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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.03.2004
Aktenzeichen: 1Z BR 84/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 286
BGB § 288
BGB § 291
BGB § 1836
BGB § 1915
BGB § 1960 Abs. 2
Zur Verzinsung der Vergütung des Nachlasspflegers.
Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 14 wurde mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 11.9.1990 zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der am 9.7.1990 verstorbenen Erblasserin bestellt. Der Wirkungskreis umfasste die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben. Nachdem die Erben ermittelt waren, erteilte das Nachlassgericht am 5.11.1996 einen Erbschein. Mit Beschluss vom 4.12.1996 hob es die angeordnete Nachlasspflegschaft auf.

Der Beteiligte zu 14 beantragte mit Schreiben vom 27.1.1997 die Festsetzung seiner Vergütung durch das Nachlassgericht. Dieses bewilligte mit Beschluss vom 12.5.1997 eine Nachlasspflegervergütung von 57.500 DM. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluss vom 26.6.2000 den Beschluss des Nachlassgerichts vom 12.5.1997 abgeändert und eine Vergütung von 100.098 DM bewilligt. Unter Berücksichtigung bereits gewährter Vorschüsse in Höhe von 30.890 DM hatte der Beschwerdeführer auf der Grundlage der Entscheidung des Landgerichts einen noch offenen Vergütungsanspruch in Höhe von 69.208 DM.

Die Beteiligten zu 2, 3, 4, 5, 8 und 9 haben gegen den Beschluss des Landgerichts vom 26.6.2000 sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die mit Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 24.8.2001 verworfen wurde. Dieser Beschluss wurde am 31.8.2000 an die Beteiligten hinausgegeben.

Der Beteiligte zu 14 beantragte mit Schreiben vom 12.11.2002 bei dem Nachlassgericht, in Ergänzung des Beschlusses des Landgerichts vom 26.6.2000 festzusetzen, dass die bereits festgesetzte Vergütung seit Antragstellung zu verzinsen sei. Diesen Antrag wies das Nachlassgericht mit Beschluss vom 14.7.2003 zurück, die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 14 gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts wies das Landgericht mit Beschluss vom 2.9.2003 zurück und ließ die sofortige weitere Beschwerde gegen seine Entscheidung zu.

Der Beteiligte zu 14 hat gegen den ihm am 8.9.2003 zugestellten Beschluss des Landgerichts mit am 19.9.2003 bei dem Landgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Beteiligte zu 14 sein Ziel weiter, für die Vergütung in Höhe von 57.500 DM ab 12.5.1997 (Beschluss des Nachlassgerichts) und in Höhe von weiteren 42.598 DM ab 26.6.2000 (Beschluss des Landgerichts), jeweils abzüglich der ihm bereits gewährten Vorschüsse in Höhe von 30.890 DM, Zinsen zu erhalten. Im Einzelnen hat der Beteiligte zu 14 folgende Zinsberechnung zum Gegenstand seines Antrags gemacht:

12.05.97 bis 30.04.00, 4 % aus 26.610,00 DM = 1084 Tage à 2,916 DM = 3.160,94 DM = 1.616,17 EUR 01.05.00 bis 25.06.00, 8,42 % aus 26.610,00 DM = 56 Tage à 6,138 DM = 343,73 DM = 175,75 EUR 26.06.00 bis 31.08.00, 8,42 % aus 69.208,00 DM = 67 Tage à 15,965 DM = 1.069,65 DM = 549,91 EUR 01.09.00 bis 08.10.01, 9,26 % aus 69.208,00 DM = 398 Tage à 15,965 DM = 6.345,07 DM = 3.248,78 EUR 5.587,61 EUR

II.

1. Die vom Landgericht zugelassene sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1, § 56g Abs. 5 Satz 2, § 75 FGG). Sie ist in der Form des § 29 Abs. 1 FGG und in der sich aus § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2, § 56g Abs. 5 Satz 1 FGG ergebenden Frist eingelegt und erfüllt auch im Übrigen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels.

