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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.06.2001
Aktenzeichen: 1Z BR 8/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2215
BGB § 2227
Zur Frage, ob ein Testamentsvollstrecker wegen einer groben Pflichtverletzung im Sinne des § 2227 BGB entlassen werden kann, wenn er den Erben zwar kein Verzeichnis nach § 2215 Abs. 1 BGB mitgeteilt, aber ein alle wesentlichen Nachlasswerte umfassendes Nachlassverzeichnis beim Nachlassgericht eingereicht hat.
Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Kenklies, Rojahn und Seifried

am 8. Juni 2001

in der Nachlasssache

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 wird der Beschluss des Landgerichts München II vom 8. Januar 2001 in Ziff. I und II aufgehoben. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Starnberg vom 18. Juni 1999 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 5 im zweiten Rechtszug entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 120000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 ist die Witwe und vierte Ehefrau des 1995 im Alter von 76 Jahren verstorbenen Erblassers. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind seine Kinder aus erster und dritter Ehe. Die Beteiligte zu 5 ist die vom Erblasser bestimmte Testamentsvollstreckerin, die dieses Amt angenommen und der das Nachlassgericht am 21.2.1996 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt hat.

Wesentliche Vermögenswerte des Nachlasses sind ein Grundstück mit Wohnhaus, eine Eigentumswohnung sowie ein Hälfteanteil an einem Depot- und Kontokorrentguthaben bei einer Bank in der Schweiz. Mit letztwilligen Verfügungen vom 7.3.1995 und 18.5.1995 setzte der Erblasser die Beteiligten zu 1 bis 4 als Erben zu je 1/4 ein. Das Hausgrundstück vermachte der Erblasser seinen Kindern, den Beteiligten zu 2 bis 4. An diesem Hausgrundstück hatte der Erblasser zu Lebzeiten ein Nießbrauchsrecht zugunsten der Beteiligten zu 1 bestellt, das im Grundbuch eingetragen ist. Letztwillig verfügte der Erblasser, dass das Hausgrundstück ohne Zustimmung der Beteiligten zu 1 nicht verkauft werden dürfe und dass auf Antrag der Beteiligten zu 1 ein Veräußerungsverbot im Grundbuch eingetragen werden könne. Das gesamte Haus- und Wohnungsinventar vermachte der Erblasser der Beteiligten zu 1, soweit er nicht bezüglich einzeln bezeichneter Gegenstände Vermächtnisse zugunsten anderer Personen anordnete. Den Hälfteanteil am Schweizer Konto vermachte der Erblasser zu unterschiedlichen Quoten den Beteiligten zu 2 bis 4.

