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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.09.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 36/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1748 Abs. 1
1. Zu den Voraussetzungen einer Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Adoption seines Kindes durch den Stiefvater nach dem Gleichgültigkeitstatbestand.

2. Ein objektiv mehrdeutiges Verhalten, das sowohl auf Rücksichtnahme auf das Kind als auch auf Gleichgültigkeit beruhen kann, lässt nur dann den Schluss auf die Gleichgültigkeit zu, wenn das Motiv der Rücksichtnahme ausgeschlossen werden kann.


Gründe:

I.

Der jetzt 13 Jahre alte Beteiligte zu 1 ist das Kind der Beteiligten zu 2 und des Beteiligten zu 4. Die Ehe der Eltern wurde am 11.12.1997 geschieden. Die elterliche Sorge für das Kind wurde auf die Mutter übertragen.

Am 23.12.1998 heiratete die Beteiligte zu 2 den Beteiligten zu 3. Der Beteiligte zu 1 wächst in diesem Haushalt zusammen mit seiner Halbschwester, einer Tochter der Beteiligten zu 2 aus früherer Ehe, auf.

Nach der Trennung der Beteiligten zu 2 und 4 Anfang 1997 war es nur noch zu gelegentlichen Kontakten zwischen dem Beteiligten zu 4 und seinem Sohn gekommen. Im Frühjahr 2000 verließ der Beteiligte zu 4, der die italienische und die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt, Deutschland und zog wieder in seine Geburtsstadt Rom. Seit diesem Zeitpunkt kam es zu keinen Kontakten mehr zwischen ihm und dem Beteiligten zu 1. Unterhalt für das Kind zahlte der Beteiligte zu 4 zuletzt im April 1998.

Der Beteiligte zu 3 möchte den Beteiligten zu 1 als Kind annehmen und hat mit notarieller Urkunde vom 31.3.2000 einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Beteiligte zu 2 hat für sich und als gesetzliche Vertreterin für den Beteiligten zu 1 die Einwilligung in die Adoption erklärt. Der Beteiligte zu 4 hat die Einwilligung verweigert. Der Beteiligte zu 1, vertreten durch seine Mutter, hat beantragt, die Einwilligung des Beteiligten zu 4 in die Annahme als Kind zu ersetzen. Das Kreisjugendamt hat sowohl die Adoption als auch die Ersetzung der Einwilligung befürwortet und den Beteiligten zu 4 nach § 1748 Abs. 2 BGB belehrt.

Das Vormundschaftsgericht hat die Beteiligten zu 1, 2 und 3 persönlich angehört; der Beteiligte zu 4 hat sich durch eigene Schreiben und anwaltliche Schriftsätze geäußert. Mit Beschluss vom 30.12.2002 hat das Vormundschaftsgericht die Einwilligung des Beteiligten zu 4 in die Annahme des Kindes Enrico durch den Beteiligten zu 3 ersetzt. Das Gericht sah eine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung vor allem darin, dass der leibliche Vater über vier Jahre lang überhaupt nicht zum Unterhalt des Kindes beigetragen habe und ferner seiner Pflicht zu Umgang und Kontakt mit dem Kind kaum nachgekommen sei. Die gegen den Beschluss des Landgerichts gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 4 hat das Landgericht nach erneuter persönlicher Anhörung der Beteiligten zu 1, 2 und 3 sowie persönlicher Anhörung des Beteiligten zu 4 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Beteiligte zu 4 durch sein Verhalten gezeigt habe, dass ihm das Kind gleichgültig sei. Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Beteiligte zu 4 sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 2, § 53 Abs. 1 Satz 2, § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Das Verhalten des Beteiligten zu 4 habe gezeigt, dass ihm das Kind gleichgültig sei. Gewichtiges Indiz hierfür sei die Tatsache, dass er seit Mai 1998 keinerlei Unterhalt mehr zahle, obwohl er zumindest zu teilweisen Zahlungen in der Lage gewesen sei. Er erhalte seit Anfang 1997 eine monatliche Rente aus der Tätigkeit bei der US-Armee in Höhe von 1.000 bis 1.100 US-Dollar. Die im Mai 2001 abgeschlossene Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes, für die er nur 11 US-Dollar monatlich aufwende, stelle keinen Ersatz für laufende Unterhaltszahlungen dar.

