Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 1Z BR 40/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2078 Abs. 2
BGB § 2229 Abs. 4
Irrtumsbedingte Vorstellungen des Erblassers können ein Motivirrtum im Sinne des § 2078 Abs. 2 BGB sein, soweit ihnen keine krankhaften Wahnideen zugrundeliegen.
Gründe:

I.

Die im Jahre 2000 im Alter von 92 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet; ihre beiden Kinder sind ohne Hinterlassung von Abkömmlingen vorverstorben: Die Tochter verstarb 1971, der an Muskelschwund leidende Sohn verstarb 1995. Der Beteiligte zu 3 ist der Neffe der Erblasserin; die Beteiligten zu 1 und 2 sind dessen Sohn und Schwiegertochter. Der Nachlass besteht aus Geldvermögen von DM 676164 und Grundvermögen, nämlich dem von der Erblasserin bewohnten Wohn- und Geschäftshaus im Wert von DM 444598, einem Weganteil im Wert von DM 3588, einem Einfamilienhaus im Wert von DM 56570 (einschließlich Renovierung) und - in Erbengemeinschaft zu je 1/2 mit dem Beteiligten zu 3 - einem Wohnhaus zum Anteilswert von DM 82177. Die Beteiligte zu 4 ist Mieterin des Ladengeschäfts in dem Wohn- und Geschäftsheim.

Die Erblasserin verfasste am 28.8.1995 folgendes privatschriftliche Testament:

Weil es mir immer schlechter geht und ich in das Krankenhaus muss ist es an der zeit meine Sachen zu regeln.

Mein Neffe (Beteiligter zu 3) soll meine Hälfte von dem Wohnheim bekommen, weil er sich um meine Sachen gekümert hat. Sein Sohn (Beteiligter zu 1) und seine Frau (Beteiligte zu 2) sollen den Rest meine Häuser und das andere bekommen. Die haben meinen Sohn 7 Jahre gepflegt. Sonst soll keiner etwas bekommen. Die haben sich nicht um uns gekümert.

Aufgrund einer Anregung der Beteiligten zu 2 wurde für die Erblasserin ein Betreuungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 26.5.1998 wurde der Erblasserin eine Betreuerin bestellt, u.a. zur Wahrnehmung der Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge.

Am 7.4.1999 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie die Beteiligte zu 4 als ihre Alleinerbin einsetzte und das Einfamilienhaus und den Hälfteanteil an dem Wohnhaus als Vermächtnisse dritten Personen zuwandte. Bezüglich des Hälfteanteils bestimmte sie, dass die Vermächtnisnehmerin weder zu Lebzeiten noch von Todes wegen über den Erb- bzw. Grundstücksanteil zugunsten des Beteiligten zu 3 verfügen dürfe.

Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten unter Bezugnahme auf das Testament vom 28.8.1995 einen Erbschein, der sie als Erben der Erblasserin zu je 1/2 ausweisen sollte. Sie sind der Auffassung, dass das Testament vom 7.4.1999 unwirksam sei, weil die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr testierfähig gewesen sei. Der Beteiligte zu 3 focht das Testament vom 7.4.1999 mit der Begründung an, die Erblasserin habe die falsche Vorstellung gehabt, er und die Beteiligten zu 1 und 2 seien für den Tod ihres Sohnes verantwortlich, und hätte sie deshalb enterbt. Er beantragte, ihm auf der Grundlage des Testaments vom 28.8.1995 einen Erbschein zu erteilen. Die Beteiligte zu 4 beantragte einen Erbschein, der sie zufolge des Testaments vom 7.4.1999 als Alleinerbin der Erblasserin ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht holte ein psychiatrisches Sachverständigengutachten über die Frage der Testierunfähigkeit der Erblasserin am 7.4.1999 durch den schon im Betreuungsverfahren tätig gewordenen Landgerichtsarzt ein und vernahm in dessen Anwesenheit die Betreuerin der Erblasserin, den Notar und zwei Ärzte, die die Erblasserin in den letzten Jahren behandelt hatten. Außerdem zog es die Akten des die Erblasserin betreffenden Betreuungsverfahrens bei. Mit Beschluss vom 7.2.2001 lehnte es die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1 bis 3 ab. Das Nachlassgericht führte aus: Nach der durchgeführten Beweisaufnahme habe es sich nicht Überzeugen können, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments vom 7.4.1999 testierunfähig gewesen sei. Davon könne zufolge des Sachverständigengutachtens weder aufgrund des cerebralen Abbauprozesses noch aufgrund behaupteter Wahnvorstellungen mit der notwendigen Sicherheit ausgegangen werden.

