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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.08.2000
Aktenzeichen: 1Z BR 29/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2260
Das Nachlaßgericht darf das Original des eröffneten eigenhändigen Testaments selbst dann nicht herausgeben, wenn es persönliche Mitteilungen an die Hinterbliebenen enthält
BayObLG Beschluss

LG München I - 16 T 1213/00 AG München 63 VI 6780/99

1Z BR 105/00

04.08.00

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Gummer sowie der Richter Zwirlein und Dr. Schmid am 4. August 2000 in der Nachlaßsache wegen Rückgabe der Urschrift des Testaments,

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 31. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 1000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Kinder der am 3.5.1999 verstorbenen Erblasserin. Diese hat ein Testament vom 7.7.1992 mit Nachtrag vom 23.8.1996 hinterlassen, das in Form eines Briefes an die Beteiligten zu 1 und 2 abgefaßt und in einen Papierbogen eingelegt ist, der die Aufschrift "Testament" trägt. Nach Eröffnung des Testaments durch das Nachlaßgericht befindet sich die Urschrift des Testaments bei den Nachlaßakten.

Die Beteiligte zu 1 hat die Rückgabe der Urschrift des Testaments an die Kinder der Erblasserin beantragt. Das Amtsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 22.12.1999 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 wurde mit Beschluss des Landgerichts München I vom 31.1.2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Aufbewahrung der Urschrift des Testaments in den Nachlaßakten sei aus Gründen der Rechtssicherheit und wegen des Beweiswerts der Originalurkunde geboten. Das persönliche Interesse der Beteiligten am Besitz der Originalurkunde habe hinter dem öffentlichen Interesse an der Aufbewahrung in den Nachlaßakten zurückzutreten.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach herrschender Meinung (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2260 Rn. 9; BGH NJW 1978, 1484 m.w.N.) ist das Nachlaßgericht nicht befugt, die Urschrift eines eröffneten eigenhändigen Testaments herauszugeben.

Die Ablieferungspflicht (§ 2259 BGB) und die Eröffnung des Testaments durch das Nachlaßgericht (§ 2260 BGB) sind im öffentlichen Interesse angeordnet. Es soll amtlich gewährleistet sein, dass auch längere Zeit nach dem Erbfall eine Überprüfung derjenigen Schriftstücke möglich ist, aus denen als letztwilligen Verfügungen Rechte hergeleitet werden oder hergeleitet worden sind. Diese Überprüfung ist mit hinreichender Sicherheit nur gewährleistet, wenn das Schriftstück in Urschrift in Verwahrung des Nachlaßgerichts nach der Eröffnung bleibt. Auch der Umstand, dass die Erblasserin im vorliegenden Fall in der Form eines an die Beteiligten gerichteten Briefes testiert hat, gewährt den Beteiligten keinen Anspruch auf Aushändigung der Urschrift (vgl. KG FamRZ 1977, 484/485).

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass in dem Brieftestament neben Ausführungen mit erbrechtlichem Bezug Mitteilungen enthalten sind, die ausschließlich ideelle Bedeutung für die Beteiligten haben. Auch in Fällen, in denen ein privatschriftliches Testament persönliche Mitteilungen an die Hinterbliebenen enthält, dient das Testament in erster Linie der dauerhaften Dokumentation der erbrechtlichen Lage. Ein ideelles Interesse eines Beteiligten an der Rückgabe der Urschrift eines eröffneten eigenhändigen Testaments kann daher deren Herausgabe durch das Nachlaßgericht nicht rechtfertigen. Entscheidend bleibt, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit und der Beweisbarkeit letztwilliger Anordnungen notwendig erscheint, die Urschrift in der Verwahrung des Nachlaßgerichts zu belassen (KG FamRZ 1977, 483/485).

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO.

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