Neben den fehlenden Unterhaltszahlungen sei Gleichgültigkeit vor allem darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer seit Ende 1999 keinerlei Kontakt mehr zu seinem Kind unterhalte. Schon zuvor sei es seit der Trennung der Ehegatten im Frühjahr 1997 nur zu einigen sporadischen Kontaktaufnahmen gekommen. Der Beschwerdeführer habe vor seinem Wegzug nach Italien keine Maßnahmen in die Wege geleitet, die ihm einen eventuellen Umgang mit dem Beteiligten zu 1 erlaubt hätten. Er habe in Kauf genommen, dass die Kontaktaufnahme zu seinem Sohn dadurch noch deutlich erschwert werde. Er habe seinem Sohn keinerlei Briefe oder Geschenke übersandt oder ihn angerufen. Seinem Einwand, ihm seien weder die Adresse noch die Telefonnummer seines Sohnes bekannt gewesen, könne kein Glaube geschenkt werden; jedenfalls hätte der Beteiligte zu 4 jederzeit über einen gemeinsamen guten Bekannten, den Taufpaten des Kindes, Kontakt aufnehmen können. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass das Verhältnis zur Mutter außerordentlich gespannt gewesen sei und diese derartige Kontakte erschwert und teilweise auch unterbunden habe. Trotz dieser Schwierigkeiten ließen die äußeren Umstände den Schluss zu, dass dem Beschwerdeführer das Wohlergehen seines Sohnes gleichgültig sei.

Soweit sich der Beschwerdeführer mit Vehemenz einer Adoption entgegenstelle und zum Zwecke seiner Anhörung extra aus Italien angereist sei, entspringe dieser Besitzanspruch auf das Kind keiner echten gefühlsmäßigen Bindung. Das habe die Anhörung deutlich gezeigt, wo der Beschwerdeführer bei Fragen nach seinem Verhältnis zu dem Kind zunächst allein auf äußere Umstände abgestellt und alsbald zu Vorwürfen gegenüber der Kindsmutter übergegangen sei. Nicht eine enge persönliche Beziehung zu seinem Kind, sondern verletzter Stolz stehe beim Beschwerdeführer im Vordergrund.

Das Unterbleiben der Annahme würde für das Kind auch einen unverhältnismäßigen Nachteil bedeuten. Zwischen dem Kind und seinem Stiefvater sei eine innere Bindung entstanden. Das Kind wolle wie sein Stiefvater heißen und verwende diesen Namen bereits in der Schule. Er wolle mit seinem leiblichen Vater nichts mehr zu tun haben und wolle vor allem, dass endlich "Ruhe" einkehren solle. Er habe in seiner Kindheit unter Ängsten gelitten und sich über einen langen Zeitraum in jugendpsychiatrischer Behandlung befunden. Allein aufgrund der Befürchtung, mit seinem leiblichen Vater zusammenzutreffen, sei er erneut in panische Angstzustände geraten. Es bestünde die Gefahr, dass er ohne die Adoption in seiner gesundheitlichen Entwicklung erneut beeinträchtigt werde.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Das Landgericht hat zu Recht deutsches Recht angewandt. Sowohl die Adoption als auch die Ersetzung der Einwilligung sind nach deutschem Recht zu beurteilen, da der Annehmende und sein Ehegatte ebenso wie das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (Art. 22 Abs. 1 Satz 2, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1, Art. 23 Satz 1 EGBGB). Ob das Kind von seinem ausländischen Vater auch eine andere Staatsangehörigkeit vermittelt bekommen hat, ist kollisionsrechtlich ohne Belang (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB).

b) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Annahme als Kind gemäß § 1747 Abs. 1 Satz 1 BGB der Einwilligung eines Elternteils auch dann bedarf, wenn diesem, wie hier, die elterliche Sorge nicht zusteht (vgl. BayObLG FamRZ 1994, 1348/1349). Die Einwilligung kann unter den Voraussetzungen des § 1748 BGB ersetzt werden. Der hierfür erforderliche Antrag des Kindes (§ 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB) liegt vor. Das minderjährige, noch nicht 14 Jahre alte Kind wurde insoweit von seiner allein sorgeberechtigten Mutter vertreten (vgl. § 1746 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB; BGH NJW 1980, 1746; BayObLG FamRZ 1981, 93).

c) Nach § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB hat das Vormundschaftsgericht die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt hat (1. Alternative) oder durch sein Verhalten gezeigt hat, dass ihm das Kind gleichgültig ist (2. Alternative), und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. In beiden Fallvarianten knüpft das Gesetz an elterliches Fehlverhalten, das ein schwerwiegendes Versagen der elterlichen Verantwortung gegenüber dem Kind offenbart und unter der weiteren Voraussetzung des "unverhältnismäßigen Nachteils" den mit der Ersetzung der Einwilligung verbundenen weitreichenden Eingriff in das Elternrecht zu rechtfertigen vermag (vgl. Staudinger/Frank BGB [2001] § 1748 Rn. 9 ff.). Im Verhältnis der zwei Tatbestandsalternativen zueinander gilt, dass ein den Tatbestand der Gleichgültigkeit erfüllendes Verhalten zugleich eine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung sein kann, aber nicht sein muss (arg. ex § 1748 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ist es das nicht, schreibt § 1748 Abs. 2 BGB die Belehrung und gegebenenfalls Beratung des Elternteils, dem Gleichgültigkeit vorgeworfen wird, durch das Jugendamt vor.

d) Von diesen rechtlichen Gegebenheiten ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Es hat das Verhalten des Beteiligten zu 4 als Gleichgültigkeit gewertet, aber eine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung verneint. Dabei hat es sich, was die Verneinung des Tatbestands der gröblichen Pflichtverletzung anbelangt, auf die Rechtsprechung gestützt, dass in der Nichtzahlung des Unterhalts über einen langen Zeitraum nur dann eine gröbliche Pflichtverletzung gesehen werden kann, wenn sie von erschwerenden Umständen begleitet wird, etwa weil das Kind infolge der Nichtleistung Not leidet (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 55; NJWE-FER 1998, 173). Solche erschwerenden Umstände hat das Landgericht hier nicht festgestellt. Seine Würdigung, dass das Verhalten des Beteiligten zu 4 keine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung darstellt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

e) Gleichgültig verhält sich ein Elternteil, wenn er gegenüber dem Kind und seiner Entwicklung teilnahmslos ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn er zu dem Kind über einen längeren Zeitraum hinweg keinen Kontakt pflegt, wenn ihn das Kind und sein Schicksal nicht interessieren oder wenn er es an einer persönlichen Zuwendung völlig fehlen lässt (vgl. BayObLG FamRZ 1994, 1348/1349; 1997, 514; Staudinger/Frank § 1748 Rn. 26; MünchKommBGB/Maurer 4. Aufl. § 1748 Rn. 8; Soergel/Liermann BGB 13. Aufl. § 1748 Rn. 17 f.). Gleichgültigkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Zuwendung zum Kind keiner echten gefühlsmäßigen Bindung entspricht, sonders anders motiviert ist, z.B. durch Eifersucht, verletzten Stolz, Neid, Rachsucht, Böswilligkeit oder durch die bloße Besorgnis um das eigene Wohl (BayObLG FamRZ 1998, 55 m.w.N.). Bei der Gleichgültigkeit handelt es sich um eine subjektive Einstellung zum Kind. Das Gesetz knüpft aber, da sich die innere Einstellung nur schwer nachprüfen lässt, an das äußere Verhalten an und legt diesem Indizwirkung bei. Es genügt daher, wenn objektiv feststellbare Tatsachen nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass dem Elternteil das Kind gleichgültig ist (vgl. BT-Drucks. 7/421 S. 8; BayObLG FamRZ 1998, 55/56; Staudinger/Frank § 1748 Rn. 27).

