jeweiligen Trägers dienen. Dementsprechend sehe § 1355 Abs. 4 Satz 3 BGB eine Beschränkung der Namensführung für den Fall der Beifügung eines mehrgliedrigen Namens zum Ehenamen vor.
Im Hinblick auf das mit der Gesamtregelung des § 1355 BGB verfolgte gesetzgeberische Ziel seien die grundgesetzlich gesicherten Namensgestaltungsmöglichkeiten der Beteiligten zu 1 und 2 nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.
2. Die auf die weitere Beschwerde vorzunehmende rechtliche Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) der Entscheidung des Landgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug und führt ergänzend aus:
a) Mit Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes (FamNamRG) am 1.4.1994 ist gemäß § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB jede Hinzufügung eines Begleitnamens ausgeschlossen, wenn der Ehename bereits selbst aus mehreren Namen besteht. Wählen die Ehegatten den zusammengesetzten Geburtsnamen des einen Ehegatten zum Ehenamen, entfällt für den anderen Ehegatten die Möglichkeit, seinen bisherigen Namen als Begleitnamen fortzuführen. Wollen die Ehegatten dies vermeiden, müssen sie sich für den nicht zusammengesetzten Geburtsnamen des anderen Ehegatten entscheiden oder auf einen Ehenamen verzichten. Eine entsprechende Anwendung des § 1355 Abs. 4 Satz 3 BGB in dem Sinne, dass ein Begleitname unter Wegfall eines Teils des mehrgliedrigen Ehenamens hinzugefügt werden kann, verbietet sich angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB und würde im vorliegenden Fall auch nicht dem Anliegen der Beteiligten zu 1 und 2 gerecht werden, einen Begleitnamen neben dem unverkürzten Ehenamen führen zu wollen (vgl. Hepting/Gaaz Personenstandsgesetz 1997 III 113).
b) Der Senat hält im Einklang mit der herrschenden Meinung die Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB für verfassungskonform (vgl. Staudinger/Hübner/Voppel BGB 2000 § 1355 Rn. 68 a.E.; MünchKomm/Wacke BGB 4. Aufl. § 1355 Rn. 20; Wagenitz FamRZ 1994, 409/411; LG Koblenz Rpfleger 1996, 509/510). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 30.1.2002 (NJW 2002, 1256/1258) das seit 1.4.1994 mit Inkrafttreten des FamNamRG geltende, in § 1355 BGB geregelte Ehenamensrecht als verfassungskonform bestätigt. Es hat insbesondere das in § 1355 BGB verwirklichte gesetzgeberische Anliegen gebilligt, die (Neu-) Bildung von (echten) Doppelnamen bzw. Mehrfachnamen bei der Bestimmung des Ehenamens zu vermeiden. Ein aus dem Namen der Ehegatten gebildeter Doppelname als Ehename ist ausgeschlossen (§ 1355 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Dem Ehegatten, der zugunsten des gemeinsamen Ehenamens auf seinen eigenen Namen verzichtet hat, ermöglicht § 1355 Abs. 4 Satz 1 BGB die Anfügung eines Begleitnamens. Da auch bei der Beifügung eines Begleitnamens verhindert werden soll, dass mehr als zweigliedrige Namen entstehen (vgl. BT-Drucks 12/3163 S. 16), ist gemäß § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB die Beifügung eines Begleitnamens dann ausgeschlossen, wenn der gewählte Ehename bereits ein vorhandener Doppel- oder Mehrfachname ist. Diese Einschränkung kollidiert zwar mit dem gesetzlichen Leitgedanken in § 1355 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Bestimmung eines Ehenamens erwünscht ist (vgl. BT-Drucks 12/3163 S. 12; 12/5982 S. 18). Die Einschränkung der Ausnahmeregelung des § 1355 Abs. 4 Satz 1 BGB fügt sich aber in das in § 1355 BGB verwirklichte Gesamtkonzept des Gesetzgebers ein, Namensketten nicht entstehen zu lassen, die die Identifikationskraft des Namens abschwächen und die Praktikabilität im Rechts- und Geschäftsverkehr belasten können. Dies lässt die Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB als mit den für das Namensführungsrecht in der Ehe maßgeblichen Grundrechtspositionen vereinbar erscheinen.
3. Für die Gerichtskosten ergibt sich die Kostenfolge unmittelbar aus dem Gesetz. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Satz 1, § 30 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO.
Ende der Entscheidung
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