Der Beteiligte zu 2 beanstandet die Ausübung des Testamentsvollstreckeramtes durch die Beteiligte zu 5. Er beantragte, die Testamentsvollstreckung für beendet zu erklären oder die Testamentsvollstreckerin abzusetzen. Das Amtsgericht wies beide Anträge zurück. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hob das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss, soweit durch ihn der Entlassungsantrag zurückgewiesen worden war, auf (Nr. I) und ordnete die Entlassung der Beteiligten zu 5 aus ihrem Amt als Testamentsvollstreckerin an (Nr. II). Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 81 Abs. 2, § 29 Abs. 2 FGG) und zulässig. Soweit die Rechtsbeschwerdeführerin innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist kein formgerechtes Rechtsmittel eingelegt hat, wurde ihr mit Senatsbeschluss vom 9.4.2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt. Als Testamentsvollstreckerin, die sich gegen ihre vom Landgericht angeordnete Entlassung wehrt, ist die Beteiligte zu 5 beschwerdeberechtigt.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat die Entlassung der Testamentsvollstreckerin darauf gestützt, dass diese den Erben kein Nachlassverzeichnis nach § 2215 BGB mitgeteilt hat. Das dem Nachlassgericht gegenüber erstellte Nachlassverzeichnis genüge den Anforderungen des § 2215 BGB nicht. Die Erben hätten keinen Überblick über die Vermögenssituation des Nachlasses. Auf ihre Verpflichtung aus § 2215 BGB sei die Beteiligte zu 5 durch die Kammer bei ihrer Anhörung hingewiesen worden; sie habe die Chance zur Nachbesserung ihrer Amtsführung nicht genutzt. Ihr Angebot an den Antragsteller, bei ihr die umfangreichen Unterlagen einzusehen, entspreche nicht dem, was das Gesetz von einem Testamentsvollstrecker verlange. Ferner zieht das Landgericht den Umstand heran, dass die Beteiligten zu 2 und 3 ihr Einverständnis zur notariellen Urkunde vom 19.5.1999, durch die das Hausgrundstück den Beteiligten zu 2 bis 4 als Vermächtnisnehmern übertragen werden sollte, verweigert hätten und die Beteiligte zu 4 ihr bereits erteiltes Einverständnis wieder zurückgezogen habe. Ob in diesem Zusammenhang eine Pflichtwidrigkeit der Testamentsvollstreckerin vorliege, könne nicht abschließend festgestellt werden. Es sei aber eine so verfahrene Situation entstanden, dass die Kammer sich keinen sachgerechten Abschluss in absehbarer Zeit mehr erwarte. Die Entlassung der Testamentsvollstreckerin erscheine der Kammer die sachgerechte Lösung, zumal der Erblasser noch eine ganze Reihe von Ersatzvollstreckern benannt habe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 FGG, § 550 ZPO) nicht stand. Das Landgericht hat die vom Senat einschränkungslos nachprüfbare Rechtsfrage (vgl. BayObLGZ 1990, 177/181), ob der von ihm festgestellte Sachverhalt die Merkmale des Rechtsbegriffs "wichtiger Grund" im Sinne von § 2227 Abs. 1 BGB erfüllt, nicht zutreffend beurteilt.

a) Die Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch das Gericht auf Antrag eines Beteiligten ist nur aus wichtigem Grund möglich (§ 2227 Abs. 1 BGB). Das Gesetz nennt als Beispiele eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Eine grobe Pflichtverletzung in diesem Sinn setzt eine erhebliche und schuldhafte Zuwiderhandlung gegen die dem Testamentsvollstrecker obliegenden Pflichten voraus (BayObLGZ 1997, 1/12; FamRZ 1991, 615/616). Auch ein Verstoß des Testamentsvollstreckers gegen seine Pflicht, dem Erben unverzüglich nach Annahme des Amtes ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der ihm bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen (§ 2215 Abs. 1 BGB), kann eine Pflichtverletzung in diesem Sinn darstellen (BayObLG FamRZ 1998, 325/327; Staudinger/Reimann BGB § 2215 Rn. 6, § 2227 Rn. 6; MünchKomm/Brandner BGB 3. Aufl. § 2215 Rn. 3, § 2227 Rn. 8; Soergel/Damrau BGB 12. Aufl. § 2215 Rn. 5; Bengel/Reimann/Klumpp Handbuch der Testamentsvollstreckung 2. Aufl. Kap. 3 Rn. 15). Jedoch ist nicht jeder Verstoß gegen diese Pflicht als schuldhafte grobe Pflichtverletzung anzusehen. Vielmehr hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab (BayObLG aaO m.w.N.).

b) Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Beteiligte zu 5 den Erben kein Verzeichnis der in § 2215 Abs. 1 BGB bezeichneten Art zukommen lassen. Eine Reihe von Umständen, die das Landgericht nicht hinreichend gewürdigt hat, lassen dieses Versäumnis jedoch in einem Licht erscheinen, das eine Bewertung als schuldhafte grobe Pflichtverletzung nicht rechtfertigt.