f) Gemessen an diesen Grundsätzen tragen die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts nicht die Schlussfolgerung, dass dem Beteiligten zu 4 sein Kind gleichgültig ist.

aa) Das Landgericht konnte allerdings im Verhalten des Beteiligten zu 4 verschiedene Umstände sehen, die für Gleichgültigkeit sprechen können. So hat der Beteiligte zu 4 seit Mai 1998 nichts zum Unterhalt des Kindes beigetragen, obwohl er nach den Feststellungen des Landgerichts wenigstens teilweise dazu in der Lage gewesen wäre. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Mutter des Kindes eine neue Verbindung eingegangen ist, das Kind in der neuen Familie versorgt wird und zu keiner Zeit Not leiden musste. Jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen muss das Verweigern von Unterhalt nicht zwangsläufig Ausdruck von Gleichgültigkeit sein. Zu Recht hat das Landgericht in erster Linie nicht hierauf, sondern auf die weitgehend fehlenden Kontakte des Vaters zu seinem Kind abgestellt. Verlässliche Indikatoren für die innere Einstellung zum Kind werden sich am ehesten im vom Umgang und sonstigen Kontakten geprägten Bereich der persönlichen Beziehungen finden lassen. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass es seit der Trennung der Eltern im Jahr 1997 zunächst nur zu sporadischen Kontakten und seit Anfang 2000, insbesondere seit dem Wegzug des Beteiligten zu 4 nach Rom, nur noch zu wenigen, erfolglos gebliebenen Versuchen der Kontaktaufnahme des Beteiligten zu 4 zu seinem Kind gekommen ist.

bb) Das Landgericht hat auf der anderen Seite auch festgestellt, dass die Mutter derartige Kontakte, wenn auch aus möglicherweise verständlichen Gründen, erschwert und teilweise unterbunden hat. Es hat diesen Umstand in seine Erwägungen einbezogen, ihm aber nicht hinreichende Bedeutung beigemessen. Ferner hat es nicht gewürdigt, dass das Kind selbst jede Begegnung und sonstigen Kontakt mit dem Vater vehement ablehnt und ein gegen den Willen des Kindes erzwungener Kontakt bei diesem psychische Störungen hätte auslösen können. Bei gebührender Berücksichtigung dieser Umstände ist der vom Landgericht gezogene Schluss auf die Gleichgültigkeit des Beteiligten zu 4 nicht gerechtfertigt.

(1) In Fällen der hier vorliegenden Stiefkindadoption liegt der Grund dafür, dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil die sich aus seinem Umgangsrecht ergebenden Möglichkeiten nicht wahrnimmt, häufig im Spannungsverhältnis zwischen Mutter, Vater und Stiefvater (vgl. BayObLG NJWE-FER 1998, 173). Dieser Aspekt ist auch hier von Bedeutung. Die Begegnungen des Beteiligten zu 4 mit dem Kind und seiner neuen Familie verliefen nicht ohne Konflikte. Ende 1999 forderten die Beteiligten zu 2 und 3 den Beteiligten zu 4 durch Anwaltsschriftsatz auf, jeglichen Kontakt zu unterlassen.