Gegen diese Entscheidung legten die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde ein, die das Landgericht nach Einholung einer weiteren ärztlichen Stellungnahme und nach mündlicher Anhörung des Landgerichtsarztes mit Beschluss vom 3.7.2001 zurückwies. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde, die die Beteiligten zu 1 und 2 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Rechtsbeschwerdegerichts einlegten. Außerdem sandte der Beteiligte zu 3 ein selbst verfasstes Schreiben vom 21.7.2001 an das Landgericht, in dem er sich gegen dessen Entscheidung vom 3.7.2001 wandte. Auch nachdem er gerichtlich auf die Formerfordernisse einer weiteren Beschwerde hingewiesen wurde, hielt er sein Rechtsmittel aufrecht.

II.

Die nach § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und Abs. 4, § 20 FGG zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist begründet, weil sich das Landgericht nicht mit der Testamentsanfechtung des Beteiligten zu 3 auseinander gesetzt hat. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3 ist unzulässig, weil es die für die Einlegung der weiteren Beschwerde vorgeschriebenen Formerfordernisse gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG nicht erfüllt.

1. Das Landgericht hat sich der Entscheidung des Nachlassgerichts angeschlossen und ausgeführt: Der Sachverständige habe zwar eine beginnende senile Demenz festgestellt, die von Verwirrtheitszuständen, aber auch von mehr oder weniger langen Phasen weitgehend ungestörter geistiger Leistungsfähigkeit begleitet sei, in denen die Willensbildung nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt sei. Er habe aufgrund der vorhandenen Anknüpfungstatsachen weder einen akuten Verwirrtheitszustand noch eine krankheitswertige wahnhafte Symptomatik, die einen entscheidenden Einfluss auf das Handlungs- und Motivationsgefüge der Erblasserin gehabt haben könnten, als wahrscheinlich angesehen. Der Notar habe die Erblasserin zweifelsfrei für testierfähig gehalten; diese habe noch anlässlich der Beurkundung Änderungen des Urkundenentwurfs in wesentlichen Punkten gewünscht. Die Betreuerin habe berichtet, dass sich die zum Testament vom 7.4.1999 führende Willensbildung der Erblasserin linear über einen längeren Zeitraum entwickelt habe. Die behandelnden Ärzte hätten keine Störungen beschrieben, die einen sicheren Schluss auf eine Testierunfähigkeit erlaubten. Aufgrund der Beobachtungen dieser Personen und der Feststellungen des Sachverständigen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Testierwille der Erblasserin von krankhaften Wahnideen bestimmt gewesen sei. Soweit die Erblasserin den Beteiligten zu 1 und 2 die Schuld am Tod ihres unheilbar erkrankten Sohnes gegeben habe, handle es sich um eine alterstypische "verbohrte" Meinung und keine die ganze Person der Erblasserin beherrschende krankhafte Wahnidee. Das gelte auch für das am 2.3.1998 an die Beteiligten zu 1 bis 3 ausgesprochene Hausverbot und die durch das Testament vom 7.4.1999 vorgenommene Enterbung. Vielmehr gehe der Sinneswandel offensichtlich darauf zurück, dass die Erblasserin nach einem Krankenhausaufenthalt in ein Altenheim verbracht worden sei. Sie habe den von ihr unterschriebenen Heimvertrag vom 13.1.1998 bereits am 3.2.1998 wieder gekündigt, um in ihre Wohnung zurückzugehen. Der enge zeitliche Zusammenhang des Widerrufs der dem Beteiligten zu 3 erst am 8.1.1998 erteilten Generalvollmacht am 10.2.1998, des Hausverbots für die Beteiligten zu 1 bis 3 vom 2.3.1998 und - nach längerer Überlegungszeit - der Enterbung am 7.4.1999 ließen den Schluss zu, dass sich die Erblasserin von den Beteiligten zu 1 bis 3 in ein Heim abgeschoben gefühlt habe. Mit dem Beteiligten zu 3 habe sie ausweislich ihrer Erklärung vor dem Vormundschaftsgericht vom 13.5.1998 nichts mehr zu tun haben wollen.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Allerdings ist die Feststellung des Landgerichts, zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 7.4.1999 sei von der Testierfähigkeit der Erblasserin auszugehen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Die Frage, ob die Voraussetzungen der Testierfähigkeit gegeben sind, ist im wesentlichen tatsächlicher Natur. Der Senat kann die Feststellung des Landgerichts, es sei von Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments vom 7.4.1999 auszugehen, nur daraufhin überprüfen, ob das Landgericht den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht hat (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB), ob die Vorschriften über die Beweisaufnahme (§ 15 FGG) verletzt wurden und ob die Beweiswürdigung im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigende Fehler aufweist (st. Rspr., vgl. BayObLGZ 1995, 383/388 m. w. N.).