2. Die sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.

a) Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, eine Verzinsung der Nachlasspflegervergütung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Eine Verzinsung des Vergütungsanspruchs könne allerdings dann in Frage kommen, wenn der Kostenschuldner mit der Zahlung der festgesetzten Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften in Verzug sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Verzug setze die Nichtleistung auf einen fälligen durchsetzbaren Anspruch trotz Mahnung oder Entbehrlichkeit der Mahnung voraus. Die Frage der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs könne dahinstehen, da es jedenfalls an einer verzugsbegründenden Mahnung fehle. Auch bei einer Anwendung der gesetzlichen Verzugsregeln in der vom 1.5.2000 bis 31.12.2001 geltenden Fassung sei 30 Tage nach Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses bzw. nach dessen Kenntnis durch die Miterben gemäß § 284 Abs. 3 BGB a.F. kein Verzug eingetreten; der gerichtliche Beschluss stelle nämlich weder eine Rechnung noch eine einer Rechnung gleichwertige Zahlungsaufforderung dar. Somit hätte es zur Verzugsbegründung einer Mahnung bedurft, die jedoch nicht erfolgt sei.

b) Die Entscheidung des Landgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Wesentlichen stand.

aa) Im Gesetz ist keine ausdrückliche Regelung über die Verzinsung der Vergütung des Nachlasspflegers (§§ 1960 Abs. 2, 1915, 1836 ff. BGB) getroffen. Eine entsprechende Anwendung der Zinsregelung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf den Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers kommt nicht in Betracht. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO enthält eine prozessrechtliche Sondervorschrift, die auf das Prozessrechtsverhältnis der Parteien des Zivilprozesses zugeschnitten ist. Sie kann deshalb im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur entsprechende Anwendung finden, wo dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (z.B. § 13a Abs. 3 FGG). Bei dem Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 14 handelt es sich hingegen im Ausgangspunkt um einen ihm auf Grund der Führung des Amtes eines Nachlasspflegers zustehenden Anspruch (§§ 1915, 1836 Abs. 2 BGB), dessen Höhe erst durch die Festsetzungsentscheidung nach § 56g Abs. 1 FGG mit Gestaltungswirkung festgestellt wird. Zinsen können daher nur auf der Grundlage der Vorschriften der §§ 288, 291 BGB verlangt werden (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 767 und OLG Hamm FGPrax 2003, 73/74 für die entsprechende Rechtslage bei der Betreuervergütung nach § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB).

bb) Ein Zinsanspruch nach § 288 Abs. 1 BGB ist nur für die Zeit des Verzugs des Vergütungschuldners gegeben. An einem solchen für den geltend gemachten Zinsanspruch relevanten Verzug fehlt es jedoch.

Voraussetzung des Verzuges ist zunächst, dass der Schuldner eine fällige Forderung nicht bezahlt hat. Die Fälligkeit setzt die Bestimmtheit der Forderung voraus (BGHZ 122, 32/46; BGH NJW 1996, 1058; MünchKommBGB/Thode 4. Aufl. § 284 Rn. 25). Der Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 14 war zunächst der Höhe nach unbestimmt und wurde erst mit Rechtskraft der Festsetzungsentscheidung nach § 56g Abs. 1 FGG mit Gestaltungswirkung konkretisiert (vgl. BGHZ 122, 32/46; Staudinger/Löwisch BGB (2001) § 284 Rn. 61; Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 286 Rn. 14).