(1) Die Beteiligte zu 5 hat auf dem hierfür vorgesehenen amtlichen Vordruck ein Nachlassverzeichnis beim Nachlassgericht eingereicht. Der Vordruck ist sorgfältig ausgefüllt und ihm sind detaillierte handschriftliche Aufstellungen als Anlage beigefügt. Das Verzeichnis gibt Auskunft über die vorhandenen Konten und Kontostände zum Todestag, Bargeld und Wert des Wertpapierbestandes, Grundbesitz, Darlehensverbindlichkeiten und sonstige bekannte Erblasserschulden sowie die Todesfallkosten. Für die bewegliche Habe ist ein geschätzter Wert angegeben. Dass dieses Verzeichnis etwa in einem wesentlichen Punkt lückenhaft wäre, ist nicht festgestellt. Es ist somit davon auszugehen, dass die Testamentsvollstreckerin alle wesentlichen Vermögenspositionen in einem Verzeichnis erfasst und dieses in die Obhut des Nachlassgerichts gegeben hat, wo es für die Erben jederzeit einsehbar und vor etwaigen nachträglichen Manipulationen geschützt war.

(2) Allerdings entspricht das Verzeichnis insoweit nicht den Erfordernissen des § 2215 Abs. 1 BGB, als die bewegliche Habe des Erblassers nicht im einzelnen aufgeführt ist. Ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände im Sinne des § 2215 Abs. 1 BGB hat jeden Nachlassgegenstand (auch Kleidungsstücke, Wäsche, Hausrat, Möbel, persönliche Dinge etc.) einzeln aufzuführen. Dies tut das beim Nachlassgericht eingereichte Verzeichnis nicht. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass der mit "Nachlassverzeichnis" überschriebene Vordruck, um dessen Ausfüllung das Nachlassgericht bittet, eine solche Auflistung der beweglichen Habe nicht vorsieht; in der entsprechenden Rubrik des Vordrucks ist nur ein geschätzter Gesamtwert anzugeben. Für die Zwecke des Nachlassgerichts ist dies auch ausreichend. Davon zu unterscheiden ist das vom Testamentsvollstrecker den Erben gemäß § 2215 Abs. 1 BGB mitzuteilende Verzeichnis der Nachlassgegenstände und Nachlassverbindlichkeiten, das üblicherweise ebenfalls "Nachlassverzeichnis" genannt wird. Es dient anderen Zwecken und hat einen anderen Inhalt; so bedarf es einerseits keiner Wertangabe der Nachlassgegenstände, während andererseits alle Nachlassgegenstände einzeln aufzuführen sind. Diese Unterscheidung war offensichtlich der Beteiligten zu 5, die Testamentsvollstreckungen nicht berufsmäßig betreibt, nicht bekannt. Wenn sie meinte, mit dem Ausfüllen des amtlichen Vordrucks "Nachlassverzeichnis" ihrer Pflicht zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nachgekommen zu sein, so kann dieser Irrtum nicht als grobe Pflichtverletzung gewertet werden.

(3) Hier kommt hinzu, dass die gesamte bewegliche Habe Gegenstand von Vermächtnissen ist. Soweit nicht hinsichtlich im Testament einzeln aufgeführter Gegenstände andere Vermächtnisnehmer bedacht sind, ist das gesamte Haus- und Wohnungsinventar der Beteiligten zu 1 vermacht, die es ohnehin aufgrund des Nießbrauchsrechts in Besitz hat. Unter diesen Umständen sind die Interessen der Erben dadurch, dass sie keine ins einzelne gehende Auflistung des Hausinventars erhalten haben, nicht wesentlich berührt.

(4) Zu berücksichtigen ist ferner, dass wesentliche Vermögens-Positionen wie das Grundstück, das Schweizer Bankkonto und die Eigentumswohnung in den Testamenten oder im Eröffnungs-Protokoll des Nachlassgerichts genannt sind und dass diese Dokumente den Erben bekannt gegeben wurden. Die Beteiligte zu 3 hat sich am 23.7.1997 Kopien des in der Nachlassakte befindlichen Verzeichnisses geben lassen. Auch der Beteiligte zu 2 hat offensichtlich Kenntnis von diesem Nachlassverzeichnis, denn er bezieht sich darauf bereits in seiner Antragsschrift vom 9.9.1998. Im übrigen trägt der Beteiligte zu 2 selbst vor, dass der Erblasser einen geordneten Nachlass hinterlassen hat und der Nachlass nur mehr aus einem Vermögenskonto, einem Wohnhaus, einer Wohnung und dem Hausrat bestand. Nach all dem findet die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass infolge des Versäumnisses der Beteiligten zu 5, den Erben ein Nachlassverzeichnis gemäß § 2215 Abs. 1 BGB mitzuteilen, diese keinen Überblick über die Vermögenssituation des Nachlasses hätten, im Sachverhalt keine hinreichende Stütze.

