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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2002
Aktenzeichen: 1Z BR 88/02
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB
Vorschriften:
BGB § 1617a Abs. 2 | |
BGB § 1618 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 (a.F.) | |
EGBGB Art. 224 § 3 Abs. 1 |
Gründe:
I.
Der 1979 geborene Beteiligte zu 1 wurde im Geburtenbuch des Standesamts als Kind der Eheleute Z. mit dem Familiennamen Z. eingetragen. Durch seit 13.2.1980 rechtskräftiges Endurteil wurde festgestellt, dass der Ehemann der Mutter, der Beteiligten zu 2, nicht der Vater des Kindes ist. Am 19.12.1960 erkannte der leibliche Vater des Kindes, der Beteiligte zu 3, die Vaterschaft zu dem Kind an. Die Ehe der Eheleute Z. wurde geschieden. Die Beteiligte zu 2 behielt den vom Familiennamen ihres Ehemanns abgeleiteten Ehenamen Z. bei.
Am 28.2.2000 hat der inzwischen volljährige Beteiligte zu 1 einen Antrag auf Änderung seines Familiennamens Z. in K., dem Familiennamen seines Vaters gemäß § 3 Namensänderungsgesetz (NÄG) gestellt. Die Beteiligten zu 2 und 3 hatten der Namensänderung zugestimmt. Mit Bescheid vom 20.4.2000 hat die Kreisverwaltungsbehörde den Antrag abgelehnt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht am 20.9.2000 abgewiesen. Den Antrag des Beteiligten zu 1 auf Zulassung der Berufung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29.12.2000 abgelehnt. Die gegen diese Entscheidungen erhobene Verfassungsbeschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15.1.2002 nicht zur Entscheidung angenommen.
Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 5.4.2001.hat der Beteiligte zu 1 beim Standesamt beantragt, die durch die im Namensänderungsverfahren abgegebenen Einverständniserklärungen der Beteiligten zu 2 und 3 erfolgte Namenserteilung durch seine Mutter (Beteiligte zu 2) und der Zustimmung seines Vaters (Beteiligter zu 3) in das Geburtenbuch durch Randvermerk gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 PStG i.V.m. § 1617a Abs. 2 BGB einzutragen. Soweit § 1617a Abs. 2 BGB die Namenserteilung nach dem Vaternamen durch die Mutter an ein nicht mehr der elterlichen Sorge unterliegendes volljähriges Kind ausschließe, sei die Vorschrift verfassungswidrig. Der Beteiligte zu 1 stützt seine Auffassung auf ein Rechtsgutachten des Instituts für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht der Universität München vom 2.4.2001. Dieses kommt zum Ergebnis, § 1617a Abs. 2 BGB verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des3indes (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht und Elternrecht des Vaters (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Darüber hinaus verletze die Vorschrift die Familienautonomie (Art. 6 Abs. 1 GG) sowie das Rückwirkungsverbot von Gesetzen (Art. 20 Abs. 3 GG).
Das Standesamt hat die beantragte Eintragung abgelehnt und die Sache auf Antrag des Beteiligten zu 1 gemäß § 45 Abs. 1 Alternative 1 PStG dem Amtsgericht vorgelegt. Nachdem dieses darauf hingewiesen hatte, dass schon eine der Form des § 1617a Abs. 2 BGB entsprechende Namenserteilung nicht vorliege, haben die Beteiligten zu 2 und 3 zu Urkunde des Standesbeamten die erforderlichen Erklärungen abgegeben. Der Beteiligte zu 1 hat in die Namenserteilungserklärung seiner Mutter zu Urkunde des Standesbeamten eingewilligt.
Mit Beschluss vom 27.2.2002 hat das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten auf Eintragung der Namenserteilung zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluss vom 27.5.2002 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1 mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 18.6.2002 weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Nach § 1618 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 BGB a.F. habe der Vater eines nichtehelichen Kindes diesem auch noch nach Eintritt dessen Volljährigkeit seinen Namen erteilen können, solange das Kind noch keine Ehe eingegangen war. Durch das KindRG 1998 sei diese Vorschrift durch § 1617a Abs. 2 BGB ersetzt worden. Gemäß Art. 224 § 3 Abs. 1 EGBGB könne für ein vor dem 1.7.1998 geborenes Kind eine nachträgliche Namensänderung nur im Rahmen der §§ 1617a Abs. 2, 1617b, 1617c und 1618 BGB erfolgen. Nach § 1617a Abs. 2 Satz 1 BGB könne der allein sorgeberechtigte Elternteil dem noch unverheirateten Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen des anderen Elternteils mit dessen und des Kindes (ab 5. Lebensjahr) Einwilligung erteilen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sei die Namenserteilung nur für ein unter elterlicher Sorge stehendes Kind möglich; diese Voraussetzung sei im Zeitpunkt der entsprechenden Erklärungen der Beteiligten nicht mehr gegeben gewesen.