aa) Die Vorinstanzen haben im gebotenen Rahmen (vgl. dazu BayObLG FamRZ 1994, 599 f.) die Ermittlungen durchgeführt, die erforderlich und möglich waren, um Klarheit über die Anknüpfungstatsachen für die Beurteilung der Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin am 7.4.1999 zu gewinnen. Sie haben, wie dies bei konkret begründeten Zweifeln an der Testierfähigkeit geboten ist, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten erholt, hier durch einen als Landgerichtsarzt tätigen Facharzt für Psychiatrie.

bb) Das Landgericht ist von zutreffenden rechtlichen Anforderungen an den Nachweis der Testierunfähigkeit ausgegangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein Erblasser entsprechend dem Grundsatz, dass die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, solange als testierfähig anzusehen, als nicht die Testierunfähigkeit zur Gewissheit des Gerichts nachgewiesen ist. Deshalb trifft die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit des Erblassers grundsätzlich denjenigen, der sich auf die darauf beruhende Unwirksamkeit des Testaments beruft (BayObLGZ 1982, 309/312, BayObLG FamRZ 1996, 1438/1439 m. w. N.).

cc) Die Beweiswürdigung des Beschwerdegerichts kann nur daraufhin überprüft werden, ob es bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln oder die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ferner ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (BayObLG Report 1999, 36; OLG Frankfurt FGPrax 1968, 62/63). Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält diesen Kriterien stand.

Der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht sind von einem zutreffenden Verständnis des Begriffs der Testierunfähigkeit ausgegangen. Nach § 2229 Abs. 4 BGB ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörungen nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das Gesetz verbindet danach nicht mit jeder Geisteskrankheit oder -schwäche die Testierunfähigkeit, sondern sieht die Fähigkeit, die Bedeutung der letztwilligen Verfügung zu erkennen und sich bei seiner Entschließung von normalen Erwägungen leiten zu lassen, als maßgebend an. Eine geistige Erkrankung des Erblassers steht der Gültigkeit seiner letztwilligen Verfügung nicht entgegen, wenn diese von der Erkrankung nicht beeinflusst ist (vgl. BayObLG vom 14.9.2001, 1Z BR 124/00 S. 9; Staudinger/Baumann BGB 13. Bearb. § 22 29 Rnrn. 16, 27).

(1) Der Sachverständige hat zwar festgestellt, dass bei der Erblasserin eine Hirnleistungsschwäche im Rahmen fortschreitender vaskulärer Demenz mit vorübergehenden stärker gradigen Verwirrtheitszuständen bestanden hat. Neben Phasen relativ deutlicher kognitiver Beeinträchtigung seien Phasen weitgehend ungestörter geistiger Leistungsfähigkeit möglich gewesen; es sei nicht belegbar, dass sich die Erblasserin in einem überdauernden Zustand befunden habe, in welchem sie außerstande gewesen wäre, die Tragweite der von ihr abgegebenen Willenserklärung zu erfassen.

Entgegen dem Rechtsbeschwerdevorbringen der Beteiligten zu 1 und 2 hat sich der Sachverständige keineswegs dahin geäußert, dass man angesichts der komplexen Struktur und Ausgestaltung des notariellen Testaments ausschließen könne, dass die Erblasserin noch in der Lage gewesen sei, dieses in seiner Tragweite zu begreifen. Die Beteiligten zu 1 und 2 verkennen, dass dieses Zitat auf Seite 2 des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 1.2.2001 nicht die Auffassung des Sachverständigen wiedergibt, sondern die vor dem Nachlassgericht vorgetragene Äußerung der Beteiligten zu 1 und 2 im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.4.2000, die der Sachverständige lediglich im Rahmen seines Berichts über die Aktenlage wiedergegeben hat.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 und 2 steht die Beurteilung durch den Sachverständigen auch nicht im Gegensatz zu dem im Betreuungsverfahren abgegebenen Attest vom 27.1.1998. Dieses enthält die gleiche Diagnose, die der Sachverständige gestellt hat, es äußert sich aber nicht zur Frage der Testierfähigkeit. Diese kann - wie hier geschehen - in der Regel nur mit Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigen fachkundig beantwortet werden (vgl. BayObLGZ 1995, 383/391 m. w. N.).