(2) Das Kind befand sich nach der Trennung der Eltern wegen Angstzuständen in kinderpsychiatrischer Behandlung. Im fachärztlichen Attest von 1997 wird zur Stabilisierung des damals 8-jährigen Jungen eine Distanz zum Vater über längere Zeit empfohlen. Das Jugendamt geht in seiner Stellungnahme vom 18.5.2002 von einer tiefgreifenden Störung der Vater-Kind-Beziehung aus. Der zwischenzeitlich 13-jährige Junge lehnt jeden Kontakt zum Vater ab. Von dem ihm vom Vater überlassenen Mobilfunktelefon nebst Telefonkarte, damit der Sohn ihn in Rom anrufen könne, macht er keinen Gebrauch. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat allein die Befürchtung, dem Vater anlässlich der Anhörung vor dem Landgericht zu begegnen, das Kind erneut in panische Angst versetzt.

(3) Bei dieser Sachlage liegt auf der Hand, dass die vom Beteiligten zu 4 gezeigte Zurückhaltung der Kontaktaufnahme jedenfalls auch im Interesse des Kindes lag. Die Schaffung einer großen räumlichen Distanz durch den Wegzug nach Rom dürfte in der damaligen Situation entspannend gewirkt haben und allen übrigen Beteiligten durchaus gelegen gekommen sein. Persönliche Begegnungen, die dem Kind Angst verursachen konnten, waren nun nicht mehr so leicht zu befürchten. Was immer die Motive des Beteiligten zu 4 für die Rückkehr in seine Heimatstadt Rom gewesen sein mögen, sie stellt sich jedenfalls objektiv nicht als dem Kindeswohl abträgliches Verhalten dar. Auch der weitere Verzicht auf - vom Kind als störend und belastend empfundene - Kontakte über wenige, erfolglos gebliebene Versuche hinaus dürfte der gesunden Entwicklung des Kindes eher förderlich als schädlich gewesen sein. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat das Kind zu seinem Stiefvater eine positive Beziehung aufgebaut und diesen als neue väterliche Bezugsperson angenommen; es muss also nicht "vaterlos" aufwachsen. Ein um das Kindeswohl besorgter Vater in der Situation des Beteiligten zu 4 hätte sehr wohl mit Bedacht die Entscheidung treffen können, sich dem Kind in dieser kritischen Entwicklungsphase nicht gegen dessen Willen aufzudrängen, sondern es in der neuen Familie "in Ruhe zu lassen". Der Verzicht auf Umgang und Kontakt kann somit unter den hier gegebenen Umständen auch Ausdruck von Rücksichtnahme auf das Kind sein.

(4) Ein objektiv mehrdeutiges Verhalten wie hier, das sowohl auf Rücksichtnahme als auch auf Gleichgültigkeit beruhen kann, lässt nur dann den Schluss auf die Gleichgültigkeit zu, wenn das Motiv der Rücksichtnahme ausgeschlossen werden kann. Das ist hier nicht der Fall. Zwar kommt hinzu, dass der Beteiligte zu 4 keinen Unterhalt für das Kind zahlt, was aber, wie oben dargestellt, hier kein ausschlaggebendes Kriterium sein kann. Auch lässt sich gegen den Beteiligten zu 4 anführen, dass er das Motiv der Rücksichtnahme auf das Kind erst im Rechtsbeschwerdeverfahren in den Vordergrund gerückt hat, während er bei der Anhörung vor dem Landgericht zunächst noch behauptet hatte, er habe mangels Kenntnis von der neuen Adresse und Telefonnummer keinen Kontakt aufnehmen können, - eine Einlassung, der das Landgericht zu Recht keinen Glauben geschenkt hat, da jedenfalls über einen gemeinsamen Bekannten, den Taufpaten des Kindes, eine Kontaktaufnahme möglich war. Auf der anderen Seite sprechen eine Reihe von Umständen gegen Gleichgültigkeit. So ist der Beteiligte zu 4 zur Kommunion des Kindes gekommen, obgleich er nicht eingeladen war und nur von dritter Seite hiervon erfahren hatte. Er hat seinem Sohn ausrichten lassen, er könne ihn jederzeit in Rom besuchen, die Rückfahrkarte würde er, der Vater, bezahlen. Er hat dem Jungen ein Mobilfunktelefon nebst Telefonkarte zukommen lassen, damit dieser ihn in Rom anrufen kann. Ferner hat er zugunsten des Kindes eine Lebensversicherung abgeschlossen.