(5) Auch wenn das Verzeichnis nach § 2215 Abs. 1 BGB den Erben unaufgefordert mitzuteilen ist, so kann bei der Würdigung der Schwere des einem Testamentsvollstrecker zur Last gelegten Versäumnisses nicht außer Betracht bleiben, ob und gegebenenfalls wie häufig und nachdrücklich die Erben den Testamentsvollstrecker zur Vorlage des Verzeichnisses aufgefordert haben; denn die Erben können auf die Vorlage des Verzeichnisses auch - unter Umständen sogar stillschweigend - verzichten (vgl. Staudinger/Reimann § 2215 Rn. 7; Soergel/Damrau § 2215 Rn. 1). Hier ist nicht ersichtlich, dass die Beteiligte zu 5 überhaupt jemals konkret zur Vorlage eines Verzeichnisses nach § 2215 Abs. 1 BGB aufgefordert worden wäre.

(6) Soweit schließlich das Landgericht die Entlassung darauf stützt, dass die Beteiligte zu 5 bei ihrer Anhörung auf ihre Verpflichtung aus § 2215 BGB hingewiesen worden sei und ihre Chance zur Nachbesserung ihrer Amtsführung nicht genutzt habe, geht weder aus der Niederschrift über die Anhörung, noch aus der entsprechenden Passage in den Entscheidungsgründen hervor, wozu konkret das Landgericht die Beteiligte zu 5 aufgefordert hat. Angesichts des in den Akten befindlichen und zwischenzeitlich allen Beteiligten bekannten Verzeichnisses, das über den Vermögensstand zum Zeitpunkt des Erbfalls genau Auskunft gibt und in dem nur eine Aufzählung einzelner Gegenstände der beweglichen Habe fehlt, stellt sich im übrigen die Frage, welchen Sinn die nachträgliche Erstellung eines auf den Erbfall bezogenen Verzeichnisses nach § 2215 Abs. 1 BGB für die Erben jetzt noch hätte haben können; denn der zusätzliche Erkenntniswert wäre jedenfalls gering.

c) Auch die übrigen gegen die Amtsführung der Beteiligten zu 5 erhobenen Vorwürfe stellen keinen die Entlassung tragenden wichtigen Grund dar.

(1) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Eintragung der Beteiligten zu 1 bis 4 als Erbengemeinschaft im Grundbuch nicht zu beanstanden ist, auch wenn das Grundstück vermächtnisweise letztlich nur den Beteiligten zu 2 bis 4 zukommen soll. Die Zwischeneintragung aller vier Erben gibt die Rechtslage richtig wieder und ist grundbuchrechtlich erwünscht (vgl. Demharter Grundbuchordnung 23. Aufl. § 40 Rn. 2). Zur Eintragung der drei Vermächtnisnehmer anstelle der vier Erben bedarf es eines rechtsgeschäftlichen Übertragungsaktes. Solange die Beteiligten zu 2 bis 4 ihre hierfür notwendige Mitwirkung verweigern, kann es nicht zu ihrer alleinigen Eintragung im Grundbuch kommen.

(2) Ein wichtiger Grund zur Entlassung der Testamentsvollstreckerin ergibt sich in diesem Zusammenhang auch nicht aus der "verfahrenen Situation", auf die das Landgericht ergänzend abgestellt hat. Die Vermächtnisnehmer beanstanden eine Klausel in der notariellen Übertragungsurkunde, wonach bei einem Verstoß gegen das letztwillig angeordnete Veräußerungsverbot der Verstoßende seinen Miteigentumsanteil unentgeltlich an die Beteiligte zu 1 zu übertragen hat. ob mit dieser Sanktionsklausel die Auflage, dass das Hausgrundstück nicht ohne Zustimmung der Beteiligten zu 1 verkauft werden darf, wirksam abgesichert werden kann, mag dahinstehen. Die beanstandete Klausel ist nicht von der Beteiligten zu 5, sondern vom Notar vorgeschlagen worden. Weder trifft die Beteiligte zu 5 insoweit ein Verschulden, noch ist ersichtlich, dass die Lösung des Problems nur bei einem Wechsel in der Person des Testamentsvollstreckers möglich wäre.