(2) Als Konsequenz des oben wiedergegebenen Begriffs der Testierunfähigkeit haben der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht beachtet, dass ein Erblasser, der den Inhalt und die Auswirkungen seines Testaments zu erfassen imstande ist, trotzdem als testierunfähig angesehen werden muss, wenn er infolge paranoider Wahnvorstellungen außerstande war, sich ein von diesen Vorstellungen unbeeinflusstes Urteil über die Rechtsnachfolge von Todes wegen zu bilden (BayObLGZ 1999, 205/211).

Das Landgericht ist der Frage nachgegangen, ob es sich bei der ablehnenden Haltung der Erblasserin gegenüber den Beteiligten zu 1 und 3 seit Anfang 1998 um eine solche die freie Willensbildung störende Erkrankung gehandelt hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Erblasserin die irrige, möglicherweise wahnhafte Vorstellung gehabt, die Beteiligten zu 1 und 2 seien schuld am Tod ihres unheilbar erkrankten Sohnes. Das Landgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass nicht jede noch so abwegige Vorstellung die Annahme einer krankhaften Störung der Testierfähigkeit rechtfertigt. Ein Erblasser muss seine letztwilligen Verfügungen nicht durch vernünftige und von Dritten nachvollziehbare Gründe rechtfertigen. Es ist allein sein Wille entscheidend; dies folgt aus der vom Gesetz grundsätzlich gewährleisteten Testierfreiheit (BayObLGZ 1991, 59/64).

Das Landgericht hat sich aufgrund der Zeugenaussagen und der Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass die unbegründete Meinung der Erblasserin über die Beteiligten zu 1 und 2 nicht Ausdruck eines die freie Willensbildung ausschließenden krankheitswertigen Wahns ist, sondern als alterstypische "verbohrte" Meinung zu werten ist. Das Landgericht stützt sich dabei ohne Rechtsfehler auf die Darlegungen des Sachverständigen, wonach von krankhaften Wahnideen erst gesprochen werden kann, wenn der Betroffene von diesen Ideen ganz beherrscht wird, sie ausbaut und bei jeder Gelegenheit geltend macht. Derartige Feststellungen hat das Landgericht nicht getroffen; die Zeugen haben keine Tatsachen geschildert, die auf krankheitswertige Wahnideen der Erblasserin schließen lassen. Vielmehr ist das Landgericht der Einschätzung des Sachverständigen gefolgt, dass die Schuldzuweisungen der Erblasserin immer nur als beiläufige Meinungsbildungen aufgetreten sind, ohne dass die für eine Wahnsymptomatik typische Einengung des Bewusstseins, eine gedankliche Fixierung oder ein Ausbau des Wahnthemas erkennbar gewesen sind. Das Landgericht hat als mögliches Motiv der Abkehr von den bis Anfang 1998 die Erblasserin betreuenden Beteiligten zu 1 bis 3 die Befürchtung der Erblasserin gesehen, diese würden sie in ein Altersheim abschieben wollen. Die vom Landgericht hierzu herangezogenen Gegebenheiten, die längere Überlegungsfrist und die bei der notariellen Beurkundung erkennbaren Umstände, konnten dafür angeführt werden, dass die Erblasserin das Testament vom 7.4.1999 nicht aufgrund einer von krankhaften Störungen beherrschten Willensentscheidung errichtet hat. Dass sich das Landgericht bei dieser Beweissituation nicht von der Testierunfähigkeit der Erblasserin am 7.4.1999 hat überzeugen können, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

b) Das Landgericht hat sich jedoch nicht mit der Frage befasst, ob das Testament vom 7.4.1999 mit Erfolg angefochten worden ist. Die vom Landgericht im Rahmen der Erörterung der Testierfähigkeit gewürdigte Vorstellung der Erblasserin, die Beteiligten zu 1 und 2, sowie letztlich auch der Beteiligte zu 3, hätten den Tod ihres Sohnes verursacht, könnte eine irrige Annahme im Sinne von § 2078 Abs. 2 BGB beinhalten (vgl. BayObLGZ 1991, 59/64). Das Landgericht hat nicht geprüft, ob die Annahme der Erblasserin mit dem tatsächlichen Geschehen in Widerspruch steht. Es hat sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die von den Beteiligten zu 1 bis 3 vorgetragene und von der als Zeugin gehörten Betreuerin der Erblasserin bestätigte Vorstellung der Erblasserin maßgeblich für die Errichtung des notariellen Testaments vom 7.4.1999 und den damit verbundenen Widerruf (§ 2258 Abs. 1 BGB) der die Beteiligten zu 1 bis 3 begünstigenden letztwilligen Verfügung vom 28.8.1995 gewesen ist.