In der Gesamtwürdigung lässt das Verhalten des Beteiligten zu 4 den Schluss, dass ihm das Kind gleichgültig ist, nicht zu. Mit der Adoption würde das natürliche Verwandtschaftsband zwischen Vater und Sohn rechtlich unwiderruflich zerschnitten. Gegen den Willen des Vaters ist dieser völlige Verlust der verfassungsrechtlich geschützten Vaterstellung (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) nur in eindeutigen Fällen elterlichen Versagens gerechtfertigt. Deshalb muss, wenn die Ersetzung der Einwilligung auf den Tatbestand der Gleichgültigkeit gestützt werden soll, der Schluss vom äußeren Verhalten auf die innere Einstellung der Gleichgültigkeit eindeutig sein. Die festgestellten Tatsachen lassen einen solchen eindeutigen Schluss hier nicht zu.

g) Ob das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde, wie das Landgericht annimmt, kann offen bleiben. Denn der Tatbestand des § 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zweigliedrig; ist schon, wie hier, ein massives elterliches Fehlverhalten (anhaltend gröbliche Pflichtverletzung oder Gleichgültigkeit) nicht festgestellt, kommt eine Ersetzung der Einwilligung auch dann nicht in Betracht, wenn die zweite Tatbestandsvoraussetzung des "unverhältnismäßigen Nachteils" erfüllt wäre. Eine Ersetzung der Einwilligung allein aufgrund des unverhältnismäßigen Nachteils sieht das Gesetz nur im - hier nicht gegebenen - Fall des § 1748 Abs. 4 BGB vor.

Im Übrigen erschiene auch zweifelhaft, ob der unverhältnismäßige Nachteil hier bejaht werden könnte. Das Kind wächst auch ohne Adoption weiterhin in dem Familienverband mit seiner Mutter, dem Stiefvater und der älteren Halbschwester auf. Seine Einbindung in diese Familie ist auch rechtlich gesichert durch das verwandtschaftliche Band zur allein sorgeberechtigten Mutter (vgl. - im Unterschied etwa zur Situation eines Pflegekindes - Soergel/Liermann § 1748 Rn. 25, 29; Staudinger/Frank § 1748 Rn. 42, 44 ff.). Als störend empfundene, das Kind psychisch belastende Kontakte des Vaters hat es in den letzten Jahren nicht gegeben. Der Beteiligte zu 4 hat insoweit ein durchaus vernünftiges, im Interesse des Kindes liegendes Verhalten gezeigt. Ihm wird bewusst sein, dass er die Liebe seines Sohnes nicht dadurch zurückgewinnen kann, dass er sich dem zum Jugendlichen herangereiften Sohn gegen dessen Willen aufdrängt und ihn erneut in psychische Konflikte stürzt. Soweit es dem Kind darum geht, den Namen des Stiefvaters, den die Eheleute als Ehenamen gewählt haben, tragen zu können, kann dieses Ziel auch im Wege der Einbenennung (§ 1618 BGB) verfolgt werden; die auch hierfür erforderliche Einwilligung des Vaters ist dieser im Interesse des Kindes möglicherweise eher bereit zu geben als die Einwilligung in die Adoption. In rund vier Jahren ist das Kind bereits volljährig. Er kann dann erneut - falls nach wie vor gewünscht - die Adoption durch den Stiefvater betreiben, ohne dass die Einwilligung des Vaters noch erforderlich wäre.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist in zweiter und dritter Instanz gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO; ob auch § 131 Abs. 3 KostO eingreift, kann offen bleiben). Die Anordnung einer Kostenerstattung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG war nicht veranlasst; insoweit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Der Geschäftswert ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 30 Abs. 3 Satz 2 KostO).

Ende der Entscheidung

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