§ 1617a Abs. 2 Satz 1 BGB sei nicht verfassungswidrig. Mit der Neuregelung des Kindesnamensrechts habe der Gesetzgeber den Grundsatz der Namenskontinuität stärken wollen. Nach § 1617a Abs. 1 BGB erhalte das Kind den Namen des Elternteils, dem die elterliche Sorge zustehe, wenn die Eltern keinen Ehenamen führen und die elterliche Sorge nur einem Elternteil zusteht. Der Namenserwerb knüpfe damit an die elterliche Sorge an. Namensänderungen seien nur gemäß §§ 1617a Abs. 2, 1617b, 1617c und 1618 BGB vorgesehen. Eine Namensänderung nach Erreichen der Volljährigkeit sei nur in den §§ 1617b Abs. 2 und 1617c BGB bestimmt, deren Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Ein etwaiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beteiligten zu 1 und 3 nach Art. 2 Abs. 1 GG oder ein Eingriff in Grundrechte gemäß Art. 3 GG, Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG wäre jeweils durch den Grundsatz der Namenskontinuität gerechtfertigt. Auch ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot von Gesetzen sei nicht ersichtlich. Auch wenn nach der vor dem 1.7.1998 geltenden Rechtslage im vorliegenden Fall eine Namenserteilung an das volljährige Kind möglich gewesen sei, ergebe nunmehr die Abwägung der Interessen der Beteiligten zu 1 und 3 und der öffentlichen Interessen den Vorrang der letzteren wegen des Grundsatzes der Namenskontinuität.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Gegenstand des nach § 45 Abs. 1 PStG zulässigen Antragsverfahrens ist die Frage, ob der Standesbeamte die Erklärung der Beteiligten über die Erteilung des Familiennamens des Beteiligten zu 3 als Geburtsname des Beteiligten zu 1 als Randvermerk in das Geburtenbuch einzutragen hat. Die Vorinstanzen haben zu Recht die gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 PStG beantragte Eintragung abgelehnt.
b) Gemäß Art. 224 § 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB behält ein vor dem 1.7.1998 geborenes Kind seinen Geburtsnamen, den es zu diesem Zeitpunkt geführt hat. Dies ist hier der Name Z.
aa) Eine nachträgliche Namensänderung ist nach neuem Recht nur im Rahmen der §§ 1617a Abs. 2, 1617b, 1617c und 1618 BGB möglich. Diese Vorschriften sehen die bis zum Inkrafttreten des KindRG am 1.7.1998 gemäß § 1618 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 BGB a.F. mögliche Einbenennung eines - auch volljährigen - nichtehelichen Kindes durch den Vater nicht mehr vor. Vielmehr ermöglicht § 1617a Abs. 2 BGB dem allein sorgeberechtigten Elternteil, dem Kind den Namen des anderen Elternteils zu erteilen. Mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes (§ 1626 Abs. 1 Satz 1, § 2 BGB) entfällt die Befugnis zur Namensänderung. In der Kommentarliteratur wird nahezu einhellig davon ausgegangen, dass es für das volljährige Kind weder ein elterliches Namenserteilungsrecht noch ein entsprechendes Wahlrecht des Kindes selbst gibt (Staudinger/Coester BGB [2000] § 1617a Rn. 27; Palandt/Diederichsen BGB 61. Aufl. § 1617a Rn. 11; Lipp/Wagenitz Neues Kindschaftsrecht [1998] 1617a Rn. 21, 39; Wagenitz/Bornhofen Deutsches Namensrecht [2000] § 1617a Rn. 49; a.A. - ohne Begründung - FamRefK/Wax § 1617a Rn. 3).