aa) Der Beteiligte zu 3 hat mit Schreiben vom 2.5.2000 an das Nachlassgericht das Testament vom 7.4.1999 wegen Irrtums angefochten (vgl. § 2081 Abs. 1, § 2082 Abs. 1 BGB). Der Beteiligte zu 3 hat darin erklärt, das Testament vom 7.4.1999 anzufechten; den Grund der Anfechtung musste er in der Anfechtungserklärung noch nicht angeben (BayObLGZ 1989, 327/330). Der Beteiligte zu 3 hat mit weiteren Schreiben (vgl. Palandt/ Edenhofer BGB 60. Aufl. § 2087 Rn. 2) Tatsachen vorgetragen, die seine Anfechtung stützen. Er ist gemäß § 2080 Abs. 1 BGB anfechtungsberechtigt, weil nach Aufhebung der letztwilligen Verfügung vom 7.4.1999 das ihn begünstigende Testament vom 28.8.1995 wieder Geltung erlangen würde (vgl. Palandt/Edenhofer § 2078 Rn. 10). Hätte seine Anfechtung Erfolg, würde sie absolut wirken, also auch zugunsten der - ebenfalls anfechtungsberechtigten - Beteiligten zu 1 und 2, die selbst keine Anfechtungserklärung abgegeben haben (BGH NJW 1985, 2025).

bb) Die Anfechtung wegen Motivirrtums (§ 2078 Abs. 2 BGB) wäre dann begründet, wenn der zur Anfechtung berechtigende Umstand der bewegende Grund für die letztwillige Verfügung gewesen ist; nicht jede Ursache hat das Gewicht des Beweggrundes (BGH NJW-RR 1987, 1412). Feststellungen hat das Landgericht hierzu nicht getroffen. Es hat auch die Anfechtungserklärung der Beteiligten zu 4 nicht mitgeteilt (§ 2081 Abs. 2 BGB).

Die als Zeugin gehörte Betreuerin der Erblasserin hat als deren Äußerung wiedergegeben, dass wegen des Verschuldens der Familie G. (Beteiligte zu 1 bis 3) am Tod ihres Sohnes diese nicht testamentarisch bedacht werden sollten. Sowohl die Zeugin als auch der Notar haben ausgesagt, dass der Errichtung des Testaments vom 7.4.1999 eine Besprechung zwischen der Erblasserin und einem Mitarbeiter des beurkundenden Notars, vorausgegangen ist, in dem die Beurkundung der letztwilligen Verfügung vorbereitet wurde. Von der Zeugeneinvernahme des Mitarbeiters ist weiterer Aufschluss darüber zu erwarten, welche Vorstellungen die Erblasserin zu der letztwilligen Verfügung vom 7.4.1999 veranlasst haben.

3. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 erfüllt nicht die gesetzlichen Formerfordernisse und ist schon deshalb unzulässig.

Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zulässig (§ 27 Abs. 1 FGG). Die weitere Beschwerde kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts erster Instanz, des Landgerichts oder des Gerichts der weiteren Beschwerde eingelegt werden (§ 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs. 2 FGG). Erfolgt die Einlegung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift, so muss diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Dies ist nicht der Fall; die Beschwerdeschrift ist vom Beteiligten zu 3 unterzeichnet.

Ob der Beteiligte zu 3 beschwerdeberechtigt gewesen wäre - was davon abhängt, ob er nach dem Testament vom 28.8.1995 als Miterbe oder Vermächtnisnehmer anzusehen wäre -, kann dahinstehen.

4. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Der Beteiligte zu 3 hat die Gerichtskosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen; diese Kostenfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO). Eine Anordnung einer Kostenerstattung durch den Beteiligten zu 3 gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG ist nicht veranlasst, weil der Beteiligten zu 4 keine Kosten entstanden sind. Der Geschäftswert des Verfahrens der vom Beteiligten zu 3 eingelegten weiteren Beschwerde wird entsprechend dem Wert des von ihm beanspruchten Hälfteanteils zu dem Wohnhaus auf DM 82.177 festgesetzt (§ 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO; vgl. BayObLGZ 1994, 40/56).

Im Verfahren der (erfolgreichen) weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 fallen keine Gerichtskosten an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO). Über eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten wird das Beschwerdegericht zu befinden haben (Keidel/Zimmermann FGG 14. Aufl. § 13a Rn. 36 und 39).

Ende der Entscheidung

Zurück