Die durch Beschluss des Nachlassgerichts vom 12.5.1997 in Verbindung mit dem Beschluss des Landgerichts vom 26.6.2000 erfolgte Festsetzung der Nachlasspflegervergütung hat erst mit Erlass des unanfechtbaren Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 25.8.2001 Rechtskraft erlangt (Keidel/Zimmermann FGG 15. Aufl. § 31 Rn. 1). Erlassen war dieser Beschluss erst, als er von allen mitwirkenden Richtern des Kollegialgerichts unterschrieben und zur Kenntnis der Beteiligten hinausgegeben war (vgl. BayObLGZ 1980, 378/380 f.; Keidel/Schmidt § 16 Rn. 6, § 18 Rn. 3). Fälligkeit ist somit erst mit Erfüllung dieser Voraussetzungen am 31.8.2001 eingetreten.

Eine verzugsbegründende Mahnung (§ 284 Abs. 1 BGB a.F.) nach Fälligkeit ist nicht erfolgt. Auch die Anwendung der in der Zeit vom 1.5.2000 bis 31.12.2001 geltenden Verzugsvorschriften (Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 284 Abs. 3 BGB a.F.) führt, wovon auch das Landgericht ausgeht, nicht zum Verzug, da ein vom Gericht dem Schuldner übersandter Vergütungsfestsetzungsbeschluss weder eine Rechnung noch eine gleichwertige Zahlungsaufforderung des Gläubigers an den Schuldner im Sinne des § 284 Abs. 3 BGB a.F. darstellt.

cc) Eine Verzinsungspflicht kommt aber nicht nur aus den vom Landgericht geprüften Verzugsregeln, sondern auch aus § 291 BGB in Betracht (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 767; OLG Hamm FGPrax 2003, 73/75). Diese Vorschrift begründet allerdings in Fällen, in denen die Verpflichtung zu einer Geldleistung erst durch eine gestaltende gerichtliche Entscheidung konkretisiert wird, eine Verzinsungspflicht erst ab Rechtskraft dieser Entscheidung (BayObLG und OLG Hamm, jeweils aaO; Staudinger/Löwisch § 291 Rn. 9; MünchKommBGB/Thode § 291 Rn. 9). Demnach beginnt die Verzinsungspflicht für den Anspruch des Beteiligten zu 14 auf Nachlasspflegervergütung erst mit der nach Erlass des Beschlusses des Bayerischen Obersen Landesgerichts vom 24.8.2001 am 31.8.2001 eingetretenen Rechtskraft, somit entsprechend § 187 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs § 187 Rn. 1 m.w.N.) am 1.9.2001.

Die Festsetzung der Höhe des Zinssatzes beruht auf §§ 291 Satz 2, 288 Abs. 1 BGB.

3. Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist für alle Instanzen nicht veranlasst. Wer diese zu tragen hat, ergibt sich aus der Kostenordnung. Dem Teilerfolg der von dem Beteiligten zu 14 eingelegten Rechtsmittel wird dadurch Rechnung getragen, dass der Geschäftswert nur für den zurückweisenden Teil der Entscheidungen festgesetzt wird (vgl. BayObLG FamRZ 1990, 905/907 m.w.N.).

4. Für die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten ist bei teilweise begründeter Beschwerde nicht § 13a Abs. 1 Satz 2, sondern § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG anzuwenden (BayObLG FamRZ 1990, 905/907; Keidel/Zimmermann § 13a Rn. 20a). Im Hinblick darauf, dass der Erfolg der von dem Beteiligten zu 14 eingelegten Rechtmittels verhältnismäßig geringfügig war, hält es der Senat für angemessen, dass der Beteiligte zu 14 die der Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten hat. Die Anordnung von Kostenerstattung im Verfahren der weiteren Beschwerde war nicht veranlasst, da die anderen Beteiligten in dem Verfahren bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht nicht hervorgetreten sind.

5. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO. Es erscheint angemessen, diesen Betrag wegen des Teilerfolgs der weiteren Beschwerde von 5.587 EUR auf 5.277 EUR herabzusetzen. Dies gilt allerdings nicht für den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit (§§ 9, 10 BRAGO) in diesem Verfahren (vgl. BayObLG FamRZ 1990, 905/907).

Ende der Entscheidung

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