bb) Eine erweiternde Anwendung des § 1617a Abs. 2 BGB dahin, dass nach Wegfall des Sorgerechts das volljährige Kind einen Wechsel von dem nach einem Elternteil geführten Namen zu dem des anderen Elternteils durchführen kann, ist nicht möglich. Die Vorschriften zur Namensgestaltung enthalten zwingendes Recht; das Namensbestimmungsrecht ist grundsätzlich durch die gesetzlich vorgegebenen Wahlmöglichkeiten eingeschränkt (vgl. Palandt/Diederichsen Einf. vor § 1616 Rn.,7). Eine Regelungslücke liegt nicht vor. Da der Gesetzgeber im Namensrecht nicht mehr an die Ehelichkeit bzw. Nichtehelichkelt des Kindes anknüpft, sondern an das Sorgerecht, entfällt die Möglichkeit der Namensneubestimmung nach Wegfall des Sorgerechts bei Eintritt der Volljährigkeit. Der Gesetzgeber, dem es auf die weitgehende Verwirklichung des Grundsatzes der Namenskontinuität angekommen ist (vgl. Art. 224 § 3 Abs. 1 EGBGB; BT-Drucks. 13/8511 S. 73), hat Namensänderungen ohne Anknüpfung an das Sorgerecht (nach Erreichen der Volljährigkeit) nur in besonderen Ausnahmefällen (§§ 1617b Abs. 2 und 1617c BGB) zugelassen. Hierdurch, wird deutlich, dass der Gesetzgeber die in § 1617a Abs. 2 BGB getroffene Regelung als abschließend angesehen und ihre zeitliche Beschränkung bis zum 18. Lebensjahr des Kindes bewusst hingenommen hat. Eine andere gesetzgeberische Entscheidung wäre möglich gewesen; dies rechtfertigt jedoch nicht, eine unbewusste Regelungslücke anzunehmen.
c) Der Senat hält diese Regelung auch nicht für verfassungswidrig.
aa) Die Vorschrift verstößt nicht deswegen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), weil die Möglichkeit der Erteilung des Namens des nicht sorgeberechtigten Elternteils an das Kind durch den sorgeberechtigten Elternteil mit Wegfall des Sorgerechts bei Eintritt der Volljährigkeit des Kindes entfällt.
Die Namensgebung ist wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des Kindes; dessen Persönlichkeitsrecht umfasst nicht das Recht auf eigene Wahl des Geburtsnamens, schon gar nicht nach Vollendung des 18. Lebensjahres (vgl. BVerfG NJW 2002, 1256/1259).
bb) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Vaters ist nicht verletzt. Der Wunsch, seinen Nachkommen den eigenen Namen mit auf den Lebensweg zu geben, findet im Persönlichkeitsrecht der Eltern keine Grundlage. Vom Schutz der Persönlichkeit ist allein die eigene Identität und Lebenssphäre erfasst. Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet kein Bestimmungsrecht über einen anderen Menschen. Dies gilt auch für Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern. Das Recht, ihren Kindern einen Namen zu geben, ist Eltern grundrechtlich nicht im Interesse eigener Persönlichkeitsentfaltung, sondern allein im Rahmen ihrer Sorgeverantwortung nach Art. 6 Abs. 2 GG im Interesse ihrer Kinder eingeräumt (BVerfG aaO).
cc) § 1617a Abs. 2 BGB verletzt auch nicht das durch Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Elternrecht. Vielmehr gewährt die Vorschrift das sich aus dem Sorgerecht ableitende Recht auf Namensneubestimmung nach dem Namen des nicht sorgeberechtigten Elternteils bis zum 18. Lebensjahr des Kindes. Ein über dessen Volljährigkeit hinausgreifendes Recht der Eltern auf Kindesnamensbestimmung ist durch Art. 6 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG nicht gewährleistet.
dd) § 1617a Abs. 2 BGB verstößt auch nicht gegen das sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ergebende Rückwirkungsverbot von Gesetzen. Die am 1.7.1998 in Kraft getretene Vorschrift wirkt zwar insoweit zurück, als die zeitlich unbefristete Namenserteilung durch den Vater (§ 1618 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 BGB a.F.) weggefallen und nur mehr eine bis zur Volljährigkeit befristete Namenserteilung nach dem Vaternamen durch die in der Regel sorgeberechtigte Mutter möglich ist (§ 1617a Abs. 2 BGB). Die Rückwirkung des Gesetzes auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Rechtsbeziehungen (sogenannte unechte Rückwirkung; BVerfGE 76, 256/348; 89, 48/66) wäre nur dann verfassungswidrig, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingreift und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des Einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht übersteigt (BVerfGE 75, 280).
Das ist nicht der Fall. Eine hinreichende Übergangsfrist war gegeben. Das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16.12.1997 (BGBl I S. 2942) trat erst am 1.7.1998 in Kraft. Bis dahin konnte von der Möglichkeit der Einbenennung gemäß § 1618 Abs. 1 BGB a.F. ohne Rücksicht auf die Volljährigkeit Gebrauch gemacht werden.
Auch in der Sache kommt dem gesetzgeberischen Anliegen, bei der Namenserteilung unabhängig von der Ehelichkeit bzw. Nichtehelichkeit des Kindes grundsätzlich an das Sorgerecht anzuknüpfen und die Kontinuität der Namensführung zu gewährleisten, der Vorrang vor Interessen Einzelner an etwaigen Vorteilen der alten Rechtslage zu.
4. Die Entscheidung über den Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO.
Ende der Entscheidung
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