(3) Auch die Zurückbehaltung erheblicher Vermögenswerte durch die Testamentsvollstreckerin im Hinblick auf noch ausstehende Forderungen der Steuerbehörde stellt keine grobe Pflichtverletzung dar. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 gehört es sehr wohl zu den Aufgaben und Pflichten eines Testamentsvollstreckers, für die Abgabe der den Erblasser und den Erbfall betreffenden Steuererklärungen und die Begleichung der Steuerschulden Sorge zu tragen (vgl. § 34 AO, § 31 Abs. 5, § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbStG; Bengel/Reimann/Piltz Kap. 8; Tipke/Kruse AO § 34 Rn. 16). Wenn hier nach Auskunft des Steuerberaters unter Umständen erhebliche Steuerforderungen auf den Nachlass zukommen konnten, war die Testamentsvollstreckerin grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, entsprechend hohe Nachlasswerte noch nicht zur Verteilung zu bringen. Hinsichtlich des Hälfteanteils am Schweizer Konto ist allerdings zu bedenken" dass dieser den Beteiligten zu 2 bis 4 als Vermächtnis ausgesetzt ist, während die Steuerschulden, die zu Lasten des Nachlasses gehen, im Ergebnis alle vier Erben zu gleichen Teilen treffen. Die Begleichung der Steuerschulden kann den Vermächtnisanspruch nicht schmälern, solange das Nachlassvermögen insgesamt zur Erfüllung aller Vermächtnisse und Verbindlichkeiten ausreicht. Hier besteht der um die Vermächtnisse verminderte restliche Nachlass im wesentlichen nur aus einer Eigentumswohnung, während es der Beteiligten zu 5 offensichtlich auf die Bereithaltung liquider Mittel ankam. Vor diesem Hintergrund ist auch die Zurückhaltung des Hälfteanteils am Schweizer Konto jedenfalls nicht als grobe Pflichtverletzung zu werten. Im übrigen führte ihr Verhalten keineswegs dazu, wie der Beteiligte zu 2 meint, dass die Ansprüche der Vermächtnisnehmer zwischenzeitlich verjährt wären. Der Vermächtnisanspruch verjährt erst nach 30 Jahren (§ 195 BGB; Palandt/Edenhofer BGB 60. Auf!. § 2174 Rn. 1).

d) Insgesamt ist festzuhalten, dass das Verfahren in keiner Weise ein eigennütziges, geschweige denn "kriminelles" oder die Beteiligte zu 1 etwa einseitig begünstigendes Verhalten der Beteiligten zu 5 hat zutage treten lassen, wie der Beteiligte zu 2 geltend macht. Auch von einer "Unfähigkeit" zur Testamentsvollstreckung kann keine Rede sein. Soweit der Beteiligten zu 5 Fehler unterlaufen sein mögen, sind diese weder für sich noch in der Summe von solchem Gewicht, dass sie einen wichtigen Grund zur Entlassung begründen. Der Beschluss des Landgerichts war daher aufzuheben und die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den amtsgerichtlichen Beschluss, der sich im Ergebnis als richtig erweist, zurückzuweisen.

3. Wer die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Die Anordnung der Kostenerstattung beruht für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG; für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde ist die Anordnung einer Kostenerstattung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG nicht veranlasst (vgl. Keidel/Zimmermann FGG 14. Aufl. § 13a Rn. 21 ff., 41). Den Geschäftswert setzt der Senat gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2 KostO mit einem Bruchteil des Nachlasswertes (vgl. BayObLGZ 1994, 313/325) und im Ergebnis wie das Landgericht auf 120000 DM fest.

Ende der Entscheidung

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